Diese Kommentare sind mehr so als Ergänzung gedacht, falls ich Limyaael „korrigieren“ will. Hier kann ich sagen, dass dieser Essay ganz okay ist und das viele der Überlegungen hier halbwegs brauchbar sein können.
Aber dieser Essay verbindet zwei Aspekte des Schreibens miteinander, die nicht zusammengehören.
Einerseits sind da Ratschläge über die Wirkung des Schreibens (also „Wie schaffe ich es, dass meine Elfen ätherisch, fremd und unnahbar wirken und, dass die Leser dieselbe Ehrfurcht vor ihnen haben wie Figuren in meiner Welt?“). Das sind Ratschläge, die sehr wichtig sind.
Aber andererseits sind viele Ideen hier nicht mehr als Inspirationen, auf welche Aspekte Du achten könntest, um Nicht-Menschen ein bisschen detaillierter kennen zu lernen (also „Gib ihnen nicht-menschliche Emotionen“ zum Beispiel).
Das stört. „Gib ihnen Emotionen, die kein Mensch kennt“ ist eine nette Idee, aber hat keinen Einfluss auf die Schreibqualität – im Gegensatz zu (ich paraphrasiere) „wenn deine Elfen wie Menschen mit Gesichts-OP wirken, dann sind sie nur visuell fremd“.
Gegen Ende ihres Rants (bei Punkt 5) schreibt Limyaael:
„Die Herausforderung besteht in der Gratwanderung, Nicht-Menschen weder als perfekt / stets besser darzustellen noch ihre Fähigkeiten zu vermindern, um das Menschenpublikum bequem zu machen. Das ist keine einfache Gratwanderung, aber es kann umgesetzt werden.“
Ich habe den Eindruck, Limyaael sieht fragile Feenwesen und kraftstrotzende Super-Elben beides als ...Sackgassen der Literatur an. Vielleicht, weil sie aus ihrem Bauchgefühl heraus argumentiert, kommen ihr diese zwei Archetypen für Elfen wie Regelverstösse vor. Ich finde es schade, dass Limyaael oft lieber hinschreibt, das wir „erwägen“ sollen, irgendetwas nicht zu tun, anstatt sich gleich zu überlegen, wie es sich doch gut umsetzen liesse. Die Fantasy-Rants formulieren oft Regeln, die befolgt werden müssen, um „richtig“ zu schreiben.
Aber sind Super-Elben nicht genauso akzeptabel wie zahllose andere Ideen? Wenn wir in die Literaturgeschichte blicken, sage wir doch auch nicht „Franz Kafka’s Prozess sollte die Bürokratie nicht so übermächtig erscheinen lassen, aber auch nicht zu fragil. Das ist eine Gratwanderung, aber sie kann gelingen.“ Ich bin kurz davor, eine Satire auf diese Einstellung zur Literatur zu schreiben und das übermächtige Gericht bei Kafka als Mary Sue zu geißeln.
Zu Limyaaels Verteidigung (und als leichte Kritik an einem bestimmten Typ Fantasy-Nerd) kann ich nur sagen, dass sie sich in guter Gesellschaft befindet.
Und ja, übermächtige Elfen dürfen nicht einfach immer die Helden retten und jedes Problem lösen, wir müssen Spannung aufbauen etc.
Aber da kannst du auch den Konflikt anpassen, sodass auch die Leute mit Superkräften sich daran die Zähne ausbeissen. Eine Gratwanderung ist das nicht.