Limyaael's Fantasy Rants übersetzt

  • Elfen



    Ein paar weitere Zeilen aus "Tristram von Lyonesse", etwas passend zur heutigen Diskussion.


    Sie suchte und zog den goldenen Becher hervor und lächelte
    Staunte, mit einem so leichten Wunder wie ein Kind
    Das hört von frohem traurigem Leben in magischen Ländern;
    Und trägt es zurück zu Tristram mit reinen Händen
    Haltend die Liebesdürre, die für Flammen sorgen sollte
    Um aus ihnen zu brennen Furcht und Glauben und Scham,
    Und vor den Augen aller ihnen das Leben erleichtern,
    Und sie traurig machen für immer.


    Elfen sind einige der Fantasy-Kreaturen, die am meisten leiden, wenn Autoren ihre Fantasywelten erschaffen. In den meisten Fällen greifen die Autoren nicht auf eine der Varianten aus alten Legenden zurück, sondern auf eine bestimmte Quelle: "Tolkien" und dann auch nur eine blasse Version von Tolkien.


    1. Elfen scheinen immer zart und zerbrechlich schön zu sein.


    Das mag eher aus Vorstellungen von Feen und Fantasybildern hervorgehen als von Tolkiens Elben, da diese stärker waren als das Menschengeschlecht und durchaus in der Lage, schwere Waffen zu schwingen, aber es ist trotzdem alltäglich. Ich weiß nicht warum. Es scheint keinen besonderen Grund zu geben, warum Elfen nicht in der Lage sein sollten, einen Kriegshammer zu heben oder jemand anderen herumzuwerfen, es sei denn, der Grund hat mit Feen-Schmächtigkeit oder RPGs zu tun, wo Elfen schwächer sind als Menschen, so dass Menschen eine faire Chance haben. Aber diese Trope bahnt sich ihren Weg in die Fantasy, die nicht auf Rollenspielen basiert und auch nicht Heimat irgendwelcher Feen ist.


    Wenn du zarte Elfen hast, überlege dir, warum sie so sind. Hat es eine Grundlage in den Wurzeln deiner Welt oder war es nur etwas, das du angenommen hast "denn so sind Elfen?" Wenn Letzteres, dann erkenne, dass es eine Menge von Elfen da draußen gibt, die genau gleich aussehen. Welchem Zweck dient diese Trope? Es macht nicht einmal viel Sinn, wenn du willst, dass deine Elfen Bogenschützen statt Schwertkämpfer sind, da eine Menge Kraft in den Oberarmen und im Körper erforderlich sind, um einen Langbogen zu ziehen.


    2. Elfen haben immer spitze Ohren.


    Dies scheint das wichtigste Elfensignal zu sein. Manchmal scheint es das Einzige zu sein, was Elfen erkennbar zu Elfen macht, weil sie sonst genauso handeln wie Menschen.


    Warum?


    Wenn du deine Elfen unsterblich machst oder ein längeres Leben als Menschen verpasst, wird das sie an sich beeinflussen, wahrscheinlich viel tiefer, als wenn du spitze Ohren hast. Aber das ist das erste, was alle Menschen in der Geschichte die meiste Zeit bemerken, das Hauptsignal wenn Halbelfen entdeckt werden oder sich zu erkennen geben, und etwas fest in der Konzeption von Elfen verankert ist, ohne guten Grund. Frage dich doch, was die spitzen Ohren deiner Elfen dort tun? Sind sie eine evolutionäre Anpassung, und warum? Wenn deine Elfen von anderen Arten von Fey oder Feen abstammen, hatten diese auch spitze Ohren, und warum? Wenn deine Menschen und Elfen gemeinsame Vorfahren haben und die Ohrenform ist eine Abweichung, warum?


    Diese besondere Trope finde ich weniger beunruhigend als die Vorstellung von Empfindlichkeit und Fragilität, aber sie funktioniert immer noch wie eine Hinweis-Karte in vielen Fantasy-Werken: "Gut, sie haben spitze Ohren, sie sind Elfen, und das ist es, was du von ihnen erwarten sollst!" Es ersetzt die Charakterentwicklung, genauso wie jemandem rote Augen und ein schwaches Kinn zu geben, um sie als böse darzustellen.


    3. Elfen sind überwiegend blasshäutig, auch ohne Grund.


    Die einzigen wirklichen Ausnahmen, die mir ohne viel Grübelei einfallen, sind die dunkelhäutigen Drow der Vergessenen Reiche, und sie werden als meist böse dargestellt (rote Augen und so weiter). Das hat wahrscheinlich viel mit Tolkien zu tun; Mittelerde hat offensichtlich nicht viel Vermischung zwischen den Rassen. Dennoch gibt es keinen Grund für Elfen in allen Fantasy-Büchern, "so blass wie Alabaster" zu sein, oder nach welchen Gleichnissen auch immer es den Autor giert. Wenn sie in der Natur mehr zu Hause sind als Menschen, wie fast alle Elfen dargestellt werden, dann schließt das vielleicht auch die Anpassung an ihre Umgebung ein. Warum nicht Elfen, die in Wüsten mit sandfarbenem Fell bedeckte Haut entwickelt haben oder Elfen, die wie die Bäume in Wäldern gefärbt sind, oder wie große Katzen, wenn sie überwiegend Jäger sind? Es ist schwer zu erkennen, in welchen Umgebungen Alabaster-Haut ein großer Vorteil wäre, außer im hohen Norden, und blasshäutige Elfen werden oft als zu zerbrechlich gezeigt, um dort zu überleben.


    Wenn eure Elfen so von den Göttern erschaffen wurden und nie eine Zeit durchmachen mussten, in der sie nicht in Städten lebten und alle Vorteile der Zivilisation hatten, warum dann? Wollten die Götter der Elfen nicht, dass sie eine evolutionäre Anpassung durchlaufen? Und warum werden Menschen dann in der Regel so dargestellt, als müssten sie durch Etappen klettern, in denen sie in Höhlen oder in einfacheren Häusern lebten, als sie es jetzt haben? Warum sind die Götter des Menschen und der Elfen offenbar unterschiedliche Wege beschritten? Alles interessante Fragen zum Nachdenken und Beantworten.


    4. Elfen werden oft mit der Natur in Verbindung gebracht - aber nur einigen Aspekte der Natur.


    Typische Elfen leben in Wäldern und auch in tja, in Wäldern, wie bereits gesagt. Manchmal haben sie große Städte, aber sie scheinen fast nie Bauern zu sein. (Aber sie essen irgendwie trotzdem gut, und nicht nur die Produkte der Wälder). Es gibt auch manchmal Seeelfen, obwohl Oberflächenbewohner nicht wirklich sehen, wie deren Häuser aussehen. Elfen werden in der Regel auch dargestellt als hätten sie ein stärkeres Bewusstsein für Tiere und Bäume als die Menschen und Technologie ist ihnen ein Horror. Das ist natürlich sehr schön in einer Art New Age, aber es wird nach einer Weile langweilig. Metall ist nicht unnatürlich. Ebenso wenig Feuer oder Eis und Schnee, Tundra und Taiga oder dicke Dschungel. Wo sind die Elfen, die in solchen Gebieten leben? Sie hätten sich wahrscheinlich auf mindestens einer Fantasywelt entwickelt. Aber es scheint die meiste Zeit kein Indiz für deren Existenz zu geben.


    Es könnte einen Grund dafür geben, Elfen nicht mit Metall zu assoziieren, wegen der alten Legende, dass Eisen ihnen schadet. Die meisten Fantasy-Bücher scheinen jedoch nicht auf diese Legende zurückzugreifen. Sie greifen nur auf das Klischee von Elfen als fröhlich tanzende singende Waldkreaturen zurück und sagen nichts über eine tatsächliche Verletzlichkeit oder Allergie gegen Eisen.


    Wenn du Elfen in Wäldern hast, denk versuchsweise darüber nach, warum sie da sind. Menschen leben in den meisten Fantasywelten an verschiedenen Orten. Wenn Elfen längere Leben haben und zu großen Leistungen fähig sind, werden sie dann wirklich zu dumm sein, um Wege zu finden, an Orten zu leben, die Menschen ohne weiteres besiedeln können?


    5. Elfen werden von ihrem längeren Leben betroffen sein.


    Dies ist ein weiterer Grund, sie zu Menschen zu machen, die bloss mit Spitzohren geschmückt sind. Sie sind wahrscheinlich erfahrener als Menschen im Umgang mit Feinden und werden nicht in die Falle der Wiederholung der Geschichte geraten, weil sie Zeitzeugen werden. Sie reagieren möglicherweise nicht so gut auf plötzliche Krisen.


    Das ist jedoch kein Grund, den Menschen jedes Mal als ultimativen Retter der Welt darzustellen. Angeblich wollen Elfen in der Fantasy so tun, als habe sich nichts geändert, und so werden sie von der Weltgeschichte zurückgelassen. Aber das macht keinen Sinn, wenn sie Jahrhunderte durchlebt haben und Zeit hatten zu sehen, wie sich die Welt verändert hat. Tolkiens Elfen versuchen sicherlich, die Zeit mit ihren Elfenringen zu behindern und trauern um das Vergehen der sterblichen Welt, aber das ist zumindest teilweise, weil sie wissen, dass sie dazu verdammt sind, mit dieser Welt zu verblassen oder in ein unsterbliches Land zurückzukehren. Die meisten Elfen in der Fantasy stehen gar nicht vor so einer Wahl.


    Wenn deine Elfen so sind, beantworte dir (und deinen Lesern) eine Frage: Wie haben sie jemals eine große Zivilisation aufgebaut oder sie überhaupt verteidigt?


    6. Elfengesellschaften müssen keine Monarchien sein.


    Die meisten von ihnen sind jedoch genau das, und der König oder die Königin sind in der Regel menschenfeindlich, oder sie leben zurückgezogen von der Welt und sind am verblassen. Gewiss hätten die langlebigen Elfen im Laufe der Zeit die Probleme von Monarchien erkannt und einen Weg gefunden, sie zu vermeiden. Einen minderbemittelten oder verächtlichen Monarchen auf dem Thron zu haben scheint mir ein ausreichend großes Problem zu sein.


    Wahrscheinlich ist kein Regierungssystem perfekt, und es könnte einen legitimen Grund für Elfen geben, Monarchien zu haben, vielleicht weil das historisch so gewachsen ist. Aber oft scheinen sie alle Nachteile eines langen Lebens in ihren Zivilisationen zu haben - umständliche Traditionen und unwillige Veränderungswillen - ohne die Vorteile - vergangene Erfahrungen und die Einsicht, die aus dem eigentlichen Leben durch die Geschichte entsteht, während andere Spezies zu schnell sterben, um die langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen zu sehen. Versuche beides zu zeigen, nicht nur die langsam abnehmenden und sterbenden Gesellschaften, die die Norm zu sein scheinen, während Elfen herumstehen und ihre Hände ringen und nicht wirklich wissen, was sie tun sollen.


    7. Elfengesellschaften müssen auch nicht der Inbegriff von Empfindlichkeit sein.


    Wenn sie in Städten leben, scheinen Elfen dazu neigen, in Minarette und zarten Türmen und Kuppeln zu leben, oder Baumdörfer, die durch Holzstege miteinander verbunden sind. Doch egal, wo sie leben, sie sind nie schmutzig, sie produzieren keinen Müll, und es scheint keine Elfennachttöpfe oder elfische ungewaschene Leinen zu geben.


    Das ist nicht realistischer als eine menschliche Gesellschaft, die auf die gleiche Weise funktioniert. Der Unterschied ist, dass Autoren, die menschliche Gesellschaften in der Fantasy schreiben, manchmal in Richtung Realismus blicken und einen Nachttopf oder Müll auf den Straßen mal erwähnen. Elfengesellschaften werden jedoch immer noch in antiseptische Visionen verwandelt, und das alles ohne den Nutzen von Antiseptika.


    Es könnte Spaß machen, zu versuchen, Erklärungen dafür zu erfinden. Haben die Elfen ein fließendes Wassersystem? Ist jedes Stück Müll, das sie produzieren, nicht vom Material ihrer Gebäude zu unterscheiden? Haben sie unsichtbare Diener, die die Wäsche waschen und die Nachttöpfe leeren, oder sind sie vielleicht zu verstopft, um Nachttöpfe zu brauchen? (Dies scheint ein häufiges Problem der Fantasyelfen zu sein). Es gibt Antworten, die zum Bild einer gut entwickelten Gesellschaft passen könnten, wenn auch vielleicht nicht zum Bild einer völlig natürlichen. Versuche sie zu finden.


    8. Schwing dich nicht ins entgegengesetzte Extrem, um aus Elfen die Retter zu machen.


    Das ist etwas seltener, als die Menschen zu Rettern zu machen, weil sie nicht verblassen, aber kommt es vor. Elfen sind so weise und besonders und wunderbar OhmeinGott, dass die anderen Rassen als ihre Kinder dargestellt werden. Diese Elfen sind Gurus, Weisen und Älteste und selbstgefällige Lehrer, die alle schlimmsten Stereotype von wissenden Hohenpriestern oder Mönchen passen. Die anderen Rassen haben praktisch nur Ehrfurcht vor ihnen und schwanken bei ihrem Anblick.


    Hör damit auf.


    Diese Elfen sind genauso nervtötend -oder mehr noch- als die schüchternen Vegetarier, die in ihren Wäldern kauern und sich die Hände ringen. Einige Leute würden zumindest wahrscheinlich Neid und Groll auf sie empfinden, oder durch ihre Lehre gelangweilt fühlen und weggehen oder zumindest einige der Lehren auf eigene Faust entdecken (besonders, wenn du andere langlebige Rassen wie Drachen oder Zwerge in deiner Welt hast). Doch das scheint nie zu geschehen. Einer der Gründe, warum ich es unmöglich finde, die Mithgar-Bücher von Dennis McKiernan zu lesen, ist, dass seine Mithgar-Elfen so sind. Ich habe Lust, sie zu erwürgen.


    Es muss wenigstens einige Elfen geben, die sich irren, die dumm sind oder die unterrichten können, ohne sich selbstgefällig zu verhalten. Perfekte Elfen sind spaßiger als die ineffektiveren Varianten.


    Es ist erstaunlich, wie wenige Menschen versuchen, Elfen zurück zu den ursprünglichen Legenden zu bringen, oder mit ihren eigenen Wendungen kommen, oder einfach etwas anderes tun, als zu imitieren.

  • Ich muss sagen, dass ich den von @Jundurg verlinkten Kommentar zur Mittelalterthematik sehr spannend fand. Ich habe mich auch schon öfter gefragt, warum so vielen Leuten Schmutz und Sexismus für "realistische" Darstellungen des europäischen Mittelalters so wichtig sind, während niemand fordert, dass es ein sorgfältig bebasteltes Äquivalent zur Katholischen Kirche geben muss, die das Mittelalter eben grundlegend mitgeprägt hat.
    Während es früher einmal die Annahme gab, dass Religion zwingend erforderlich ist, um Moral in eine Gesellschaft zu bringen, herrscht heute gerade bei den "aufgeklärten" Religionsskeptikern eher die gegenteilige Meinung vor, dass Religion die Wurzel allen Übels auf der Welt ist besonders die Katholische Kirche ist ausgesprochen unbeliebt und wird gerne auf Pseudomoral predigende, geld- und machtgierige Pädophile reduziert. Dass die Kirche und der Glaube wie in dem Beitrag beschrieben im Mittelalter tatsächlich einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet haben, dass moralische Prinzipien respektiert wurden, fällt dabei gerne an den Tisch.


    Dazu kommt diese Überzeugung, dass es seit dem Mittelalter mit Renaissance, Reformation und Aufklärung einen stetigen, moralischen Aufwärtstrend in der Gesellschaft hin zu mehr Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung gab. Richtig ist zwar, dass in diesen Perioden philosophische Grundlagen für unsere heutigen Moralvorstellungen gelegt wurden, aber der Weg dorthin war keineswegs so leicht und immer nach vorne gerichtet. Eher im Gegenteil, mit dem Wegbrechen der alten Glaubensgewissheiten kam es zu einem massiven Mehr an Gewalt, was sich dann beispielsweise im Dreißigjährigen Krieg entladen hat. Auch die immer so gerne dem Mittelalter zugesprochenen Hexenverfolgungen haben eigentlich später stattgefunden und im Mittelalter wurde die Existenz von Hexen noch als Aberglaube abgetan. Die Entwicklung von Konzepten wie Menschenrechten, Autonomie und Freiheit ging zunächst einmal damit einher, dass man sie manchen Menschengruppen ganz selbstverständlich vorenthalten wollte.
    Und wie in dem Beitrag auch angeklungen ist: Gerade das 19.Jahrhundert, das eigentlich schon so nah an unserer Gegenwart ist und in vieler Hinsicht schon so ähnlich, war eine Periode, wo der Sexismus besonders stark war. Auch im Wissenschaftsbereich wurden Frauen gerade durch die zunehmende Institutionalisierungen Zugangswege über private Ausbildung genommen, die es früher zumindest für die Oberschicht durchaus noch gab. Viele der konservativen Vorstellungen und Ideale von Geschlechterrollen und Familie haben sich in dieser Zeit erst so entwickelt, wie wir sie heute kennen, weil die Sphären von Erwerbstätigkeit und Haus erst da so klar getrennt wurden. Auf dem Bauernhof oder im handwerklichen Familienbetrieb war klar, dass die Frau auch mitarbeitet und das hatte erstmal nichts mit Gleichberechtigung zu tun.
    Und auch der Rassismus hat in dieser Phase bekanntlich einmal eine Blütezeit erlebt.


    Zu den Elfen habe ich nicht wirklich was zu sagen, weil ich die eigentlich nie bastle...

  • Zwerge


    Ich denke, Zwerge haben andere Probleme als Elfen. Sie haben Eigenschaften, mit denen sie einzigartig und interessant werden könnten, aber sie dürfen sie nur selten zur Schau stellen. Ich gebe die Schuld den Leuten, die in die Idee von Elfen verliebt sind.


    1. Wenn Zwerge Technologie haben, gib ihnen eine Chance sie zu nutzen.


    Die einzigen Dinge, die Zwerge jemals zu machen scheinen, sind Waffen, Rüstungen und manchmal Dekorationen, die in den Häusern anderer Rassen auftauchen. Es wird verschiedentlich gemunkelt, dass sie Ingenieure, Pioniere und erfahrene Technologienutzer sind, aber wo sind diese Erfindungen? Fantasy-Autoren scheinen sich zu scheuen, sie zu zeigen.


    Dies ist voll und ganz die Schuld der Elfen-Liebe.


    Ich denke, aus dem selben Impuls beschreiben so viele Autoren ihre Elfen als glückliche, naturverehrende Ludditen. Das eskapistische Element der Fantasy beinhaltet oft einen Horror der modernen Welt und postapokalyptische Geschichten, Science Fiction und Fantasy finden die Schuld bei der Maschine. Was ja schön und gut wäre, aber wenn Zwerge bei dir Technologie verwenden, um ihren Mangel an Magie zu kompensieren, dann zeige sie doch mit ihren Erfindungen, gerade weil das Nicht-Zwergen nicht leicht zugänglich ist. Ich denke, die Höhe der Zwergerfindungen, die ich in der Fantasy gesehen habe, war eine Art Aufzug, und aber nicht selten gibt es generell Aufzüge (ohne das der Aufzug zwergisch wäre). Warum nicht die Zwerge eine Rolltreppe erfinden lassen?


    2. Und was ist falsch daran, dass Zwerge Magie haben?


    Vielleicht möchtest du wirklich nicht über Technologie schreiben oder hast nicht genug Informationen, um akkurat darüber zu schreiben. Also gut. Was ist also mit Zwergen, die Magie haben? Es scheint in vielen Fantasy-Werken geradezu "unnatürlich" zu sein, aber dann neigen diese Werke auch dazu, sich auf die üblichen Verdächtigen wie Zauberstäbe und murmelnde Beschwörungen zu verlassen, von denen sie sagen, dass Zwerge nicht genug Zeit haben, um sie zu erlernen.


    Was ist mit Magie durch Felsen, Metalle oder Edelsteine? Erdmagie könnte unglaublich stark sein, wenn man darüber nachdenkt. Stell dir einen Zwergmagier vor, der die Kraft hat, ein Erdbeben zu verursachen, wenn er irritiert ist, oder eine Kluft in der Erde zu reparieren, wenn er sich wohlwollend fühlte. Vielleicht könnten Zwerg mit Wünschelrute nach Metallen und Edelsteinen statt nach Wasser suchen. Sie würden wahrscheinlich unglaublich reich dabei werden. Andere mögliche Formen der Magie sind Schlammlawinen, die Schaffung von Tunneln als Fluchtwege (etwas, das viele Adlige und Royals in der Fantasy ständig brauchen), vulkanische Ausbrüche verursachen oder sie daran hindern, Bäume schnell zu fällen, indem sie Umwälzungen in der Nähe ihrer Wurzeln verursachen und so weiter. Es scheint, als ob Zwergmagier entweder sehr hilfreich sein oder eine Menge Chaos verursachen könnten, aber sie sind dazu verdammt, in ihren Höhlen zu sitzen und erst herauszukommen, wenn die Autoren wollen, dass sie barsch werden oder so etwas.


    Und das ist noch eine Sache:


    3. Wo sind all die Zwerge mit mehr als einer Persönlichkeitsfacette?


    Alle Zwerge sind grimmig (mit Ausnahme von Peter Jacksons Gimli, der einfach nur seltsam ist). Barsch und freundlich oder grimmig und griesgrämig, aber stets grimmig. Ich denke der einzige Autor, der seinen Zwergen Variationen gibt, während er die Grimmigkeit glaubhaft beibehält ist Guy Gavriel Kay in seinen Fionavar-Büchern. Tolkien hat ein wenig mehr Abwechslung im kleinen Hobbit, aber da Gimli mit der einzige Zwerg ist, den wir in HdR selbst sehen, denke ich, dass die Leute dazu neigen, ihn als Prototyp für all ihre Zwerge auszuwählen.


    Dasselbe gilt für Zwerge wie bei Elfen. So wie es irgendwo dumme Elfen geben muss (auch wenn die höflicheren sie eingesperrt halten, wenn Gäste vorbeikommen), muss es irgendwo offene Zwerge, feige Zwerge, weinerliche Zwerge und Zwerge mit einem frechen Sinn für Humor geben. Ich denke, es könnte einen großen Unterschied machen und Lesern und Autoren helfen, wenn wir uns von Zwergen als Klischeegerüst entfernen, um diese Vielfalt einzuführen.


    4. Wo wir dabei sind, was ist mit weiblichen Zwergen?


    Ich habe sehr wenige davon in Fantasy-Büchern gesehen, aber meistens für Comedy verwendet. Fantasy-Autoren scheinen Tolkiens Beispiel dabei sklavisch zu folgen; er gab an, dass weibliche Zwerge sehr selten waren und nicht oft das Haus verlassen. (Das war die Hauptursache für das Verschwinden der Zwergenrasse, da sie nicht genug Kinder hatten, um ihre Zahlen hoch zu halten). Wenn weibliche Zwerge genau wie die Männer aussehen, könnten sie wahrscheinlich ihre Heimat verlassen und ohne Erkennung oder Schaden kämpfen oder auf die gleiche Weise Abenteuer unternehmen. Und wenn sie nicht genau wie die Männer aussehen – wie es Frauen anderer Fantasy-Rassen tendenziell nicht tun –, dann könnte es noch interessanter sein.


    Terry Pratchett benutzt die Zwerge auf der Scheibenwelt, um darauf hinzuweisen, dass die Balz sehr heikel ist; sie müssen genau herausfinden, welches Geschlecht der andere Zwerg unter all den Kettenhemden hat. Die Zwergengesellschaft wird auch von Skandalen erschüttert, wenn weibliche Zwerge beschließen, Lippenstift zu tragen und keinen Med zu trinken. Es ist sehr witzig, aber es provoziert auch ein Zusammenzucken, wenn man wieder zu typischen Fantasy-Büchern übergeht und merkt, wie oft und wie extrem Pratchett mit dieser Persiflage ins Schwarze trifft.


    5. Für einen Zwerg wäre Kurzsein normal.


    Mehr noch als Vergleiche zwischen kurzlebigen, schnell denkenden Menschen und langlebigen, langsam denkenden Elfen zeigen die Vergleiche zwischen Menschen und Zwergen den anthrozentrischen Blickwinkel, den viele Fantasy-Werke einnehmen (auch wenn sie angeblich von Nicht-Menschen erzählt werden). Die meisten Fantasy-Menschen können nicht darüber hinwegkommen, wie kurz Zwerge sind. Es ist angeblich niedlich in irgendeiner Weise- oder zumindest seltsam- und Menschen scheinen nie darüber nachzudenken, wie sie aus der Sicht der Zwerge aussehen.


    In einer Welt, in der Mitglieder verschiedener Rassen seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten Seite an Seite leben, ist es wahrscheinlich, dass sie anfangen würden, Dinge aneinander zu bemerken, die nicht bloss mit Körpergröße zu tun haben. Selbst wenn es eine Welt ist, wo Menschen nicht oft Elfen oder Zwerge sehen, dann ist die Fremdheit verständlicher, aber du kannst trotzdem versuchen, dich auf etwas anderes jenseits der Körpergröße der Zwerge zu konzentrieren.


    6. Die Unterscheidung von Zwergen nach Kultur ist eine gute Möglichkeit, sie auf andere Weise zu differenzieren.


    So wie Elfen die meiste Zeit herumzusitzen scheinen, um sich die Hände zu ringen oder melancholische Lieder zu singen, scheinen Zwerge Rüstung und Waffen zu schmieden und zu kämpfen [hier bitte den bösen Feind der Woche einzufügen]. Aber es gibt sicherlich andere Teile ihres Lebens. Wenn du eine Geschichte mit einem Zwergencharakter schreibst, warum nicht Musik, Kunst, das Kochen, Waffentraining (etwas, das auch nicht oft auftaucht), Unterricht der Kinder, Verhandlungen oder Liebesangelegenheiten? Manchmal scheint es, als ob Menschen die einzige Rasse in der Fantasy sind, die sowas haben.


    Der gemeinsame Einspruch gegen diese Idee ist, dass das Zeigen von Zwergen oder Elfen oder einer anderen Fantasy-Rasse sie zu nahbar und menschlich machen würde. Doch wenn man bedenkt, wie oft Zwerge Stereotype sind oder einfach kurze Menschen mit Bärten, denke ich, dass es Platz dafür gibt, diesen Effekt der Unnahbarkeit dadurch zu erzielen, dass die Zwergenkultur so seltsam wie möglich rüberkommt.


    7. Zwerge hätten auch eigene Schönheitsstandards.


    Vielleicht ist einer der Gründe, warum viele Fantasy-Autoren eine schwierige Zeit damit haben, Zwerge zu schreiben der, dass Zwerge nicht so ansehnlich wie Elfen oder Drachen sind, zumindest nach der Art und Weise, wie Fantasy-Leser idR denken. Dies ist eine weiteres Problem, das in Luft auflösen würde, wenn der Blickwinkel des Texts nicht mehr aus menschlichen Augen schaut. Wenn diese Augen ausschließlich menschlich bleiben, oder ausschließlich die Augen des "allwissenden" Autors, der in menschlichen Parametern urteilt, dann ja klar, ist es wahrscheinlich, dass das vermeintliche Problem der Hässlichkeit bestehen bleibt.


    Das mag meine rein persönliche Meinung sein, aber ich denke, es gibt zu viel Konzentration auf äußere Schönheit in der Fantasy. Die bösen Kreaturen sind überwältigend hässlich, die guten Charaktere überwältigend schön, und nur wenige, wenn überhaupt, sind gewöhnlich und durchschnittlich. Wenn die Menschen und Elfen der Inbegriff der Schönheit bleiben müssen und die Orks oder Kobolde der Inbegriff von Hässlichkeit bleiben müssen, dann könnten die Zwerge vielleicht der Durchschnitt sein. Oder vielleicht können sie auf eine ganz andere Art und Weise schön sein. Stärke kann ebenso schön sein wie Schlankheit. Wenn Zwerge in der Nähe von Fels und Stein sind, könnten sie so schön sein wie es Berge sind oder wie Steinsäulen sind. Diese sind nicht einmal schlank, aber Autoren können über sie rhapsodisieren. Warum nicht ab und zu über Zwerge Rhapsodien singen, vor allem, wenn du aus ihrer Sicht heraus schreibst?


    Irgendwann möchte ich immer noch ein Zwergen-Epos schreiben, alles aus ihrer Weltsicht heraus, und wenn ich das tue, werden die Menschen die seltsamen sein.

  • Schurken


    Zuerst einer meiner liebsten (und einfachsten) Verse aus Swinburne, aus "Hertha".


    Ich sage dir aber: sei;
    Ich brauche nicht zu beten;
    Ich brauche dich frei
    Wie deine Münder meiner Luft;
    Damit mein Herz größer in mir sei, meine Frucht fair zu urteilen.


    Einiges davon habe ich schon gesagt, aber meistens an anderen Orten verstreut, nicht in einem einzigen Rant.


    Mehr Einräumen von Vorurteilen meinerseits: Ich denke, dass Fantasy ohne Teilung der Welt in Dunkel und Licht perfekt auskommen kann, und dass es den besten Autoren, die ohne sie schreiben- Kay, Martin, Berg, Pratchett, Brust - auch gelingt, ihre "bösen" Charaktere zu verkomplizieren und uns mit ihnen sympathisieren zu lassen (manchmal mehr als mit den Helden). Aber es hat große Anziehungskrauft, die Welt aufzuteilen und ich denke, es kann gut gemacht werden.


    Ich wünschte nur, die Leute würden diese Dinge meiden:


    1) Scheinbar sind hässliche Schurken eine Notwendigkeit.


    So denken zumindest die dunklen Herrscher mit ihren Schwärmen von Orks und Trollen und Goblins über die Sache. Das ist ein billiger Trick um dem Publikum seine Sympathien vorzuschreiben. In den seltenen Fällen wenn ein guter Charakter schlecht aussieht haben sie stattdessen „innere Schönheit“, aber niemand sucht nach innerer Schönheit von Orks. Drachen sind die einzige Ausnahme, die mir einfällt bzw. es gibt auch Glen Cook’s Dark Lady (die in der 1. Trilogie viel mehr als Illusion als in echt vorkommt) und manche Schurken tragen falsche Schönheit um die guten auszutricksen. Aber in Wahrheit sind sie hässlich.


    Muss das sein?


    Ich glaube nicht. Klar, die bösen Charaktere wunderschön zu machen löst nicht alles, aber so lange Fantasyleser auf Äusserlichkeiten fokussiert bleiben ist es ein Schritt in die richtige Richtung – die da wäre, den Lesern einfache Sympathien wegzunehmen und sie ein bisschen denken zu lassen. Wenn es einfach ist Goblins zu hassen aber nicht Elfen, dann macht die Elfen böse und guckt, was passiert.


    2) Gib ihnen auch ein bisschen erfolgreiche Intelligenz


    Es ist nicht sonderlich sinnvoll, wenn nur Leute mit nichts in der Birne die Welt erobern. Entweder sind Schurken in Wahrheit insgeheim intelligent bis der Held erscheint, wo ihnen plötzlich nichts intelligentes mehr einfällt oder ihre Erzfeinde, die in den Jahrhunderten zuvor das Böse bekämpften waren monumentale Idioten. Der Held scheint oft nicht nur klüger als sein Erzfeind zu sein, sondern deutlich intelligenter.


    Wie ist es dann gekommen, dass der Erzfeind dann der Erzfeind wurde?


    Denk das durch. Wenn die dunklen Herrscher der Fantasy in ihren Plänen ständig miserabel scheitern, wie es bei ihrer Konfrontation mit den Helden passiert, müsste ihre Herrschaft eigentlich schon vor Jahrhunderten geendet sein, als sie beispielsweise ein großes offensichtliches Problem in ihren Plänen übersahen, sodass die Gegenseite diese Schwachstelle ausnutzen konnte. Ein Mangel an Intelligenz macht sie zu Clowns. Und die Spannung in der Geschichte wird zu Wackelpudding. Niemand wird sich bedroht fühlen, niemand sollte sich bedroht fühlen, von jemandem der dem Helden all seine Pläne erklärt und dann scheitert.


    Oh und wo wir dabei sind...


    3) Vermeide die generischen Signale, die als blinkende Neonzeichen das BӦSE ankündigen.


    Einschließlich aber nicht beschränkt auf: hämisches Gelächter, sich am Unglück weiden, überall und immer schwarz tragen, Leute einfach so aus Spass foltern, vor einer Hinrichtung die eigenen Pläne dem hinzurichtenden Helden haarklein erklären, den Helden auf eine Weise "testen"die ihm die Flucht erlaubt, und im Grunde eine Reihe von anderen Dingen auf der Evil Overlord Liste. Wenn du keine Parodie schreibst, ist das geradezu albern und im besten Fall kommt des als herbeigezwungener Plot rüber und unterbricht den reibungslosen Fluss deiner Geschichte.


    Natürlich kann es genauso die Geduld eines Lesers zermürben, wenn man zum anderen Extrem geht und die Guten schwarz tragen. Versuche stattdessen, einzigartige Schurken zu schaffen. Hey, das machst du für die Helden, ok? Wenn du die Geschichte eines Helden von Anfang bis Ende kennst und dir Zeit genommen hast, um dessen Persönlichkeit zu verstehen, warum nicht dasselbe für einen Bösewicht tun? Allzu oft konzentrieren sich die Kapitel, die aus der Sicht eines Schurken geschrieben wurden, darauf, wie böse er ist oder die Kapitel sind nur da ist, um als "Fliege an der Wand" auf das zu schauen, was die Mächte der Finsternis tun, während sich die Kapitel der guten Charaktere auf sie als Menschen konzentrieren. Um ganz kitschig zu sein: Schurken sind auch Menschen.


    4) Wenn die Helden abgedrehte mächtige Magie bekommen, sollte der Dunkle auch abgedrehte mächtige Magie bekommen.


    Ich bin immer verwirrt, wenn ich eine Fantasy-Geschichte lese, in der die Helden magische Schwerter praktisch aus der Luft zu ziehen scheinen, während der Dunkle Herr eine immense Menge an zeitaufwändiger Forschung und gefährlichen Ritualen durchmachen muss, um eine Waffe zu bekommen, deren Macht sich nie wirklich materialisiert, bevor die Helden ihn töten. Es ist noch schlimmer, wenn es eine halbarschige "Rechtfertigung" gibt wie einige Waffen, die nur durch reine Herzen blah blah blah nutzbar sind. Viel besser ist, den Helden einen wirklichen Grund zu geben, den Dunklen Herrn zu fürchten. Hätte Sauron keine anderen Waffen gehabt, um den Krieg in HdR zu führen als den einen Ring, wäre er eine erbärmliche Figur gewesen. Stattdessen gab Tolkien ihm den Nazgúl und machte den Ring zu etwas, das noch mehr Schrecken verursachen würde, wenn Sauron ihn in den Griff bekäme, nicht zur einzigen Quelle des Terrors.


    Das ist das Problem, Dunkle Herrscher als immense Schattenfiguren zu haben, eine Bedrohung als Potenzial statt in der Realität. Wenn sie noch nichts getan haben, warum haben die Helden dann so viel Angst?


    5) Mach die Pläne des Dunklen Herrn nicht durch Zufall rückgängig.


    Dies kommt alles zurück auf das Hinterlassen von den oben erwähnten Schlupflöchern, aber geht über dumme Pläne hinaus. Es gibt einige Pläne, die so klingen, als ob sie funktionieren würden - außer dass der Dunkle Herr etwas vergisst, was jeder andere auf der Welt weiß, etwa ein Kind, das zu einer bestimmten Zeit geboren wird, um ihn zu entthronen, oder sonst versäumt er es, eine bestimmte Person oder Handlung zu stoppen, obwohl du denkst, dass er alles in seiner Macht stehende in Bewegung setzen würde, um die Konsequenzen zu vermeiden.


    Hätte jemand wirklich tausend Jahre lang regieren und ein dunkles Imperium aufbauen können und dann diese unbequeme Prophezeiung vergessen können, die besagt, dass das kleine Mädchen, das am ersten Apriltag um Mitternacht geboren wurde, eines Tages ihren Zauberstab schwenken und ihn wegblasen wird? Einfach nicht auf die Kinder achten, die an diesem Tag geboren wurden, und sie alle töten, egal was es kostet? Der Dunkle Herr wird die meiste Zeit als rücksichtslos dargestellt, aber irgendwie ist er nie rücksichtslos genug, wenn es um solche Umstände geht.


    Wenn dem Herrscher diese Prophezeihung verschleiert wurde kann das einen möglichen Ausweg bieten, aber je länger das Geheimnis erhalten bleibt, desto offensichtlicher ist die Skala zu Gunsten des Guten gekippt. Könnte eine Prophezeiung wirklich tausend Jahre lang geheim bleiben? Es wird mit jedem Jahrzehnt unwahrscheinlicher,würde ich sagen oder sogar jedes Jahr. Das gilt vor allem, wenn die Guten in einer viel kürzeren Zeitspanne in Erfahrung bringen, was der Schurke plant.


    Lasse die Schurken wirklich eine Bedrohung sein, gib ihm in Eisen gekleidete Pläne, gute Spionagenetzwerke, intelligente und komplexe Notfallplän. Eure Helden werden härter arbeiten müssen, um das zu bewältigen und das böse zu besiegen, aber es wird so aussehen, als hätten sie ihren Sieg verdient.


    6) Lass deine Schurken sich nicht als böse betrachten.


    Fantasy scheint voll von Bösewichten zu sein, die sich darin erfreuen, niederträchtig zu sein, die sehnlichst darüber nachdenken, all das Gute in der Welt zu zerstören, die in der Lage sein sollten, die die lange Erfolgsbilanz des siegreichen Guten betrachten sollten und darum zögern, aber es scheint ihnen egal zu sein.


    Das erinnert mich an das Argument, dass Atheisten wirklich an Gott glauben und wissen, dass sie in die Hölle geschickt werden, aber trotzdem weiter gegen Gott sind. Beides Greifenscheiße. Wer würde sich gegen eine Kraft wenden, von der sie wussten, dass sie gewinnen würde? Es muss Raum für ehrliche Zweifel geben, welcher Kurs am besten ist - in den Köpfen der Schurken, wenn nirgendwo sonst. Und so viel wie möglich sollten die Schurken glauben, dass das, was sie tun, richtig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn...


    7) Die moralischen Standards ohne ersichtlichen Grund schlampig sind.


    Irgendwie sind Aktionen, die das Gute ergreift, in Ordnung, auch wenn diese Aktionen Folter oder die Tötung von Kindern beinhalten. Die Guten mögen eine Weile ängstlich sein, und manchmal - nicht sehr oft - gibt es eine böse Folge oder zwei, aber alles ist gerechtfertigt, weil es "zum größeren Guten" oder "für das Ungeborene" oder für die gesichtslosen, amorphen Massen (die Massen, deren Rettung so viele Aktionen in der Fantasy rechtfertigt) getan wird.


    Wenn der Bösewicht eine Person quält, ist das das Ende. Es gibt kein Zurück mehr, und es gibt keine Entschuldung.


    Ich möchte diese Philosophie vom höchsten Turm, den ich finden kann, runterwerfen lassen. Was in Conan’s Namen geschieht hier? Wie können moralische Standards für die Guten relativistisch sein, aber für die Bösen absolut?


    Oh, wartet, ich weiß es. Die Guten sind es, mit denen der Autor sympathisieren möchte. Daher sind die Ängste und die grauen (Un)taten für die "Charakterentwicklung" notwendig, aber sie dürfen meine Meinung über die Guten in keiner negativen Weise beeinflussen. Daher die ganzen Rechtfertigungsversuche.


    Persönlich denke ich, dass es albern ist, der Ordnung eines Universums einen moralischen Kodex zu unterstellen und, dass Rechtfertigungen und moralische Standards in den Köpfen der Charaktere existieren sollten, aber nicht darüber hinaus. Aber wenn du nach moralischen Standards im Universum streben willst, dann um Himmels willen sei konsequent damit, auf wen sie zutreffen. Folter, Mord, Vergewaltigung oder Sklaverei sollten nicht aufhören, falsch zu sein, nur weil die Helden es tun.


    Es ist erstaunlich, wie oft in letzter Zeit meine Zähne beim Gedanken an die Guten knirschen.

  • Ich hatte mir ein paar Fantasy Rants verlinkt und wollte da gerade mal wieder reinlesen, da bemerkte ich, dass die Archiv-Seite wohl Probleme mit der HTTPS-Konfiguration hat und kein Zugriff mehr möglich ist (weder über HTTP noch HTTPS). Aber über das Internet Archive geht es weiterhin. Nur so als Hinweis, falls andere hier auch noch gern ein paar Rants lesen möchten. :)

  • Das spricht mir so sehr aus der Seele! Genau DIESES Problem habe ich mit den meisten neueren Dingen. Star Wars zB. hat viele dieser Punkte WUNDERBAR umgesetzt... bis Episode 7, ab da scheinen sie in den Klischee-topf gefallen zu sein. Und es gibt soo oft genau diese Punkt, die sich zu einem Humongulus der schlechten Geschichtserzählung vereinen und mir teils vllt sogar gute Backstories einfach total vermiesen.


    Nur bei einer Sache gehe ich nicht ganz mit:

    Wer würde sich gegen eine Kraft wenden, von der sie wussten, dass sie gewinnen würde?

    Das war für mich auch lange ein Punkt gewesen, den ich für unrealistisch hielt. Doch das Leben bis jetzt hat mir gezeig:, es gibt tatsächlich viele Personen die diesen Weg gehen. Selbst wenn es KRASSE Konsequenzen nach sich zieht, nur um nicht zugeben zu müssen, dass sie falsch lagen. Manche machen es auch aus Trotz. Oder andere einfach weil sie einzigartig sein wollen. Also gibt es das wirklich öfter. Von Leuten die sich selbst als Märtyrer sehen ganz zu schweigen.

  • Der klassische Text zum Thema ist der Melierdialog aus der Geschichte des Peloponnesischen Kriegs von Thukydides.


    Der Überlegene hat eben nicht immer Recht und Erfolg ist ethisch irrelevant.


    Edit: https://www.mtholyoke.edu/acad/intrel/melian.htm


    Auch Wikipedia hat einen Artikel, auch wenn ich da nicht allem zustimme: https://de.wikipedia.org/wiki/Melierdialog


    https://en.wikipedia.org/wiki/Melian_Dialogue

  • Aloha!


    Ist ein Weilchen her seit dem letzten Update.


    Für Leute, die die Rants auf Englisch (und ohne Wayback Machine) lesen wollen, gibt es diese Links: hier und hier.


    Die Übersetzung wird bald wieder fortgesetzt, allerdings weiss ich noch nicht, mit welcher Regelmässigkeit hier neue Rants gepostet werden.

  • Ich hab hier so einige Seiten und Beiträge durchgelesen und habe gemischte Eindrücke über diesen Guide / die Rants.



    Dinge, die mich stören (der Post ist natürlich nicht an Gwen gerichtet, sondern an die Autorin und ich sehe, dass Gwen einigen Punkten selbst widersprochen hat und das sind sehr ähnliche Punkte, wie ich sie auch sehe):


    Quote

    Schreibe täglich. Leute lachen über diesen Rat, aber im Erst, es ist der beste Schreib-Rat, den ich je gehört habe. So hast du konstante Übung. Wenn zwei Leute beide im Alter von 24 am selben Tag zu schreiben anfangen und einer schreibt jeden Tag während der andere nur drei Monate lang schreibt, wer, glaubst du, ist am Ende des Jahres besser? Frag dich, wenn du dich bei Ausreden ertappst, ob die Ausreden wirklich Grund genug sind, nicht zu schreiben oder ob du wieder faul wirst.

    Ne, mein AuDHD-Gehirn funktioniert so nicht. Muss es auch nicht, will es nicht. Entweder ich schreibe paar tausend Wörter am Tag und dann einige Tage und Wochen wieder nichts, das ist auch absolut okay so.
    Allgemein kommt mir die Autorin so vor, als würde sie anderen vorschreiben wie diese zu funktionieren haben, und was ihnen selbst (nicht) wichtig sein soll, und habe sie Bange davor, dass eine Story eine klare Message enthalten könnte.


    Die Autorin scheint sich selbst als knallharte Kritikerin zu betrachten und alle anderen haben gefälligst zu respektieren, wenn sie ihnen etwas vor den Latz knallt / ihnen etwas Latz geknallt wird. Sei nicht so sensibel, du Special Snowflake! (auch wenn's ein 14jähriges Mädchen ist %-) das hat mich an ein paar Diskussionen erinnert, die ich auf FF.de hatte (unsympathisches Forum im Großen und Ganzen, urghs): Erwachsene, die meinen man müsse Jugendlichen doch Kritikfähigkeit beibringen, die können heute nichts mehr ab und ich denke mir: wow, darauf kannst du stolz sein, ein Mit-30er Mit-40er Erwachsener, der einem Jugendlichen einen harten Kommentar geschrieben und ihm vielleicht sein Hobby verdorben hat.)


    - Der Begriff Mary Sue fällt einige Male und irgendwo hatte ich gehofft, dass er in den 2000ern gestorben sei lol

    Dem Begriff schwingt immer dieser Sexismus bei, vor allem so, wie die ursprüngliche Autorin darüber spricht, auch wenn dann Gary Stue entstanden ist, aber: für Männer gelten dennoch nicht dieselbe Regeln. Männer wie James Bond und andere Protas aus Fantasy und Action haben sehr viele Fans, ohne dass sich die meisten der Fans an dessen Perfektion stört und dass er alle Frauen bekommt, die er haben will (oft auch mit fragwürdigem Consent)

    Zwar schreiben Teenagermädchen öfters "echte Mary Sues", aber es ist auffällig in der Gesellschaft, dass allem, was Teenagermädchen (und erwachsene Frauen und weiblich gelesene Personen ebenfalls) mögen und tun, extra kritisch auf die Finger geschaut und belächelt wird, daher ja. Die Autorin schießt sich extrem auf Mädchen und Frauen ein, die es wagen schreiben zu wollen oder so... %-)


    - Vor allem dieses Klischee: Das Mittelalter muss dreckig sein. Das ist ein Klischee, den ich seit Game of Thrones und co. nicht mehr sehen kann. Grimdark Mittealter Fantasy funktioniert selten und es ist dann extra nervig, wenn diese als die reale Version des europäischen Mittelalters dargestellt wird. Und die ursprüngliche Autorin stellt es als richtig da... echtes Pet Peeve. :lol:


    Und eine Kleinigkeit: Menschen hatten immer mit Katzen zusammengelebt. Ich weiß nicht woher die ursprüngliche Autorin diese Information haben will und dieses "im Mittelalter wurden Katzen verbrannt (und ganz viele Hexen - mit Katzen)", urgh ist das albern und überholt. ^^'


    Vor allem sind Mittelalterklischees schlimm, wenn Frauen aus Prinzip schlecht behandelt werden, und zwar alle und durch alle Reihen hindurch.


    - Irgendwo schreibt die Autorin über Fanfiction und mich stört das hier extrem:

    Quote

    Probleme mit Fanfic zu predigen (Christentum, Safe Sex, Feminismus, Homosexuellenrechte) ist doof. Schreibt Broschüren, wenn ihr so etwas tun möchtet; Ӓndert nicht einen kanonischen Charakter von Grund auf, nur um pompöse Rhetorik hervorsprudeln zu lassen

    Sehr viele Fanfiction-Autoren sind selbst queer und verarbeiten eigene Erfahrungen und Dinge, die sie beschäftigen, in ihren Geschichten. Das ist gut und wichtig so.

    - Was ich auch nervig ist, dass die Autorin andauernd Bezug auf Harry Potter nimmt (und daneben noch auf Herr der Ringe), als gäbe es keine andere Fantasy. Kann Rowling und ihr Werk nicht mehr sehen lol, auch wenn ich teilweise noch einige Dinge aus der Welt und Hogwarts an sich mag, also Kleinigkeiten wie verschiedene Tierwesen, Zauber und co., und die Filme sind eben gut gelungen, bzw. meiner Meinung nach besser als die Bücher. Aber es nervt irgendwann, wenn Leute andauernd Bezug darauf nehmen.


    Quote

    1. Mach sie emotional nicht-menschlich, vielleicht sogar körperlich. Ich kann nicht sagen, wie viele Fantasy-Geschichten ich mit "Elfen" gelesen habe, die schöner, mit der Natur verbundener und langlebiger sind als Menschen, aber ansonsten genau wie sie. Es raubt der Geschichte etwas, wenn wir erkennen, dass das „weise, schöne Volk“ dem so viel Ehrfurcht entgegen gebracht wird im Grunde Menschen mit spitzen Ohren und Gesichtsbehandlungen sind. Da habe ich keine hohe Meinung vom Autor, der erwartet, dass ich das als neu und fremdartig akzeptiere.


    Verleiht den Charakteren Emotionen, die Menschen nicht kennen - oder Reaktionen auf Dinge, die für Menschen unangemessen erscheinen. Wie behandeln sie Tod, Geburt und Ehe? Haben sie überhaupt eine Ehe? Die Reaktion eines Menschen zu zeigen, der plötzlich merkt, dass sich niemand von diesen Wesen hier an einem Tod stört und niemand weint, kann Wunder für die Geschichte bewirken. Oder, wenn sie körperlich fremd sind, ist darüber nachzudenken, wie sich das auf die Art und Weise auswirken würde, wie die Charaktere Gefühle ausdrücken. Wie würden Elfen, die nicht weinen können, trauern?

    Oof... nein danke. Darauf verzichte ich gerne.
    Mein Hauptcharakter ist ein Elf und unterscheidet sich zwar in einigen Angelegenheiten natürlich von Menschen und anderen Humanoiden, aber ich möchte, dass Grundemotionen, Empathie und co. sich nicht so groß unterscheidet.

    Außerdem kenn ich das als neurodivergente Person genügend, dass wenn man nicht "angemessen" weint beispielsweise manche Leute denken, man könne keine Traurigkeit oä. empfinden.

    Allgemein Humanoide so zu behandeln, als wären sie zu gewissen Emotionen nicht fähig, hat sehr viel mit Othering zu tun. Das erfahren nicht nur neurodivergente Personen, sondern auch Menschen aus Kulturen und Religionen, die von dem, was wir in Mitteleuropa als Normalität betrachten, abweichen.

    Was bedeutet daher "Reaktionen, die Menschen unangemessen erscheinen"?

    Der Text oder der Film sagt / zeigt zwar, dass wir ein anderes Wesen vor uns haben, aber wenn man Herr der Ringe schaut natürlich Orlando Bloom hinter Legolas erkennt und nicht plötzlich ein vollkommen anderes Wesen.

    Beziehungsweise dieses Othering der Rassen untereinander (und hier speziell von Menschen gegenüber Elfen) ist auch etwas, das ich gerne an passenden Stellen im Text anspreche. Vor allem auch gegen tierische Humanoiden wie Tabaxi, Dragonborns und co. Dieses Othering kann man machen, aber das hätte ich schon gerne auch angesprochen und nicht nur "wow, das hat der Autor großartig dargestellt, dass der Elf / dieses Wesen so vollkommen anders ist als Menschen."


    Finde ich ist in-world in Ordnung, aber nicht um als Autor zu zeigen "schaut mal wie unmenschlich!!"


    Quote

    Zweitens keine selbstmitleidigen Monologe.

    Es kommt natürlich drauf an wie ausgeschlachtet die werden und dann nicht regelmäßig über Seiten hinweg geschrieben sind, aber "hör auf dich selbst zu bemitleiden" ist etwas, das oft Menschen mit Depressionen und PTSD oft vorgebracht wird, daher...


    Also ja, mein Senf zu den Rants. Hab soweit die meisten in den letzten Tagen gelesen.

  • LittleOwlbear, danke fürs Ausgraben. Ich sehe die Rants ja inzwischen auch kritisch und teile auch viele deiner Kritikpunkte, war aber zum Zeitpunkt als die neu rausgekommen sind, ziemlich begeistert.


    Weil du erwähnst, dass das Ganze so nach 2000ern klingt, das stammt aus den 2000ern. ;) Damals, als gerade Harry Potter und Herr der Ringe groß im Kino waren und auch Game of Thrones neu und sie fand es offensichtlich super toll. Seitdem hat sich die Fantasy natürlich auch weiterentwickelt und während Grim und Gritty damals noch eher neu und originell war, ist es heute fast zu präsent, HP und HdR nicht mehr in dem Maße.

    Mein Teenie-Selbst fand jedenfalls, dass man trotz des Tonfalls interessante Anregungen rausziehen konnte. Ein Großteil der Kritik bezieht sich auch auf Fanfiction-Klischees, wo man versteht, was sie meint, wenn man die damalige Fanfiction-Landschaft kennt, aber man könnte die Kritik sicherlich sensibler rüberbringen.

    Die sexistischen Untertöne sind mir beim ersten Mal lesen auch nicht so aufgefallen, damals wollte man immer partout Mary Sues vermeiden.


    Limyaeel hatte damals auch eine eigene Weltenseite und ich fand ihre Ideen zwar interessant, aber weltenbastlerisch nicht so gelungen, dass es ihren Standards an andere entsprechen würde. Da hat sie sich teilweise sehr verzettelt mit ihren vielen Spezies.

  • Ohha, ich hatte irgendwie verschlafen, dass die Texte nicht höchstens zehn Jahre alt sind. :D


    Ich finde es immer interessant verschiedene Ansätze zu lesen. Selbst wenn man vielen Punkten nicht zustimmt, und manche furchtbar findet wie in diesen Rants hier, setzt man sich dennoch mit der Thematik an sich auseinander.


    So ein paar grundlegende Dinge wie zb dem Post über "atmende Charaktere" und anderen würde ich schon zustimmen, aber das sind so grundlegende Dinge.


    Es ist auch nicht so, dass ich Dark Fantasy allgemein nicht mag, im Gegenteil, aber das meiste... naja, ich find's ironisch, dass Game of Thrones so oft als "realistisch" dargestellt wird.

  • naja, ich find's ironisch, dass Game of Thrones so oft als "realistisch" dargestellt wird.

    Ich glaube es fühlt sich für viele realistischer an, weil es, zumindest in den ersten Staffeln, weniger typische Fantasyarchs mit Plotarmor und allem drum und dran gibt. Ich hab die Welt nie als Versuch verstanden, ein "realistisches" irdisches Mittelalter abzubilden. Könnte mir aber vorstellen, dass viele von Ersterem fälschlicherweise auf das Zweite schließen.

  • Hi LittleOwlbear, freut mich Dich kennenzulernen.


    Oh und ein hi ans Forum! Bin nicht tot, nur im (zweiten) Uni-Studium. Hab also momentan nicht die Zeit, weiter zu übersetzen, auch wenn es auf der Agenda steht.


    - Der Begriff Mary Sue fällt einige Male und irgendwo hatte ich gehofft, dass er in den 2000ern gestorben sei lol

    Das hat Amanita ja bereits gut erklärt. Danke!

    - Vor allem dieses Klischee: Das Mittelalter muss dreckig sein. Das ist ein Klischee, den ich seit Game of Thrones und co. nicht mehr sehen kann. Grimdark Mittealter Fantasy funktioniert selten und es ist dann extra nervig, wenn diese als die reale Version des europäischen Mittelalters dargestellt wird. Und die ursprüngliche Autorin stellt es als richtig da... echtes Pet Peeve. :lol:

    Da sind ja mehrere Dinge im Spiel.

    Zum einen ist das Mittelalter in Europa eine lange Zeitspanne, in der viel passiert. Sowohl technischer Fortschritt (die Brille wird erfunden, der Kran wird entwickelt, Schifffahrt und Schifffahrtsinstrumente), als auch technische Stagnation (in einer Feudalgesellschaft kann technologischer Fortschritt von oben verhindert werden, weil die Königin von England (z.B.) noch nix von freier Marktwirtschaft gehört hat und sich keinen Deut drum schert). :lol: (<-ey ich vermiss diese Smileys. :heart: ) Das dunkle Mittelalter ist also einerseits ein Klischee und eine Fehldarstellung, aber andererseits eine manchmal ganz hilfreiche Linse, um aus moderner Sicht einige der Aspekte dieser Epoche zu beobachten und bewerten. Die mediale Darstellung in Filmen wie "im Namen der Rose", wo das Mordopfer kopfüber im Klosterbrunnen steckt ist sicherlich totaler Quatsch, aber es ist definitiv ein unangenehmer Status Quo. Die Kirche konnte ohne weiteres die Homophobie in ganz Europa zuspitzen wenn ihr danach war und konnte queere Tendenzen ziemlich heftig verfolgen (z.B. die Katharer, von denen das Wort Ketzer kommt und in deren Weltbild biologisches Geschlecht eine Illusion ist und gleichgeschlechtliche Beziehungen voll in Ordnung. Die hatten 50 Jahre lang keine Probleme, selbst mit den Katholiken in Frankreich(!) und wurden dann zur verfolgtesten Gruppe in der Religionsgeschichte Europas).



    Und eine Kleinigkeit: Menschen hatten immer mit Katzen zusammengelebt. Ich weiß nicht woher die ursprüngliche Autorin diese Information haben will und dieses "im Mittelalter wurden Katzen verbrannt (und ganz viele Hexen - mit Katzen)", urgh ist das albern und überholt. ^^'

    Das ist denke ich eine ungelöste Frage. Es gibt historische Berichte zur Katzenverbrennung. Für die eigentliche Zeit der Mittelalters gibt es aber nur eine einzige Quelle(!) die ein einmaliges Ereignis einer Katzenverbrennung behauptet und ansonsten viele Indizien, dass diese Stories meist übertrieben sind.


    - Was ich auch nervig ist, dass die Autorin andauernd Bezug auf Harry Potter nimmt (und daneben noch auf Herr der Ringe), als gäbe es keine andere Fantasy. Kann Rowling und ihr Werk nicht mehr sehen lol, auch wenn ich teilweise noch einige Dinge aus der Welt und Hogwarts an sich mag, also Kleinigkeiten wie verschiedene Tierwesen, Zauber und co., und die Filme sind eben gut gelungen, bzw. meiner Meinung nach besser als die Bücher. Aber es nervt irgendwann, wenn Leute andauernd Bezug darauf nehmen.

    Tja, leider ist HP immer noch ein mega-Franchise. Auf Fanfiction Seiten ist das immer noch das grösste Fandom. :-/

    Ich denke, wir können das Franchise einfach ignorieren. :)

    Allgemein Humanoide so zu behandeln, als wären sie zu gewissen Emotionen nicht fähig, hat sehr viel mit Othering zu tun. Das erfahren nicht nur neurodivergente Personen, sondern auch Menschen aus Kulturen und Religionen, die von dem, was wir in Mitteleuropa als Normalität betrachten, abweichen.

    Da bin ich mir gar nicht so sicher. Fantasy ist ja eine Form der "Speculative Fiction" und ich finde Geschichten, wo wir spekulieren, wie ein Wesen ohne bestimmte Emotionen so ist, prinzipiell vollkommen legitim.

    Beim Prozess des Othering geht es ja nicht darum, über (vermeintliche) Andersartigkeit zu spekulieren, sondern im Gegenteil Andersartigkeit zu behaupten und dann als Rechtfertigung für Misshandlung zu benutzen. In der Zeit der Sklaverei wurde Othering beispielsweise benutzt, um die "von Natur aus faulen Sklaven" als faul zu bezeichnen, damit Motivation existiert, sie zur Arbeit (und Produktivität, Profit) anzutreiben. Ein Fantasy-Roman mit von Natur aus faulen Personen, die deshalb zur Sklavenarbeit gar nicht zu gebrauchen sind, wäre dann gar nicht im Sinne der Sklaverei oder des Othering, weil dieses fiktive Other die zentrale Botschaft des Othering unterwandert...indem es sie ernst nimmt!

    Das kannst du auf alle Formen von Othering anwenden. Neurodivergente Menschen müssen Emotionen haben, weil selbst Data in Star Trek Emotionen hat, obwohl er erstmal als emotionslos beschrieben wurde, was sich als falsch herausstellt. Und Elfen, die nicht weinen können aber trotzdem trauern? Das zeigt doch gerade, dass Trauer unterschiedlich aussehen kann und das Leute, die neurodivergenten Leuten Emotionslosigkeit unterstellen, von Oberflächlichkeiten ausgehen und sich nicht auf andere Arten von Emotionsausdruck einlassen.

  • Da bin ich mir gar nicht so sicher. Fantasy ist ja eine Form der "Speculative Fiction" und ich finde Geschichten, wo wir spekulieren, wie ein Wesen ohne bestimmte Emotionen so ist, prinzipiell vollkommen legitim.

    Beim Prozess des Othering geht es ja nicht darum, über (vermeintliche) Andersartigkeit zu spekulieren, sondern im Gegenteil Andersartigkeit zu behaupten und dann als Rechtfertigung für Misshandlung zu benutzen. In der Zeit der Sklaverei wurde Othering beispielsweise benutzt, um die "von Natur aus faulen Sklaven" als faul zu bezeichnen, damit Motivation existiert, sie zur Arbeit (und Produktivität, Profit) anzutreiben. Ein Fantasy-Roman mit von Natur aus faulen Personen, die deshalb zur Sklavenarbeit gar nicht zu gebrauchen sind, wäre dann gar nicht im Sinne der Sklaverei oder des Othering, weil dieses fiktive Other die zentrale Botschaft des Othering unterwandert...indem es sie ernst nimmt!

    Das kannst du auf alle Formen von Othering anwenden. Neurodivergente Menschen müssen Emotionen haben, weil selbst Data in Star Trek Emotionen hat, obwohl er erstmal als emotionslos beschrieben wurde, was sich als falsch herausstellt. Und Elfen, die nicht weinen können aber trotzdem trauern? Das zeigt doch gerade, dass Trauer unterschiedlich aussehen kann und das Leute, die neurodivergenten Leuten Emotionslosigkeit unterstellen, von Oberflächlichkeiten ausgehen und sich nicht auf andere Arten von Emotionsausdruck einlassen.

    Erstmal: Schön, dich mal wieder zu lesen.


    Dann: Hier habe ich einen anderen Eindruck. Wenn etwa meine Elfen nicht weinen, aber trotzdem trauern, dann sind die Personen, die anders trauern, bei mir keine Menschen. Solange ich nicht auch Menschen darstelle, die anders trauern, steht das als Unterschied zwischen Elfen und Menschen da. Ich sage also aus: Menschen weinen. Die, die nicht weinen, sind keine Menschen. Und das ist fällt für mich schon unter Othering.

  • Dann: Hier habe ich einen anderen Eindruck. Wenn etwa meine Elfen nicht weinen, aber trotzdem trauern, dann sind die Personen, die anders trauern, bei mir keine Menschen. Solange ich nicht auch Menschen darstelle, die anders trauern, steht das als Unterschied zwischen Elfen und Menschen da. Ich sage also aus: Menschen weinen. Die, die nicht weinen, sind keine Menschen. Und das ist fällt für mich schon unter Othering.

    Skelch I.

    Das ist eine sehr gute Beobachtung. Ich sehe da beispielsweise eine Parallele zu Dingen, die Peter Dinklage zum neuen Schneewittchen Disney-Film gesagt hat: dass Fantasy auf Zwerge zurückgreift und dadurch zwergenwüchsige Leute als Nicht-Menschen darstellt.


    Allerdings würde ich meinen, es kommt auf die Details an:

    Basteln wir mal Elfen ohne Tränendrüsen. Weil sie keine Tränen weinen, sieht bei ihnen trauer anders aus, als bei Leuten, die aus Instinkt wässrige Augen bekommen, wenn sie ausreichend traurig sind. Dein Einwurf, dass wir ohne Menschen, die anders trauern, solche Elfen zu einem Symbol der Andersartigkeit machen und Andersartigkeit durch die Form, die Trauer nimmt, ausdrücken und dadurch den Eindruck vermitteln, dass anders zu trauern nur bei Nicht-Menschen funktioniert, dass anders zu trauern per Definition eine Person zu einem Nichtmenschen macht, den Einwurf lasse ich gelten. Das ist sicherlich richtig, dass Leute diesen Eindruck haben können.

    Wo ich mir weniger sicher bin ist die Frage, ob diese Art von Othering besonders weitreichende Folgen hat.


    LittleOwlbear hat ja unter anderem geschrieben:

    Quote from LittleOwlbear

    Beziehungsweise dieses Othering der Rassen untereinander (und hier speziell von Menschen gegenüber Elfen) ist auch etwas, das ich gerne an passenden Stellen im Text anspreche. Vor allem auch gegen tierische Humanoiden wie Tabaxi, Dragonborns und co. Dieses Othering kann man machen, aber das hätte ich schon gerne auch angesprochen und nicht nur "wow, das hat der Autor großartig dargestellt, dass der Elf / dieses Wesen so vollkommen anders ist als Menschen."


    Finde ich ist in-world in Ordnung, aber nicht um als Autor zu zeigen "schaut mal wie unmenschlich!!"

    Der letzte Satz lässt vermuten, dass manche Dinge in-world als "nicht in Ordnung" gelten. Ist vielleicht meinungssache, aber ich wollte darauf eingehen.


    Wenn jemand sich die Mühe machen würde, meine alten Weltenbastler-Forums-Posts alle zu lesen (oder wer sie noch in Erinnerung hat und weiss, wie ich früher drauf war), dann würde diese Person sicherlich wissen, dass ich viele Jahre lang durch verschiedene Mittel (das Brechen von Klischees um Innovation zu erreichen oder das Bekämpfen von diskriminierender Darstellung um Inklusion zu erreichen oder der Widerspruch gegen das Missverstehen des Geschichtenserzählens um mehr emotional wirksamere und einprägsamere Geschichten zu erreichen) schon immer eine Partisanin des "besseren" Weltenbastelns war. Wir können das zusammenfassend beschreiben als "wenn du Welten basteln willst, solltest du unterscheiden zwischen schlecht und gut und du solltest das Gute wollen und das Schlechte versuchen loszuwerden".

    Welten bieten -- genauso wie Geschichten und Medien im Allgemeinen -- viele Möglichkeiten, um coole Dinge zu erreichen. Es ist definitiv richtig, dass wir z.B. das Genre Fantasy (SciFi, Horror, Literatur) wegbewegen können von einseitigen Darstellungen anderer Menschengruppen und das wir dadurch etwas sehr lobenswertes tun können, und zwar neue Möglichkeiten aufzeigen, wie wir über andere Leute nachdenken können.

    Was allerdings nicht funktioniert, ist kreative Projekte als Vehikel zu verstehen, die sich alle auf einer Art Schiene oder Strassenseite befinden und sich deshalb alle in dieselbe Richtung des "Guten" oder "Qualitativen" bewegen müssten. Es gibt absolut ein Recht darauf, Schrott zu produzieren oder in der Kunst Unverantwortliches zu tun oder zu hinterfragen was eigentlich unverantwortlich ist (oder nicht).


    Ich bin kein Orakel, ich kann nicht vorhersehen, wo sich Weltenbasteln oder Geschichtenerzählen in Zukunft entwickeln wird. Ich bin auch keine Apologetin für menschenverachtende Ideologien, die mit einem breiten Kunstverständnis wirbt, damit Leute dann die Minderheiten durch Kleingeistigkeit schikanieren.

    Was ich allerdings ohne weiteres sagen kann, ist, dass Welten Othering betreiben dürfen. Es ist voll in Ordnung, dass zu kritisieren, zu verabscheuen oder mit Vorsicht zu geniessen. Aber Othering ist kein Verbrechen oder künstlerisches Tabu und sollte auch keines sein, auch wenn es meistens ziemlich unbedarft und künstlerisch aussagelos und belanglos ist und eben anderen Menschen auch schaden kann oder immerhin das Potenzial dazu hat.


    Ende von Teil 1. Es folgt Teil 2.

  • Teil 2:

    Fantasy und Sci-Fi und sogar realistische Literatur sind in Settings angesiedelt, die zu Unterhaltungszwecken gelesen werden. Um Unterhaltungsliteratur massentauglich zu machen, hat sich in den letzten Jahrzehnten etabliert, dass Autoren/Autorinnen/Autorex konsequent ein Setting beschreiben und nicht davon abweichen. Es werden zwar immer noch rhetorische Stilmittel eingesetzt, aber nicht mehr so, dass es den Unterhaltungswert ruinieren könnte. Die Stilmittel dienen also nicht zur Reflexion, ausser einer Reflexion durch die Welt. Ergo muss die Welt immerzu darauf analysiert werden, was ihre Aspekte reflektiv (also politisch, gesellschaftlich, etc.) bedeuten, weil die Kunst durch die Welt (oder Handlung) ihre Aussagen macht und Stil nur dekorativ ist bzw. Stil dazu dient, die Aussagen, die bereits durch die Handlung oder das Setting getroffen werden, literarisch zu unterstützen.


    Eine Diskussion zu Othering ist also eine Diskussion in diesem literarischen Kontext. Othering zu erkennen und abzulehnen ist sicherlich nicht falsch (es eröffnet neue kreative Potenziale, eben kein Othering zu betreiben und sich neuen Alternativen zuzuwenden, um im Genre neue Potenziale freizusetzen, die auch eine neue Sicht auf unsere Mitpersonen eröffnen können!). Aber wenn Othering von vornherein nicht in Ordnung ist (also pauschal abgelehnt wird) dann wohl deshalb, weil wir in einem Umfeld künstlerisch tätig sind, wo es als vollkommen normal gilt, dass unsere Welten oder Geschichten inhaltlich der Dreh- und Angelpunkt unserer Auseinandersetzung mit der Realität (also mit der Gesellschaft usw.) sind.


    So kommt es, dass unsere literarischen Kunstprojekte sich stilistisch nach der Welt (die wir erschaffen haben) richten, aber inhaltlich nach der Welt in der wir leben. [Nebenbemerkung: Das erklärt vielleicht auch den anti-woken Gegenwind: die wollen reine Unterhaltung, in der nur noch die Welt (und ihr Unterhaltungswert also z.B. der reaktionär gefärbte Pseudo-"Realismus") wichtig ist und die herausfordernden Inhalte (Kritik an Diskriminierung oder Umweltzerstörung oder Krieg, usw.) endlich weg sind. Anders gesagt, die haben sich vollkommen darauf eingelassen, von Literatur nicht herausgefordert zu werden und wollen den allerletzten Rest Herausforderung entfernen, damit endlich keine Kindheiten mehr ruiniert werden bzw. der Lesefluss nie wieder von irgendwas gestört wird und alles geniessbar wird also alles seichte Unterhaltung oder schonungslose Machtfantasie ist.]



    Also nochmal: unsere literarischen Kunstprojekte richten sich stilistisch nach der Welt (die wir erschaffen haben), aber inhaltlich nach der Welt in der wir leben.


    Eigentlich ginge es doch auch anders, z.B. umgekehrt: eine Kunst, in der die Welt in der wir leben (mit ihrem Othering z.B.) sich inhaltlich nach unzusammenhängenden oder ambigen oder nicht unterhaltsamen Einflüssen richtet und dadurch genug Reflektion anbietet, um stilistisch keine kohärente Welt zu haben, aber dafür irgendetwas Interessantes und Spannendes und Ethisches. Und es muss ja nicht umgekehrt gehen! Einfach nur zu erkennen, dass wir hier quasi in Schienen denken, ist bereits hilfreich, um sich noch weitere Alternativen zu überlegen!



    Was ich also damit meine das "Fantasywelten Othering betreiben dürfen" ist, dass Othering Tradition hat und das diese Struktur zu den Klischees und zum Grundrepertoire des Genres gehört, mit dem wir verantwortlich umgehen müssen, auf dessen Möglichkeiten wir aber zurückgreifen sollten. Mit "sollten" meine ich nicht jede Person, die Welten bastelt, sondern nur ein abstraktes "Wir", im Englischen ein "one" oder im Deutschen ein "man". Es ist ein "sollten" im Sinne eines Vorschlags, nicht im Sinn einer Regel.

    Denn dieses Grundrepertoire bietet einerseits ein Konfliktpotenzial, mit dem wir Othering kritisieren können (z.B. indem wir Othering bis zur Persiflage übertreiben und dadurch Leute darauf aufmerksam machen, dass mit Othering irgendwas nicht stimmt). Und andererseits gibt es Leute, die eben nicht das aller-ethischste Weltenbasteln aller Zeiten betreiben wollen, sondern eben irgendeine Idee kreativ ausdrücken wollen. Es gibt eben Leute, die mit Narnia aufgewachsen sind und Welten basteln, in denen "die Guten" andere Länder erobern oder Leute, die mit Tolkien aufgewachsen sind und gerne bioessentialistisch böse Orks hätten, die von den Helden gewissenlos abgeschlachtet werden, ob das nun der allgemeinen Inklusion in ihrem Hobby schadet oder nicht und ob das "realistisch überhaupt Sinn ergibt, dass alle Orks von grundauf böse sind" oder nicht. Wir müssen diese Leute nicht mögen oder ihre Kunst normalisieren, aber sie machen eben auch Kunst und das ist auch legitim, egal wie fragwürdig es ist, gerade von da Inspiration zu ziehen, wo es viele Leute gar nicht anspricht (oder vielleicht die falsche Art von Perspektiven anspricht).


    Im ursprünglichen Kommentar, auf den ich da reagiert habe, war die Nuance noch nicht vorhanden, dass wir z.B. nicht-weinende Menschen und nicht-weinende Elfen haben könnten. Mit anderen Worten, ich ging in meiner Antwort davon aus, dass die blosse Vorstellung von Elfen, die nicht weinen, als Othering und "nicht in Ordnung" abgelehnt wird. Und mein Eindruck ist, wenn wir auf diese Art und Weise allen nichtmenschlichen Wesen verbieten, sich auf bemerkbare Art und Weise von Menschen zu unterscheiden, weil wir das "nicht in Ordnung" fänden, dann setzen wir den Möglichkeiten in der Kreativität ziemlich heftige Schranken. Stell dir mal Nicht-Menschen vor, wenn die alle so sein müssen wie Menschen! Wenn Vulkanier fragwürdig sind, weil sie logischer sind als Menschen.

    Ich habe in letzter Zeit häufiger YouTube Videos gesehen, wo D&D GameMaster so denken. Wo sie beispielsweise vorschlagen, nie mehr Orks zu haben, die von grundauf böse sind, allerhöchstens Orks, die unter einer Diktatur leben. Ich finde den Ansatz nicht vollkommen verkehrt, ich mag dieses Umdenken in Fankreisen sehr. Ich will definitiv, dass der Mainstream erstmal Orks will, die in einer Diktatur leben und nicht Orks mit "degenerierten Blutlinien" oder wie auch immer. Aber ich finde es genauso nett, wenn das Hobby hier und da Nischen für degenerierte Blutlinien und ähnliches lässt. Tolkien hatte so eine Welt und ist dadurch noch längst nicht zu einem Unterstützer der "Rassenhygiene" geworden. Im Gegenteil, er war ein ausgesprochener Gegner dieser Denkart. In seinen letzten Jahren hat er sogar nachgedacht, ob manche Orkgruppen nicht gute Leute sind, die Mordor nicht zur Seite stehen... was aber total der Idee widerspricht, dass Orks die künstlerische Verkörperung der Unmenschlichkeit des Kriegs sind. Tolkien hatte da quasi zwei entgegengesetzte Ziele: einen Realismus, der erfordert, dass Orks eine Form von Person sind und also von der bösen Norm abweichende Persönlichkeit haben und eine Stilisierung des Kriegs durch Figuren, die das schlechte, das Krieg aus Menschen machen kann als Alptraumfiguren verdeutlichen. Während du einen Alptraum hast und von einem Monster verfolgt wirst denkst du auch nicht, hm, vielleicht hat das Monster einen netten Cousin oder ein nettes Zwillingsgeschwister und warum zeigt der Alptraum mir nicht die, anstatt mich mit einem stereotypen 1-dimensionalen Bösen zu konfrontieren? Wenn du also einen Alptraum zu Papier bringen willst, zeigen willst, was für ein Alptraum der Krieg ist, dann kannst du nicht viel Zeit darauf verwenden, den "Bestien des Kriegs" Nuance zu verleihen, sonst sind das gar keine Bestien, sondern nur fremdartige nicht-homo-sapiens/nicht-hominide Menschen. Leute wie wir. Personen, die vielleicht Aliens mit 20 Tentakeln und Quallenkörper sind die Singsang sprechen, aber eben nicht ein personifizierter Alptraum.

    Ergibt das Sinn? Ich hoffe es ist nachvollziehbar, was ich meine. Othering muss halt einfach manchmal betrieben werden, um bestimmte Dinge auszudrücken. "Diese Orks sind ein fleischgewordener Alptraum, aber lass mich dir von anderen Orks erzählen, die kein fleischgewordener Alptraum sind" hat halt einfach nicht die beabsichtigte Wirkung oder artistische Bedeutung. Da behandelt dich die Kunst wie ein Kind, dem jedes Mal von den Eltern bestätigt wird, dass diese oder jene Tatsache auch Wirklich stimmt und wirklich Geltung hat: "Ja mein Kind, obwohl die Orks hier böse sind, liegt das nur am Faschismus ihrer Gesellschaft und sie sind prinzipiell reformierbar, wie alle Personen." Das ist gut gemeint, bedeutet aber, dass den Leuten das Denken abgenommen wird. Die können quasi nicht rassistische Dinge lesen und dann selbst entscheiden, dass diese Dinge rassistisch waren -- sondern es muss das Werk verändert werden, damit es auch ja keine Werke gibt, in denen Leuten falsche Dinge beigebracht werden. In denen die Lektion verwerflich und verkehrt ist. Ich bin eine Erwachsene, ich lese auch gerne was schlecht für mich und Andere ist. Ich kann das aushalten. Ich habe Schlimmeres IRL erlebt, ihr müsst mir in euren Welten nicht das Händchen halten. Ich lese auch gerne Geschichten wo die Hunde nicht in den Himmel kommen. Ich habe auch schon Berserk gelesen. "Problematisch, dieses Berserk" werden manche Leute sagen. Tja. So ist das Leben und so ist die Kunst. Problematisch.

  • Verstehe ich da was falsch, aber für mich bedeutet Othering, jemand anders zu "other" zu erklären, der eigentlich gar nicht anders ist. Auf unserer Welt gibt es nunmal nur eine Art Menschen und alle Versuche der Wissenschaft, da etwas anderes zu beweisen, sind gescheitert, insbesondere auf intelektuell/emotionalem Gebiet (Der Durchschnittsmassai ist halt schon größer als der Durchschnitts Khoi/San).

    Aber viele Fantasy-Welten spielen ja gerade mit dem Konzept, dass es wirklich fundamental unterschiedliche intelligente "Arten" gibt (egal ob das jetzt Arten nach dem biologischen Begriff sind).

    Ich finde die Diskussion gerade ein bisschen strange. Othering ist böse, aber nicht dem Durchschnitt entsprechende Leute (neurodivers, LGBTx...) so zu behandeln, wie den Durchschnitt ist auch böse. Ich persönlich finde diese ganzen strikten Regeln doof. Lasst uns einfach alle Menschen menschlich behandeln und und so weit als möglich bemühen, die Gefühle anderer nicht zu verletzen.
    Das heißt nicht, dass man in Einzelfällen nicht darüber sprechen kann, dass es in dieser Situation nicht gut war, eine Person als "Other" zu behandeln, aber das kann man nicht über einen Kamm scheren. Ich hab leider gerade keine Zeit, das genauer auszuführen. Ich hoffe, ihr wisst, was ich sagen will. Ansonsten kann ich erst heute nachmittag mehr schreiben (hoffentlich, der Tagesplan ist schon ganz schön voll).

  • Quote

    Es gibt eben Leute, die mit Narnia aufgewachsen sind und Welten basteln, in denen "die Guten" andere Länder erobern oder Leute, die mit Tolkien aufgewachsen sind und gerne bioessentialistisch böse Orks hätten, die von den Helden gewissenlos abgeschlachtet werden, ob das nun der allgemeinen Inklusion in ihrem Hobby schadet oder nicht und ob das "realistisch überhaupt Sinn ergibt, dass alle Orks von grundauf böse sind" oder nicht. Wir müssen diese Leute nicht mögen oder ihre Kunst normalisieren, aber sie machen eben auch Kunst und das ist auch legitim, egal wie fragwürdig es ist, gerade von da Inspiration zu ziehen, wo es viele Leute gar nicht anspricht (oder vielleicht die falsche Art von Perspektiven anspricht).

    Ich fühle mich hier nicht bei dem "wir" mitgemeint, sondern eher bei den anderen Leuten %-) Dass es da fragwürdig ist, einfach nur Geschichten erzählen zu wollen, Abenteuergeschichten, ohne jedesmal philosophisch alle Hintergründe darzulegen... das finde ich schon eine sehr schwierige Bewertung. Ich halte auch nichts davon, Stereotype unreflektiert immer weiter zu reproduzieren und da gibt es ja auch eine große Bandbreite und kein schwarz/weiß, aber dass man damit gleich schlecht und dumm schreibt oder weltenbastelt... %-)

  • Ich esse manchmal Rohkostsalat und manchmal Schokolade. So kann man es beim Medienkonsum ja auch halten. Schokolade hat absolut seine Berechtigung und niemand kann NUR Rohkostsalat essen.

    Außerdem gibt es sogar Zwischendinge ...

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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