Verstehe ich da was falsch, aber für mich bedeutet Othering, jemand anders zu "other" zu erklären, der eigentlich gar nicht anders ist. Auf unserer Welt gibt es nunmal nur eine Art Menschen und alle Versuche der Wissenschaft, da etwas anderes zu beweisen, sind gescheitert, insbesondere auf intelektuell/emotionalem Gebiet (Der Durchschnittsmassai ist halt schon größer als der Durchschnitts Khoi/San).
Aber viele Fantasy-Welten spielen ja gerade mit dem Konzept, dass es wirklich fundamental unterschiedliche intelligente "Arten" gibt (egal ob das jetzt Arten nach dem biologischen Begriff sind).
Ich finde die Diskussion gerade ein bisschen strange.
Erstmal: Hi Shay
Aber ausserdem:
Darum habe ich im letzten Kommentar Skelch und LittleOwlbear ein bisschen anders angesprochen:
Quote from GwenIm ursprünglichen Kommentar, auf den ich da reagiert habe, war die Nuance noch nicht vorhanden, dass wir z.B. nicht-weinende Menschen und nicht-weinende Elfen haben könnten
Okay das Zitat ist vielleicht verwirrend.
Aber der Punkt ist, ich bin relativ sicher, dass zumindest Skelch I. eben nicht denkt, dass fundamental unterschiedliche Arten and und für sich das Problem sind, sondern das ihn nervt, wenn die Menschen einer Welt seltsamerweise alle auf dieselbe Art trauern (also z.B. alle Menschen weinen und zeigen ihre Trauer und Betroffenheit so, wie es in Westeuropa Standard ist) und dann gibt es ein Haufen Aliens, die exotisch und anders trauern. Und der Punkt, den Skelch I. damit macht ist, dass in so einer Welt (sagen wir vorsichtshalber: manchmal und nicht immer) die Seltsamkeit der Aliens das Signal sendet, dass echte Menschen, die anders sind, auch irgendwie keine Menschen sind.
Wie gesagt, sowas ist schwer zu pauschalisieren. Ich vermute, je höher der Anspruch einer Welt ist, uns zu vorbildlichen Leuten zu machen, die über ihre inneren Vorurteile sehr gründlich nachdenken, weil sie eben Weltentexte lesen, desto berechtigter wird Skelch I.'s Kritik.
Denn es gibt Welten, die uns quasi alles vorkauen. Ich meine das nicht beleidigend, ich meine nur, manche Welten (oder Geschichten) geben sich viel Mühe, uns thematisch Ideen zu liefern, damit wir über irgendwelche Sachen auf der Erde besser informiert werden oder zumindest ein Gedankenanstoss passiert, sich mit einem Thema eher zu befassen. Eine "vorgekaute Welt" ist also nicht eine, wo wir vollkommen als Kinder behandelt werden, sondern bloss eine, wo der Autor(⚧️) den Anspruch hat, sein Publikum (anhand der Welt, anhand des erfundenen Inhalts und nicht z.B. des Stils) in eine vorbildliche Richtung zu entwickeln. In solchen Welten und Kunstprojekten entsteht dann eben dieser Effekt des "vorkauens", weil der Autor(⚧️) eben bewusst bestimmte Inhalte meiden muss, um die Kritik an etwas zu üben.
Das wirkt vielleicht wie ein Nischenproblem, ist aber dadurch, dass zum Beispiel die Fantasy so leicht lesbar sein soll, dass sie richtig massenfähig ist, ein Problem. Denn massenfähig heisst, dass eine Welt durch Inhalte auffallen muss, entweder weil die Welt innovativ ist oder weil irgendein anderes reizvolles Projekt darin passieren kann. Aber eine Welt darf (aus sicht von Hollywood und anderen Traum-Fabriken, auch Buchverlagen) eben gleichzeitig nicht zu viel Anstoss erregen.
Wir sehen die Relevanz dieses Problems in den letzten 5 Jahren mit Dungeons & Dragons. Durch Covid ist D&D wirklich massenfähig geworden und Podcasts wie Critical Role erfreuen sich grosser Beliebtheit. Gleichzeitig will D&D (und das ist auch gut so) nicht bloss massenfähig sein, sondern eben inklusiv. Wo sie wahrscheinlich sowieso keine Alternative haben, weil "die Massen" in westlichen Ländern für ein Hobby das nicht ausgrenzt sind -- Leute die dagegen sind, sind eine seltsame Minderheit (ich meine hier seltsam in einem schlechten Sinn ).
Zum einen entsteht dadurch ein positiver Effekt, zum Beispiel heissen Orks und Elfen in D&D nicht mehr Rassen, sondern "ancestry" (Abstammungen?) und selbst wenn andere Leute weiter Rasse benutzen oder Abstamung als Begriff doof finden, halte ich es für couragiert, wenn ein derart grosses Produkt wie D&D derart eingebackene Terminologe durch etwas neues ersetzt. Finde ich cool.
Zum anderen entsteht dadurch aber ein Effekt, wo sich das Produkt immer weiter von dem entfernt, was es irgendwann mal war. Das ist mal gut, mal schlecht. Das erste D&D in den 70ern war quasi survival horror, wo eine Gruppe mit seltsamen Objekten wie Handspiegeln an der Lanze bewaffnet durch unheimliche Gänge kriecht, um nicht vom Basilisken oder der Medusa in Stein verwandelt zu werden. Das neueste D&D in den 20ern ist da nicht wiederzuerkennen: wir basteln Charaktere basierend auf einem graphisch aufwendigen Buch mit Illustrationen, die unsere Figuren wie Models vom Laufsteg aussehen lassen (also auch in stylischer Mode und mit einem Schmunzeln, das vermuten lässt, dass Helden(⚧️) im neuesten D&D kein traumatisches Leben haben) und zumindest in Critical Role, Dimension 20 und anderen besonders beliebten Podcasts bewegen sich diese Figuren dann durch eine Welt, in der Reibungspunkte mit der Gesellschaft nur noch als "lehrreiches Augenblick" existieren. Patriarchat oder Rassismus funktioniert also nach den Regeln von Bridgerton (der Serie). Wohlgemerkt, ich finde es voll in Ordnung, diese Art von Kunst zu machen -- ist doch cool. Macht doch Spass. Mir geht es nur darum, was bei dem Prozess verloren geht, also wie unser Verhältnis zur Vergangenheit aussieht, wenn quasi jedes historische Problem sich dadurch lösen lässt, dass Figuren in der Welt sich gegen das Problem aussprechen, sodass sich das Problem immer in kontrollierbaren Grenzen hält.
Und in diesem Kontext hat Skelch I. halt einfach recht, denke ich. Wenn eine Welt wie das derzeitige D&D Zwerge hat, aber zwergenwüchsige Menschen nicht, dann entsteht dadurch der (eben von Peter Dinklage kritisierte) Effekt, dass Zwergenwüchsige irgendwie keine Menschen sind. Und bei Medien, die leicht zu konsumieren sind und wo sich jedes Problem in kontrollierbaren Grenzen hält, wo Leute "binge-watching" betreiben oder wo die Lektüre liegestuhltauglich ist... da ist das Publikum eben auf Durchzug, da denkt niemand weiter nach, welche Vorurteile gerade verinnerlicht werden, es sei denn die haben sich bewusst antrainiert, die fasche Normalität zu entlarven.
Aber wie gesagt, wenn Skelch I. diesen Kommentar nicht gemacht hätte, dann sähe die Sache anders aus.
Ich fühle mich hier nicht bei dem "wir" mitgemeint, sondern eher bei den anderen Leuten
Hey Vinni
Ich hoffe du hast dich an der Bemerkung nicht zu sehr gestossen. Ich bin seit Jahren nicht im Forum und weiss nicht so genau, wer hier eigentlich noch bastelt und schreibt und wie das aussieht. Ich erinnere mich noch ans Hans' sehr absichtlich un-progressive Welt, müsste aber nachsehen, ob er noch im Forum bastelt. Ich weiss, dass Logan hier noch weilt, weiss aber nicht, was er gerade bastelt. Es hatte seit einer Weile niemand auf LittleOwlbear kritisch geantwortet, also ging ich davon aus, dass es im Forum vielleicht ein Wir-Gefühl gibt, wo es so gemacht werden muss und nicht anders.
Dass es da fragwürdig ist, einfach nur Geschichten erzählen zu wollen, Abenteuergeschichten, ohne jedesmal philosophisch alle Hintergründe darzulegen... das finde ich schon eine sehr schwierige Bewertung.
Eben deshalb wollte ich mich nicht auf eine Lösung festlegen, denn Abenteuergeschichten ohne philosophische Perfektion sind auch ein Alternativbeispiel. Wir können durchaus erwarten, dass Leserschaften(⚧️) mündig sind und müssen denen nicht immer alles vollkommen verdaulich vorsetzen.
Indiens erfolgreichster Blockbuster aller Zeiten heisst RRR, ist eine reine Abenteuergeschichte, die leider auch von indischen Rechtsradikalen und Rechtsextremen missbraucht werden kann, aber der Film ist absolut sehenswert, definitiv interessant und ich finde es vollkommen ok, dass der Film so ist wie er ist. Es kann ja jemand anders von diesem Meisterwerk lernen und einen besseren und progressiveren Film oder einen nachdenklicheren Film machen. Spricht nichts dagegen. (Schaut euch definitiv RRR an, wenn ihr Abenteuerfilme oder Western oder sowas mögt -- nur vorsicht, in einer Szene wird jemand ausgepeitscht aber der Film ist zwar nicht Bollywood, aber aus Indien, also ist ausgerechnet das eine geniale Musical-Nummer).
Ich esse manchmal Rohkostsalat und manchmal Schokolade. So kann man es beim Medienkonsum ja auch halten. Schokolade hat absolut seine Berechtigung und niemand kann NUR Rohkostsalat essen.
Außerdem gibt es sogar Zwischendinge ...
Wie? Rohkostsalat aus Schokolade??