Wow, erstmal danke, dass du dich so ausführlich damit auseinandergesetzt hast. Ich habe auch schon an anderen Stellen ähnliches Feedback bekommen. Hast du den Post gelesen, auf den dieser Artikel quasi eine Antwort ist? Ich habe zwar versucht, den Artikel so umzusetzen, dass er für sich stehen kann, aber vielleicht hilft das für Kontext.
Auch würdest Du mir sicher rechtgeben, dass die Vollständigkeit per se auch kein Kriterium für Glaubwürdigkeit ist. Im Gegenteil sind es gerade die Dinge, die wir offen lassen und verschweigen, bei denen wir also die Phantasie unseres Publikums für uns arbeiten lassen, die dazu führen, dass sich Leute für die Welt begeistern.
Gemeinst ist tatsächlich die Illusion von Vollständigkeit. Auf eine lange Erklärung dieser Kriterien habe ich im Artikel verzichtet, weil dazu ein ausführlicher Artikel verlinkt ist - im Prinzip hast du Recht. Mehr hier.
Mag sein, dass Nerds diese Begriffe ausgiebig nutzen und für sinnvoll halten: Immersion, Rule of Funny, Rule of Cool, suspension of disbelief... und so weiter.
Aber in den meisten Fällen werden damit Zusammenhänge herbeikonstruiert, die ein falsches Bild davon vermitteln, wann eine Welt (die Teil einer Geschichte ist) erfolgreich funktioniert. Die „Rule of Cool“ ist in der Tat die Daseinsberechtigung für die Transformers-Filme, aber Transformers ist einfach nur ein bombastisches Filmspektakel und ich glaube nicht, dass die Leute fasziniert von der Welt sind.
Dazu muss man sagen, dass "Willing suspension of disbelief" ein übliches Konzept ist, das nicht Nerds erfunden haben, sondern Samuel Taylor Coleridge im 19. Jahrhundert. Auch Tolkien hat sich daran schon abgearbeitet und sie ist in die moderne Medienforschung eingeflossen. Bei der "Rule of Cool" ist das anders, das macht sie aber nicht wenige wahr. Spannend ist, dass Paramount tatsächlich daran arbeitet, ein Transformers-Universum auf die Beine zu stellen. Da reicht die Rule of Cool aber nicht mehr aus, das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.
Und du hast mich ertappt: Ich habe Fallout 4 gar nicht gespielt, sondern mir das anders zusammengesucht. Aber ich glaube, die Grundidee funktioniert trotzdem.
Vergleichst du nicht Äpfel mit Birnen? Und wie kommst du überhaupt darauf, dass Interstellar ein gutes Beispiel ist? Ich hab den Film gesehen und der Realismus der schwarzen Löcher ist ganz sicher eine wunderbare Verschwendung von Zeit und / oder Geld gewesen. Hätten die mal lieber ihre Zeit in die Geschichte selber investiert, dann hätte der Film auch mehr Leute begeistert.
Hier geht es nicht mehr darum, wie realistisch Fallout ist, sondern darum, dass man auch bei postapokalyptischen Szenarien fragen darf, ob Realismus etwas neues beizutragen hat. Die Qualität des Interstellar-Plots hat damit ja nichts zu tun, der FIlm wurde für seine wissenschaftlichen Grundlagen aber viel gelobt. Für Weltendbau doch interessant, oder?
Solche Fragen sind natürlich cooler Stoff zum Weltenbasteln. Vault-Bewohner die durch insektenverseuchte, menschenleere Ruinen laufen. Cooles Zeug.
Aber die Fallout-Reihe ist für mich sowas wie Fantasy.
Absolut, Fallout will nicht realistisch sein und muss es auch gar nicht (nur die interne Logik muss einigermaßen stimmen, das ist mein Punkt). Vielleicht muss ich nochmal nachträglich kennzeichnen, dass es hier nicht mehr um Fallout geht, sondern diesen Fragen wirklich nur aus weltenbastlerischer Sicht nachgehe.
Ach und jetzt sind wir Weltenbastler den Korinthenkackern also was schuldig, oder wie? Das fand ich ja schon so ätzend als J.K. Rowling von irgendwelchen nörgeligen Fans Briefe bekam, weil sie eine Teetasse zweimal unterschiedlich beschrieben hat. Oh wie grausam. Wie konnte sie nur in zwei unterschiedlichen Büchern ein Objekt leicht unterschiedlich beschreiben! Meine suspension of disbelief ist dahin. Oh weh mir, oh weh mir.
Niemand ist irgendwem was schuldig, nur Bethesda hat sich nicht geschickt verhalten: Fans haben Logikfehler gefunden, sie darauf aufmerksam gemacht und Bethesda hat geantwortet "Interessiert uns nicht." Das ist bei einer so umfangreichen Welt kein guter Ansatz. Das stellt nicht die Qualität des Gesamtprodukts in Frage, aber viele Schnitzer dieser Art würden sich summieren, deswegen sind sie auch nicht egal.
Ja, aber mal im Ernst. In großen Communitys kocht alles Mögliche hoch und die armen Entwickler müssen es ausbaden. Kontinuitätsprobleme gibt es bei Fallout 4 auf jeden Fall und auch die Welt (wie oben angesprochen) ihre Makel. Und Wikis machen es sicher leichter Widersprüche z.B. zwischen Fallout 2 und der Vorkriegs-Fallout 4 Welt zu finden. Aber das A und O bei der Glaubwürdigkeit sind für die meisten Spieler meistens immer noch die Aspekte ihres Spielerlebnisses: also die Spielfigur und deren Geschichte, die Begleiter und deren Motivation (in Fallout 4 kehren die Begleiter leider nie in ihr altes Leben zurück, sobald sie dich begleiten) und letztlich auch das Gameplay selbst und wie abwechslungsreich es sein kann.
Alles richtig! Logikprobleme sind erst dann ein Problem, wenn sie gefunden werden, und dafür muss jemand erstmal den Überblick haben. Das ist aber wie gesagt kein großes Problem mehr. Sich darauf zu verlassen, dass sie schon keiner findet, ist auch keine gute Strategie.
Fallout ist trotzdem cool. So.