Ich komm einfach nicht dazu, eine gescheite Beschreibung zu tippen, daher nur mal eine kleine Sage, die in meiner Welt vorkommt.
Es kam die Zeit, da Tag und Nacht voneinader geschieden werden mussten, denn weder Mensch noch Tier wollten im ewigen Zwielicht leben. Also die teilte die Weise die Stunden der Welt in Tag und Nacht, und gab dem Tag das goldene Licht und der Nacht das silberne. Tag und Nacht aber waren schon seit ewigen Zeiten ein Paar und wollten sich nicht voneinader trennen. So versprach die Weise, dass eines jeden Herrschaft nur kurz weilen sollte, bevor der andere erstrahlte, und dass sie einander in den Stunden der Dämmerung wieder nahe sein sollten.
Lang waren die Stunden des Zwielichts am Abend und am Morgen in jener Zeit, denn Tag und Nacht wollten sich kaum aus dem Auge lassen. An jedem Tag eilte Er mit dem goldenen Licht über den Himmel, um nur seine Liebste wieder zu sehen; und jede Nacht eilte Sie mit dem silbernen Licht über den Himmel, um ihrem Liebsten wieder nahe zu sein. Und stets blickten die beiden voraus in dieser Zeit, die Augen auf den Horizont gerichtet, wo sie sich bald wiedertrafen.
Doch waren sie nicht allein in der Welt. Während sie geschwind den Himmel durcheilten, wuchsen auf der Erde Berge und Seen. Blüten öffneten ihre Kelche, Bäume reckten ihre Äste gen Himmel und Mensch und Tier durchwanderten die wundersame Welt.
Das silberne Licht spiegelte sich in den Teichen und blendete Sie und da blickte sie zuerst herunter und erkannte die Wunder, die sie solang übersehen hatte, weil ihre Augen stets nur auf den Horizont gerichtet waren.
"Sieh nur", sprach Sie zu ihrem Geliebten, "was geschehen ist, während wir den Himmel erleuchten!" Und in den Zeiten die folgten, verlangsamten die beiden ihren Lauf, um sehen zu können, was in der Welt geschah. Die Stunden der Dämmerung wurden kürzer und die Tage und Nächte verweilten länger. Doch stets hielten sie einen Rhythmus, denn so war es ihnen vorgegeben, und an diese Pflicht waren sie für alle Zeit gebunden.
Doch bald schon bemerkte die Nacht, dass ihr Liebster nun die Augen auf den Horizont richtete, statt auf sie, wenn die Dämmerung sie zueinander führte, denn dort am Horizont spiegelten sich nicht nur die Wunder der Welt im klaren Wasser, sondern auch das Angesicht des Tages, dass Ihm immer mehr gefiel als Sie.
Voller Trauer verließ Sie die Dämmerung, wo nun kein Liebster mehr auf Sie wartete, sondern nur Einsamkeit, und begann die Welt zu durchwandern, die Sie immer nur aus der Ferne bewundert hatte. Felder und Wälder durchwanderte sie und in Bergen und Tälern suchte sie, doch nirgends fand sie Erfüllung.
Erst als sie an den Grenzen Erde, wo das große Wasser beginnt, ihre traurigen Lieder sang, traf sie auf ein Wesen, das ihr gleich war. Aus dem Rauschen der Brandung erhob sich der König der Tiefen Meere und setzte sich ihr zu Füßen.
"Nie habe ich eine schönere Stimme gehört als die Deine", sprach er zu ihr. "Auch mein Herz ist einsam, denn meine Hallen sind leer. Willst du nicht mit mir kommen und mein Reich erkunden?"
"All die Wunder der Welt glaubte ich schon entdeckt zu haben und nun versprichst du mir eine ganz neue Welt? Gerne will ich mit dir kommen!"
Und beide stiegen hinab in die Tiefen, in die zuvor kein Lichtstrahl gelangt war und das silberne Leuchten der Nacht erfüllte die Meere und ihre Wesen erstrahlten. Wunder über Wunder zeigten sich ihr, als sie mit dem König seine Hallen durchstreifte.
Schließlich sprach er zu ihr: "Du hast das silberne Licht der Nacht zu uns gebracht und mir gezeigt, wie wundersam mein Reich wirklich ist. Willst du für immer hier bleiben und meine Königin werden?"
Und sie antwortete ihm: "Nichts täte ich lieber."
Und so waren die Tiefe und die Nacht vereint als König und Königin.
Wo aber jetzt die Meere vom Leuchten der Nacht erfüllt waren, war es auf der Erde dunkel, wenn das goldene Licht des Tages ruhte. Ihre Bewohner wurden unruhig und fürchteten sich und riefen zum goldenen Licht hinauf: "Verlass uns nicht! Leuchte uns für alle Stunden!"
Das goldene Licht wunderte sich, denn nie zuvor hatte es eine andere Stimme als die der Nacht vernommen. "Auch ich muss ruhen", rief er hinunter. "Die Nacht leuchtet euch, wenn ich fort bin!"
"Aber kein Lichtstrahl durch dringt die Finsternis! Keine Nacht leuchtet uns! Das silberne Licht ist fort!"
Voller Unruhe über diese Nachricht wandte Er seinen Blick ab von seinem Spiegelbild und suchte nach Ihr. Denn Ihr Verlust schmerzte Ihn, was sie doch sein Gegenstück. Doch nirgends auf der Erde war ihr strahlender Schein zu erblicken. Doch hörte Er den Gesang, mit dem Sie sich einst in den Himmel erhoben hatte und er klang von den fernen Küsten her. So schritt der Tag dorthin, wo die Erde endet und die endlosen Meere beginnen, und fand dort sieben Mädchen, schön wie die Nacht, doch fremd und Sie und den König der Tiefe.
"Wer sind diese dort?" fragte Er, denn Er erkannte nur Sie.
"Sie sind unsere Töchter", antwortete der König, "und sie ist meine Königin."
Da ergriff Ihn glühender Zorn, denn Sie hatte Ihn betrogen, und er richtete sein goldenes Licht auf Sie und ihre Töchter und den König der Tiefe und Sein gleißendes Feuer verbrannte sie.
Da flohen der König und die Königin und ihre Töchter in die Hallen unter den Meeren und verbargen sich. Der König und die Königin waren heil geblieben, doch ihre Töchter hatten nicht die Kraft, dem Zorn des Tages zu widerstehen, und ihre Leiber waren verbrannt und enstellt, einzig ihre schönen Stimmen besaßen sie noch.
Der Zorn des Tages aber hielt an und sein gleißendes Feuer verbrannte die Erde an den Küsten und die Wasser der endlosen Meere wurden zu Dampf und flohen in den Himmel.
"Dein Reich wird von Stunde zu Stunde kleiner, mein König, und ich fürchte es wird ganz und gar verbrennen, wenn ich bleibe. Unsere Töchter gebe ich ganz in deinen Schutz, doch muss ich jetzt gehen und mich Ihm stellen, denn ich bin sein Spiegelbild, und nur ich kann Ihm Einhalt gebieten."
So verließ die Königin das Reich der Tiefe, in dem Sie nur so kurz gewohnt hatte und stellte sich ihrem Spiegelbild, dem zornigen Tag.
"Verraten hast du mich, und dazu die ganze Welt, die durch deine Taten nun für die Hälfte aller Stunden in Dunkelheit getaucht ist!" rief Er voll Zorn und sein Strahlen war heller als je zuvor.
"Nicht Dich habe ich veraten, denn Du hast schon lange kein Auge mehr für mich. Einzig meine Pflicht ist es, die ich vergaß, die ich aber gerne wieder erfüllen will, wenn du mich nur lässt!" hielt sie Ihm entgegen und hob das silberne Leuchten hoch empor, damit ein jeder sehen konnte, dass die Nacht zurückgekehrt war in den Himmel.
Doch das Herz des Tages ließ sich nicht erweichen und so tat er das Unvorstellbare: Er stahl der Nacht ihr Licht und nahm es für sich selbst.
"Nicht länger sollst du besitzen, was niemals für dich bestimmt war! Von nun an werde ich ganz allein alle Stunden beherrschen!"
Doch zu lange schon hatte die Nacht das silberne Licht besessen, und so wollte es nicht bei Ihm bleiben, sondern floh vor ihm in den Himmel.
Voller Zorn wandte er sich Ihr zu, die nun schutzlos war und wollte sie mit seinem Leuchten verbrennen, doch sie warf sich schnell einen Schleier über und floh vor dem gleißenden Strahlen, dorthin wo es dunkel war.
Voller Zorn verbrannte er die Küsten und schrie in die Welt hinaus, dass das silberne Licht niemals in die tiefen Meere zurückkehren könnte, denn er würde die Küsten von nun an für alle Zeit bewachen, damit sie niemals einen Weg zurück finden würde. Doch schnell wurde es ihm langweilig und so zog er wieder in den Himmel und erfüllte dort die Pflicht, die ihm zu Anfang auferlegt worden war. Doch ohne Ihr Licht war die Nacht leer, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als das silberne Licht, dass in den Himmel geflohen war, einzufangen und wieder in seine Bahnen zu lenken. Dieses war ihm jedoch nicht hold und als er seine Hand danach ausstreckte und es ergriff, zersprang es in Tausende und Abertausende Splitter, die Ihm in Hände und Augen stachen und in den ganzen Himmel hinausflogen, wo sie noch immer leuchten.
"Verspotten will es mich, doch das werde ich nicht zulassen!" rief Er zornig und versank dann in Gedanken. Nach langem Brüten hatte er schließlich einen Weg ersonnen, wie er ein Licht an den Himmel hängen konnte, dass Ihr für immer den Weg versperren sollte, Ihren Platz wieder einzunehmen. In einem Spiegel fing Er sein eigenes Antlitz ein und schleuderte den Spiegel in den Himmel hinaus, damit der dort seine Bahnen ziehe. Des Tages Spiegelbild erleuchtet die Dunkelheit nur spärlich, doch genug, um die Splitter des silbernen Lichtes zu überstrahlen.
Der größte Splitter des silbernen Lichtes jedoch kehrte heim zu seiner Herrin, die ihn gut verwahrt und vor eifersüchtigen Augen beschützt.
Die Menschen haben längst vergessen, dass einst die Nacht voller Licht war, sie kennen nur mehr des Tages bleiches Spiegelbild und fürchten die Dunkelheit, die es nicht erleuchten kann.
In den verborgenen Winkeln der Welt jedoch, wo weder der Tag noch sein Spiegel hinblicken können, leuchtet das wahre silberne Licht noch immer.