[Mitbastelwelt]: Schreibthread

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    Bürgermeisterin Amiela Kalz stand am Hafen und blickte auf den westlichen Horizont, wo das Schiff langsam, aber stetig größer wurde. Neben und hinter ihr der gesamte Stadtrat, dahinter die Vertreter aus den Handwerker- und Künstlergilden und dahinter vermutlich die halbe Bevölkerung der Stadt. Alle wollten sie dabei sein, wenn der Gliosand endlich in der Stadt ankam und ihr als Stellvertreterin feierlich übergeben wurde. Das kostbare Kunststück würde dann in die Stadthalle gebracht werden und in einigen Wochen, wenn das große Kulturfest hier stattfinden würde, als Prunkstück der Ausstellung scheinen und mit seiner Schönheit die Besucher aus dem ganzen Land erfreuen. Es war ein langer Kampf gewesen, zunächst dafür zu sorgen, dass das Kulturfest hier in Rivespfuhl stattfinden durfte und dann den Minister zu überzeugen, den Gliosand für die Zeit des Festes aus Thelpharna auszuleihen. Amiela durfte gar nicht an den aktuellen Zustand der Staatskasse denken, aber mit den vielen Besuchern zum Kulturfest würde das hoffentlich alles wieder in Ordnung kommen.
    Amiela hatte bis zum letzten Moment befürchtet, dass noch etwas schief gehen könnte, aber gestern war bereits ein schnelles Schiff mit Boten eingetroffen, dei vermeldet hatten, dass bei der Übergabe alles gut gelaufen war und das große Frachtschiff unter dem Kommando von Kapitänin Mörsch auf dem Weg war. Jetzt, wo sie es endlich auch mit eigenen Augen sehen konnte, erlaubte sie sich auch endlich ein Lächeln. Sie wusste selbst nicht genau, wie der Gliosand aussah, Bilder von ihm waren verboten. Die Experten meinten, dass Bilder der Schönheit dieses Gegenstandes beleidigen würden und niemand es erst versuchen sollte, ihn darzustellen. Nach Schilderungen von Leuten, die ihn schon mal gesehen hatten, war der Gliosand, rund, mehrere Meter groß und bunt. Er bestand aus verscheidenen Facetten und Teilen, deren Zusammenspiel angeblich in eine tiefe Verbundenheit und Ehrfucht in jedem erzeugte. So richtig konnte sie sich das nicht vorstellen, aber bald würde sie es a selbst sehen. Für den Transport war der Gliosand anscheinend auf irgendeine Weise zusammengeklappt und in einer großen Truhe verstaut worden. So richtig würde das Ganze also erst funktionieren, wenn er in der Stadthalle korrekt aufgehängt und entfaltet war. Dazu hatte die Kunstgilde von Thelpharna einen Experten mitgeschickt, der sich um die ordnungsgemäße Installation des Gliosanden kümmern sollte.
    Endlich hatte das Schiff den Hafen erreicht und legte an. Unter den Fanfaren der städtlischen Musikkapelle wurde die breite Planke herunter gelassen und hudvoll trat Minister Siverqa gemeinsam mit Kapitänin Mörsch und einem schmächtigen jungen Mann, der wohl der Vertreter der Kunstgilde war, an Land. Amiela lächelte der Kaptiänin, die eine alte Freundin war kurz zu und schüttelte dann dem Mnister die Hand.
    "Ich bin überaus erfreut, Ihnen miiteilen zu können, dass der Transport des Gliosanden erfolgreich verlaufen ist", sagte der Minister und Amiela beeilte sich zu beantworten:
    "Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, geschätzter Minister."
    Hinter den beiden trugen ein paar Seeleute die zylinderförmige Truhe an Land, in der sich allem Anschein nach der Gliosand befand. ubel brandete bei den Stadtbewohnern auf und das vorsichtige Lächeln von Bürgermeisterin Amiela Kalz weitete sich zu einem breiten Grinsen.
    Es war vereinbart, dass die Truhe mit dem Gliosanden bereits am Hafen kurz geöffnet werden sollte, damit die Neugier aller Schaulustigen fürs Erste befriedigt war und die Kunstfachleute aus Rivespfuhl einen ersten Blick auf das Stück werfen und sich von seiner Unversehrtheit überzeugen konnten. Zu diesem Zweck traten jetzt Professor Goftelschwag und Porfessorin Debelsklort und schüttelten ebenfalls dem Minister die Hand. Der shcmächitge junge Mann an der Seite des Ministers stellte sich als Doktor Vazenphas vor und erklärte den beiden und dem Publikum einige Informationen zum Gliosanden. Obwohl er so leise sprach, dass ihn wohl nur die vordersten Reihen verstehen konnten, hatte er die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden. Als der Deckel der Truhe mit einem eleganten Mechanismus zur Seite glitt, war die Spannung in der Luft greifbar. Amiela reckte den Hals und sah im Inneren der Truhe zunächst mal einen metallenen Zylinder, der von mehreren Schichten bunter und goldener, dünner Stäbe eingewickelt wurde. Mit fachmännischem Griff fasste Doktor Vazenphas hinein und griff lächelnd einen der Stäbe hinaus. Er war immer noch mit Scharnieren und Drähten mit dem Rest des Gliosanden verbunden und der Doktor bewegte vorsichtig und akribisch an den Objekten herum. Er forderte die beiden Professoren auf dasselbe zu tun und auch sie machten sich daran, ebenfalls vorsichtig an das Material zu fühlen und es zu testen.
    Für etwa fünfzehn Sekunden arbeiteten die drei Fachleute am Material und ihre Mienen hellten sich zusehende auf. Gerade als Professor Goftelschwag so weit schien, sich vollends von der Qualität des Gliosanden überzeugt zu haben und sich freudestrahlend Doktor Vazenphas zuwandte, war direkt bei Professorin Debelskort ein deutlich vernehmbares "Plopp" zu hören. Die nahe stehenden hielten inne und drehten sich langsam zur Ursache des Geräusches. Das Gesicht der Professorin war verzerrt und sie hielt einen der Stäbe in der Hand, der sich vom Rest des Gliosanden getrennt hatte. Nacheinander wurden Doktor Vazenphas, Porfessor Goftelschwag, Minister Siverqa und schließlich Bürgermeisterin Amiela Kalz aschfahl im Gesicht.
    Dann brach das Chaos aus. Nach und nach machte sich im Publikum bemerkbar, das etwas nicht stimmte. Die Leute begannen zu schreien und nach vorne zu rennen. Die drei Experten fingerten jetzt gemeinsam hektisch in der Truhe herum und auch Minister Siverqa schaltete sich ein."Nein, nein, nein", sagte Doktor Vazenphas hektisch, während Stab um Stab aus dem Gliosanden gezogen wurde. Noch zwei weitere "Plopp"-Geräusche ertönten, dann fuchtelte Vazenquas panisch mit den Händen und schob die anderen von der Truhe weg. Mit schriller, zitternder Stimme verkündete er: "Das ist nicht das Richtige! Das wurde ausgetsucht! Es ist weg!"


    Eine knappe stunde später saß der Stadtrat gemeinsam mit den Experten aus den Kunstgilden und den Gästen aus Thelpharna in der Ratskammer. Irgendwie hatten sie es mit hilfe der Stadtwache geschafft, sich und den falschen Gliosanden heil durch die Menge zu transportieren und sich bis zum Ratsgebäude durchzuschlagen. Betretene Stimmung herrschte, der sonst so forsche und eloquente Minister war ganz kleinlaut. "Wir haben alle Überprüfungsstandards eingehalten, wir haben auf alles geachtet.", sagte er. Doktor Vazenquas war zwischenzeitlich in pansiches Schluchzen ausgebrochen und kam erst jetzt langsam wieder zu sich. Stadtrat Pätzwiller sagte mit brummender Stimme: "Ich glaube Ihnen das wirklich. Aber wenn nicht dunkle Kräfte im Spiel sind, wie konnte das denn nun passieren? Welche Möglichkeiten gibt es?"
    Vazenquas schluckte und holte Atem: "Das Einzige, was ich mir vorstellen kann, ist dass der Gliosand schon eine ganze Weile in diesem falschen Format vorliegt. Gegen meine Überprüfungstechnik war die Fälschung anscheinend sicher und ich muss mir nun wohl eingestehen, dass sie nicht vollständig und fehlerhaft war. Frau Debelskort hat etwas anders gemacht und genau das hat den Unterschied offen gelegt."
    "Machen Sie sich nicht zu viele Vorwürfe", sagte Porfessor Goftelschwag, "mir ist es ja auch nicht aufgefallen."
    "Aber wenn es denn so ist", warf Amiela ein, "wie können wir denn dann herausfinden wo sich der richitge Gliosand befindet?"
    "In diesem Fall", sagte Minister Siverqa, "wissen wir erstmal überhaupt nichts. Wir wissen nicht mal, ob er noch in einem Teil irgendwo ist. Vazenquas' Überprüfungen und die seiner Kollegen waren in den letzten drei Jahren die einzigen Sicherstellungen der Echthheit des Gliosanden. Vor drei Jahren haben wir ihn das letzte Mal ausgestellt, für fünf Tage. Länger geht ja nicht, sonst nutzt er sich ab. Seitdem kann alles passiert sein."
    "Dann würde ich vorschlagen", sagte Amiela schließlich, "Sie fahren so schnell wie möglich mach Thelpherna zurück und stellen dort Nachforschungen an. Professorin Debelskort kann Sie begleiten und den Kollegen erklären, wie sie den Mechanismus ausgetrickst hat. Vazenquas, ich würde mich freuen, wenn Sie bei uns bleiben und den gefälschten Gliosanden noch weiter untersuchen. Ich werde verschiedene Leute ausschicken, die können auskundschaften, ob sich in unserer Gegend hier etwas herausfinden lässt"
    Alle stimmten soweit zu und die Vorbereitung begann. Der Stadtrat begab sich vor das Ratsgebäude und verkündete den anwesenden Schreibern, was Sache war und wie jetzt frotgefahren würde. Die Leute waren zwar wütend und Amiela musste nicht wenige Beschimpfungen gegen die Leute aus Thelpherna im Allgemeinen anhören, aber zumindest blieben größere Unruhen - hier zumindest aus. Nach der Verkündigung wollte Amiela gerade den Vorsitzenden der Stadtwache aufsuchen, um die Zusammenstallung der Suchteams zu beratschlagen, als eine kleine, zierliche Frau aus der Menge auf sie zutrat, die offensichtlich auch zu den Schreibern gehörte.
    "Entschuldigen Sie", sagte die Frau "Mein Name ist Anjubis vor Garzenbrick und ich schreibe Bücher und Reisebeirchte. Ich habe auf meinen weiten Reisen einige Leute kennen gelernt, die für Rätsel und verschwundene Dinge ein Händchen haben. Ich könnte sie kontaktieren und vielleicht können sie etwas Licht ins Dunkel bringen."
    Amiela überlegt kurz. Die ältere Frau sah nicht aus, als ob sie etwas im Schilde führte und sie konnten jetzt jede Hilfe gebrauchen, die möglich war.
    "Sehr gerne", sagte sie also, "wo leben diese Leute?"
    "Ein Stück die Küste hoch.", antwortete Anjubis "In der Nähe von Wutzklarf"
    Amiela nickte. Sie wünschte der Frau noch alles Gute und machte sich nun wirklich auf den Weg zur Stadtwache.


    Wo soll die Geschichte jetzt weitergehen?


    Weiter in Rivespfuhl: Lies weiter bei 4
    In Wutzklarf: Lies weiter bei 5
    In Thelpherna: Lies weiter bei 1

    Und manchmal, manchmal, reimt sich irgendwas auf "od"


    Unterschätzen Sie niemals das dramaturgische Potential eines Kopfbahnhofes!

  • Eis und Staub; ein paar Steine noch. Ja, Thelpharna ist nun wirklich nicht für üppige Wälder oder saftige Wiesen bekannt. Wunderschön ist es trotzdem. Der Sternenhimmel ist nirgends besser zu betrachten als in den flachen gefrorenen Staubwüsten von Thelpharnas. Und das wussten die Menschen hier schon immer zu schätzen, denn antike und modernere Steinkreise zur Himmelsdeutung lassen sich in dieser Region überall finden. Es ist sogar so, dass diese Kultur ungebrochen ist, denn niemand sonst konnte oder wollte diese harsche Landschaft erobern. Und so wird nach altem Brauch jedem Kind, sobald es sein erstes Wort ausspricht ein spezifisches Sternenmuster hellgrau ins Gesicht tätowiert. Diese Sternenkonstellation soll ihnen Identität und Schutz geben. Eine Person aus Thelpharnas kann man also meist an ihren auffälligen "Sommersprossen" erkennen, jedoch ist zu beachten, dass Stummheit deutlich stärker in der Bevölkerung verbreitet ist. Diesen Sternlosen/Stimmlosen sagt man besondere erdmagische Fähigkeiten zu, werden ansonsten jedoch ganz als gewöhnliche Mitbürger angesehen. Die Kommunikation ist auch problemlos, denn Chelff, die Sprache, wird gewöhnlich mit einem hohen Gebärdenanteil gesprochen, bis zu 100%. Es ist theoretisch auch möglich sie komplett verbal zu sprechen, aber die wenigsten können das. So ist es für die Normalbevölkerung sehr viel leichter sich mit gehörlosen oder stummen Personen zu verständigen, als mit blinden.
    Die Küste ist in der Winterzeit weit vereist, aber noch bevor sie ganz aufgetaut ist kommen die Drachen aus wärmeren Gebieten zum Paaren und Nisten her. Die gewaltigen weißgrauen Fischdrachen seegeln am Himmel und machen mit ihrer langen, zahnzeigenden Schnauze Jagd auf heimischen Robben, Walrosse und große Fische. Auch für Menschen sind sie sehr gefährlich, weshalb die Küstengebiete zu der Zeit kaum bewohnt sind. Lediglich die Hauptstadt, ebenfalls Thelpharna, nach ihrer Gründerin benannt, besitzt einen großen Hafen von dem aus auch Kapitänin Mörsch mit dem Gliosand nach Rivespfuhl aufbricht. Und dieser Hafen ist wichtig, denn wie die Drachen leben auch die Menschen hier vom Fischfang. Die traditionellen Boote sind aus Strangflechten gebaut. Diese heimische Flechtenart wächst auf den steinigen, schwefelhaltigen Ebenen des Landes. Wie Sehnen spannen sie sich über die Felsen und bilden ein gruselig aussehendes Netz. Es gibt hier zwar keine Spinnen, dafür aber Landmuscheln und Plumphühner. Landmuscheln können älter werden als jeder Drache, weil sie einen extrem langsamen Metabolismus haben und mit ihrer Schale gut vor Fressfeinden geschützt sind. Perlmutt gilt seit Urzeiten als wertvolles Schmuckmaterial und sogar die Krone der Eiskönigin besteht aus Perlmutt und Hochsilber. Plumphühner besitzen ein dickes Daunenkleid, welches sie vor der Kälte schützt. Sie sind flink und neugierig und leben in Gruppen. Sie fressen die Samen der Rollgerste, eine der wenigen Nutzpflanzen Thelpharnas. Jeden Winter wenn dieser kugelförmige Busch stirbt und abbricht, rollt er vom starken Meerwind getrieben über die flache Landschaft und verteilt seine Saat. Während die Drachen aus den toten Büschen ihre Nester bauen, nutzen die Menschen diese unkontrollierbaren Pflanzen zur sehr unregelmäßigen Mehlgewinnung, was wohl erklärt warum sie nie große Bäcker wurden. Außerhalb der Hauptstadt sind Häuser grundsätzlich unterirdisch angelegt, um sie vor Wind, Kälte und Drachen zu schützen. Der Aufwand den gefrohrenen Boden zu bearbeiten ist immens, dennoch werden ganze Dörfer manuell ausgehoben. Für Fremde eher gewöhnungsbedürftig sind die vollkommen harmlosen Riesenmaden, die sich durch den Erdboden bohren und manchmal aus der Wand gucken. In der Hauptstadt sieht das deutlich anders aus. Naturstein, Erde und Strangflechten sind wichitge Baumaterialien, aber die wahren architektonischen Meisterleisungen sind ganz offensichtlich die Eisbauten. Die gesammte Stadt ist mit großen Eisdornen bewehrt, die Drachen davon abhalten sollen sich niederzulassen. Jeder trägt hier Schule mit Metallzacken, um auf den gefrorenen Wegen nicht auszurutschen. Zierhyänenschlitten sausen durch die Gassen und schwere, aber nur kindergroße Steingolems wandern umher oder werden an der Leine geführt. In den Boden sind Rinnen eingelassen, die nicht etwa zum Wasserabfluss, sondern zur Straßenbeleuchtung dienen. Eine Mischung aus Fischöl und Robbenfett wird durch die Rinnen geleitet und während der langen Winternächte entzündet, um die Straßen sichtbar zu erleuchten. Die Flammenwächter sind in dunkelgrauer gefütterter Gusseisenrüstung gekleidet, denn neben der Verantwortung über das Feuer, haben sie auch die Rolle der Polizei inne. Sie werden nach ihrer Ausbildung direkt von der Eiskönigin ernannt. Diese ist das Oberhaupt der gesammten Region Thelpharna. Sie lebt im beeindruckensten Bauwerk der Stadt, dem "Schloss". Eisblau und mit scharfen, kristallartigen Kanten ist es bestückt. Wie eine Sphinx besitzt es zwei Ausläufer wie Tazen, die am Schlossplatz enden. Innen mangelt es nicht an Luxus und nachts scheint das Licht der Magier durch die Eiswände und lässt das Schloss leuchten wie einen Kristall. Die Eiskönigin ist zwar Regierende, in erster Linie ist sie aber höchste Priesterin und eine hochspirituelle Person. Die meisten Entscheidungen in der Stadt werden in einem demokratischen Rat von Bürgervertretern:innen getroffen. Jedoch hat die Eiskönigin jederzeit Vetorecht, wenn sie die Entscheidung nicht mit dem Glauben vereinbar sieht. Sie läutet die meisten Rituale ein. Dies sind die wichtigesten:
    Das Jahr beginnt mit der ersten Sonne nach der langen Winternacht. Das Leben kehrt zur Welt zurück. Dann soll die Bevölkerung sich mehren und die Menschen miteinander schlafen. Tatsächlich ist die Geburtenrate neun Monate später ziemlich hoch, dennoch sind Sex und Geburten außerhalb der Daten vollkommen normal, der Großteil der Kinder wird jedenfalls nicht zur ersten Sonne gezeugt.
    Wenn das Meerwasser schmilzt wird die Jagdsaison eröffnet. Zum Höhepunkt derer ziehen mutige Bürgerinnen aus der Stadt hinaus, um einen Drachen zu erlegen. (Die Landbevölkerung die größtenteils autark von der Hauptstadt lebt und nicht auf die Eiskönigin, sondern auf ihrere eigenen AnführerInnen hört, hat zu dem Zeitpunkt vermutlich schon dutzende Drachen erlegt.) Der getötete Drache wird dann zurück zur Stadt gebracht und auf dem Schlossplatz für die ganze Stadt sichtbar niedergelegt. Rituell wird er zerlegt und an das Volk verteilt, wobei die Knochen speziell verarbeitet und gehandelt werden.
    Das Geisterfest wird zur Sommerzeit gefeiert, wenn die Kälte nicht mehr ganz so beißend ist und die Sonne tagelang am Himmel steht. Erst dann nämlich sieht man die Geister Thelpharnas. Dünn und durchsichtig schweben sie elegant tanzend durch die Stadt. Sie interagieren kaum mit der physichen Welt, dennoch sind sie stets da und wachen. Zum Geisterfest danken die Menschen ihren Geistern für ihre tatkräftige Hilfe. Traditionell versammeln sich die Geister auf dem großen Walplatz in der Stadt und lehnen sich theatralisch gebärdend gegen die Menschen auf. Sie beschweren sich, dass die Menschen ihnen alles verbieten würden und sie unterdrückt seien. Das ganze ist eine große Posse, denn nichts davon ist wahr. Schließlich sind die Geister der Meinung, jetzt so versammelt endlich das Tuen zu können was sie wollen. Dann brechen sie in Tänze und ausgelassenes Feiern aus, in das die Menschen natürlich sogleich einstimmen. Es wird für 3 Tage gefeiert. Am vierten Tag versammeln sich wieder die Geister. Sie geben vor elendig und enttäuscht zu sein. Paare spielen zu streiten und trennen sich schaarenweise. Alle lassen die Köpfe hängen. Die ganze Geisterwelt scheint am Boden zerstört und sie geben ihrer Versagen kund. Sie beklagen sich wieder in die Knechtschaft der Menschen begeben zu müssen, aber sprechen die Warnung aus wiederzukommen. Die Menschen antworten einstimmig: "Versucht es wieder. Wir werden hier sein." Die Geister ziehen dann einer nach dem anderen an der Eiskönigin vorbei und machen wüste Gesten, die diese, dem Ritual entsprechend, ebenso wüst erwidert. Am Tag danach ist alles wieder beim Alten und Normalität kehrt ein.
    Auch der Handel fährt fort. Knapp die Hälfte der kleinen Handelsflotte bricht nach Teg-Goll auf, weitere Schiffe nach Äsbrieg und andere Gebiete. Auch wenn Thelpharna so karg ist, hat es dennoch begehrte Güter. Daunen der Plumphühner zum Beispiel und auch Fischdrachenknochen und -zähne werden hauptsächlich gegen Medizin und Aphrotisiaka getauscht, aber auch Nahrung, Holz und Gegenstände die sie selbst nicht erzeugen können, werden erhandelt. Auf den Überfahrten werden ganz nebenbei das größe Exportgut von Thelpharna herstellt: Seefahrergeschichten. Sie beziehen sich meist auf die Crew, also viele Liebesgeschichten und Drama, aber manchmal taucht ein Seemonster auf. Wenn ihr also das nächste Mal Seemannsgarn hört, denkt an Thelpharna und an ihre kalte Schönheit.


    Weiter in Teg-Goll: Lies weiter bei 2
    Weiter in Äsbrieg: Lies weiter bei 3

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