[Religion] Unterschiedliche Interpretationen derselben Gottheit

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  • Viele Fantasywelten (und auch einige andere) haben Götter, so wie ja auch in unserer Welt an diverse Götter geglaubt wird. In manchen Welten sind diese Götter sogar nachweislich reale Wesen, die sich in die Geschicke der Welt einmischen.
    Anders als in der Realität sind Götter in Fantasywelten oft (nicht immer) eindeutig. Sie sind Götter eines spezifischen Volkes und haben einen klar definierten Platz im Pantheon.


    Habt ihr Beispiele, in denen das nicht so ist? Gottheiten (real oder nicht), die von unterschiedlichen Gruppen verehrt (oder zumindest anerkannt) und unterschiedlich interpretiert werden?


    Ein Beispiel bei mir wäre Suthamal. Suthamal ist eine lebende Gottheit, also eine Gottheit, die real und gegenwärtig ist, der man theoretisch begegnen kann. Angefangen hat sie im antiken Menschenreich Maral auf der Südspitze des Umringten Kontinents als "Bestiengöttin", die neue Gottheit, die für all die schrecklichen neuen Monster verantwortlich war. Sie wurde kaum verehrt und wenn, dann um sie zu besänftigen.
    Irgendwann fingen aber einige der "neuen Monster" (tatsächlich frühe Anthros der Südspitze, namentlich Kojoten, Löwen und Hyänen) an, Suthamal selbst als Gottheit zu betrachten. Für sie war sie die Schöpfergottheit. Sie hatte sie gemacht und nach Meinung einiger (nicht aller) auch die Welt.
    Menschen und Anthros sahen zum Teil auch eine Dualität zwischen Mar, der Schutzgöttin von Maral, und Suthamal. Mar stand für Zivilisation und die Menschen, Suthamal, für Barbarei/Freiheit und Monster/Anthros. In dem Maß in dem Suthamal an Macht gewann, wurde Mar schwächer.


    Maral ging unter, die Menschen wurden weniger und die Anthros zivilisierter. Suthamal blieb für die Anthros eine Schöpfergöttin, verlor aber viele ihrer barbarischen Aspekte. Gerade bei den Hyänen galt sie aber auch als Mutter der Monster, denn sie brachte einige Kreaturen zur Welt, die auch den Anthros Probleme bereiteten und die von großen Helden (auch oft angeblich oder tatsächlich Nachfahren Suthamals) getötet wurden.


    Gleichzeitig nahm der Kontakt zu anderen Anthros des Umringten Kontinents zu und es entstand das Pantheon der Erheber, der Schöpfer der unterschiedlichen Anthros. Regional unterschied sich Suthamals Rolle da sehr. Im späteren Ctonia wurde sie die Göttin der Fellträger, Rivalin des Smaragdgeschuppten, Gott der Schuppigen. In den nördlicheren Regionen stand Suthamal für Kreaturen der Wüste und Steppe (und auch wieder für Barbarei, denn die Füchse des Nordens waren schnell bei der Pfote, die Anthros der Südspitze als primitiv einzuordnen) und galt als Neuankömmling im Pantheon, weil sie als letzte dazu kam.


    Die Alonokatzen lernten Suthamal durch eine tatsächliche Begegnung kennen, bei der sie sie überredete, Anthros zu werden. Nachdem ihnen ihre schwächeren Sinne danach so gar nicht gefielen, wurde Suthamal zur Satansfigur, von der man nur Statuen aufstellt, um sie mit faulem Fleisch zu bewerfen, und die ewig von der alonischen Göttin der Jagd verfolgt wird.


    Heute hat Suthamal kaum Anhänger. Die meisten Anthros erkennen die Erheber an, verehren sie aber nicht mehr. Die eher sachliche Haltung der modernen Tempel führt zu einer "vereinigten" Suthamal mit unterschiedlichen Aspekten in einer Gottheit.
    Manche setzen sie gleich mit Muka, der Muttergottheit der Interdimensionalen Götter oder mit Shub-Niggurath (deren Existenz aber unbewiesen ist).
    An anderen Orten, die Suthamal besucht hat, ist sie weiter als Mutter der Monster bekannt und bei den Alonokatzen nach wie vor die Gegenspielerin.


    Und neben all dem gibt es die echte Suthamal, der das meiste davon egal ist und die sich gern unerkannt unter Sterbliche mischt um Spaß zu haben. Und die tatsächlich gerne Monster zur Welt bringt, nicht um damit irgendjemanden zu plagen sondern einfach aus Neugier, was wohl diesmal rauskommt. Götter sind seltsam.



    Anderes Beispiel:


    Der Herr des Lichts und des Goldes ist eine Entität, die vor allem in Ost-Taurania verehrt wird. Tatsächlich ist der Bund des Lichts und des Goldes, bestehend aus dem Kaiserreich des Goldes (hauptsächlich Menschen), dem Wald der Lichtelfen und dem Königinreich der Juwelendrakons, nach ihm benannt. Die Mitglieder des Bundes sehen ihn allerdings sehr unterschiedlich.


    Für die Lichtelfen ist er der Schöpfergott. Er erschuf die Menschen aus Gold, die Juwelendrakons aus Amethysten und die Elfen aus reinem Licht. Andere Völker machte er aus diversen Mineralien, die er übrig hatte.


    Lehrmeinung im Kaiserreich des Goldes ist, dass er keine eigenständige Gottheit sondern ein Engel des Höchsten Wesens ist. Er ist der Beschützer der Mächte des Guten, der Zivilisation und des Reichtums.


    Die Juwelendrakons stammen ab vom göttlichen Drachen Crydraje. Der Herr des Lichts und des Goldes ist ein relativ unbedeutender Gott, zuständig für Reflektion und Lichtbrechung, also kurz gesagt, Glitzerkram. Sie verstehen aber, dass er für ihre Verbündeten, die im Sonnenlicht leben, sehr wichtig ist.


    Für die Finsterelfen ist der Herr des Lichts und des Goldes ein Tyrann, der die Elfen als Sklaven erschaffen hat, aus reinem Licht, ohne freien Willen. Nur indem Elfen die Finsternis in sich aufnehmen, können sie frei sein.

  • Interessante Frage.
    In Arastur wird der Kaiser als Gottheit verehrt, während er überall sonst auf dem Nordsplitter nur als Mensch gesehen wird oder maximal als Prophet. Ich glaube dass trifft aber den Kern deiner Frage nicht so ganz.


    Bei den Bewohnern Gawennas und den Elfen kommt es bei dem Pantheon aus vier Göttern zu starken Überschneidungen, weil die Menschen die Elfische Religion übernommen haben. Bei Mangala, Juna, Losh und Mangal handelt es sich um real existierende Wesen. Die Elfen haben den einzelnen Göttern aber in Teilen andere Bedeutungen zugeschrieben als die Menschen. So sehen die Menschen Losh eher als negativ (aber nicht böse oder verachtenswert), weil er die Zerstörung und das Ende bringt. Bei den Elfen wird er als vollwertiges Mitglied des Pantheons verehrt wie auch z.B. Juna. Was wohl daran liegt, das Elfen deutlich länger leben als Menschen und eine andere, eher positive oder neutrale, Einstellung zum Tod und zum vergehen haben als die Menschen. wobei das natürlich eine sehr individuelle Sache ist. Nicht alle Elfen denken gleich, und erst recht nicht alle Menschen.

  • Ja, mir war diese Tradition, dass Götter in Fantasywelten in etwa genauso sind, wie sie sich die Gläubigen vorstellen, zu simpel. Also es ist cool, dass es die gibt, aber es ist dann auch irgendwie einfach, und ich mag komplizierte Sachen lieber.


    Ich habe irgendwo schon mal geschrieben, dass fast alle Gottesvorstellungen in Palaststern falsch sind. Das ist zwar so, aber sie enthalten auch oftmals eine gewisse Wahrheit, und es ist auch prinzipiell möglich in eine Art von Kontakt mit ihnen zu treten. Das gilt allerdings nur für die Gottheiten einer bestimmten Klasse, zu denen die edlen und dunklen Götter gehören. Sachen wie Non und Faural-Garroth-Numen sind ausgenommen. Chis, die Nationalgottheit und Schöpferin (sie bezeichnet sich selbst als weiblich, aber es ist nicht bekannt, ob irgendein von Erdbewohnern so bezeichnetes Geschlechtsmerkmal auf sie zutrifft) der Chisanadai ist eine Art mächtiges Überwesen, das es sich auf der Erdschale (eine Art unsichtbare Wand um die Erde) gemütlich gemacht hat, und von dort auf Chisana herabblickt. Zu ihr kann man auch beten wenn man will, aber man sollte ein Chisanadai sein, sonst wird sie wahrscheinlich sehr wütend darüber, oder sie ignoriert einen. Vielleicht hört sie es aber auch nicht.


    Die Menschen haben die Angewohnheit, sich ihre Götter anthropomorph, menschenähnlich, vorzustellen. Auch die Dämonen und Spawns der Edlen Götter sehen teilweise menschen- oder auch tierähnlich aus, es gibt aber auch sehr fremdartige Klassen von Spawns.
    Die Spawns und Dämonen des Kosmos haben die dunklen oder edlen Götter, aus deren Einfluss sie entstanden sind, nie gesehen. Haben diese Götter überhaupt so etwas wie Körper? Da will ich mich gerade nicht festlegen. Ihre Spawns sind aber aus tiefstem Herzen Spiegel ihrer Wesenszüge, und zumindest die Spawns der edlen Götter haben eine mit einem Gläubigen vergleichbare Beziehung zu ihrer Gottheit - sie beten zu ihnen, philosophieren über sie, und akzeptieren auch, dass ihre Pläne wohl höher sind als das, was sie sich ausmalen können.


    So zum Beispiel Lor, der Gott der Ritterlichkeit, Ehre, Kraft. Seine Spawns bewohnen das Bollwerk, eine Art Raumfestung, die um einen der Planeten kreist. Die Kirche sagt, dass Lor der einzige Sohn von Vegeb war, einer mythischen Gestalt, und sein ganzes Leben um die Gunst von nur einer einzigen Frau (Feli, die spätere Göttin der Schönheit) gebuhlt hat, bis er schließlich die Apotheose durchlaufen und dann alle Faszination für ihre Schönheit verloren hat ("Du warst immer meine Angebetete. Jetzt weiß ich nicht mehr was ich verehren soll.").
    Dagegen hält aber der menschliche Sagenschatz sehr viele Legenden zu Beziehungen zwischen ihm und verschiedenen anderen Göttinnen bereit, unter anderem Deive (die Göttin der Natur und Harmonie) und Ravalma (die Göttin der Liebe), und auch die Vorstellung von Lors Bruder Rol und der Beziehung zwischen beiden ist ein Thema (Rol hatte so gar keinen Zugang zum anderen Geschlecht, und hat seinen Bruder gern damit aufgezogen).
    Die Spawns vom tatsächlichen Lor kennen diese Geschichten, und können ihren Kern weder verifizieren noch falsifizieren. Sie wissen zwar, dass die Propheten der Kirche von Dämonen der Lüge geleitet wurden, doch diese Dämonen sagen nur selten ausschließlich die Unwahrheit. Außerdem hat das Bündnis der Edlen Götter eine uralte, geheimnisumwitterte Geschichte, die auch die Spawns des Kosmos nicht kennen - sie kennen nur ihre Mission im Kosmos, nämlich das Tor der Verzweiflung im Dämonenschlund zu schließen, sobald sich die Gelegenheit bietet, und alle gefährlichen Wesen des Kosmos zu vernichten oder zu bannen (ist etwas komplexer).


    Edit: Es ist auch hier anzumerken, dass die Vorstellung davon, dass Götter Geschlechter haben - abgesehen vom Sonderfall Chis - auch auf die menschliche Gedankenwelt zurückzuführen ist. Die tatsächlichen Götter der hier angesprochenen Klasse haben keine Geschlechter, und auch die Spawns haben keine. Es gibt aber Klassen von Spawns, die ein Mensch tendenziell als weiblich oder als männlich wahrnimmt - so die Engel von Luni oder die Ritter und Legionäre von Lor.


    Edit2: Ich muss auch noch anmerken, dass diese Lorslegenden der Kirche aus dem Richtermythos stammen, dessen Ursprung nicht wirklich geklärt ist. Erst die späteren Propheten wurden von Dämonen der Lüge geleitet, ich hatte das nicht auf dem Schirm :pfeif:

  • Unabhängig davon, ob Götter nun real in der Welt oder nur in der Vorstellung ihrer Bewohner existieren, geht es meistens um Konzepte. Frieden und Krieg, Leben und Tod, Freude und Trauer, Vergebung oder Rache etc. ...


    Diese Konzepte sind quasi universal und wenn die Welt dann noch in Bewegung ist, wandern natürlich auch Glaubensvorstellungen, weshalb in etlichen Kulturen sehr ähnliche Götter und Riten auftauchen. Allerdings wird natürlich eine friedliebende Kultur kämpferische Götter anders bewerten als eine, die eher kriegsaffin ist.


    Viele Entitäten sind aber auch innerhalb der selben Kultur ambivalent. Das ist ja auch logisch: Wenn sich Gottheiten dem/der Einen wohlgesonnen zeigen, kann das zum Nachteil des/der Nächsten sein. Glaube ist jedoch in alle Regel nicht so angelegt, dass die jeweils Benachteiligten davon ausgehen, dass sie sich mehr um die Gunst hätten bemühen müssen. Sie waren dann eben nicht tapfer, verliebt, freigiebig oder eben auch rachsüchtig, gierig oder blutdürstig genug.


    Klingt einfach,ist es aber nicht. Beispielsweise ist es der Göttin der Trauernden erst einmal ziemlich gleichgültig, ob die Trauer in Vergebung oder Rache mündet. Allerdings hängen die Schicksale der Sterblichen zusammen, und die ausgeübte Rache des Einen kann zur Vergebung durch jemand anderen führen. Wer seine Rache gewährt bekommt, kann gleich darauf auch das Ziel von Rache werden - hat damit aber nicht die Gunst verloren, denn das Ziel einer Rache zu sein, gehört überhaupt nicht zum Verhältnis mit der entsprechenden Gottheit.
    Und das wiederum wird selbstverständlich von Personen und ganzen Kulturen unterschiedlich gewertet. Manche sind eher Fatalisten, Andere versuchen,sich irgendwie abzusichern und wieder Andere rufen gleich gar nicht erst die Hilfe der entsprechenden Gottheiten an - was wiederum mancherorts in eine prinzipielle Ächtung mündet.

    La locura nunca tuvo maestro / Para los que vamos a bogar sin rumbo perpetuo.
    La muerte será un adorno / Que pondré al regalo de mi vida.
    (Heroes del Silencio: Avalancha)

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