Dieses Jahr verbrachte Öckel Weihnachten nicht in der Schlaufe. Er war in kn und gab einen Schreibmaschinenkurs. In kn gab es kein Weihnachten oder ein äquivalentes Fest, nur irgendwelche Jagdtrips, Sexparties und die große Pelzmodenschau - alles von krassen Frauen für krasse Frauen, und definitiv nichts Besinnliches.
Weihnachten kannte Öckel nur aus der Schlaufe. Ein Fest mit bunten Lichtern, gegenseitigen Geschenken und fröhlichem Trubel. Degor hatte ihm dieses Jahr im Namen der ganzen Zentrale eine Karte mit Hainachtsmotiv geschickt, welche er andächtig an seinen Zettelkasten gelehnt hatte. (Frau Juspels Unterschrift fehlte.) Außerdem hatten sie ihm ein neues Podcast-Mikrofon geschenkt. Er hatte schon eine Testaufname auf Kasette machen können, denn die Internatsscholle war nachts über leise genug, dass man die umherschleichenden Schüler*innen schon vom Atrium aus flüstern hören konnte.
Er dachte an Morgen. Seine Schüler*innen würden sich wieder am 7-Finger-Tippen versuchen - bei allem über vier Fingern kam sogar etwas Ehrgeiz bei den Kindern auf. Doch Öckel misste das wilde, fast wahnhafte Getippe vom Herrn Gaar, der alleine mehr Anschläge pro Minute machte, als seine ganze Klasse zusammen.
Wie sah es wohl gerade in der Zentrale aus, fragte er sich beim Zähneputzen, und war sein Weihnachtspaket überhaupt dort angekommen?