Was meine Recherchen so hergeben:
Menschen können als Zweibeiner schnellen/spurten und kommen zügiger in einen Laufrhythmus, deshalb sind sie auf den ersten Metern schneller als Pferde.
Sind die Pferde erst einmal im Tritt, ziehen sie am Menschen vorbei.
Das kippt nach einer Weile wieder, weil Menschen eine viel schnellere Wärmeregulation haben und ihre Gangart viel flexibler wechseln können. Sie müssen auch viel weniger Masse in Bewegung halten, was entscheidend ist, wenn man sich nicht geradlinig-gleichförmig fortbewegen kann.
Und das wiederum führt dazu, dass das Gelände eine große Rolle spielt. Auf glatter Ebene und gerader Linie kann ein Pferd sehr gut beschleunigen und mit einem Wechsel aus Trab und Galopp jeden Menschen in so ziemlich jeder Zeiteinheit überrunden. Ist die Ebene steinig, ändert sich die Bedingungen komplett.
Und, ganz wichtig: Pferde liefern sich Wettrennen mit Menschen nicht nach eigenen Ermessen. Sie tragen Reiter, die eine Last sind und deren Kontrolle nicht unbedingt dem entspricht, wie das Pferd sich seine Kräfte selbst einteilen würde.
Bei Kämpfen in (nicht nur) Fantasy-Romanen werden Kampfsituationen zumeist bunt durcheinander gemischt.
Nehmen wir zum Beispiel den tödlichen Herztreffer: der ist für einen geübten Kämpfer sogar sehr leicht zu erzielen. Von hinten. Es ist ein Irrglaube, dass sich Massenschlachten ein Getümmel von Zweikämpfen sind. Das Ziel eines Soldaten ist es, die Zahl und Kampfkraft des Gegners zu verringern. Wenn er nicht gerade selbst beschäftigt ist und sieht, dass ein Kamerad gerade mit einem Gegner plänkelt, wird er sich nicht nach einem (neuen) eigenen Gegner umsehen, sondern den abgelenkten Gegner möglichst hinterrücks niederstrecken. Ist die eigene Waffe eine Stichwaffe oder kann gefahrlos der Dolch gezogen werden, garantiert ist ein Stich von hinten unter den Schulterblättern, irgendwelche lebenswichtigen Organe zu treffen: Herze, Lunge, Leber, Milz, Nieren. Alles unbedingt tödlich. Eventuell nicht sofort, aber dieser Gegner kämpft nicht weiter und man hat einen Kameraden freigemacht, der nun seinerseits einen selbst decken und unterstützen kann.
Dies gesagt: Kämpfe mit Hieb- und Stichwaffen sind, abseits von Duellen unter Beisein von bestellten Zeugen (und häufig selbst dann) grundsätzlich schmutzig, egal ob im Schlachtgetümmel oder Mann gegen Mann. Jede verwundbare Stelle, die sich trotz Parade, Schild und/oder Rüstung auftut, wird auch ausgenutzt, um Verletzungen beizubringen. Die häufigsten Todesursache abseits einer Infektion, der man nach der Schlacht erliegt, sind Verbluten - oft aus vielen kleine Wunden statt einer großen - oder die Folgen stumpfer Gewalteinwirkung.
Es war nicht unüblich, nach Ende der Schlacht das Feld abzugehen und nach den Verwundeten zu sehen, die nicht aus eigener Kraft da Feld verlassen konnten. Verwundete Feinde wurden üblicherweise getötet, wenn es nicht gerade "verwertbare" Persönlichkeiten waren. Die Grausamkeit wird etwas dadurch gemildert, dass häufig mit eigenen Schwerverwundeten ebenso verfahren wurde. Der sogenannte Gnadenstoß ist unter dürftigen medizinischen Kompetenzen und/oder Kapazitäten sogar eine Erlösung und wurde von allen Beteiligten als Akt der Barmherzigkeit verstanden.
Die Waffe der Wahl für ungeschulte oder eher rudimentär ausgebildete Kämpfer ist ein vergleichsweise kurzer Spieß. Er hat nur ein spitzes Ende, auf dessen sinnvollen Einsatz sich der Kämpfer konzentrieren kann, eine gute Reichweite und ist gegen jede Art Infanterie einsetzbar. Für alle anderen Waffen ist deutlich mehr Übung erforderlich und ein Schwert aufzulesen dürfte dem zu Höherem bestimmten Bauernburschen nicht weiterhelfen. Dieser sollte, auch wenn es weniger Glamour hat, für die erste heroische Tat bei Ackerwerkzeugen oder diesen zumindest ähnlichen Waffen bleiben. Einmal abgesehen davon, dass es auch heroischer sein kann, einem geschulten Kontrahenten erfolgreich mit Mistgabel oder Sense zu Leibe gerückt zu sein.
Apropos kurze Spieße. Auch die sind Kavallerie einsetzbar - wobei man schon erhebliche Disziplin bracht, um in einem ordentlichen Spießwall gegen heranstürmende Kavallerie nicht die Nerven zu verlieren. Dafür bieten sich dann auch deutlich längere Spieße an, für deren Führung man dann aber auch wieder mehr Kraft und Übung braucht. Nicht zuletzt deshalb, weil der Spieß nach erfolgreicher Abwehr eines Reiterangriffs üblicherweise in einem Pferd oder einem Reiter steckt und/oder zerbrochen ist. Und selbst wenn nicht, ist er aufgrund seiner Länge gänzlich ungeeignet, um es mit etwaig abgesessener Reiterei oder nachrückender Infanterie aufzunehmen. "Spießbürger" und Pikeniere sind nicht dasselbe; erstere sind mehr oder weniger gut ausgebildete Milizen, letztere gehören zur damaligen Elite.
Und auch wenn das immer wieder ein Reizthema ist: Fantasy kann und soll historische Rollenbilder abwandeln und auch außen vor lassen. Das bedeutet, dass auch die Damenwelt sich ins Schlachtgetümmel stürzen kann, darf und soll. Allerdings sollten angehende Autor*inn*en den Körperbau der Reckinnen auch entsprechend anpassen.
Kurz gesagt, wer Rollenbilder modifizieren will, muss das auch mit Schönheitsidealen tun. Wenn nicht gerade magische Verstärker am wirken sind, braucht die kämpfende Dame Muskeln und Sehnen und einen entsprechenden Knochenbau, den man nur erwerben kann, wenn die Protagonistin historische und auch heutige Rollenbilder unserer Welt ins frühester Jugend verlassen hat. Das bedeutet nicht (!), das die streitbare Protagonistin nicht "schön" sein darf. Aber man muss das Schönheitsideal der Fantasy-Welt (und davor ggf. erst einmal das eigene) entsprechend anpassen.
Amazonen gerne, von Glamazons ist bitte zur Wahrung der Plausibilität abzusehen.