[Globaler Frühling] Meine Solarpunk-Welt

  • In diesem Thema will ich meine Solarpunk-Welt Globaler Frühling nach und nach vorstellen. Da habe ich in den letzten Tagen einiges herausgefunden, und finde immer mehr heraus. Auch habe ich jetzt konkret damit begonnen, den lange geplanten Roman zu schreiben. Mein Ziel ist, den im Laufe des Jahres fertig zu bekommen. Ich bin mit der Genrebezeichnung "Solarpunk" nicht so ganz glücklich, aber sie ist mittlerweile etabliert, und die alten Hasen hier erinnern sich vielleicht noch, dass das zu einer Zeit, als das noch kein Genrebegriff war, mal Arbeitstitel meiner Welt war, also sollte ich darüber nicht meckern ;)


    Ich fange mal an mit der weltpolitischen Situation, bzw. deren Entwicklung von jetzt (2024) bis zur Handlungszeit des Romans (2034). Zehn Jahre, in denen sich so einiges tut.


    Ich halte mir noch die Frage offen, wer die nächste US-Präsidentschaftswahl gewinnt. Nicht, dass es keinen Unterschied machen würde, aber ich weiß jetzt schon, dass die übernächste Wahl (2028) eine schmutzige Sache ist, aus der nach einer Gewaltwelle von rechts der Republikaner Albert J. Foxbury als Sieger hervorgeht, der, sofern das noch nicht schon unter Trump geschehen ist (falls der dieses Jahr gewinnt), die USA zu einer Diktatur von ähnlichem Zuschnitt wie Putins Russland umgestaltet.


    Jedenfalls kommt es nach einer Serie wechselseitiger Drohnenangriffe zwischen dem Iran und Israel, die wenig Schaden anrichten, 2026 zu einer Eskalation, die in den Großen Nahostkrieg mündet, als der Iran damit beginnt, Israel massiv zu bombardieren, mit dem erklärten Ziel, Israel komplett auszulöschen. Aus Moskau kommt das zynische Angebot an die Israelis, in das Jüdische Autonome Gebiet an der chinesischen Grenze umzusiedeln. Daraufhin starten die USA ein heftiges Bombardement des Irans, vor allem seiner Atomanlagen, wobei sie Stützpunkte in Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten nutzen. Diese werden dadurch in den Krieg hineingezogen. Dies beschwört die Gefahr eines Dritten Weltkrieges herauf, aber zum einen greift die Europäische Union vermittelnd ein, zum anderen wollen Russland und China keinen Krieg mit den USA, und lassen den Iran wie eine heiße Kartoffel fallen (sie haben ja auch beide mit Islamismus und der Auslöschung Israels nicht wirklich was am Hut). Im Iran kommt es zu einem Umsturz innerhalb des Regimes, und eine gemäßigtere Fraktion kommt ans Ruder, die alle Angriffe einstellt. Israel überlebt, muss die Besatzung des Westjordanlands und der Golanhöhen aber endgültig aufgeben. Es kehrt eine gespannte Ruhe ein.


    Foxbury geht schon kurz nach seiner Amtseinführung auf Konfrontationskurs zur Europäischen Union. Die NATO wird aufgelöst. Die USA gehen ein Bündnis mit Russland und China ein, wie das genau heißt, weiß ich noch nicht, aber es wird kurz die "Liga" genannt. Auf der anderen Seite formiert sich ein Bündnis von Demokratien unter Führung der Europäischen Union, die Allianz für Demokratie und Nachhaltige Entwicklung (Alliance for Democracy and Sustainable Development, ADSD), kurz "Allianz". Die "Allianz" und die "Liga" sind die beiden führenden Machtblöcke, die in den frühen 2030er Jahren die Weltpolitik bestimmen.

  • Das klingt schaurig realistisch ... :autsch:


    (Aber hattest du die Welt nicht letztens umbenannt, oder verwechsel ich das grad?)

    Bring me your soul, bring me your hate
    In my name you will create
    Bring me your fear, bring me your pain
    You will destroy in my name

    - Les Friction, Dark Matter

  • Die hatte ich umbenannt, aber diese Umbenennung wieder rückgängig gemacht, weil mir der alte Name doch besser gefiel.

  • Ich störe mich schon lange daran, dass viele SF-Autoren, die überhaupt lebenswerte Zukünfte konstruieren, diesen ein dunkles Zeitalter vorschalten, in dem erst einmal unsere Zivilisation über den Jordan geht, bevor - oft Jahrhunderte später - aus den Trümmern etwas Neues entsteht. Das möchte ich nicht. Aber ich sehe ganz realistisch, dass sich derzeit vieles (nicht alles!) in die falsche Richtung bewegt, und wahrscheinlich noch einiges geschehen muss, bevor mehr Leute "aufwachen". In meiner Welt gibt es immerhin keinen Dritten Weltkrieg, auch wenn die Welt im Großen Nahostkrieg dem nahe kommt, und auch nicht die große Klimakatastrophe mit Abschmelzen der gesamten Polkappen, Ausfall des Nordatlantikstroms und dergleichen mehr, sondern "nur" eine weitere Häufung von Extremwetterereignissen, die den Menschen bewusst machen, dass es so nicht länger weiter geht.


    Als ein Schlaglicht seien die deutschen Bundestagswahlergebnisse von 2025 und 2029 genannt. 2025 wird die CDU/CSU stärkste Partei und bildet mit der SPD eine Große Koalition (die aber gar nicht so groß ist, denn beide Parteien zusammen kommen nur einigermaßen knapp auf mehr als die Hälfte der Mandate). 2029 wird die AfD stärkste Partei, dicht gefolgt von - den Grünen. Die Letzteren formieren eine Koalition mit der SPD, die 2033 im Amt bestätigt wird. Generell ist in vielen Demokratien die Entwicklung zu beobachten, dass die bürgerlich-konservativen Parteien zwischen den progressiven Parteien auf der einen und den rechtspopulistischen und -extremistischen Parteien auf der anderen Seite immer mehr in die Defensive geraten. Es spürt eben jeder, dass es "so nicht mehr weiter geht": das Wetter spielt verrückt, die Wirtschaft steckt in einer Krise, Benzin und Gas werden immer teurer (zumal der Große Nahostkrieg zu einem Ausfall der Ölförderregion am Persischen Golf führt), und dergleichen mehr. Da stellt sich die Frage, ob man eine Partei wählt, die das Land mit neuen Ideen in eine bessere Zukunft führen will, oder eine, die die Wiederherstellung "alter Werte" verspricht. Auf jedem Fall aber keine, die weiter so wurschteln will wie gehabt.


    Es ist auch nicht so, dass in den Ländern der "Liga" und anderen Autokratien nichts für den Klimaschutz unternommen wird. Auch autoritäre Machthaber merken, dass was mit der Welt, vor allem mit dem Klima, nicht stimmt, und haben mit einem zunehmend unruhigen Volk zu tun. Vor allem aber setzt die Wirtschaft immer mehr auf Erneuerbare Energien, denn die sind mittlerweile günstiger als die fossilen, zumal es immer wieder Sabotageakte von Organisationen wie Killswitch oder Operation Cold Turkey gegen die Anlagen der fossilen Energiewirtschaft gibt, die neben dem Ausfall des Persischen Golfs als Ölförderregion zu Mehrkosten führen.

  • Oh wow, du bastelst ja sehr nahe an der Gegenwart. Wie machst du das dann in 2 Jahren, ist das jetzt quasi ein Fork unserer Geschichte, der 2024 beginnt, und ab dann parallel und getrennt weiterlaufen wird?


    Allianz und Liga, hmmm. Ich frage mich, was mit Afrika passiert, wo ja viele Länder (teilweise absurd) verschuldet sind, und immer noch mit Nachwirkungen von Kolonialismus zu kämpfen haben.

  • Da sind noch viele Fragen offen. In Afrika, denke ich, gibt es diverse Stellvertreterkonflikte zwischen der Allianz und der Liga (wobei es auf Seiten der Liga vor allem China ist, das sich in Afrika engagiert). Wie auch in Lateinamerika und Südostasien. Was den "Fork" betrifft, so lasse ich mir erst mal noch ein paar Fragen offen, etwa den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl im November. Natürlich wird das irgendwann veralten, aber das gilt auch für Geschichten, die in einer ferneren Zukunft spielen - wer in den 80er Jahren einen Science-Fiction-Roman schrieb, in dem die USA und die Sowjetunion zu den Keimzellen zweier rivalisierender interstellarer Imperien im Jahre zweitausendzweihundertundnochwas wurden, schaute in den 90ern auch schon in die Röhre. Die Science Fiction ist voll von nicht eingetretenen Szenarien! Ich habe jedenfalls angefangen, den Roman zu schreiben, und will den noch dieses Jahr fertig bekommen. Da ich derzeit (leider) wieder arbeitslos bin, habe ich dafür viel Zeit und Kraft frei.


    Ich habe schon darüber nachgedacht, die Romanhandlung weiter in die Zukunft zu schieben, aber ich denke, so viel Zeit ist nicht mehr, die Klimakrise zu lösen, ohne dass es zum Kollaps der Zivilisation kommt, und einen solchen will ich in meiner Welt definitiv nicht. Da muss schnell etwas geschehen, das können wir nicht erst in 50 Jahren angehen!


    Und ich bezweifle stark, dass autoritäre Regimes überhaupt in der Lage sind, eine Wende zur Nachhaltigkeit zu vollziehen, die Idee einer Ökodiktatur war für mich immer schon eine Schnapsidee, die Diktaturen müssen also möglichst bald verschwinden. Zwar können auch Diktaturen sinnvolle Maßnahmen ergreifen, sofern sie für sie wirtschaftlich oder geostrategisch günstig sind, aber sie sind grundsätzlich weniger lernfähig als Demokratien, und die viel diskutierte Fähigkeit autokratischer Regimes, unpopuläre Entscheidungen durchzusetzen, wird eben meistens dazu genutzt, die falschen Entscheidungen durchzusetzen - von Investitionen in umweltschädliche Technologien und Großprojekte bis hin zu Kriegen.


    Man schaue sich etwa an, wie die Chinesen zwar massenhaft Elektroautos bauen, die aber überwiegend mit Kohlestrom betreiben, so dass das Ganze genauso klimaschädlich ist wie Autos mit herkömmlichem Verbrennungsmotor. (Überhaupt wird das Thema "Mobilitätswende" auch hierzulande viel zu oft auf Elektromobilität verkürzt - Elektroautos sind für eine nachhaltige Mobilität zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Die können nur Teil der Lösung sein, denn an der Stau-, Parkplatz- und Unfallproblematik ändern sie gar nichts.) Die Wende zur Nachhaltigkeit wird ja auch bei uns nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit durchgezogen, da müssen die Menschen ihre Sorgen öffentlich kundtun und untätige Regierungen verklagen, und beides geht eben nur in demokratischen Rechtsstaaten. Deswegen sind Nachhaltigkeit und Demokratie aus meiner Sicht nicht voneinander zu trennen.

  • Es gibt einige Staaten, die weder der Allianz noch der Liga angehören, sondern in einem Spannungsverhältnis zu beiden stehen. Dazu zählen diverse islamistische Staaten (wobei es in dem islamistischen Lager wiederum eine tiefe Kluft zwischen sunnitischen und schiitischen Regimes gibt), sowie die "narkokommunistischen" Regimes in einigen Ländern Lateinamerikas, die sich auf die Lehren von Marx und Lenin berufen und ihren Staatshaushalt im wesentlichen mit Kokainexport decken.

  • Die Technologie hat sich in den zehn Jahren, die zwischen heute und der Handlungszeit des Romans liegen, weiter entwickelt, aber nicht grundlegend verändert.


    Die Energieversorgung befindet sich im rapiden Übergang von fossilen Brennstoffen und Kernenergie zu erneuerbaren Energien. Letztere sind mittlerweile billiger als fossile Brennstoffe, von Kernenergie ganz zu schweigen, so dass auch dort in sie investiert wird, wo die Machthaber das Klimaproblem immer noch nicht ernst nehmen. Hinzu kommt, dass der Persische Golf als Erdölförderregion komplett ausgefallen ist, weil alle Anrainerstaaten von islamistischen Regimes regiert werden, wobei die sunnitischen und die schiitischen Regimes gegeneinander Krieg führen, und beide ein Ölembargo über sowohl die Allianz als auch die Liga verhängt haben. Biomasse spielt aber nur eine untergeordnete Rolle; die hauptsächliche Bioenergie ist Biogas aus Lebensmittelabfällen. Die anorganischen erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie haben sich als viel ausbaufähiger erwiesen, und die Speichertechnologien haben sich weiter entwickelt. Die Kernfusion ist immer noch Zukunftsmusik.


    Kraftfahrzeuge werden in immer größerem Maße elektrisch angetrieben. In vielen Ländern werden nur noch Elektroautos neu zugelassen, und in vielen Städten (v.a. in der Allianz) gibt es ganze Stadtviertel, wo Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nicht mehr verkehren dürfen. Tankstellen werden zunehmend rar, weil Erdöl sehr teuer und die Nachfrage nach Benzin und Diesel stark rückläufig ist, so dass man damit nicht mehr viel verdienen kann. Hinzu kommt, dass immer wieder Brandanschläge auf Tankstellen seitens Ökoterroristen (und Leuten, die sich dafür halten) verübt werden, und die meisten so zerstörten Tankstellen werden nicht wieder aufgebaut, weil das angesichts der geringen Rentabilität einfach zu kostspielig wäre. Vor allem in den Ländern der Allianz gibt es auch Anstrengungen, den Personenverkehr auf Busse und Bahnen und auch den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Zu letzterem Zweck werden an vielen, auch kleineren Bahnhöfen Container-Verladeanlagen errichtet.


    KIs haben Fortschritte gemacht, und Werbespots, Mainstream-Popsongs und viele andere kommerzielle Medienprodukte werden routinemäßig damit erzeugt; aber starke KIs, die so intelligent wie Menschen wären, gibt es noch nicht. Es gibt auch in vielen Ländern, vor allem denen der Allianz, strenge gesetzliche Regeln für den Einsatz dieser Technologie, und eine große Nachfrage nach Musik, Filmen und anderen Medienprodukten, die nicht von KIs erzeugt worden sind.


    Ein neuer Trend ist die Erweiterte Realität, die virtuelle Objekte in die Erfahrungswelt einblendet. Viele Leute tragen eine Brille, obwohl sie keine Sehschwäche haben. Diese Brille dient dazu, virtuelle Objekte ins Sichtfeld einzuspiegeln, und verfügt weiterhin über einen Eyetracker, der die Augenbewegungen verfolgt. Damit kann man beispielsweise ein Reklameschild eines Ladens anzwinkern und auf diesem Weg die Website des Geschäfts aufrufen.


    3D-Drucker sind in verschiedensten Ausführungen in der Industrie und in vielen Haushalten anzutreffen, und tragen in den hochentwickelten Ländern dazu bei, Produktionsaktivitäten wieder ins Inland zurück zu holen.


    Raumfahrt ist immer noch sehr teuer und nicht viel anders als heute, und Weltraumtourismus weitestgehend Zukunftsmusik. Es gibt eine Handvoll Raumstationen, die vor allem der wissenschaftlichen Forschung dienen, aber keine Mond- und Marsbasen oder dergleichen.

  • Natürlich gibt es in der Welt des Globalen Frühlings diverse Subkulturen. Da gibt es eigentlich alles noch, was es jetzt schon gibt, aber auch noch einiges neues.


    Es gibt beispielsweise drei Subkulturen, die zusammenfassend als "EDO-Subkulturen" bezeichnet werden. Das sind die Elben, die Zwerge und die Orks. Die Elben gab es zuerst. Die in den späten 2020er Jahren in England auf. Das fing damit an, dass eine Organisation namens "Elven Nation" an die Öffentlichkeit trat, die behauptete, die Nachfahren einer alten Hochkultur auf den Britischen Inseln der Bronzezeit zu sein, und Frieden, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Das fiel bei der "Generation Greta" und Hippie-Enkeln auf goldenen Boden. Die Elben haben eine Vorliebe für farbenfrohe wallende Gewänder und Prog-Rock, und engagieren sich für grüne Politik. Die Elben zogen wiederum zwei Antworten nach sich. Zum einen die Zwerge, die aus der Heavy-Metal- und Motorrad-Szene hervorging. Diese tragen Kutten (im Subkultursinn) und lange Bärte (soweit männlich), fahren schwere Motorräder und hören Heavy Metal. Zum anderen die Orks, die ihren Ursprung im Hardcore-Punk haben und politisch zumeist ziemlich weit links stehen. Die drei EDO-Subkulturen sind alles friedfertige Menschen, die zwar übereinander Witze reißen, aber nicht miteinander oder mit der Mehrheitsgesellschaft verfeindet sind.


    Gar nicht friedfertig oder gar lustig sind hingegen die Addy-Boys (Addy-Girls gibt es kaum). Die orientieren sich outfit- und frisurenmäßig an einem gewissen Postkartenmaler aus Braunau, und mit denen ist nicht zu spaßen, vor allem dann nicht, wenn man einen Migrationshintergrund hat oder einer der drei EDO-Subkukturen angehört.


    Ich denke, ich werde die Addy-Boys wieder streichen! Das Thema Rechtsextremismus ist mir zu ernst für solche Burlesken. Es mag den einen oder anderen Spinner geben, der das Outfit von Ihr-wisst-schon-wem nachmacht, aber eine relevante Subkultur muss nicht sein.

  • Wegen der Addy-Boys bin ich noch nicht entschieden, aber ich werde sie wohl weglassen. Was es aber gibt ist eine EU-weite Bewegung bzw. Partei, deren richtigen Namen ich noch nicht weiß, die aber gewöhnlich als Eurofaschisten bezeichnet werden. Das sind Rechtsextremisten, die aber für die europäische Einigung sind - sie wollen eben aus der EU einen europaweiten faschistischen Staat machen. Ansonsten sind sie wie andere Rechtsextremisten auch: sie haben ein autoritäres Staatsverständnis, fordern "Remigration", leugnen die Klimaproblematik und all das. Ihre Flagge ist die Europaflagge mit einem goldenen Kruckenkreuz in dem Sternenkranz.

  • Der Traum von Höcke und Kickl? *schauder*

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Die Patriotischen Europäer (wie ich sie wohl nennen werde) sind aber nicht sehr populär, weil die meisten Wähler, die überhaupt mit rechtsextremen Parteien liebäugeln, eher gegen als für die europäische Einigung sind. Wie viele Leute rufen "Deutschland den Deutschen!", wie wenige hingegen "Europa den Europäern"?

  • Die Popkultur weist in der Allianz und in der Liga deutlich unterschiedliche Entwicklungen auf. Dies hat im Wesentlichen drei Gründe:


    1. In der Liga herrscht überall Zensur, in der Allianz nicht (abgesehen davon, dass dort solche Dinge wie Volksverhetzung, Beleidigung oder Aufruf zu Straftaten illegal sind).


    2. In der Liga ist der Konzentrationsgrad in der Medienwirtschaft höher; es gibt dort etwa für Musik nur noch einen Major und kaum Independents.


    3. Die urheberrechtlichen Regelungen für KI-erzeugte Medieninhalte sind unterschiedlich: In der Liga ist das Füttern der KI lizenzfrei und das Erzeugnis schutzfähig, in der Allianz hingegen ist das Füttern lizenzpflichtig und das Erzeugnis nicht schutzfähig.


    Die Konsequenzen kann man sich sicher leicht vorstellen.

  • Ich frage mich, ob das, was ich hier bastle, wirklich Solarpunk ist, denn irgendwie scheint es zu dem so bezeichneten Genre dazu zu gehören, dass die Welt zwar gerettet wird, es aber doch einen dystopischen Twist gibt. Das ist anscheinend der "Punk" im Solarpunk. Jedenfalls haben einige von mir gelesene Solarpunk-Romane bei mir einen solchen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. In einem Fall etwa (Pantopia von Theresa Hannig) wird die Welt von einer starken KI mittels einer Organisation gerettet, die wie eine Kombination aus Sekte und Schneeballsystem anmutet, so dass ich beim Lesen Sympathien für die Staatsanwältin entwickelte, die dagegen ermittelt (und würde so eine Gruppierung wirklich auftreten, ich würde ihr definitiv nicht mein Vertrauen schenken). In einem anderen Fall (Die Welt kippt von Heiko von Tschischwitz) ist es die VR China mit waghalsigen Geoengineering im ganz großen Stil, die sich damit die Vorherrschaft über den Planeten sichert.


    Derzeit lese ich Der Plan zur Rettung der Welt (Originaltitel The Great Transformation) von Nick Fuller Googins, und auch dieser Roman gefällt mir nicht. Mein Hauptkritikpunkt ist, dass es in dem (zudem recht schwerfällig geschriebenen) Roman gar nicht um die Verhinderung der Klimakatastrophe geht, sondern um den Wiederaufbau danach. Hinzu kommt, dass der Autor anscheinend einen Narren an linksradikalen lateinamerikanischen "Befreiungsbewegungen" gefressen hat, die als Modell für die sozialistische Nach-Katastrophen-Gesellschaft dienen, ohne zu berücksichtigen, dass diese Gruppen brutale Gewalt anwenden, ihren Kampf mit Drogengeschäften finanzieren, und da, wo sie an die Macht kommen, Diktaturen errichten (siehe z.B. Nicaragua).


    Anscheinend herrscht bei Solarpunk-Autoren die Haltung vor, dass der Mensch von Grund auf schlecht und die Rettung der Welt nur um einen sehr hohen Preis zu haben ist. Oder sie wollen sich einfach nur die Option auf Sequels offenhalten, in denen eine neue Generation gegen die zu Tyrannen degenerierten Weltretter kämpft. Ich weiß natürlich, dass Menschen keine Engel sind und es nie ein perfektes gutes Gesellschaftssystem geben wird, aber ich sehe die Weltgeschichte als einen Prozess an, der zu sozialem Fortschritt führt, auch wenn es immer wieder Rückschläge gibt.

  • Ich würd eher auf die Sequels tippen ... :lol:


    Das "Punk" steht ja genau für das Gegenteil, für die Auflehnung gegen die Gesellschaft in ihrer jetzigen Form, für Rebellion, meist Aufstehen des Kleinen Mannes zur Rettung der Welt. China als treibende Kraft find ich da schon irgendwie befremdlich, das ist für mich das exakte Gegenteil zu Auflehnung der Machtlosen.

    Bring me your soul, bring me your hate
    In my name you will create
    Bring me your fear, bring me your pain
    You will destroy in my name

    - Les Friction, Dark Matter

  • Bei Science Fiction ist es schon länger Standard, dass es eine dysfunktionale Gesellschaft geben muss, gegen die sich aufgelehnt wird. Im Fantasybereich war das bei „klassischen“ Werken wie Herr der Ringe und Narnia noch anders, ist inzwischen aber auch zur Mode geworden. Statt dass die Gesellschaft durch den Antagonisten bedroht wird, ist die Gesellschaft selbst der Antagonist.


    Das lässt sich wahrscheinlich auch durch die Änderung der allgemeinen Mentalität erklären, dass man (wenn man nicht gerade bei der AfD ist) nicht mehr das geliebte Vaterland verteidigt, sondern eher versucht, strukturelle Probleme zu identifizieren und zu bekämpfen.


    Trotzdem bin ich in unserer pessimistischen Zeit sehr dafür, auch mal wieder positive Visionen zu erschaffen. Also, lass dich da nicht verunsichern, es ist mal wieder Zeit für einen neuen Trend.

  • Trotzdem bin ich in unserer pessimistischen Zeit sehr dafür, auch mal wieder positive Visionen zu erschaffen. Also, lass dich da nicht verunsichern, es ist mal wieder Zeit für einen neuen Trend.

    Auch unabhängig davon, daß wir positive Aussichten dringend nötig hätten - EIGENTLICH war es ursprünglich Genre-Konvention, daß Solarpunk am Ende der Geschichte eine optimistische Zukunftsaussicht bietet.


    Man kann natürlich auch mal bewußt die ein oder andere Genre-Konvention aufbrechen (muß dann halt in Kauf nehmen, daß der Leser nicht das bekommt, was er sich eigentlich erwartet), aber wenn man das mit SÄMTLICHEN Konventionen macht ...? Dann ist man vielleicht im falschen Genre unterwegs und sollte drüber nachdenken, sich vielleicht bei Dystopie oder generell SF einzuordnen.


    Ganz ehrlich, eine Geschichte mit pessimistischer Aussicht, ohne Aufstand des Kleinen Mannes, ohne die hübsche "überall grünt und blüht es"-Optik, ohne radikale Ko-Existenz von Natur und dem modernen Menschen ... kann eine gute Geschichte sein, ist aber meiner Ansicht nach dann kein Solarpunk.

    Bring me your soul, bring me your hate
    In my name you will create
    Bring me your fear, bring me your pain
    You will destroy in my name

    - Les Friction, Dark Matter


  • In dem von mir geplanten Roman steht am Anfang durchaus eine dysfunktionale Gesellschaft, vor allem in der Liga, aber auch in der Allianz ist nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen, auch wenn sich schon vieles in eine positive Richtung bewegt; aber dieser humane Fortschritt ist in Gefahr, rechte Parteien drohen an die Macht zu kommen. Die Welt rast sogar auf einen Dritten Weltkrieg zu, bei dem obendrein abzusehen ist, dass der entweder in einen totalen Kollaps der gesamten Zivilisation oder aber in einen Endsieg der Liga, jedenfalls nicht in einen Sieg der Allianz, münden würde. Die Allianz ist ja militärisch hoffnungslos unterlegen: eigentlich nur die EU und eine Handvoll anderer Staaten hier und dort, gegen die USA, Russland, China (von denen jeder für sich die gesamte Allianz zum Frühstück verputzen könnte) und noch einige mehr auf der anderen Seite, dazu die Bereitschaft der Liga-Machthaber, massiv Kriegsverbrechen zu begehen bis hin zum Ersteinsatz von Nuklearwaffen. Aber dann kommen Dinge in Bewegung, die Menschen in den Staaten der Liga lassen sich nicht länger unterdrücken, und es kommt nicht nur nicht zum Krieg, sondern die Diktaturen können sich nicht mehr halten. Der titelgebende Globale Frühling halt eben.


    Eine pessimistische Geschichte, in der es nicht gelingt, die Nachhaltigkeitskrise zu bewältigen, ist auch in meinen Augen kein Solarpunk.

  • Ich würd eher auf die Sequels tippen ... :lol:


    Stichwort Sequel: Da habe ich auch schon Ideen, was in der ferneren Zukunft geschehen könnte. Unter anderem schwebt mir ein Roman vor, in dem sich Transhumanisten auf dem Mars angesiedelt haben und zu einer Bedrohung für die Erde werden, nachdem ihr Terraforming-Versuch gescheitert ist und sie neuen Lebensraum suchen. Und irgendwann sollen auch noch (friedliche und freundliche) Aliens aufkreuzen, aber das alles ist "Zukunftsmusik", und geschieht, nachdem die Menschheit die Nachhaltigkeitskrise bewältigt und die Geißeln der Armut, des Krieges und der Tyrannei von der Erde verbannt hat.

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