[Aurhim] Der Viergötterglaube

  • Nachdem es in einem anderen Thread aufkam, hier eine Vorstellung des Viergötterglaubens von Aurhim.
    Bevor wir aber in die Theologie einsteigen, müssen wir ein paar Begriffe klären, die immer wieder vorkommen. Und für die einfachere Orientierung hab ich mal zwei Karten angehängt. Wir bewegen uns hauptsächlich im Ostteil von Apaconor (auf der Weltkarte oben in der Mitte).


    Altgläubigkeit vs. Kirchengläubigkeit
    Der Viergötterglauben existiert in zwei Hauptspielarten.
    Die "Altgläubigkeit" ist die ursprüngliche Form. Sie entstand auf den Inseln Aronan und Arlin, sowie im heutigen Nord-Belida.
    Durch einige politische Verwicklungen, auf die ich hier nicht näher eingehen will, entstand ein Ableger der Religion auf Sabema, das ist die "Kirchengläubigkeit". Von Sabema aus verbreitete sich diese Spielart in Belida, und nachdem Belida das heutige Nord-Belida und die Insel Arlin eroberte, ist es jetzt auch dort die offizielle Form der Religion. Die Kirchengläubigen betrachten die Altgläubigen als Ketzer, und wo sie es durchsetzen können, gehen sie auch mit Gewalt gegen sie vor. Umgekehrt ist das nicht so. Die Altgläubigen finden die Ansichten der Kirchengläubigen zwar etwas seltsam, wären aber zufrieden, sie gewähren zu lassen, wenn man sie nur selbst in Ruhe lassen würde.
    Aus all diesen Regionen gab es in den letzten Jahrhunderten massive Auswanderbewegungen, insbesondere nach Perhenien, was man am linken Rand der Detailkarte noch sieht. In diesen Regionen hängt es sehr stark davon ab, wie jetzt die genauen Zahlen- und Machtverhältnisse zwischen Kirchengläubigen und Altgläubigen sind. Mal lebt man friedlich nebeneinander, mal eher nicht.

  • Die vier Götter
    Wie der Name schon sagt, gibt es im Viergötterglauben vier Götter ;)
    Man darf sich die aber weniger wie irgendwelche Götter aus einem klassischen Pantheon vorstellen. Eher geht es in die Richtung eines Konzepts wie Yin und Yang, nur eben mit 4 "Parteien" statt mit 2.
    Die 4 Götter haben Namen, im Belidischen sind das Fero, Envo, Talido, Incro, aber diese Namen werden gar nicht so oft verwendet. Stattdessen gibt es unzählige Metonymien. Für Fero z.B. "der Blumenbekränzte", "der Herr des Ostens", "der Flötenspieler", "der Kindliche"... Es gibt jetzt kein Tabu, die Namen zu verwenden, aber es ist einfach üblicher, die Götter mit irgendwelchen Attributen zu benennen und wer sich ein kleines bisschen auskennt, kann sie dann auch leicht erkennen.


    Wie gesagt, die vier Götter stehen für die Vierteilung aller Lebensaspekte. So z.B. (die Götter sind immer in der gleichen Reihenfolge)
    - Frühling, Sommer, Herbst, Winter
    - Osten, Süden, Westen, Norden
    - Morgen, Mittag, Abend, Nacht
    - Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter, Greisenalter


    Die vier Götter sind nicht allwissend oder allmächtig, sondern nur dann, wenn einer ihrer Aspekte berührt wird. Allerdings streiten sich die Theologen, ob man eine Situation herbeiführen kann, in der ein Gott tatsächlich in keinem seiner Aspekte berührt ist. Der Volksglaube ist sich aber sicher, dass der Gott umso weniger aufmerksam ist, je weniger Überschneidungen er mit der konkreten Situation hat. Will man also z.B. ein Gebot von Envo (dem Sommergott) brechen, macht man das am besten im Winter, bei Nacht und nach Norden gerichtet.


    A propos Gebote:
    Jeder Gott hat eine Reihe von Geboten, wie man ein gottgefälliges Leben führen soll, ähnlich den 10 Geboten in der Bibel. Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, diese zu basteln. Ich weiß aber, dass sie sich teilweise widersprechen. Z.B. könnte ich mir vorstellen, dass der Sommergott fordert "Du sollst denen vergeben, die dir Böses getan haben" und der Wintergott "Du sollst blutige Rache für alles Unrecht nehmen". Sommer und Herbst sind sich dafür nicht einig, was die Treue in der Ehe angeht. Das macht es natürlich einerseits sehr schwer ein wahrhaft gottgefälliges Leben zu führen. Andererseits gibt es einem eben auch die Möglichkeit, je nach Situation flexibel zu entscheiden, ohne "unmoralisch" zu handeln.


    die Mutter
    Bevor ich diesen Post beende, müssen wir noch über den größten theologischen Unterschied zwischen Altgläubigkeit und Kirchengläubigkeit sprechen: die Mutter.
    Während die Kirchengläubigkeit darauf besteht, dass die vier Götter nicht geboren und nicht gezeugt sind, sondern von Anbeginn der Zeiten existiert haben, sind sie für die Altgläubigkeit die Söhne der "Mutter", einer weiblichen Gottheit, die keinen eigenen Namen hat. Was die theologische Bedeutung der Mutter ist, ist nicht so ganz klar. Das liegt daran, dass es in der Altgläubigkeit kein religiöses Dogma gibt. Einige weitverbreitete Ansichten sind:
    - sie hat die vier Götter geboren und seither keine Interaktion mehr mit der Welt
    - sie ist wie die Mutter von vier Heranwachsenden, normalerweise lässt sie sie machen, aber wenn sie es zu bunt treiben, greift sie ein
    - die vier Götter sind nur Aspekte der Mutter, um ihre Vielschichtigkeit für die Menschen besser begreifbar zu machen
    Dieser Glaube an die Mutter ist das, was die Altgläubigen in den Augen der Kirchengläubigen zu Ketzern macht (und natürlich, dass sie die Autorität der Kirche nicht anerkennen ;) )


    die Bastelinspiration
    Der Viergötterglaube ist eine der ersten Sachen, die ich für Aurhim gebastelt habe. Er beruht auf einem Kinderlied, das ich in der Grundschule sehr mochte:
    Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder
    Den Frühling, den Sommer, den Herbst und den Winter
    Der Frühling bringt Blumen, der Sommer den Klee
    Der Herbst bringt die Trauben, der Winter den Schnee.

  • Schön und stimmig die Religion!

    - Frühling, Sommer, Herbst, Winter
    - Osten, Süden, Westen, Norden
    - Morgen, Mittag, Abend, Nacht

    Das alles ist ja eindeutig zyklisch.

    - Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter, Greisenalter

    Du hast ja im anderen Thread geschrieben, dass der Viergötterglaube den Glauben an Wiedergeburt beinhaltet. Aber dennoch gibt es ja für den Normalsterblichen schon eine relativ klar erfahrbare Grenze zwischen Greisenalter und Kind. Haben die Götter dementsprechend in der gesellschaftlichen Wahrnehmung auch genau diese Reihenfolge, die du angegeben hast? Oder ist es, sag ich mal, egal, mit welchem man anfängt?

  • Uff, du stellst ganz schön schwierige Fragen.


    Da ich ("EIgenwelttourist") ja höchstens das über meine Welt weiß, was ihre Bewohner wissen, und die Ursprünge einer Religion meist tief in der Prähistorie verborgen sind (Oder woran genau glaubten die Israeliten vor Mose?), kann ich nicht viel Definitives sagen. Ich vermute aber, dass der Ursprung der vier Götter tatsächlich die Lebensalter sind, und die anderen Bereiche später als Erweiterung und Übertragung entstanden sind. Der Frühling ist die Kindheit des Jahres, genauso wie der Morgen die Kindheit des Tages ist, der Morgen aber wiederum ist mit dem Osten verbunden usw...
    Das Ganze wird nicht wirklich einfacher dadurch, dass die Konzepte nicht so ganz stringent durchgezogen werden. So ist bzgl Lebensalter der "Winter" verbunden mit Alter UND Tod, die Nacht ist aber eigentlich wirklich nur der Tod des Tages. Die Lebensalter in dieser religiösen Sicht haben viel mit dem Thema Selbstbestimmtheit/Verantwortung zu tun:
    - Kindheit: ich kann (noch) nicht für mich selbst sorgen und bin in der Verantwortung meiner Eltern
    - Jugend: ich kann für mich selbst sorgen, trage aber keine Verantwortung für andere
    - Erwachsenenalter/Elternschaft: ich sorge für mich selbst und meine Kinder
    - hohes Alter: ich muss nicht mehr für meine Kinder sorgen und kann vielleicht auch nicht (mehr) für mich selbst sorgen
    In dieser Hinsicht kommen sich Kindheit und Alter dann schon wieder konzeptionell näher. Andererseits gibt es auch Überschneidungen zwischen Jugend und Alter einerseits und Kindheit und Erwachsenenleben andererseits, denn in Jugend/Alter bin ich nicht an andere gebunden, in den beiden anderen Phasen schon. Jedenfalls suchen diese Kulturen nicht zwangsläufig nach zyklischen Vorgängen.


    Übrigens spielt im Alltag eine andere Einteilung der Lebensalter eine viel größere Rolle:
    - 0 bis 7 Jahre: Kindheit, keine Ausbildung
    - 7 bis 14 Jahre: Grundlegendes, man lernt, sich in die Gesellschaft einzufügen (in Städten Schulbesuch, junge Adlige Pagendienst)
    - 14 bis 21 Jahre: Ausbildung im tatsächlichen Beruf, Lehre
    - ab 21: fertig ausgebildet, mach doch, was du willst.


    Die Volljährigkeit liegt dabei eher bei 14 als bei 21, aber das ist mehr so ein fließender Übergang.


    Das ist alles nicht so ganz klar definiert, aber es soll ja auch so wirken wie etwas, über das theologische Fakultäten ganze Bibliotheken füllen können. Ich habe aber nicht die Zeit, all diesen Interpretationen und kulturellen Auswirkungen im Detail nachzuspüren. Das mach ich nur, wenn ich es für eine Geschichte brauche, womit wir wieder beim Eigenwelttourismus wären ;)

  • Hallo Shay ^.^ Tja, Religionen sind ja was hochinteressantes, insofern fühle ich mich höchst beglückt, einen Thread über den Viergötterglauben zu erblicken ;p ich wollte mich ja darüber informieren, daher kommt er mir sehr gelegen ^.^


    es soll ja auch so wirken wie etwas, über das theologische Fakultäten ganze Bibliotheken füllen können.

    Hm okay, der Bedarf an theologischer Literatur ergibt sich ja vor allem aus dem Bedürfnis nach Erklärungen, Erbauung, Synopsen oder auch nach der Klärung von besonderen Streitfragen. Die Liste erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit ^.^


    Ich empfinde diesen Glauben als ziemlich fremdartig muss ich sagen, vor allem, weil ich in den vier Göttern, die ja gleichermaßen verehrt werden, vier Kandidaten habe, die für Gegensätze stehen. Es wäre, als ob ich Gott und den Teufel zugleich verehren würde. Tagsüber würde ich Gott dienen, Nachts dem Teufel. Also müsste ich mein Verhalten komplett umstellen. Tagsüber versuche ich, mit mir selbst und den anderen gut umzugehen, Nachts mache ich mich selbst und mein Umfeld kaputt - man gut, dass ich Nachts schlafen gehe ._.


    Du führst als Beispiel an, dass z.B. der Sommergott für Vergebung steht, und der Wintergott für Rache. Das sind ja absolute Gegensätze. Ich wollte eigentlich die Frage stellen, wie verschieden die Philosophien der Gottheiten eigentlich sind, um zu schauen, ob ich nicht vielleicht einen halbwegs brauchbaren Mittelweg finden kann, aber wenn die so gegensätzlich sind wie im Beispiel... Klingt, als hätten die Gläubigen da ein anstrengendes Leben.


    Hm, mir kommt gerade der Gedanke: wie ist es mit dem Nichtstun aus religiösen Gründen, also um keinen Gott zu verärgern, tut man einfach garnichts? Ich stelle mir gerade ein Faulenzerkloster vor ;p Aber Faulenzen ist bestimmt auch von irgendwem untersagt, oder? xD Das würde heißen, dass jemand der so lebt, während der aufmerksamen Zeiten dieser Gottheit irgendetwas Unverfängliches tun müsste. Vielleicht Schach spielen? Ist auch anstrengend ;p

  • Bevor ich auf Joshuahs Fragen eingehe, noch ein Nachtrag.


    Jeder der Götter steht auch für ein "Berufsgruppe"
    Frühling: Handwerker und Künstler (alle, die schöpferisch tätig sind)
    Sommer: Händler, fahrendes Volk, Seeleute, Hochseefischer (alle, die in Ausübung ihres Berufs reisen)
    Herbst: Bauern (alle, die ernten)
    Winter: Soldaten, Jäger, örtliche Fischer (alle, die als Beruf töten)


    Und ja, die Hochseefischer sind schon wieder nicht so eindeutig und was ist mit Söldnern, die dem Krieg hinterher reisen... :diablo:

    Ich empfinde diesen Glauben als ziemlich fremdartig muss ich sagen, vor allem, weil ich in den vier Göttern, die ja gleichermaßen verehrt werden, vier Kandidaten habe, die für Gegensätze stehen. Es wäre, als ob ich Gott und den Teufel zugleich verehren würde. Tagsüber würde ich Gott dienen, Nachts dem Teufel. Also müsste ich mein Verhalten komplett umstellen. Tagsüber versuche ich, mit mir selbst und den anderen gut umzugehen, Nachts mache ich mich selbst und mein Umfeld kaputt - man gut, dass ich Nachts schlafen gehe ._.

    Du hast das Konzept noch nicht ganz verinnerlicht (was überhaupt kein Vorwurf ist):
    Machen wir mal ein Beispiel. Ein junger Mann, Anfang 20, Schmied von Beruf, muss in einer Herbstnacht eine moralische Entscheidung treffen, sagen wir mal, er hat seine Verlobte mit einem anderen erwischt. An welchem Gott soll er sich orientieren?
    Er ist Schmied, also Handwerker, damit am Frühlingsgott
    Er ist noch jung, also am Sommergott
    Es ist Herbst, also am Herbstgott
    Es ist Nacht, also am Wintergott
    Das Konzept des Viergötterglaubens ist nicht, dass man sein Verhalten ständig ändern muss, sondern dass es viele Situationen gibt, in denen es keine eindeutig richtige Lösung gibt. Es gibt aber auch Gebote, da sind sich alle vier einig (z.B. reichlich Geld an die Kirche zu spenden :diablo: ). Es gibt Leute, die versuchen, sich ganz an einem Gott auszurichten, da ist die Chance aber sehr hoch, dass sie von ihren Mitmenschen als Spinner angesehen werden. Die meisten Menschen versuchen, das irgendwie auszutarieren, um es sich mit keinem Gott so ganz zu verscherzen. Das schlimmste, was ihrer Vorstellung nach passieren könnte, ist das ein Gott einen "Frevler" direkt hier und jetzt bestraft. Das wird von den Leuten aber für selten gehalten (wobei Krankheit oder so natürlich schon Zeichen eines erzürnten Gottes sein könnte und dann geht man vielleicht besser mal wieder in die Kirche...) Ansonsten spielt das "Guthabenkonto" im Leben nach dem Tod eine Rolle, aber mehr dazu, wenn wir bei den Jenseitsvorstellungen sind.

  • dann machen wir doch mal mit dem nächsten Thema weiter, der Kirchenorganisation


    Organisation der Kirchengläubigkeit
    Die Kirchengläubigkeit trägt das Wort "Kirche" nicht zufällig im Namen. Hier ist die Hierarchie ein GROSSES Thema. Das Haupt der Gesamtkirche ist der Kreis der vier Metropoliten, der seinen Sitz in Sabessa (der Hauptstadt Sabemas) hat. Darunter gibt es Bistümer, Gemeinden, Pfarreien...
    Wenn ein junger Mann hier zum Priester werden will, fängt er zuerst eine Art Lehre bei einem höheren Rang an, will man weiter aufsteigen braucht man zuerst ein Studium (für den 4. Rang) und danach gute Beziehungen.
    Ich nummeriere sie jetzt in aufsteigender Ordnung. Wenn es euch zu viel zum Lesen ist, denkt einfach an die katholische Kirche und liegt nicht zu sehr falsch. :D

    • Kaplan
      kann Lesen und Schreiben, kann liturgische Texte (auf Sabessisch) auswendig, versteht sie aber nicht unbedingt
      assistiert den höheren Rängen, verrichten einfache Aufgaben und Botengänge
      darf selbst keine liturgischen Handlungen vollziehen, aber z.B. vor Gläubigen liturgische Gesänge ausführen
    • Diakon
      kennt den Inhalt der wichtigsten theologischen Schriften, hat sie aber nicht (im Original gelesen)
      darf Andachten abhalten, aber nicht predigen
      darf liturgische Rituale vollziehen (z.B. Eheschließung...)
    • Pfarrer
      sollte die wichtigsten theologischen Schriften im Original gelesen haben, versteht die Sprache aber nicht unbedingt vollumfänglich
      betreut eine Gemeindekirche
      darf predigen
    • Priester
      Die Ausbildung findet an der Kirchenuniversität in Sabessa statt und dauert 5 Jahre. Davon 3 Jahre Grundstudium und 2 Jahre Spezialisierung auf den gewählten Gott.
      Nach bestandenem Studium wird er einer Diözese (nicht seiner Heimatdiözese!) zugeteilt.
      hat sich auf einen Gott spezialisiert
      leitet größere Gemeinden insbesondere in Städten
      spricht und schreibt fließend Sabessisch in literarischer Form und kennt alle theologischen Texte
    • Priester im Haushalt des Metropoliten (Sitz also in Sabessa)
      einer pro Jahr wird vom jeweiligen Bischof an den Haushalt des Metropoliten entsandt
      unterstütz den Metropoliten in allen Belangen ("persönliche Assistenten")
    • Bischof
      Wird bei Sedisvakanz vom Metropoliten aus seinem Haushalt ausgewählt
      leitet ein Bistum (zusammen mit 3 Mit-Bischöfen der anderen Götter)
    • Legat
      Sonderbeauftragter der Metropoliten
      steht in der Hierarchie nicht wirklich über den Bischöfen sondern eher gleichberechtigt daneben, hat aber meistens bessere Verbindungen zu den Metropoliten
    • Metropolit
      einer für jeden Gott, Oberhäupter der Kirche

    Daneben gibt es in der Kirchengläubigkeit auch noch eine ganze Reihe von Orden, und zwar sowohl Laienorden, als auch Priesterorden, mit den unterschiedlichsten Regeln und Aufgaben. Und da dürfen sich auch Frauen beteiligen.



    Wenn wir jetzt zur Altgläubigkeit kommen, müssen wir zwei Regionen unterscheiden. Das eine ist die Insel Arlin und große Teile Nordbelidas. Hier leben die Thalwesc. Das andere ist die Insel Aronan, die Heimat der Naskyrik. Ausgewanderte Thalwesc oder Naskyrik verwenden natürlcih die Gepflogenheiten ihrer Heimat.


    Kirchenorganisation in der Altgläubigkeit: Thalwesc (Arlin und Nordbelida)
    Priester
    Es gibt für jeden der vier Götter sowie für die Mutter einen Orden, der einen festen Hauptsitz hat. Wer Priester werden will, verbringt einige Jahre dort. Sobald er zum Priester geweiht ist, kann er tun und lassen, was er will. Allerdings ist es üblich, in regelmäßigen Abständen wieder einige Zeit im Mutterhaus zu verbringen.
    In dieser Spielart des Viergötterglaubens herrscht die feste Überzeugung, dass man zwar den Ritus vorschreiben kann, aber nicht den Glauben. Die angehenden Priester lernen also den Ablauf der verschiedenen Zeremonien, Gebete, Lieder etc. Was die Theologie angeht, hören sie in ihrer Ausbildung "Vorlesungen" von Leuten, die ganz unterschiedliche Ansichten vertreten. Auf diese Weise sollen sie sich ihre eigene Meinung bilden. Es gibt also kein richtig und falsch und es gibt auch keinen festgelegten Kanon an Schriften, auch wenn die Überlieferung theologischer Ideen in Buchform eine große Rolle spielt.
    Um das tägliche Leben im Mutterhaus zu organisieren, gibt es einen "Abt" und einen Rat der Priester, aber da geht es wirklich eher um die Regelung des Alltags (z.B. welcher Priester wann welchen "Hörsaal" nutzen darf und wer am Ende die Tafel putzt *nicht ganz ernst nehmen*)


    Seit die Belider alle Gebiete der Velcath übernommen haben und alle Mutterhäuser als Brutstätten der Ketzerei zerstört haben, müssen die Orden im geheimen operieren. Es ist seither auch nicht immer so ganz klar, wo jetzt gerade das "offizielle" Mutterhaus ist.


    Die Gemeinden der Thalwesc sind eher klein, meistens ein Dorf oder so. Sie haben normalerweise keinen eigenen Priester und schon gar keine Vierergruppe für alle Götter. Eher ist es so, dass einige Priester zusammen ein größeres Gebiet betreuen und mal hier, mal da eine Messe leiten.


    Kantor
    Fast wichtiger als die Priester für das religiöse Leben der einfachen Leute ist der Kantor. Jede Gemeinde hat einen hauptberuflichen Kantor, der seinen Beruf bei einem anderen Kantor gelernt hat.
    Er hat folgende Aufgaben:
    - Anleitung der Gemeinde im Gesang während der Gottesdienste
    - Einstudieren neuer Lieder oder mehrstimmiger Gesänge mit dem Chor der Gemeinde (s.u.)
    - Komposition neuer Lieder und Texte
    - Unterricht der Kinder in Lesen, Schreiben, Gesang und Notenlesen


    Der Chor der Gemeinde ist kein festes Ensemble. Normalerweise trifft man sich 2-3mal die Woche abends. Wer mag, kommt, wer nicht mag, bleibt weg. Es gibt sicher viele, die regelmäßig kommen und dann auch kompliziertere Parts übernehmen könne, aber jeder ist willkommen, denn jedes bißchen Übung hilft, dass der Gemeindegesang in der tatsächlichen Messe schöner ist. Im Rahmen der Chorproben schreibt auch jedes Gemeindemitglied sein eigenes Liederbuch mit Noten und Texten (eben immer dann, wenn es etwas Neues gibt)


    Zur Rolle der Musik im Viergötterglauben muss ich wohl auch nochmal was schreiben, aber nicht heute.


    Kirchenorganisation in der Altgläubigkeit: Naskyrik (Aronan)
    Wenn wir uns zum Schluss die Naskyrik anschauen, wird es noch einfacher. Priester wird man, indem man bei einem Priester in die Lehre geht. Es gibt keine vereinheitlichte Liturgie und keine vereinheitlichten Texte. Sowieso können die meisten Priester nicht lesen oder schreiben. Die Priester ziehen nach Lust und Laune umher oder lassen sich irgendwo nieder. So lange sie nicht zu lange bleiben, können sie damit rechnen, dass sie von der Bevölkerung mit Essen und Kleidung unterstützt werden, aber Schmarotzer mag keiner und es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Priester davon gejagt wird, wenn er sich zu sehr aushalten lässt oder den Gastgeber sonst irgendwie verärgert hat.
    Im täglichen religiösen Leben der Leute spielen Priester keine große Rolle. Zeremonien egal welcher Art werden von irgendeinem erfahrenen Mitglied der Gemeinschaft angeführt (egal ob Mann oder Frau). Wer auch immer nach Ansicht der Leute die meiste Ahnung hat. Wenn mal ein Priester vorbeikommt, ist das eine Bereicherung, aber es geht auch ohne.

  • Ach so, uff. Okay, ich versuche mich da mal ranzutasten.


    Wenn eine Handlung X von Gott A für richtig und von Gott B für falsch gehalten wird, dann ist die Handlung gleichzeitig richtig und falsch (aus Sicht des Gläubigen).


    Das bedeutet, wenn beide Götter die Handlung mitbekommen, dann gibt es bei beiden Göttern jeweils gleich viele (?) Plus- und Minuspunkte.


    Du sagst aber, dass die Götter nicht allwissend sind, und zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich aufmerksam, je nach ihrer jeweiligen Assoziation.



    Das Konzept des Viergötterglaubens ist nicht, dass man sein Verhalten ständig ändern muss, sondern dass es viele Situationen gibt, in denen es keine eindeutig richtige Lösung gibt.


    Ich denke das trotzdem mal durch, einfach weils mich interessiert ^.^ Aber verstehe ich das richtig, dass das nicht gewünscht ist, das in der Art und Weise durchzudenken, dass man auf endgültige Lösungen kommt, welche Verhaltensweise wann sinnvoll ist? Das stelle ich mir schwierig vor, weil es ja in Deiner Religion auch das Konzept der göttlichen Bestrafung gibt, die ja, soweit ich es verstehe, aus einem aus Sicht der betreffenden Gottheit fehlerhaften Verhalten herrührt, das diese eben in aufmerksamen Momenten mitbekommen hat.


    Was jetzt folgt, ist mein persönlicher Versuch, das kurz durchzudenken, also wie man entscheiden könnte, welche Verhaltensweise wann die sinnvollste sein könnte.


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    Um bei Deinem Beispiel zu bleiben:


    Handlung 1: Er haut den Typen kaputt, der gerade mit seiner Verlobten Billard gespielt hat. Der Sack!
    Handlung 2: Er umarmt seine Verlobte und sagt dem Kerl "ich versteh dich, deshalb will ich sie ja heiraten. Kann ich dir vielleicht was zu Trinken anbieten?"


    Und irgendwie Sachen dazwischen, aber mir fallen keine ein.


    Irgendwie scheint mir gerade, als bräuchte ich eine feste Zahl Kategorien, nach denen ich nun beurteilen könnte, wie aufmerksam hier welche Gottheit ist. Darauf aufbauend könnte ich dann sicher entscheiden, ob der Wintergott vorzuziehen ist, oder eher der Frühlingsgott (die Handlungen passen ungefähr, oder? Zerstörung und Versöhnung?) Die Kategorien, die Du bereits genannt hast wären (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
    - Alter
    - Beruf
    - Tageszeit
    - Jahreszeit
    - Himmelsrichtung


    Sagen wir, während seiner Handlung ist der Typ nach Osten (?) gerichtet (Frühlingsgott jedenfalls). Er ist jung (Wohl schon Sommergott, interessiert also nicht?), Schmied (Schöpferisch, also Frühlingsgott?), Nachts (Wintergott), Herbst (Herbstgott).


    Das bedeutet, dass der Frühlingsgott 2 Aufmerksamkeitspunkte kriegt, und der Wintergott nur 1. Wunderbar, dann kann er Handlung Nr.2 vollziehen, also die versöhnliche.


    Das bedeutet, er bekommt 2 Punkte Plus auf den Frühlingsgott, und 1 Punkt Minus auf den Wintergott. Top, Konto im Plus.


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    Das wär, wie ich es mir gerade vorstelle. Aber wie gesagt, ich bin nicht sicher, ob das so von der Lehre, oder der religiösen Obrigkeit gewünscht ist.


    Eine andere Frage hätte ich auch noch: Aus welchem Grund verfolgen die Kirchenleute die Altgläubigen? Dieser Glaube an sich scheint mir erst einmal nicht so feindlich gegenüber fremden Glaubensvorstellungen (zu erkennen daran, dass sie in der Lehre bislang gar nicht vorkommen - anders als bei den Abrahamitischen Religionen z.B., die diejenigen, die nicht glauben, ziemlich klar benennen). Ist es nur die Überzeugung, der Altglaube sei eine Lästerung (weil man ja nichts über die 4 Götter stellen kann)?


    Edit: Ah, Posts haben sich überschnitten ^.^
    Edit2: "in der Lehre bislang nicht vorgekommen" soll sich natürlich auf Deine Threads hier beziehen, ich hab mich erstmal von der Website ferngehalten, weil ich da ständig Fehlermeldungen kriege ^.^ hoffentlich findest Du irgendwann jemand mit Plan von php und so ._.

  • @Joshuah
    Deine Gedanken bzgl. der "Berechnung" der göttlichen Gunst sind im Prinzip schon richtig. Aber es liegt nicht im Interesse der Kirche, dass die Gläubigen sich genau ausrechnen können, wie ihr Kontostand bei welchem Gott gerade ist. Merke: Willst du als Religion die Macht über die Köpfe der Gläubigen behalten, solltest du dafür sorgen, dass sie latent ein schlechtes Gewissen haben, aber dass es auch im Bereich der Möglichkeiten liegt, dass sie ganz gut da stehen. :diablo:

    Eine andere Frage hätte ich auch noch: Aus welchem Grund verfolgen die Kirchenleute die Altgläubigen? Dieser Glaube an sich scheint mir erst einmal nicht so feindlich gegenüber fremden Glaubensvorstellungen (zu erkennen daran, dass sie in der Lehre bislang gar nicht vorkommen - anders als bei den Abrahamitischen Religionen z.B., die diejenigen, die nicht glauben, ziemlich klar benennen). Ist es nur die Überzeugung, der Altglaube sei eine Lästerung (weil man ja nichts über die 4 Götter stellen kann)?

    Keine der Spielarten des Viergötterglaubens ist offen für andere Götter. Das ist nicht wie bei den Römern, wo man gerne mal einen fremden Gott dazu genommen hat. Es gibt auch keine Bereiche des Lebens, die nicht abgedeckt wären.
    Dass die Kirchengläubigen die Altgläubigen als Ketzer ansehen hat zwei Gründe
    - die Verehrung der Muttergöttin
    Die Kirchengläubigkeit stammt aus einem recht frauenfeindlichen Kulturkreis, und der Kirchengründer war ein besonders frauenfeindliches Exemplar. Alles Göttliche muss männlich sein, denn Frauen sind ja klar minderwertig und wie könnte ein Gott minderwertig sein? Und dass die Altgläubigkeit dann auch noch andeutet, dass die Mutter vielleicht sogar mächtiger sein könnte als die vier Söhne - das geht gar nicht.
    - die Einstellung zu theologischem Dogma
    Die Kirchengläubigkeit hat die klassische katholische Einstellung, dass die Gläubigen gefälligst das zu glauben haben, was man ihnen sagt. Insofern ist die Einstellung der Altgläubigkeit, dass es kein Dogma geben KANN, ein Angriff auf die Grundfesten der Viergötterkirche. Wo kämen wir denn hin, wenn sich die einfachen Leute eine eigene Meinung bilden?
    Man muss aber dazu sagen, dass diese Einstellung der Viergötterkirche nicht ganz so zynisch ist (oder zumindest zu Beginn nicht so gedacht war), wie es jetzt klingt. Die ursprüngliche Religion Sabemas (wo die Kirche gegründet wurde) war ein klassischer Pantheon, wie bei den Römern. Es gibt zig Götter, aber keine Morallehre, d.h. keine klare Vorgabe, wie ein gutes Leben zu sein hat. Der Gründer der Viergötterkirche lernte durch seine Mutter die Altgläubigkeit kennen und war sehr angetan davon, dass es dort klare Gebote gibt, wie ein gutes Leben zu sein hat (auch wenn sich die Götter tw. widersprechen). Aber er fand die Ambivalenz der Altgläubigkeit zu kompliziert für die "ungebildeten Massen" und wollte quasi eine Kleinkindervariante davon schaffen. Und ja, dieser Gründer war ein arroganter Sack aber nicht unbedingt böswillig.

  • Dann machen wir noch ein bisschen was Neues.


    Die Ikonographie der vier Götter
    Gerade für Leute, die nicht lesen können, sind Bilder sehr wichtig. Und wenn man vier Götter hat, muss man sie irgendwie unterscheiden können. Es werden zum Teil auch nur Teile aus der unteren Tabelle verwendet, z.B. könnte ein Viereck mit vier Feldern in grün, blau, rot und weiß auch ein Zeichen für die vier sein.


    GottFero (Frühling)Envo (Sommer)Talido (Herbst)Incro (Winter)
    Haarfarberotblondbraunweiß
    Augenfarbegrünblaubraungrau
    Gewandfarbegrünblaurotweiß
    MusikinstrumentFlöteFiedelDudelsackkeines (Gesang)
    sonst. AttributeBlumenGetreide, KleeFrüchte, Obst, JagdhundWolf, Schnee




    Die Rolle der Musik im Viergötterglauben
    Wie man oben in der Tabelle sieht, ist jedem Gott ein Musikinstrument zugeordnet. Eine der bekanntesten Geschichten über die vier Götter erzählt, wie sie die Welt durch ihre Musik erschaffen haben. Musik gilt als ein Opfer für die Götter. In der Altgläubigkeit wird sehr stark der Gemeindegesang betont (das Amt des Kantors bei den Thalwesc wurde ja schon erwähnt). Gerade bei den Thalwesc beherrscht eigentlich auch jeder irgendein Musikinstrument und gemeinsames Musizieren ist eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten.
    In der Kirchengläubigkeit sind es eher professionelle Chöre/Orchester, die die musikalische Untermalung der Gottesdienste liefern. Gerade in den großen Kathedralen ist das ein beeindruckendes Schauspiel: großes Gotteshaus, überall goldene Verzierungen, Statuen und dann eine komplexe vielstimmige Musik: das alles soll in den Augen der Laien das Bild verfestigen, dass die Kirche von göttlicher Macht erfüllt ist.
    Also gibt es auch in diesem Bereich einen Gegensatz zwischen Altgläubigkeit und Kirchengläubigkeit.
    In der Altgläubigkeit ist Musik ein Geschenk der Götter an die Menschen und dieses Geschenk zu nutzen ist ein Zeichen der Verehrung für die Götter. Dabei kommt es nicht auf die perfekte Ausführung an, sondern darum, mit Begeisterung dabei zu sein.
    In der Kirchengläubigkeit ist Musik zwar auch ein integraler Bestandteil der Gottesdienste, aber es geht eher darum, die Gläubigen zu beeindrucken und sie damit in die Kirchen zu locken. Mitsingen (womöglich noch falsch) ist nicht erwünscht. Also ganz grob der Unterschied zwischen einem klassischen Konzert und einer Gospelmesse.

  • Die Überlegungen zur Ikonographie find ich sehr stimmig.
    Ich hatte mich an der Stelle:

    Frühling: Handwerker und Künstler (alle, die schöpferisch tätig sind)
    Sommer: Händler, fahrendes Volk, Seeleute, Hochseefischer (alle, die in Ausübung ihres Berufs reisen)
    Herbst: Bauern (alle, die ernten)
    Winter: Soldaten, Jäger, örtliche Fischer (alle, die als Beruf töten)

    als Musiker dem Frühlingsgott zugeordnet, war jetzt aber stutzig geworden, da ja jeder Gott seine eigene Musik hat.
    Dann ist mir aufgefallen, dass man Musik vielleicht ja gar nicht als schöpferisch betrachten muss.
    Zumindest entsteht da nichts konkretes dabei, bevor es irgendwelche Formen von Aufnahmen gibt ...
    Heißt das, dass sich jeder Musiker dem Instrument entsprechend auch dem entsprechenden Gott mehr zugehörig fühlt?
    Oder sind die als Orchester eher zusammengehörig für alle Götter zuständig?

  • Hallo Shay ^.^ Vielen Dank fürs Beantworten meiner Fragen ^.^



    Alles Göttliche muss männlich sein, denn Frauen sind ja klar minderwertig und wie könnte ein Gott minderwertig sein?

    Klingt logisch. Andererseits, vielleicht hängt auch viel von der Frage ab, ob sie sich aus ihrer göttlichen Macht und Entscheidungsfreiheit heraus dazu entschieden hat, weiblich zu sein, und nicht männlich - oder ob sie tatsächlich, trotz Göttlichkeit, nichts dafür kann, dass sie weiblich ist. Ersteres wäre ein Akt der Souveränität, Letzteres ein Stückweit das Unterworfensein unter ein höheres Prinzip - die höchste Gottheit muss weiblich sein.
    Ich könnte mir vorstellen, dass ein Theologe die These aufstellt, dass es verschiedene Zeitalter geben könnte, in denen die Muttergottheit jeweils eines von zwei (oder gar mehr? aber bleiben wir erstmal bei zwei) Geschlechtern annimmt, das dann für die momentane Zeit passend wäre. Naja, das ist grade aus meinem Hirn geblubbert.


    Aber ja, das macht natürlich Sinn, aus Frauenfeindlichkeit eine höchste weibliche Gottheit abzulehnen. Hm, mir fällt dabei natürlich unweigerlich die Maria ein, die ja in der Kirche ziemlich Karriere gemacht hat - trotz der Tatsache, dass die Kirche nie besonders viel von Frauen gehalten hat.



    Deine Gedanken bzgl. der "Berechnung" der göttlichen Gunst sind im Prinzip schon richtig. Aber es liegt nicht im Interesse der Kirche, dass die Gläubigen sich genau ausrechnen können, wie ihr Kontostand bei welchem Gott gerade ist. Merke: Willst du als Religion die Macht über die Köpfe der Gläubigen behalten, solltest du dafür sorgen, dass sie latent ein schlechtes Gewissen haben, aber dass es auch im Bereich der Möglichkeiten liegt, dass sie ganz gut da stehen.

    Okay, dann hab ich das gecheckt soweit ^.^ Und Du hast absolut Recht, die Unsicherheit ist ein echt mächtiges Instrument in dieser Hinsicht. Unsicherheit motiviert, mehr zu leisten. In Deinem Fall, soweit ich es verstehe (und auch in Echt), zum Beispiel immer schön Geld in die Kirchenkassen schmeißen. Kommt immer gut an.


    Aber er fand die Ambivalenz der Altgläubigkeit zu kompliziert für die "ungebildeten Massen" und wollte quasi eine Kleinkindervariante davon schaffen

    Klingt nach einer Herausforderung. Es ist ja eine Sache, zu sagen "Tu X und lass Y!", und eine andere, zu sagen "Tu X, aber Nachts bitte das Gegenteil, aber pass auch auf die Windrichtung und deine Klammotten auf, und sing ein Lied in moll statt in Dur, wenn Du X machst (Tagsüber umgekehrt)." (sozusagen ;p) Insofern bin ich mal gespannt, wie die Simplifizierung genau aussieht ^.^


    --
    Übrigens, mal zum Musikthema:


    Ich bin auch gerade etwas unsicher, wie ich mich als Musiker einordnen soll xD (ich verdien aber kein Geld damit, ich gehe davon aus, dass das entscheidend ist?)


    Hm, ich bin ja Gitarrenspieler (der Fiedel am nächsten von allen Instrumenten, die Du aufgezählt hast), aber ich komponier auch, und zwar am Rechner (also für ein großes Ensemble wenn man so will). Dann klimper ich noch ein bisschen Keyboard, also Synthesizer. Und wo fällt der Modularsynthesizer ohne Klaviatur rein? Aber der kommt wahrscheinlich bei Dir gar nicht vor xD also sagen wir ich klimpere am Klavier, also Saiten, die durch einen Mechanismus in Schwingung versetzt werden.


    Demnach bin ich also so eine Art Multiinstrumentalist. Ok, ich kann kaum Klavier spielen, aber nehmen wir mal an, ich wäre ein Klaviervirtuose, und würde 4 Stunden täglich Klavier üben. Dann würde ich noch 4 Stunden täglich Flöte üben. Und am Wochenende ist dann Konzert, ich spiele dort im gleichen Umfang Flötenstücke, wie auch Klavierstücke. Wo müsste ich mich einordnen, bei Fero (Flöte) oder bei Envo (Weil Saiteninstrument)?


    Und der Dudelsack ist ja auch irgendwie ein Blasinstrument, wie die Flöte. Trotzdem gehören sie unterschiedlichen Gottheiten, ist der wichtige Unterschied, dass der Dudelsack bewegliche Teile hat, oder irgendwie ein bisschen wie eine "Maschine" ist? Hm, das würde bedeuten, dass z.B. die Pfeifenorgel klar bei Talido einzuordnen wäre.

  • Flöte
    Fiedel
    Dudelsack
    keines (Gesang)

    Ich versuch auch krampfhaft, ein Muster zu erkennen, aber ich denke, es ist wohl in-world einfach gewachsen, und muss nicht symmetrisch/logisch sein, ja?


    Finds sehr passend, dass Gesang eines der vier ist. Der Dudelsack ist so unerwartet.^^

  • als Musiker dem Frühlingsgott zugeordnet, war jetzt aber stutzig geworden, da ja jeder Gott seine eigene Musik hat.
    Dann ist mir aufgefallen, dass man Musik vielleicht ja gar nicht als schöpferisch betrachten muss.
    Zumindest entsteht da nichts konkretes dabei, bevor es irgendwelche Formen von Aufnahmen gibt ...
    Heißt das, dass sich jeder Musiker dem Instrument entsprechend auch dem entsprechenden Gott mehr zugehörig fühlt?
    Oder sind die als Orchester eher zusammengehörig für alle Götter zuständig?

    Einen Komponisten würde ich dem Frühlingsgott zuordnen. Ansonsten sind Musiker entweder Hobby-mäßig unterwegs oder wahrscheinlich fahrendes Volk. Zumindest ist mir noch kein ortsfester Musiker untergekommen, der von seiner Musik leben kann. Aber ja, jeder Gott ist natürlich SEINEM Instrument besonders verunden.


    Hm, ich bin ja Gitarrenspieler (der Fiedel am nächsten von allen Instrumenten, die Du aufgezählt hast), aber ich komponier auch, und zwar am Rechner (also für ein großes Ensemble wenn man so will). Dann klimper ich noch ein bisschen Keyboard, also Synthesizer. Und wo fällt der Modularsynthesizer ohne Klaviatur rein? Aber der kommt wahrscheinlich bei Dir gar nicht vor xD also sagen wir ich klimpere am Klavier, also Saiten, die durch einen Mechanismus in Schwingung versetzt werden.


    Demnach bin ich also so eine Art Multiinstrumentalist. Ok, ich kann kaum Klavier spielen, aber nehmen wir mal an, ich wäre ein Klaviervirtuose, und würde 4 Stunden täglich Klavier üben. Dann würde ich noch 4 Stunden täglich Flöte üben. Und am Wochenende ist dann Konzert, ich spiele dort im gleichen Umfang Flötenstücke, wie auch Klavierstücke. Wo müsste ich mich einordnen, bei Fero (Flöte) oder bei Envo (Weil Saiteninstrument)?

    Wir sprechen jetzt alle zusammen ganz laut und deutlich: "ES GIBT KEIN ENTWEDER ODER, ES GIBT NUR EIN SOWOHL ALS AUCH".



    Klingt logisch. Andererseits, vielleicht hängt auch viel von der Frage ab, ob sie sich aus ihrer göttlichen Macht und Entscheidungsfreiheit heraus dazu entschieden hat, weiblich zu sein, und nicht männlich - oder ob sie tatsächlich, trotz Göttlichkeit, nichts dafür kann, dass sie weiblich ist. Ersteres wäre ein Akt der Souveränität, Letzteres ein Stückweit das Unterworfensein unter ein höheres Prinzip - die höchste Gottheit muss weiblich sein.
    Ich könnte mir vorstellen, dass ein Theologe die These aufstellt, dass es verschiedene Zeitalter geben könnte, in denen die Muttergottheit jeweils eines von zwei (oder gar mehr? aber bleiben wir erstmal bei zwei) Geschlechtern annimmt, das dann für die momentane Zeit passend wäre. Naja, das ist grade aus meinem Hirn geblubbert.


    Aber ja, das macht natürlich Sinn, aus Frauenfeindlichkeit eine höchste weibliche Gottheit abzulehnen. Hm, mir fällt dabei natürlich unweigerlich die Maria ein, die ja in der Kirche ziemlich Karriere gemacht hat - trotz der Tatsache, dass die Kirche nie besonders viel von Frauen gehalten hat.

    Könnte so sein. Ist es aber nicht. Aurhim will keine Utopie sein, in der alle ihre faire Chance haben. Ganz in Gegenteil. Nur wenn das Leben auch manchmal ganz schön fies sein kann, haben Helden etwas zu tun.
    Vielleicht etwas allgemeiner: es gibt auf Aurhim keine Magie, es gibt keine objektiv wahren Religionen und es gibt auch nicht das Böse (TM). Menschen machen böse Dinge, aus Verbohrtheit, Machtstreben, Unwissenheit, allgemeiner Wurschtigkeit... Halt wie auf unserer Welt auch.

    Es ist ja eine Sache, zu sagen "Tu X und lass Y!", und eine andere, zu sagen "Tu X, aber Nachts bitte das Gegenteil, aber pass auch auf die Windrichtung und deine Klammotten auf, und sing ein Lied in moll statt in Dur, wenn Du X machst (Tagsüber umgekehrt)." (sozusagen ;p) Insofern bin ich mal gespannt, wie die Simplifizierung genau aussieht ^.^

    Nochmal: es ist tagsüber nicht per se anders als nachts. Es ist eher so, dass du dir IMMER überlegen musst, welchen Gott du gerade eher misachten kannst. Im Zweifelsfall spendest du dann halt an den wieder was und schon ist es gut. Vielleicht könnte eine solche Kirche dann sogar auf so etwas wie einen Kirchenzehnten verzichten... :hmm:
    Und wie die Morallehre genau aussieht, habe ich einfach noch nicht.

    Finds sehr passend, dass Gesang eines der vier ist. Der Dudelsack ist so unerwartet.^^

    Die Religion ist in einer eisenzeitlichen Kultur entstanden, die nicht ganz zufällig recht viel mit dem frühmittelalterlichen Irland zu tun hat. Ich hab mir einfach Instrumente gesucht, die in so einer Kultur vorhanden sein könnten. Die Harfe wäre noch gegangen, aber ich wollte irgendetwas, was mehr Lautstärke macht und was man bei rauschenden Festen spielen kann. Und wer glaubt, eine Flöte sei nicht laut, ist noch nie neben einer Piccoloflöte gesessen.
    Dass der Winter so raussticht, ist Absicht. Egal ob Winter oder Nacht, der Gegensatz zu den anderen ist da einfach größer.

  • So, alle Fragen beantwortet (hoffentlich), weiter im Text


    Jenseitsvorstellung
    Die Viergötteranhänger glauben, dass man nach seinem Tod je ein Vierteljahr bei jedem der vier Götter verbringt. Deren "Himmelreich" (es muss nicht sein, dass die Leute denken, das sei irgendwie im Himmel), ist etwa so, wie der Hof eines Fürsten. Wo man an diesem Hof landet, hängt vom Verhalten zu Lebzeiten ab. Man kommt also am Anfang vor den jeweiligen Gott und bekommt dann sein Los für das nächste Vierteljahr zugeteilt. Herzlich begrüßter Gast, der ein Vierteljahr in unvorstellbarem Luxus lebt oder Schweinehirt, der von morgens bis abends schuften muss und sich die Abfälle mit den Schweinen teilen darf. Aber egal wie es ist, es dauert nur ein Vierteljahr. Und bevor jemand fragt: ich glaube, man macht die Götter immer in der Reihenfolge Frühling, Sommer, Herbst. Winter durch, egal wann man gestorben ist. Aber da hab ich mich noch nicht ganz entschieden.
    Hat man die vier Stationen absolviert, kommt das, was uns im Dies und Das-Thread überhaupt auf das Thema gebracht hat. Die Seele des Verstorbenen findet sich auf einmal in so etwas wie einer großen schwarzen Kugel wieder und zwar genau im Mittelpunkt. Ringsum sind Lichtpunkte an der Kugel, die sich scheinbar in nichts unterscheiden. Aber jeder dieser Punkte steht für einen "Welt". Die Seele entscheidet sich für irgendeinen dieser Lichtpunkte und wird dann in dieser Welt wiedergeboren.
    Entscheiden sich zwei Seelen zeitgleich für die gleiche Welt, werden sie als Zwillinge wiedergeboren (bei drei natürlich Drillinge usw.)
    Noch eine Anmerkung zum Begriff "Welt". Die Menschen Aurhims haben kein Konzept von ihrer Welt als einem Planeten. Ich bin mir nichtmal sicher, ob sie (alle) wissen, dass Aurhim eine Kugel ist und um die Sonne kreist. Die anderen Welten sind also nicht unbedingt andere Planeten. Es könnten auch andere Zeitebenen sein, andere Orte zur selben Zeit oder soetwas wie Parallelwelten. Darüber macht auch die Theologie keine Aussage. Wer diesen Schritt macht, verliert all seine Erinnerungen an sein bisheriges Leben und fängt einfach neu an. Es gibt auch nicht diese Art der Wiedergeburt mit einem Ziel zu einem besseren Menschen zu werden. Es ist einfach eine neue Chance. Nur wenn zwei Seelen gemeinsam diesen Schritt gehen, bleibt ihre Verbundenheit untereinander bestehen, aber sie wissen nicht mehr, wie sie im vorherigen Leben verbunden waren.
    A propos: was mache ich, wenn ich einen anderen Menschen über alles liebe, aber dummerweise nicht zeitgleich mit ihm sterbe. Nun, die Seele kann versuchen, bei jedem der vier Götter länger zu bleiben als das normale Vierteljahr. Allerdings ist das dann halt so wie mit Gästen, die zu lange bleiben. Im Englischen gibt es da den schönen Ausdruck "to overstay your welcome" :lach: Je länger sie überzieht, desto tiefer sinkt sie in der Gunst des Gottes und das kann unter Umständen wirklich sehr, sehr unangenehm werden. Aber auf diese Weise kann man auf jemanden warten, der einem sehr viel bedeutet.


    Weil es so schön passt, reden wir noch über
    Beerdigungssitten
    Stirbt ein Mensch, so wird der Leichnam zum Heim seiner Familie gebracht. Ist dies irgendwelchen Gründen nicht möglich (z.B. auf einer Seereise), wird dem Toten das Herz entnommen, das als Sitz der Seele gilt. Der restliche Leichnam wird in würdiger Form, aber ohne große Rituale beigesetzt. Das Herz aber wird durch Dörren oder Einlegen haltbar gemacht, bis es endlich nach Hause gebracht werden kann. Ist auch das unmöglich, wird ein Holzherz angefertigt und die Seele des Toten durch Gebete dazu gebracht, darin ihren Sitz zu nehmen.
    Die Länge der Zeit zwischen Tod und Bestattung ist relativ variabel. Im Idealfall kommen zur Bestattung alle Freunde und Familienmitglieder zusammen und je nach Anreise kann das länger oder kürzer dauern. Es ist der nächste Verwandte (in folgender Reihenfolge) des Toten, der den Zeitpunkt der Bestattung festlegen darf.

    • der Witwer bzw. die Witwe
    • der älteste Sohn
    • die älteste Tochter
    • der Vater, dann die Mutter
    • der älteste Bruder, dann die älteste Schwester
    • ein vom Toten Bevollmächtigter

    Für Belida ist die starke Position der Frauen in dieser Frage ungewöhnlich. Und tatsächlich ist die Zeit zwischen Tod und Beerdigung ihres Vormundes die einzige Zeit im Leben einer belidischen Frau, in der sie nicht unter Vormundschaft eines Mannes steht.


    Die Seele des Toten weilt in dieser Zeit noch auf der Erde, was aber nicht als schlecht gesehen wird. Sie wird einfach als Person gesehen, die eben in ihrer Interaktion stark eingeschränkt etwas, ähnlich einem schwer Kranken. Nur falls die Beerdigung gar zu lang auf sich warten lässt, mag es angebracht sein, den Toten in irgendeiner Form bei Laune zu halten, damit er nicht doch noch das Spuken anfängt.

    Die eigentliche Bestattung beginnt bei Sonnenuntergang. Alle Familienmitglieder und Freunde kommen im Haus des Toten zusammen, wo der Leichnam aufgebahrt ist. Ein Priester (oder jemand anderes, der des Lesens mächtig ist) liest dem Toten nun eine Litanei an Ratschlägen vor, wie er sich beim Gericht der Götter präsentieren soll. Die restlichen Anwesenden sind nicht unbedingt die ganze Nacht in diesem Raum, meistens gibt es in Nebenräumen etwas zu Essen und wenn sich auch viele Gespräche um den Toten drehen, so sicher nicht alle. Aber man achtet stets darauf, den Toten nicht allein zu lassen.
    Im Morgengrauen bricht der Leichenzug auf zum Friedhof. Hier wird der Tote in einem Totenhäuschen bestattet. Dabei handelt es sich um kleine oberirdische Steinkisten, die mit Erde gefüllt sind. Mit Sonnenaufgang wird eine Messe für Feros, den Frühlingsgott gehalten.

    Die Seele des Toten hat nun die Welt der Lebenden verlassen und befindet sich in der Sphäre der Götter.

    Es ist eine Frage des Handwerkes des Bestatters, durch die Zusammensetzung der Erde in dieser Steinkiste (und vielleicht Zugabe einiger geeigneter Würmer etc.) dafür zu sorgen, dass der Leichnam im Laufe eines Jahres vollständig skelettiert ist. Nach Ablauf des Jahres (= angenommenes Ende der Zeit in der Göttersphäre) werden die Gebeine entnommen und in einem Beinhaus weiteraufbewahrt. Die Seele hat nun diese "Welt" verlassen und die Trauerzeit ist zuende. Es steht den Hinterbliebenen aber frei, sich irgendwelche Gedenkorte zu schaffen, falls ihre Trauer noch nicht anders erträglich ist.


    Die Steinkiste kann nun für die nächste Beerdigung verwendet werden (diese Steinkisten sind Eigentum des Friedhofs, nicht der Familie). Ich stelle mir diese Steinkisten ein wenig vor, wie die Mausoleen auf den Friedhöfen von New Orleans (klick), aber wohl deutlich kleiner.

  • Find ich schön, klingt sehr nach althergebrachten Traditionen, gefällt mir :D
    Aber das heißt auch, dass die Konsequenzen durch das Gericht der Götter nicht über ein Jahr hinausgehen?
    Die katholische Kirche hat da ja ein ziemlich ultimatives Druckmittel - "Hölle bis in alle Ewigkeit".
    Ich könnte mir vorstellen, dass sich Leute einfach sagen: "Ach ist mir doch egal, wie mir die Götter gesinnt sind, das eine Jahr halte ich durch."

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