Beugung von Bindewörtern

  • Eine Frage an anwesende Sprachologen: Wie nennt man es grammatikalisch eigentlich, wenn Bindewörter gebeugt werden? Damit meine ich z.B. im Bayerischen:


    "Normal": Wann er des mocht. (Wenn er das macht)
    Anrede: Wannst Du des mochst. (Wenn du das machst)


    Ich meine das 'st' hinter dem "Wann" in der Anrede.
    Zusatzfrage: Wie häufig ist sowas? Mir fällt so ganz spontan nur dieses eine Beispiel ein.

  • Ich nenne sowas schlicht "falsch". *RENN* ;D


    Rabenzeit 1 gibt's bei Amazon für den Kindle und als gedrucktes Buch im Buchhandel. Als epub bei mir.
    Und Glitzi 9 ist fertich.

  • Außer Bayrisch kenne ich auch keien Sprache, die das macht ;) Aber ist eigentlich eine coole Idee. Wie das heißt, weiß ich aber auch nicht. "Konjunktionenflektion" klingt zwar hochgestochener, heißt aber auch ncihts anderes als "Bindewort-Beugung" ;)

  • Jo, dem würde ich erstmal so zustimmen. Dat is am falsch sein tun, ne :P
    Ne, im Ernst, für diese Art von Flexion kenn ich keinen Fachausdruck.
    Gängig sind halt die Deklination (Substantive), Konjugation (Verben) und Komparation (Adjektive)
    Ich hab leider auch nicht wirklich viele Beispiele, um zu schauen, ob diese Flexion im Beispiel mit der des Verbs konform geht, und man dann von einer Art "dialektische Konjugation von Bindewörtern" sprechen könnte, aber ich glaube kaum, dass das sprachwissenschaftlich so gemacht wird. Im Bereich der Dialektik hab ich bisher im Studium noch nicht sooo viel gemacht, ist also gut möglich, dass jemand anderes da den Durchblick hat.


    Also generell würde ich sagen: gibt keinen Ausdruck dafür.
    Müsste ich es zwangsweise definieren, würde ich es als eine Art Konjugation einordnen.


    Hoffe, das hilft dir weiter.


    /Olli

  • Neben "Wenn" lässt sich auch noch "Wie" beugen:
    "Wiast es mogst"



    Ansonsten fällt mir aber auch kein weiteres Beispiel ein...

  • Das geht jetzt etwas am Thema vorbei, aber sagst du wirklich "Wannst du des mochst"??
    Weil ich würd entweder sagen: "Wann du des mochst" oder "Wannst des mochst", wobei das -st dann eben das "du" ersetzt... (anders wärs zumindest für mich als Oberösterreicherin doppelt gemoppelt... *gg*)


    Ich kann nach den Ferien mal einen der Dialektforscher auf der Germanistik fragen, ob es dafür eine Bezeichnung gibt, aber ich bezweifle es. ;D
    Wär aber schon cool, sowas mal in eigenen Sprachen durchzuführen.... *grübel*


    Ah, und mit "Wo" funktioniert das natürlich auch... "Wost des findst..." ;D


    EDIT: Interessant, jetzt wo ich genauer drüber nachgedacht hab, sind mir noch weitere Wörter eingefallen, bei denen ich das mach, wenn ich so richtig Dialekt sprech:
    wer, was, warum, weil - und es gäb sicher noch mehr

  • Mit Warum übrigens auch. In der Steiermark wird übrigens mit "Warumst du des mochst" doppelt gemoppelt. Also jedenfalls meine Oma macht das. *an Telefonat heute morgen erinner*
    Veria

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Irgendwie sieht mir das so aus, als würde das Bindewort konjugiert: "Wannst des mochst"


    @Hyper
    Deklination gilt übrigens auch für Adjektive ;)

  • Quote

    Original von Neyasha
    Das geht jetzt etwas am Thema vorbei, aber sagst du wirklich "Wannst du des mochst"??


    Ja. Ich verstehe den Satz auch, wenn das Du fehlt, aber ich verwende tatsächlich die Phrase "Wannst Du".


    Quote

    wobei das -st dann eben das "du" ersetzt...


    Wäre eine Herkunftsmöglichkeit, allerdings hat -st doch recht wenig mit du gemeinsam. So vom Wort her.


    Quote

    Ah, und mit "Wo" funktioniert das natürlich auch... "Wost des findst..." ;D


    Hier passt tatsächlich kein Du hinein.


    Ansonsten, in der Hochsprache ist das tatsächlich faslch, aber von der hat auch niemand nicht geredet.

  • Beim Telefonat mit meinem Grossvater gerade eben ist mir übrigens noch was Nettes aufgefallen: "Undst du leanst uandlich?"
    Offensichtlich können Steirer auch ein Und beugen.
    Veria

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • @Kiodan: :lach: Also "undst" hab ich echt noch nie gehört.


    Quote

    Wäre eine Herkunftsmöglichkeit, allerdings hat -st doch recht wenig mit du gemeinsam. So vom Wort her.


    Naja, nicht mit dem Wort "du" an sich, sondern mit der Konjugation der 2. Person sg. ;)


    Und mit Plural funktioniert das auch, hab ich festgestellt, als meine Mutter neulich zu Bekannten sagte: "Jo, sogts ma dann einfach, wanns kommts." *g* Hier ist allerdings das -s wirklich rätselhaft, zumal das mit der 2. Person Plural nicht so recht zusammenpasst. :weissnicht:

  • Also ich schliess mich da mal Judith an: Wenn ich schon ein -st anhaeng, dann kein "du" mehr, offenbar gibts da wohl Unterschiede in der Verwendung *G*. Aber ansonsten kenn ich das auch aus dem (Mittel-)Fraenkischen (halt mit "wenn" und "wann", da hoert man dann sogar noch einen Unterschied ;D)


    Quote


    "Jo, sogts ma dann einfach, wanns kommts." *g* Hier ist allerdings das -s wirklich rätselhaft, zumal das mit der 2. Person Plural nicht so recht zusammenpasst.


    Wieso, wemma sagt "wanns kommts", dann ist doch auch beim "kommts" hinten ein s, man darf es halt nicht auf 2. Pers. Pl. der Hochsprache beziehen... oder irr ich mich da?

    Roald Dahl, Revolting Rhymes, Little Red Riding Hood and the Wolf:
    The small girl smiles. One eyelid flickers. / She whips a pistol from her knickers. / She aims it at the creature's head / And bang bang bang, she shoots him dead.
    A few weeks later, in the wood, / I came across Miss Riding Hood. / But what a change! No cloak of red, / No silly hood upon her head.
    She said, "Hello, and do please note / My lovely furry wolfskin coat."

  • Da Hans in [Tutorial] Lautsysteme und Grammatik auf diese alte Diskussion hingewiesen hat, entstaube ich hier einfach mal dreist ;)


    Diese Erweiterung eines Bindewortes scheint mir keine Konjugation zu sein, sondern ähnelt den Klitika, besonders den Enklitika. Ein Enklitikon ist ein un- oder nur schwach betontes Wort, dass sich an das vorangehende Wort "anlehnt". Diese Wörter rangieren irgendwo zwischen freien Wörtern und Affixen und können, wenn ich mich richtig erinnere nicht unabhängig stehen. Da hier ja schon darauf hingewiesen wurde, dass "-st" bzw. "-s" lautlich nicht mit den ihnen entsprechenden Personalpronomen zusammenhängen, müssten dies "enklitische Personalpronomen" sein.


    Im [Tutorial]Lautsysteme und Grammatik wurde ja unter anderem darauf verwiesen, dass in manchen Dialekten zu so einem "enklitischen Personalpronomen" noch ein "echtes" Personalpronomen tritt. Ich stelle mal die Behauptung auf, dass in diesen Fällen eine Betonung erfolgt und der Sprecher sicherstellen will, dass der/die Angesprochene/n mitbekommen, dass sie gemeint waren.


    Ich stelle meine Behauptungen einfach mal in den frisch entstaubten Raum und lasse mich gerne eines Besseren belehren :D

  • Bayerisch ist doch ein Dialekt. Wenn du Grammatik suchst, dann nimm doch eine Sprache. da wirst du auf jeden Fall Bücher finden. Für bayerisch weiß ich nicht , ob es so etwas gibt. :)

  • Quote from Nordland

    Bayerisch ist doch ein Dialekt. Wenn du Grammatik suchst, dann nimm doch eine Sprache. da wirst du auf jeden Fall Bücher finden. Für bayerisch weiß ich nicht , ob es so etwas gibt. :)


    Sowas gibt es.


    Haufenweise.


    Und man darf nicht so pauschal unterscheiden zwischen "Dialekt" und "Sprache". Der Übergang ist extrem fließend. Manche würden Bayerisch auf jeden Fall als "Sprache" klassifizieren.

  • Bayerisch ist doch ein Dialekt. Wenn du Grammatik suchst, dann nimm doch eine Sprache.


    Wird problematisch, wenn man Konstrukte untersuchen will, die in der Hochsprache nicht existieren. Bei der Linguistik geht es ja oft darum, was gesprochen wird, nicht so sehr, was geschrieben steht.


    Wie war nochmal der alte Spruch: Eine Sprache ist ein Dialekt mit einer Universität und einer Armee.

  • Es ist sogar so, dass, wenn du Bayrisch als Dialekt zählst, du sprachwissenschaftlich gesehen auch Niederländisch als Dialekt ansehen müsstest. Daher wird der Begriff Dialekt in der Allgemeinen Sprachwissenschaft eigentlich nach Möglichkeit ganz vermieden und höchstens von Varietäten gesprochen, was aber ebenso ein schwammiger Begriff ist.

  • Mir ist beim Lesen des Themas gerade eingefallen, dass ich mal einen Artikel zum Thema Kongruenz in Westgermanischen Sprachen gelesen habe, in dem das Phänomen erwähnt wird. (de Vogelaer 2010, Morphological change in continental
    West Germanic, falls jemand mal googlen möchte, oder bei Interesse PN an mich, ich hab das PDF ;) )

    Diese Erweiterung eines Bindewortes scheint mir keine Konjugation zu sein, sondern ähnelt den Klitika, besonders den Enklitika. Ein Enklitikon ist ein un- oder nur schwach betontes Wort, dass sich an das vorangehende Wort "anlehnt". Diese Wörter rangieren irgendwo zwischen freien Wörtern und Affixen und können, wenn ich mich richtig erinnere nicht unabhängig stehen. Da hier ja schon darauf hingewiesen wurde, dass "-st" bzw. "-s" lautlich nicht mit den ihnen entsprechenden Personalpronomen zusammenhängen, müssten dies "enklitische Personalpronomen" sein.

    Jep. In der Linguistik werden "flektierte" Konjunktionen unter dem Begriff complementiser agreement diskutiert. Die Analyse nimmt, wie Nharun schon gesagt hat, an, dass das flexivische Element an der Konjunktion nicht dahin gehört, weil Konjunktionen die besseren Verben sind, sondern weil durch bestimmte sprachhistorische Prozesse unbetonte Wörter wie etwa Pronomen mit vorherstehenden "host"-Wörtern verschmelzen. Man muss es sich wohl etwa so vorstellen:


    (1) wenn-ste komm-st (wenn-2SG komm-2SG)
    (2) komm-ste nicht? (komm-2SG NEG)


    Die Theorie ist, dass unbetonte Pronomen wie de 2SG mit dem vorhergehenden Wort verschmelzen. Nun dürfte aber wenn+de aus lautlichen Gründen eigentlich nicht wenn-ste ergeben. Daher wird angenommen, dass es zunächst Sätze mit Verberststellung wie (2) gab, wo ein Pronomen mit der Verbendung verschmolzen ist (komm-st-de -> kommste). Durch sogenannte Analogie (Übertragung bestimmter Strukturmuster von einem Kontext in einen anderen = genügend Sprecher machens "falsch" und dann wirds irgendwann "richtig" = Innovation) wurde dann -ste auch in Sätzen wie (1) an die Konjunktion gehängt. Wahrscheinlich kommt dies daher, dass beide host-Klassen Verb (2) und Konjunktion (1) in der ersten Position des Satzes stehen. Das macht es für Sprecher attraktiv, hier eine strukturelle Parallele anzunehmen bzw. zu kreieren.


    Ach so, und zur Frage, wie verbreitet das ist: De Vogelaer spricht von einem typologisch seltenen Phänomen, und das kann ich durch eigene Erfahrung auch bestätigen. Mir sind sonst kaum Sprachen bekannt, die das machen. Eine, die mir einfällt, wo so etwas passiert, wäre Tolaki in Süd-Sulawesi (Indonesien), wo Subjektmarkierungen durch Klitika in zweiter Position (also angehängt ans erste Wort) auftreten. Zum Bsp.:


    a-no wohik-'i ana-ndo
    and-3SG.SUBJ wash-3SG.OBJ child-1PL.GEN
    "...and he washed our child"


    Die Bedeutung des Satzes macht es klar, dass -no eine Subjektmarkierung ist und eigentlich zum Verb gehört. In der Aussprache wird sie allerdings stets ans erste Satzelement gehängt. Solche Strukturen wären für selbstgebastelte Sprachen sicher ein schönes Schmankerl ;D

    "Aye, horsemen for companions,
    Before the merchants and the clerk
    Breathed on the world with timid breath.
    Sing on: somewhere at some new moon,
    We'll learn that sleeping is not death,
    Hearing the whole earth change its tune"

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