Noch so'n Oktoberding

  • 29. Uh-Oh


    Prinzessin Maracuja sitzt an ihrem Schreibtisch. Wir sehen die Einrichtung ihres Zimmers – das große Himmelbett, wie es wohl jede Prinzessin hat. Die Kiste mit Spielzeugen aus Kindertagen. Die andere Kiste, halb unter dem Bett und verschlossen, die wohl auch eine Spielzeugkiste ist. Die aufgestellten Bilderrahmen auf dem Schreibtisch, die von uns weg gedreht sind. Den halb offenen Kleiderschrank voller Exemplare des gleichen Kleides, das sie schon das ganze Spiel durch trägt. Das Bücherregal mit alt und neu aussehenden Bänden, darunter einem Buch, das sie in der Buchhandlung auf der Raketeninsel gekauft haben könnte, je nachdem wie wir uns entschieden haben. Den Schminktisch mit dem großen Spiegel und der Schmuckschatulle.

    Maracuja liest einen Brief, der vor ihr auf dem Schreibtisch liegt. Er ist von den Zwillingen und bringt die Prinzessin und uns auf den neuesten Stand, was die Inseln betrifft. Der genaue Inhalt ist natürlich ein wenig anders, je nachdem, wie wir uns entschieden haben.

    Prinzessin Maracuja hört auf zu lesen, als sie bemerkt, dass sich ihre rechte Hand langsam blau verfärbt. Wir sehen, wie die Haut nicht nur blau wird sondern auch die Fingernägel verschwinden und sich etwas von innen gegen die Haut der Handfläche drückt.

    „Uh-oh“, sagt Prinzessin Maracuja nervös aber nicht verängstigt. „Jetzt schon?“

    Und der Bildschirm wird schwarz.

  • 30. Gear


    Prinzessin Maracuja kann unterschiedliche Arten von Ausrüstung bei sich tragen. Salben heilen primär Zustände, können aber auch Leben oder Charme wieder auffüllen. Nahrung heilt füllt primär Leben und Charme auf, kann aber auch Zustände heilen.

    Schwerter machen bewaffnete Angriffe einfacher oder wirkungsvoller. Schuhe können dasselbe für unbewaffnete Angriffe tun und außerdem vor Verteidigungseffekten angegriffener Gegner schützen.

    Bücher enthalten wichtige Informationen und Hinweise, die sich jederzeit nachschlagen lassen.

    Schmuck wirkt sich auf Prinzessin Maracujas Spielwerte aus und gibt Sonderfähigkeiten.

    Es gibt einige Items, die aus der Reihe fallen, etwa die Krabbenstiefel, die als Schuhe getragen werden aber Sonderfähigkeiten verleihen.


    Ja, die Robolde haben Zahnräder und manchmal sieht man sie. Und dann sind da all die Zahnräder in ihren Häusern. Alles, vom Fenster bis zu Küchenspüle hat blinkende Lichter, elektrisches Summen und Zahnräder. In den beiden Fabriken sind Zahnräder überall. Manche ergeben Sinn, sie bewegen die Fließbänder oder Hämmer. Andere scheinen nur da zu sein, weil unbewegliche Plattformen zu einfach wären.

    Auch die Bahn, die die ganze Raketeninsel hinauf und hinunter fährt, ist über Zahnräder mit ihren Schienen verbunden.


    Die zwei kleinen Zahnräder sind ein Item (ja, sie zählen als eins), das man in den Fabriken finden kann. Sie alleine tun nichts, aber wenn man sie zum Juwelier auf der Kätzcheninsel bringt, kann der daraus Ohrringe machen, die Prinzessin Maracujas Geschick erhöhen (also das Zeitfenster für Angriffe vergrößern).


    Findet man auf der Schluchtinsel die Spirale, die zurück auf die Palminsel führt und benutzt sie, dann kommt man in den Tempel auf dem Zeigefinger der handförmigen Insel. Wie in jedem Tempel versperrt auch hier ein Wächterkonstrukt den Weg nach draußen. In diesem Fall ist es eine in den Boden eingebaute Uhr, die es zu überqueren gilt und die mit ihren schnell laufenden Zeigern angreift. Wie bei allen Wächterkonstrukten ist dieser Kampf nicht rundenbasiert sondern in Echtzeit. Und während man nur die Zeiger besiegen muss, kann man auch die durch Löcher im Boden sichtbaren Zahnräder angreifen. Sie sind wesentlich schwieriger zu zerstören, nur eins zu stoppen stoppt aber auch alle drei Zeiger.

  • 31. Farm


    Das neue Spiel beginnt mit der letzten Szene des ersten. Prinzessin Maracuja an ihrem Schreibtisch in ihrem Zimmer, all die Bilder aus dem ersten Spiel an der Pinnwand. Sie sieht auf ihre Hand und diesmal sehen wir aus ihrer Perspektive, wie sich die Hand verändert.

    „Uh-oh. Jetzt schon?“

    Das Bild schwankt und flackert, dann wird es dunkel.


    Prinzessin Maracuja erwacht. Sie liegt in einem flachen Erdloch. Sie steht auf und stellt fest, dass sie auf einem Feld ist. Um sie herum, in regelmäßigen Abständen, stehen blaue Stängel, gekrönt von … eher Trauben als Ähren. Tatsächlich hat jede Pflanze eine Fläche für sich, die so groß ist, wie das Loch. Und dieselbe Form hat.

    Sie sieht auf ihre Hände. Alles ist normal.

    Sie sieht sich um. Das Feld ist groß und darüber spannt sich … nein, kein Himmel. Eher eine hohe, dunkle Decke. Was da funkelt sind keine Sterne sondern kleine kristallene Einschlüsse in grob behauenen lila Steinen.

    Die Prinzessin sucht sich eine Richtung aus und geht los, bis sie auf eine Wand aus demselben lila Gestein stößt. Sie folgt dieser Wand. Einige Werkzeuge stehen herum – Schaufeln, Hacken, Schubkarren, Sensen. Die Hände ihrer Benutzer halten sie noch fest, doch der Rest dieser Wesen ist nicht auffindbar.

    Prinzessin Maracuja folgt der Wand, bis sie ein Gebäude aus Holz findet. Sein großes Tor ist halb offen, denn ein Torflügel liegt am Boden. Ein Traktor rostet vor sich hin, zwei Hände noch am Lenkrad. Grüne, dornige Ranken, an manchen Stellen dick wie die Reifen des Traktors, winden sich durch den Bau. Eine Leiter führt hoch zu einem Heuboden, doch die Ranken versperren den Weg.

    Direkt daneben ein Silo, gefüllt mit den blauen Früchten, doch zerquollen und verdorben. Ein kleiner Teich, daneben eine Angel mit zwei Händen. Neben ihnen, lange vertrocknet, ein Kugelfisch.

    Hinter der Scheune schließlich ist es, das Tor, das aus der riesigen Halle hinaus führt. Auch die Ranken kommen von dort und werden zu ihrer Quelle hin noch dicker.

    Prinzessin Maracuja tritt hindurch.

    Der Bildschirm wird dunkel, dann erscheint der Titel des neuen Spiels:

    „Prinzessin Maracuja und das Zerbrochene Labyrinth“

  • Erster Tag: Dream


    Willkommen. Willkommen zu ihrem Traumurlaub auf der Südkainomazischen Inselkette! Gelegen zwischen dem Lebenden Ozean und dem Neunzehnmeerozean bieten die vier Hauptinseln und ihre vielen Nebeninseln eine Vielzahl an Landschaften und Klimata.


    „Trauminsel“ ist nicht nur eine Phrase sondern bezieht sich auf die nördlichste der Hauptinseln, Mirasam, was in der Sprache der Rotkappen soviel heißt wie „Traum vom Meer“.

    (Auf älteren Karten findet sich noch der Name „Mirasark“, der ungefähr bedeutet „Alptraum vom Meer“. Das ist nicht aktuell.)


    Am einfachsten erreichen Sie Mirasam von der Hafenstadt Grobstein in den Unabhängigen Landen aus. Von hier fährt eine Fähre mehrmals täglich zwischen kleineren Inseln wie Manipul und Kanalabos hindurch zu Grobsteins Zwillingsstadt Grabstein auf Mirasam.


    Grabstein ist eine kleine Stadt, hat jedoch ein paar spannende Attraktionen, wie etwa den Leeren Friedhof, wo Grabsteine für auf See verschollene Inselbewohner an leeren, offenen Gräbern stehen (und ein paar älteren, die nicht leer oder offen sind, weil damals noch Stellvertreterbegräbnisse durchgeführt wurden um die Geister der Verschollenen zu beruhigen) und das Feld der Gesunkenen mit etwas kleineren Nachbauten aller von der Insel stammenden oder in der Nähe versunkenen Schiffe.


    Auf der Westseite der Insel finden sie einen langen Badestrand, der sanft in den meist warmen Lebenden Ozean übergeht. Da sich größere Raubtiere und Vampirriffe nur selten so nahe an die Küste begeben, können Sie hier gefahrlos schwimmen. Lassen Sie sich nicht stören von den gelegentlich starrenden Ozeanaugen oder dem bei Ebbe hörbaren Kichern der Lachenden Muscheln.

    Dass die Strandkörbe aus den Knochen großer Seeungeheuer gebaut sind, muss Sie nicht beunruhigen – diese Tiere wurden von den Inselbewohnern in früheren Zeiten gejagt, sie kommen nur sehr seltenen freiwillig hierher.


    Der ebenso wunderschöne Strand an der Ostseite eignet sich leider gar nicht zum Baden, liegt er doch am Eismeer, das fast immer wenigstens von einer dünnen Eisschicht bedeckt ist. Der hier stehende Leuchtturm erscheint entsprechend überflüssig, tatsächlich dient er ab und zu Eisbrechern zur Orientierung, die die kleine Stadt Nagelarg anfahren.

    Es schneit oft und es weht ein schneidender Wind, doch mit der richtigen Kleidung kann man wunderbar Strandspaziergänge machen oder Sandburgen (oder je nach Wetter auch Schneeburgen) bauen.


    Neben Grabstein und Nagelarg gibt es noch Kenterbart, das ehemalige Zentrum der Seeungeheuerjagd an der Südspitze der Insel.


    Überall auf Mirasam verteil finden sich kleine, gemütliche Hotels in denen sie Zimmer bekommen können, die entweder Meerblick oder eines der inseltypischen, extrem realistischen Meeresgemälde haben. Träume vom Meer sind quasi garantiert.

    (Träume von Schiffsunglücken und Seeungeheuern können vorkommen.)

  • Zweiter Tag: Spiders


    Nicht alle Inseln der Inselkette liegen am Eismeer. Weiter südlich geht das Eismeer über in das Regenbogenmeer. Seinen Namen hat es von seiner ungewöhnlich unregelmäßigen Oberfläche, die Sonnenlicht bricht und reflektiert, sodass es in allen Regenbogenfarben schimmert.


    Das Regenbogenmeer umschmeichelt die Hauptinseln Sylz und Sliket an der östlichen Seite und schirmt diese ab von der eisigen Strömung aus dem Eismeer, die deshalb stattdessen zwischen Varum und Sylz hindurch in den Lebenden Ozean strömt.


    Die Galerie Prisma auf Sliket, von der niemand beweisen kann, dass die Zahnlarvenfamilie Quapp sie für Geldwäsche verwendet, egal was Sie so hören mögen, verkauft Bilder lokaler Künstler, die vom Regenbogenmeer inspiriert sind. In der Künstlerkommune Regenblick können Sie sich sogar selbst daran versuchen, mit Blick auf das Regenbogenmeer Kunst zu erschaffen. (Es handelt sich hierbei ausdrücklich nicht um eine Sekte.)


    Es ist Ihnen möglich sowohl auf Sylz als auch Sliket Bootsausflüge zu buchen, die auf das Regenbogenmeer hinausgehen. Seegang gibt es hier kaum und keinerlei Raubfische, Seeschlangen oder Wale. Die Aussicht ist atemberaubend, besonders bei Sonnenuntergang, wenn das ganze Meer von lodernden Flammen bedeckt zu sein scheint.


    Auf dem Regenbogenmeer fahren nur Segelboote, da Ruder in diesem ungewöhnlichen Meer wenig ausrichten. Auch das Steuern ist nur durch Segel möglich. Aber natürlich sind alle Ausflugsleiter, meist Stranddämonen oder Küstenhalblinge, gut ausgebildete Segler und nur sehr wenige Boote sind je auf dem Regenbogenmeer verschollen.


    Auch die Strände am Regenbogenmeer sind angenehm warm und sonnig, aus besonders feinem Sand in dem man nur selten noch komplette Exoskelette von Gliedertieren findet. Anders als an vielen Küsten ist die Luft eher trocken, was natürlich auf Sliket durch die vielen Kanäle abgemildert wird.


    Während Sie leider nicht im Regenbogenmeer schwimmen können, eignet es sich gut um am flachen Ufer durch die Wellen zu waten, ohne Gefahr zu laufen, auf spitze Muschelschalen, Seeigel oder giftige Quallen zu treten. Nur bei wenigen Leuten führt das zu leichten Ausschlägen.


    Eine weitere Attraktion der Strände sind Stände an denen die Regenbogenfischer ihre frischen Fänge vor Ihren Augen frittieren. Sollte Ihnen das nicht zusagen, so sind meist auch andere Zubereitungsarten möglich.


    Krappmöwen kommen gern hierher, aber nicht um zu bleiben. Sie versuchen, aus Gründen, die nur sie selbst kennen, das Regenbogenmeer in einem großen Bogen zu überqueren, von Sylz nach Sliket oder umgekehrt. Nur wenige schwache Exemplare müssen dabei auf dem Meer zwischenlanden, wobei sie feststellen, dass sie dort nicht schwimmen können und sich entweder wieder in die Luft erheben oder untergehen.


    Wenn Sie sich doch einmal in und nicht nur auf das Regenbogenmeer begeben wollen, dann ist das in den auf Sylz angebotenen Meeresbodenwanderungen möglich. Sie tragen dabei klobige Taucheranzüge, die durch lange Schläuche mit Luft versorgt werden und bewegen sich durch Seile verbunden in einer langen Schlange.

    Viel gibt es dabei nicht zu sehen, blicken Sie aber nach oben, dann können Sie oft ein geradezu hypnotisches Spiel von Licht und Schatten genießen.


    Aus rechtlichen Gründen sind wir gezwungen darauf hinzuweisen, dass das Regenbogenmeer nicht aus Wasser, sondern aus Billionen kleiner Spinnen besteht.

  • Dritter Tag: Path


    Sie können den Weg von Grobstein nach Grabstein (und andersherum) auch zu Fuß zurücklegen.

    Bei Niedrigwasser zeigt sich der sogenannte Pfad der Kopflosen, der durch kopflose Statuen markiert ist. Die Legende besagt, als die Bewohner von Mirasark, wie die Insel damals noch hieß, den Pfad markierten, hatten die Statuen noch Köpfe. Damit waren sie aber zu groß und auch bei zu hohem Wasserstand noch sichtbar und einige ahnungslose Festlandbewohner wateten zu ungünstigen Zeiten ins Meer und wurden von den Gezeiten fortgerissen. Deshalb mussten alle Köpfe entfernt werden. Das leicht unheimliche Aussehen der Figuren hat also einen ganz simplen praktischen Grund.


    Der Pfad der Kopflosen führt über drei der kleineren Inseln. Auf wenigstens zwei sollten Sie Rast machen und die nächste Ebbe abwarten, sonst wird ihnen die Durchquerung nicht gelingen.


    Die erste dieser Inseln (wenn Sie von Grobstein kommen) ist Manipul. Hier können Sie im örtlichen Pfadwächterhaus unterkommen, das von Handdämonen betrieben wird.

    (Handdämonen besitzen keine außergewöhnlichen Hände, ihr Name kommt von ihren handähnlichen Zungen.)

    Über Nacht werden an der Ostküste der Insel oft seltsam geformte Eisbrocken angeschwemmt. Manchmal sind sie perfekte Kugeln oder Trapezoeder, andere Male gleichen sie Hummern oder buckelnden Katzen. Natürlich bestehen diese Kunstwerke der Natur nur aus gefrorenem Wasser und Sie können sie nicht mit nach Hause nehmen.


    Von hier führt der Pfad der Kopflosen zwischen einigen Sandbänken hindurch, die den Südkainomazischen Langmaulrobben (umgangssprachlich auch Seegaviale genannt) als Schlafstätten dienen. Die Tiere sind weitestgehend friedlich und werden Sie nicht angreifen, wenn Sie Abstand halten. Mit etwas Glück bekommen sie zu sehen, wie eine Langmaulrobbenmutter ihre Jungen mit lebenden Lehrertintenfischen füttert, die dabei ihre rote Tinte verspritzen und Geräusche von sich geben, die wie Schmerzensschreie klingen.


    Die zweite Insel auf dem Pfad ist die Schleiminsel. Der Name dieser Insel kommt vom Schleim, den die südkainomazische Amphibienschnecke hinterlässt, wenn sie bei Flut auf die Insel kommt.

    Hier gibt es keine Gebäude, wenn Sie übernachten wollen sollten Sie Zelte mitbringen. Der Boden ist rutschig oder klebrig, je nachdem wie frisch der Schleim ist und sollten Sie wirklich die Hochwasserphase auf der Insel verbringen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn sie von Schnecken überrollt werden. Natürlich sind Amphibienschnecken vollkommen harmlos und ihr Schleim ist sogar gut für die Haut. Er ist allerdings schwer aus den Haaren zu bekommen.


    Die letzte Insel auf dem Pfad ist natürlich Skraaak, die Insel auf der der Grüne Leuchtturm steht, in dem noch jeder Leuchtturmwärter seinen Verstand verloren haben soll (was natürlich nur ein Gerücht ist). Das grüne Licht, das er ausstrahlt, kommt daher, dass als Leuchtfeuer eine alchemistische Leuchtflüssigkeit verwendet wird, die eben zufällig grün ist. Entgegen anderslautenden Behauptungen hat das grüne Leuchtfeuer nichts mit einem Höllenpakt oder versklavten Seelen Ertrunkener zu tun.

    Auch hier kann übernachtet werden, die breite Basis des pyramidenartigen Turms verfügt über mietbare Gästezimmer.


    Der Pfad erreicht schließlich Grabstein in der Nähe des Hafens am dünigen Nordstrand, wo heutzutage natürlich keine Strandpiraten mehr auf die Besucher lauern.


    Eine Warnung sei angebracht: Es gibt gelegentlich Sichtungen von kopflosen Statuen, die sich bewegen und sogar gehen. Dabei handelt es sich ohne Zweifel lediglich um verkleidete Witzbolde, die mögliche Folgen nicht bedacht haben. Die echten kopflosen Statuen stehen seit Jahrhunderten an ihren Plätzen und haben sich noch nie bewegt.

  • Vierter Tag: Dodge


    Während Sie auf Mirasam sind, sollten sie sich auf jeden Fall ein Flumballspiel ansehen. Flumball wird erst seit einigen Jahren auf der Insel gespielt, das aber mit großer Leidenschaft. Hierbei geht es im Wesentlichen darum, einen Flumbie, also einen domestizierten süddeltaländischen Sumpffellball, mit einem Schläger in ein Tor zu befördern.


    Da der Flumbie den nahenden Aufprall spürt und seine Masse anpasst, wird er dabei nicht verletzt. Diese Eigenschaft gibt ihm auch seine besonderen Flugeigenschaften – je härter man schlägt, desto leichter wird er und desto langsamer und ungenauer fliegt er daher.


    Obwohl das Spiel in der Schwarzsteinstadt erfunden wurde und nur dort und auf Mirasam gespielt wird, gibt es ganze fünf professionelle Flumballmannschaften auf der Insel. Gespielt wird Flumball auf Mirasam immer auf freiem Feld, manchmal am Strand. Obwohl einige Schulen der Insel über Sporthallen verfügen, werden diese niemals für Flumball genutzt. Anders als in der Schwarzsteinstadt wird das Spiel nämlich hier ohne begrenztes Spielfeld gespielt. Wo immer der Flumbie hinfliegt, da geht es weiter. Deshalb gibt es in der näheren Umgebung auch keine Hindernisse wie Stühle oder Strandkörbe.


    Entsprechend müssen Zuschauer stehen. Dennoch ist ein Besuch nur zu empfehlen. Die Begeisterung der Mirasamer für das Spiel ist mitreißend und ihre Fähigkeiten sind beeindruckend.

    Sie sollten allerdings aufpassen. Wenn der Flumbie in Ihre Richtung fliegt oder rollt, versuchen Sie nicht, ihn zu fangen. Weichen Sie aus. Sobald der Flumbie Sie berührt, sind Sie Teil des Spiels.


    Sollten Sie doch mit dem Flumbie in Berührung kommen, dann ist das ein Punkt für die Mannschaft, die den Flumbie nicht zuletzt geworfen oder geschlagen hat. Sie müssen nun entweder für diese Mannschaft spielen, oder unbeweglich an dieser Stelle stehen bleiben und als sekundäres Tor dienen.


    Es soll schon vorgekommen sein, dass sich Flumballspiele auf mehrere Quadratkilometer ausgedehnt haben, mit Mannschaften von zwanzig Spielern. Und fünf sekundären Toren.


    Es lohnt sich auch, den Sport selbst zu erlernen. Jede der Mannschaften organisiert Trainingsstunden für Besucher, an denen Sie kostenlos teilnehmen können.


    Eine andere beliebte Sportart ist das Eiskugelwerfen, wozu an kalten Tagen Kugeln aus der Eisdecke des Eismeeres geschnitzt werden. Diese Kugeln werden dann in möglichst wenigen Würfen bis zum gegenüberliegenden Strand der Insel befördert.

    Auch diesen Kugeln sollten Sie im Zweifelsfall besser ausweichen.


    [Zum Verständnis hilft es, sich die WBO 2021 anzusehen, Kategorie Lebewesen, Beitrag "Flumbies.]

  • Fünfter Tag: Map


    Es ist immer praktisch, eine Karte des Ortes zu haben, an dem man Urlaub macht. Eine gute Karte bekommen Sie eigentlich überall auf den Inseln und auch in Grobstein. Wir haben natürlich ebenfalls eine.



    Wie Sie sehen können ist sie äußerst detailliert und komplett fertiggestellt (wenn sie die aktuellste Version dieser Broschüre besitzen).


    Natürlich können Sie auch überall Karten der einzelnen Inseln erwerben. Besonders auf Varum, das immer noch als Piratennest verschrien ist, gibt es sehr gute Kartenmacher, die all Ihre Bedürfnisse auf diesem Gebiet erfüllen können. Geografische, politische, meteorologische und astronomische Karten sind alle kein Problem für diese Profis. Auch Schatzkarten finden sich auf Varum zuhauf und natürlich hat diese felsige Insel auch genug Nischen und Höhlen um den einen oder anderen Schatz zu verstecken. Tatsächlich auf einen zu stoßen ist aber unwahrscheinlich – zwar haben Piraten ihre Beute hier versteckt, aber meist haben sie sie natürlich später selbst wieder abgeholt oder jemand anderes hat sie mit Hilfe ihrer Karten gefunden.


    Aber das ist auch besser so. Ich meine, wollen Sie denn wirklich den Schatz eines gefürchteten Piraten wie Ra van Darf oder Hanz Schrecklich finden? Womöglich für immer von dessen Geist verfolgt werden? Oder von den Nachfahren seiner Mannschaft, die finden, dass ihnen der Schatz zusteht? Oder von der Steuerbehörde von Sliket? Es gibt Geschichten über die Finder solcher Schätze, deren Überreste man später in den Varumer Krabbengrotten fand, wo sich die blinden Albinokrabben daran gütlich taten.

    Aber wie gesagt wird Ihnen das wahrscheinlich nicht passieren.

  • Sechster Tag: Golden


    Warnung: Tierquälerei


    Wenn Sie die Insel Varum besuchen, sollten Sie sich auf keinen Fall einen Besuch im Goldenen Entermesser entgehen lassen. Benannt nach der Lieblingswaffe des gefürchteten Piratenkapitäns Ra van Darf ist dieses Restaurant in der Form seinem Schiff nachempfunden (das ebenfalls Goldenes Entermesser hieß, aber wenn das Restaurant danach benannt wäre, wäre es ja die Goldenes Entermesser und nicht das Goldene Entermesser) und angeblich tatsächlich seetüchtig, was aber keine Rolle spielt, da es fest auf einer der Klippen der Insel sitzt.

    Tische gibt es an Deck, in der Messe und im Laderaum, die Kellner sind als Piraten verkleidet und einige von ihnen sind sogar echte Rotkappen, deren Mützen aber natürlich nicht mit dem Blut überfallener Händler sondern dem in der Küche verarbeiteter Tiere gefärbt ist.


    Über dem Zweimaster aus dem roten Holz der Herzbuche weht van Darfs Flagge, das auf einem Entermesser aufgespießte Gehirn auf schwarzem Stoff, die Segel sind authentisch mit Flicken aus Kugelfischhaut repariert und auch die äußerst fragwürdige Galionsfigur wurde exakt nachgebildet.


    Aber natürlich hat das Goldene Entermesser nicht nur oberflächliche Qualitäten. In der Küche werden Spezialitäten der Insel frisch zubereitet von Chefkoch Choch Choch Chichech, dem einbeinigen Klabauter.


    Fische, Muscheln, Krabben und Seevögel werden lebend angeliefert um die korrekte Schlachtung zu garantieren, Kräuter und Früchte kommen aus Höhlengärten der Insel oder werden auf kürzestem Weg von Inseln des Lebenden Ozeans geliefert.


    Die traditionelle Karte umfasst Aalhirn im Teigmantel, komplett frittierten Teppichfisch, Zahnradkrabbe an Möwenblutsauce und Seetangsalat mit knusprig gebratenen Fischköpfen.

    Dazu gibt es natürlich das gefürchtete Aalbier, das nur die härtsten Piraten zu trinken wagten.


    Nicht auf der Karte aber auf Anfrage gibt es teurere Spezialitäten. Gesottenen Anglerfisch, Roten Dornaal, mit Möwenfleisch gefüllte Möwenschlange und einiges Meer (mehr).

    Kugelfisch wird grundsätzlich nicht serviert, obwohl er für Klabauter vollkommen harmlos ist.


    Ein Gericht, das man tatsächlich nur hier bestellen kann, ist Goldene Zungenkrabbe an Tintenfischtintensoße. Kein anderes Restaurant wagt es, diese große Krabbe lebend anliefern zu lassen, was aber für die Genießbarkeit unabdingbar ist.

    Die drei zungenartigen Mundtentakel der Krabbe werden bei lebendigem Leib abgetrennt und zu rohem Krabbensalat zerschnitten. Das Tier wird dann vorsichtig aufgesägt und ein stark erhitzter Stein in seinem Inneren platziert, um es lebend von innen nach außen zu kochen.

    Die fertige Krabbe wird auf den erwähnten Salat gebettet und mit der Soße aus Tintenfischtinte, Krabbenblut und ein bisschen Knoblauch übergossen.

    Die Scheren werden abgetrennt und separat gekocht. Anschließend werden sie von ihrem Exoskelett befreit und mit Blattgold beschichtet wieder an die Krabbe angefügt. Das ist nötig, weil der Scherenpanzer ohne schweres Gerät kaum zu knacken ist.


    Gerüchte sprechen von einer Goldenen Karte auf der angeblich geschützte Tiere oder gar kulturschaffende Meereswesen stehen sollen. Spezielle Kunden, meist reiche Zahnlarven von Sliket, sollen diese Karten erhalten um ihren dekadenten Genüssen frönen zu können.

    Das kann aber unmöglich wahr sein, da die Behörden von Varum natürlich ein Auge auf alle Lieferungen haben, die die Restaurants erhalten.

    Und die Behörden dieser ehemaligen Pirateninsel sind natürlich unbestechlich.

  • Siebter Tag: Drip


    Unter den vielen Höhlen von Varum sind natürlich mehrere Tropfsteinhöhlen. Die größte und bekannteste von ihnen ist ohne Zweifel die Weiße Grotte. Sie besteht aus einem schmutzig-weißen Gestein und auch die Flüssigkeit, die von den Stalaktiten auf die Stalagmiten hinab tropft ist milchig weiß. Die Grotte ist einer der wenigen Brutplätze der Salzwasserminigatoren, die ihre Eier in den tiefer liegenden Teilen um die Stalagmiten auf den immer nassen Höhlenboden legen.

    Interessanterweise sind diese Höhlenteiche warm, obwohl es keine erkennbare Wärmequelle gibt.


    Die Öffnung, die die Grotte mit dem Lebenden Ozean verbindet, ist niedrig, nur flache Ruderboote und die größtenteils unter Wasser schwimmenden Fassschiffe der Rotkappen können sie nutzen.

    Wohl aus diesem Grund findet sich hier ein altes Versteck von Rotkappenpiraten, das unter anderem von der gefürchteten Piratenkönigin Kis Kaman Krikas genutzt wurde. Hier trafen sich Rotkappen, Rotstreifdelphine und Klabauter um gemeinsame Kaperfahrten zu planen.


    Es gibt Geschichten darüber, dass die Piraten die beständig von den Stalaktiten tropfende Flüssigkeit auch für Wasserfolter gebrauchten. Irgendjemand kam außerdem auf die Idee, daraus einen Schnaps zu brennen, der als „Höhlenfeuer“ bekannt wurde.


    Heute können Sie die Weiße Grotte durch einen Eingang an Land betreten (es kostet auch nicht allzu viel Eintritt) und eine in den Stein gemeißelte Treppe hinabsteigen. Die alte Einrichtung der Piraten ist mehr oder weniger noch erhalten, ein regelmäßig gewartetes Fassschiff steht für Ihre Besichtigung bereit.

    (Abhängig von Ihrer Körpergröße könnten Sie aber natürlich Schwierigkeiten haben, sich in einem von Zwergen für Zwerge gebauten Schiff zu bewegen.)

    Hierbei handelt es sich noch um ein älteres Modell, das zwar sehr tief im Wasser liegt, aber nicht tauchen kann.


    Rotkappenpiraten nutzten diese Schiffe, die wie übergroße umgekippte Holzfässer aussehen, um sich unbemerkt an ihre Beute anzuschleichen, sie manchmal sogar zu rammen. Dabei befand sich nur ein kleiner Teil des Schiffs über der Wasseroberfläche.

    Natürlich fingen Schiffsbesatzungen an, nach verdächtigem im Wasser schwimmendem Holz Ausschau zu halten, aber das kleine Stück des Schiffs, das zu sehen war, ließ sich leicht als treibender Seetang oder großer Fisch tarnen.

    Die in der Grotte arbeitenden Rotkappen können Ihnen darüber selbstverständlich mehr erzählen.


    Schätze, die in der Grotte geborgen wurden, finden Sie stattdessen im Piratenmuseum. Darunter ist zum Beispiel Kis Kaman Krikas’ persönliches Siegel, mit dem Sie Drohbriefe an die Herrscher des Festlandes unterschrieb, wobei sie anstelle von Tinte selbstverständlich Blut verwendete.


    Die tiefer liegenden Teile der Grotte zu betreten ist nicht erlaubt, nicht nur weil schon Besucher auf dem nassen Boden ausgerutscht und mit dem Gesicht voran in die Stalagmiten gefallen sind sondern auch weil Minigatoren heutzutage unter Naturschutz stehen.


    Wir sind rechtlich verpflichtet zu erwähnen, dass neuere Untersuchungen erklären, woher die weiße Farbe der Flüssigkeit, der Tropfsteine und der ganzen Höhle kommt. Abgesehen von den Steinen, die von umliegenden Erhöhungen hinab rutschen und heute die oberste Schicht bilden, besteht dieses ganze Kliff offenbar aus einer Mischung aus verschiedenen Mineralien und hauptsächlich aus teilweise über tausend Jahre altem Möwenkot.

    Wird der getrocknete Kot im Wasser gelöst, beginnen Mikroorganismen ihn zu zersetzen, was die Wärme erzeugt, die die Minigatoren für ihre Eier benötigen.

    Höhlenfeuer wird trotzdem weiterhin verkauft.

    Es gab Bestrebungen, den Möwenkot abzubauen und als Dünger zu verwenden, da die Grotte aber unter Naturschutz steht, wurden entsprechende Anträge immer abgelehnt.

    Immer wieder wird das Eingangsschild der Weißen Grotte von Vandalen verunstaltet, die das W durch ein Sch ersetzen. Lassen Sie sich aber bitte nicht abschrecken, der Kot ist geruchlos und nach so langer Zeit auch gesundheitlich unbedenklich, solange Sie nicht gerade literweise Grottenwasser trinken.

  • Achter Tag: Toad


    Eine der kleineren Inseln, gelegen zwischen Mirasam und Varum, ist schlicht bekannt als die Kröte. Warum das so ist, können Sie leicht auf unserer Karte erkennen (vorausgesetzt sie ist fertig, wenn diese Broschüre erscheint), hat sie doch ziemlich eindeutig die Form eines Froschlurches.

    Die hügelige Oberfläche, die an Warzen erinnert, hat ihr übriges getan.


    Es gibt mehrere Legenden, nach denen die Kröte tatsächlich eine riesige Kröte ist, die in Stein verwandelt wurde. Einige sagen, sie war ein Ungeheuer, das die Inseln bedrohte und das ein mutiger Held besiegte und versteinerte. Andere erzählen, sie war der Diener eines Gottes und enttäuschte diesen. Und wieder andere behaupten, die Kröte war eine böse Zauberin und wurde durch einen fehlerhaften Zauber zu Stein.

    In Wirklichkeit ist die Form aber wohl Zufall, jedenfalls gibt es unter dem Meeresspiegel keinen Bruch zwischen der Kröte und dem Sockel der Insel.


    Da sie weit genug westlich liegt, grenzt die Kröte nicht mehr direkt ans Eismeer sondern ist gänzlich von flüssigem Wasser umgeben. Dennoch ist es kalt genug, das um sie herum Trichromaustern siedeln, deren verschiedenfarbige Perlen beliebte Schmucksteine sind.

    Sie können die Perlen direkt von den Perlentauchern auf der Kröte, hauptsächlich Küstenhalblingen, kaufen, aber es gibt sie auch sonst überall auf der Inselkette.


    Im Maul der Kröte, einer Grotte, die sich nach Westen öffnet, ist das Wasser wärmer als an den anderen Seiten. Dennoch ist Baden dort nicht erlaubt, denn hier befindet sich das Laichgebiet der Klabauter, die ihre Siedlung noch ein Stück weiter westlich haben.

    Anders als früher ertränken die Klabauter nicht mehr jeden Eindringling, sie könnten Sie aber verklagen.

    Junge Klabauter verbringen in der geschützten Grotte ihr Ei- und Larvenstadium, versorgt und bewacht von ausgebildeten Kinderpflegekräften, die natürlich auch Klabauter sind. Dank eines Schutznetzes vor dem Eingang kommt es so gut wie nie vor, dass eine Larve von einem Raubtier gefressen wird.

    (Die Larven selbst fressen allerdings manchmal Eier. Das lässt sich nicht immer verhindern.)


    Wenn Sie übrigens echte Kröten sehen wollen, können Sie die in großer Zahl an den östlichen Stränden von Sylz und Sliket finden. Die Fliegenpilzkröten, die wegen ihres rotweißen Warnmusters so heißen, lauern hier darauf, dass Regenbogenspinnen von der schützenden Masse des Regenbogenmeers getrennt werden und einzeln oder in kleinen Gruppen am Strand liegen, was ständig geschieht.


    Die Kröten sind nicht geschützt, aber Eigentum der Inseln. Wenn Sie mehr als zwei einpacken, wird jemand Sie darauf ansprechen und Sie nachdrücklich bitten, sie wieder freizulassen.

    Auf Sylz werden Fliegenpilzkröten in keiner Weise genutzt, sie sind giftig und ihre Haut gibt kein gutes Leder ab.

    Auf Sliket hingegen ist man gerade an ihrem Gift interessiert, hat es doch halluzinogene Eigenschaften. Die Zahnlarven verwenden Fliegenpilzkröten daher als Drogen. Viele lecken nur an ihnen, doch ausreichend große Zahnlarven, die viel Gift vertragen, essen schon mal ein Stück oder auch eine ganze Kröte.


    Sollten Sie nicht selbst eine Zahnlarve oder ein Klabauter sein, dann raten wir Ihnen von beidem dringend ab.

  • Neunter Tag: Bounce


    Eine weitere Insel zwischen Mirasam und Varum ist Laei, auch als Gummiinsel bezeichnet.

    Diesen Namen verdankt die Insel dem Umstand, dass sie zu einem großen Teil aus Gummistein besteht. Dieses elastische Material, das nur an wenigen Orten gefunden werden kann, ist an manchen Stellen sogar so dicht, dass ein aus nur einem Meter Höhe fallendes Objekt nach dem Aufprall bis zu drei Meter hoch springt.

    Wie man sich denken kann, ist Laei gerade bei Kindern sehr beliebt.

    Der Gummistein von Laei ist unrein und daher eher bröselig, er eignet sich also wenig zur Verarbeitung. Aus diesem Grund ist die Insel, im Gegensatz zu vielen anderen Gummisteinlagerstätten, immer noch vorhanden.

    Eine interessante Nutzung für die Insel fanden einige Piraten - als Strafe für diverse Verfehlungen wurden Mannschaftsmitglieder mit gefesselten Gliedmaßen direkt vom Schiff auf die Insel geworfen, wo sie eine Weile unkontrolliert herumhüpften und sich dabei an den auf der Insel natürlich auch existierenden festen Steinen Schrammen und blaue Flecke, wenn nicht Schlimmeres holten.


    Die Vegetation auf Laei ist karg, es gibt aber einige große Strandgrumen, die sich den elastischen Boden zunutze machen. Wenn zur Erntezeit die Grumeln reif sind, fallen sie von den Bäumen und hüpfen über die ganze Insel. Auf diese Art können sie nichtnur an der Stelle, an der die Strandgrume steht ins Meer fallen, sondern an jeder Seite und damit jede der Strömungen erreichen. Natürlich kommen auch einige Grumeln auf der Insel zum Liegen, meist weit genug entfernt von anderen Bäumen um selbst die maximale Größe zu erreichen.

    Natürlich gibt es da eine Limitierung. Ab einem gewissen Gewicht fangen die Strandgrumen an, sich zu neigen und an einem gewissen Punkt fallen sie auch einfach um. Dabei reißen sie natürlich eine ganze Menge Gummistein aus dem Boden, was die auf Laei herum liegenden losen Gummisteinbrocken erklärt.


    Die Gummisteinbrocken haben gute Sprungeigenschaften, sind aber, wie schön erwähnt, brüchig und halten daher nicht allzu lange.


    Ein Tier, das man häufig auf Laei findet, ist die amphibische Koboldmuschel. Diese Muschel kann mit ihrem Fuß ohnehin schon springen, begibt sich aber gerne auf den Gummistein um noch höher und weiter zu kommen. Da sich die Muschel nur im Wasser ernähren kann, bleibt allerdings fraglich, was eigentlich das Ziel dabei ist.


    Ein anderes Tier ist die Bohrschnecke, eine Meeresschnecke, die die Brüchigkeit des Gummisteins nutzt, um unter dem Wasserspiegel Höhlen hineinzubohren. Die Tunnel der Bohrschnecke reichen weit unter das Inselinnere, ob es Tunnel gibt, die gegenüberliegende Seiten verbinden, ist aber unklar.


    Und natürlich findet man auch hier im Sommer einige Krappmöwen, die sinnlos herumhüpfen und sich meistens dabei verletzen.


    Gummisteinbrocken von Laei kann man auch auf den größeren Inseln kaufen. Sie erfüllen, wie gesagt, nicht wirklich einen Zweck. Manche Künstler beschnitzen sie, wobei aber oft mehr abbricht, als geplant. Wenn Sie aber vorhaben, mit dem Gummistein absolut nichts zu tun und ihn lediglich als Souvenir zu behalten, können wir ihn durchaus empfehlen.

  • Zehnter Tag: Fortune


    Eine der reichsten Leute von Südwestkainomaz kommen regelmäßig auf die Inselkette oder leben sogar dauerhaft dort. Die Gründe dafür sind vielfältig. In früheren Zeiten war es oft Flucht vor dem Gesetz des Festlandes. Heutzutage machen die meisten einfach Urlaub, so wie Sie.


    Die nördlichen Inseln, Mirasam und Varum, haben ein raues aber sehr gesundes Klima, die südlichste Insel, Sliket ist ein tropisches Strandparadies.

    Dazu gibt es angemessen teure Ort, wie das Kurbad Fraglos auf Mirasam, das Goldene Entermesser auf Varum und das Blaue Casino und die Galerie Prisma auf Sliket. Ganz zu schweigen von den auf allen Inseln existierenden Golfplätzen.


    Dann gibt es natürlich Leute, die auf den Inseln reich geworden sind. Flumballprofis, Perlentaucherbosse (nicht die Perlentaucher selbst), ehemalige Piraten, den Metzgerkönig, und die Oberhäupter der Zahnlarvenfamilien.


    Ein Besonderes Beispiel ist Jadas Habichdan, der Bürgermeister von Kenterbart. Der Nyk kam nach Mirasam in der Absicht, einen politischen Posten zu übernehmen, weil ihm das in der Schwarzsteinstadt nicht gelang. Beeindruckt von seiner nykischen Politikerausbildung wählte die Bevölkerung von Kenterbart ihn bei erster Gelegenheit.

    Seitdem ist Jadas Habichdan jedes Mal wiedergewählt worden, weil er wirklich eine Sache besser macht als alle bisherigen Bürgermeister von Kenterbart – er tut absolut nichts.


    Habichdan delegiert die alltägliche Verwaltungsarbeit an Beamte und tut selbst nur das absolut nötigste. Obwohl er einige Befugnisse hat, übt er seine Macht nie aus.

    Nach Bürgermeistern, die Gefälligkeiten verkauft, Bestechungsgelder von Schmugglern angenommen und in einem Fall einen Piratenüberfall auf die eigenen Stadt inszeniert haben, kommt das sehr gut an.

    Dennoch ist Habichdan überraschend reich geworden, ganz einfach indem er ständig Geschenke erhalten hat, einfach als Dank dafür, dass er keinen Blödsinn anstellt.

    Die Geschenke investierte er in Hotels und Ferienwohnungen, die bis heute Gewinn abwerfen.

    Einige seiner Konkurrenten bereuen die Geschenke inzwischen.


    Ein anderes Beispiel ist Griftine, die ehemalige Piratin und heute die reichste Frau von Varum. Sie begann wie die meisten Piraten damit, Handelsschiffe und Küstensiedlungen zu überfallen und gab einen großen Teil der Beute wieder aus für Mannschaft, Proviant, Schiffsreparaturen und Munition und natürlich auch ihr eigenes Vergnügen.

    Eines Tages aber überfiel sie ein Schreibschiff der Mephistosaurier und erbeutete einen ganzen Haufen brandneuer Manuskripte bekannter Schriftsteller. Indem sie diese unter der Hand an Verlage verkaufte, machte sie ein Vermögen von dem andere Piraten nur träumen konnten.

    Sie ließ sich damit auf Varum nieder und zog sich aus der Piraterie zurück.

    Noch heute ist Griftine das reichste Wesen auf Varum und lebt in einem Palast auf einer de Klippen.

    Besucher halten den Palast oft für ein Modell. In Wirklichkeit ist es aber nur so klein, weil Griftine eine Reptia ist (und ähnlich kleines Personal beschäftigt).


    Die meisten reichen Bewohner hat natürlich Sliket. Jede der großen Zahnlarvenfamilien hat ein gewaltiges Vermögen angehäuft, das von den Oberhäuptern verwaltet wird. Entsprechend leben die Oberhäupter und ihre nächsten Verwandten in prachtvollen Villen und die Behausungen vieler anderer sind auch nicht gerade schäbig.

    Sie sollten allerdings nie eine Zahnlarve fragen, woher das Vermögen ihrer Familie kommt. Das gilt als äußerst unhöflich. Noch unhöflicher wäre nur, die diesbezüglich kursierenden Gerüchte zu erwähnen, die wir hier natürlich nicht wiedergeben.

  • Elfter Tag: Wander


    Wenn Sie schon auf Mirasam oder Sliket sind, sollten Sie unbedingt wenigstens eine der geführten Wattwanderungen mitmachen. Hierbei gibt es um Mirasam herum mehr offene Wattfläche zu bestaunen, um Sliket dagegen eher Mangroven.


    Auf den Wanderungen können Sie Dinge sehen, die die meiste Zeit im Wasser verborgen sind. Bei Mirasam gibt es etwa den Hohlen Felsen, einen einigermaßen runden Stein mit einer Öffnung an einer Seite, durch die man in das ausgehöhlte Innere sehen kann. Die Ränder der Öffnung sind gezackt und das Innere ist bedeckt mit Rottang, was es ein bisschen aussehen lässt, als habe der Stein ein Maul.


    Ebenfalls besichtigen kann man das mysteriöse Wrack eines Schiffes aus rostfreiem Metall, das eines Tages einfach auftauchte. Niemand weiß, woher es kam oder wer darauf fuhr, denn es ist vollkommen leer. Interessanterweise bleibt es auch leer, keine Meerestiere siedeln sich darin an, nicht einmal Pflanzen wachsen darauf. Selbst die sonst so allgegenwärtigen Ozeanaugen sind bei Ebbe nirgends auf dem Schiff zu finden.


    Bei Sliket finden sich andere Dinge. Neben den durchaus interessanten Mangrovendickichten und ihren Bewohnern, wie Affenkatzen und Haisalamandern gibt es einen ganzen freien Wattbereich da wo, die kalte Strömung aus dem Eismeer verläuft. Am Rande des Watts kann man die nur bei Niedrigwasser aus dem Meer ragenden Ruinen der Häuser von Alt-Sliket sehen, jener Insel auf der die Zahnlarven vor dem Untergang des Kontinents Otakaz lebten, bei dem die heutige Inselkette entstanden ist (und die natürlich damals nur Sliket hieß). Heute sind diese Ruinen vor allem überwuchert von Trichromaustern, deren Perlen im Auftrag der Zahnlarvenfamilien gesammelt werden. Jede der Familien beansprucht einen Teil von Alt-Sliket und sieht es gar nicht gern, wenn jemand dort unbefugt eindringt, weshalb wir davon dringend abraten müssen.


    Eine andere Attraktion ist der Aderbaum, der bis knapp unterhalb des unter normalen Umständen höchstmöglichen Wasserstandes reicht und erst bei niedrigstmöglichem komplett sichtbar ist. Er ist rötlich, blattlos, seltsam glatt für einen Baum und sieht wirklich aus wie sich verzweigende Blutgefäße. Es handelt sich aber, wie sich anhand von abgesägten Ästen deutlich nachweisen lässt, eindeutig um eine verholzte Pflanze. Es scheint sich allerdings tatsächlich ein Hohlraum durch alle Teile des Baumes zu ziehen.


    In beiden Gegenden gibt es Gezeitenpools, in denen sich Meerestiere sammeln, wenn sich der Lebende Ozean zurückzieht. Wir müssen davon abraten, darin zu schwimmen, können doch auch kleinere Tiere in solcher Dichte gefährlich sein.

    Ganz besonders gilt das natürlich für die Gesteifte Seehummel. Diese Qualle ist zwar giftig, allein aber für größere Wesen eher ungefährlich. Normalerweise können Schwimmer dem großen, langsamen und ziemlich auffälligen Tier auch leicht ausweichen. Vier oder fünf Seehummeln gemeinsam in einem engen Gezeitenpool könnten aber durchaus eine tödliche Dosis Gift verabreichen.

    Ähnlich gefährlich sind natürlich diverse Raubfische, Seeschlangen und Handwürmer.


    Aber vor allem lohnen sich die Wanderungen einfach für die einzigartige Atmosphäre, das Gefühl von Meeresboden unter den Füßen und die wunderbare Aussicht über das Meer, speziell die beeindruckenden optischen Illusionen, die man sehen kann, wenn man von einem so niedrigen Punkt auf den Lebenden Ozean hinaus schaut.

  • Zwölfter Tag: Spicey


    Während das Goldene Entermesser sicherlich das bekannteste und teuerste Restaurant von Varum ist, ist Lusys Krabbenbude eher ein Geheimtipp. (Nun, nach der Erwähnung in dieser Broschüre nicht mehr so geheim.)


    Gelegen in der eher unzugänglichen Blutbucht, ein Stück abseits des Kleinen Hafens, gequetscht in eine Spalte in der Schwertklippe sieht diese Lokalität nicht viel Kundschaft. Dass die wenigen Sitzplätze außerdem draußen sind und Sie durch ein Fenster bestellen und bedient werden hilft sicher auch nicht.


    Zu allem Überfluss gibt es nur ein einziges Gericht. Die auf der Insel äußerst häufige Kastanienkrabbe, so genannt wegen ihres glänzenden, dunkelbraunen Panzers, wird schlicht frittiert und mit scharfer Soße serviert.


    Die Soße ist ebenfalls eigentlich nichts besonderes, sie besteht aus Fischöl, Inselhuhnei und Peperoni von der nahen Mondnarbeninsel.


    Überraschenderweise ist diese Kombination aber einzigartig gut. Wenn Sie scharfes Essen vertragen, sollten Sie Lusys Krabbenbude auf jeden Fall eine Chance geben.

    Die Schärfe ist auch das einzige, was sich dabei variieren lässt. Lusy hat fünf verschiedene Sorten, von „mild“ bis „schon ziemlich scharf“ wobei darauf hingewiesen sein soll, dass diese Skala ihrem persönlichen Empfinden entspricht und Kunden eher von „sehr scharf“ bis „rrrgh“ sprechen, bzw. röcheln.


    Lusy selbst, das sollte man vielleicht noch erwähnen, gehört zu den ursprünglichen Eingeborenen der Inselkette. Sie ist ein Flammender Baum, ein aufrechtgehender Salamander mit einem Warnmuster, das wie brennende Äste aussieht.

    Der Flammende Baum ist aber nicht sehr giftig sondern verlässt sich auf das Muster zur Abschreckung von Feinden. Gerüchte, laut denen Lusys eigenes Gift zur Schärfe ihrer Soße beiträgt, können Sie also getrost ignorieren.


    Die erwähnte Mondnarbeninsel liegt ein Stück westlich von Varum und ist heute noch ausschließlich von Flammenden Bäumen bewohnt, die hier Peperoni anbauen. Die verwenden auch alle anderen Restaurants der Inselkette, wenn auch in deutlich kleineren Dosen als Lusys Krabbenbude.

    Frittierte Kastanienkrabben mit scharfer Soße essen die Flammenden Bäume selbst schon seit über tausend Jahren, seit sie die wilde, scharfe Paprika, von der ihre heutige Peperoni abstammt, auf der Insel entdeckt haben. Da sie selbst aber gegen Schärfe extrem unempfindlich sind, verwenden sie vorwiegend die Varianten „schon ziemlich scharf“/“rrrgh“ und noch schärfere, die sie nach dem heutigen Gesetz gar nicht verkaufen dürfen.


    Tatsächlich sind Flammende Bäume und einige wenige Inseldrachen fast die einzigenEinheimischen, die dieses Gericht essen. Besucher vom Festland zeigen sich aber regelmäßig begeistert und wenn Sie, wie schon erwähnt, Schärfe gut vertragen, werden auch Sie sicherlich schnell nicht mehr die Finger von Lusys frittierter Kastanienkrabbe mit scharfer Soße lassen können.

  • Dreizehnter Tag: Rise


    Als vor etwa zweitausend Jahren der Kontinent Otakaz zerbrach, gingen eine Menge Dinge unter. Alt-Sliket, die Dreisternwildnis und natürlich auch das Gebirge, dessen höchste Gipfel heute die Inselkette bilden.

    Seit dieser Zeit haben sich viele der Täler mit Sand und Schlamm gefüllt und niemand, der den Meeresboden betrachtet, würde ihn für ein Gebirge halten. Ebenso verschwunden sind Überreste der meisten Siedlungen, die damals untergingen.


    Der bekannteste dieser Orte ist Hostiroe, die Stadt auf dem Gipfel. Diese Stadt soll auf einem der niedrigeren Berge gestanden haben. Die Legende besagt, sie wurde gegründet vom Orden des Silbernen Zahnrads, einer Gruppe von Uhrmacher-Mystikern.


    In dieser Stadt machten sie ihre bizarren Experimente. Erst waren es nur immer größere und seltsamere Uhren, dann andere Maschinen, Automata, die durch Uhrwerke angetrieben wurden. Und schließlich verschmolzen sie Fleisch und Zahnrad und verwandelten lebende Wesen in metallene Monstrositäten, ja, sie ersetzten Teile ihrer eigenen Körper durch Uhrwerke und andere Mechanik, Stück für Stück, bis sie beinahe nur noch Maschinen waren und lebten so weit über ihre natürliche Lebensspanne hinaus. Alles mit dem Ziel einen geheimnisvollen Mechanischen Gott herbeizurufen, der aber nie erschien.


    So jedenfalls die Legende. Wahrscheinlich waren es einfach nur religiöse Uhrmacher


    Die Stadt soll voll gewesen sein von Automata aller Art, von kleinen selbsttätigen Besen, die die Straßen sauber hielten, bis zu Uhrwerktitanen, die die Stadt beschützten.

    Und auch die Häuser bewegten sich im Takt von Pendeln, öffneten und schlossen automatisch ihre Fenster, versanken im Boden und stiegen auf, drehten sich wie ihre Herren es gerade brauchten.

    Doch vor dem Untergang von Otakaz bewahrte sie schließlich nichts davon und so endete auch Hostiroe auf dem Grund des Meeres – und dann darunter, als sich immer mehr Material auf der Stadt ablagerte. Niemand kann sie jetzt mehr finden.


    Das hindert natürlich das Hostiroe-Museum von Sylz nicht daran, rätselhafte Funde auszustellen und die Maschinen nach uralten Aufzeichnungen zu rekonstruieren.

    Sie können hier mechanische Soldaten bewundern, die ganze drei Schritte machen können, bevor sie umfallen, einen Fahrstuhl, der ohne Ketten und Seile auskommt und erst zweimal abgestürzt ist und natürlich die große mechanische Steuerzentrale, die aber eine nicht-funktionale Nachbildung ist, in dem sich Zwerge verstecken und von innen Teile bewegen.


    Das Museum erzählt die bekanntesten Legenden von Hostiroe, über ihre Gründer, über den schrecklichen Uhrwerkdrakon, über den Wachsenden Tempel des Mechanischen Gottes und über das Versinken der Stadt in den Fluten.


    Und natürlich die letzte Legende. Die Legende, laut der eine Uhr von Hostiroe noch immer tickt. Weiter die Zeit zählt, bis ihre Feder endlich alle Spannung verloren hat. Damit dann der nächste Mechanismus aktiv wird, die uralte Maschine unter der Stadt, der mächtigste aller Fahrstühle, der Hostiroe wieder an die Oberfläche des Meeres steigen lassen wird.


    Ja, wer’s glaubt.

  • Vierzehnter Tag: Castle


    Die kalte Strömung aus dem Eismeer, die vom Regenbogenmeer abgelenkt wird und zwischen Varum und Sylz hindurch geht kommt auch mit einem eisigen Wind, der Sylz’ Nordwestküste hart trifft.

    Für Sie als Besucherin bedeutet das eine Schneelandschaft noch kälter und verschneiter als die Eismeerküste auf Mirasam. Es gibt Schneeskulpturen, Hügel zum Schlittenfahren, sogar eine einzelne Skipiste, auch wenn da ein bisschen mit alchemistischem Kunstschnee nachgeholfen wird.


    Ein Hotel hier, Müssels Schloss, ist sogar ganz aus Eisblöcken gebaut. Die Möbel bestehen ebenfalls aus Eis, aber natürlich sind die Betten mit warmem Eiskamelfell bezogen. Der Betreiber, Rinus Müssel, ist ein Kaperziner und ein Pirat im Ruhestand.

    (Wie gesagt gibt es auf der Inselkette keine Piraten mehr. Seit dem Gemeinschaftlichen Inselvertrag und der Einrichtung der Inselwache haben alle Piraten ihr Geschäft aufgegeben oder die Inselkette verlassen oder wurden festgenommen. Seit ganzen fünf Jahren hat es keine Piratenzwischenfälle mehr gegeben.)


    Hauptsächlich nutzen die Sylzer die Kälte aber zur Haltbarmachung von Fleisch. Sylz ist nicht ohne Grund als die Metzgerinsel bekannt. Bauern, Fischer und Jäger aus der ganzen Inselkette und vom Festland bringen Tiere hierher, damit sie fachgerecht zerlegt, verarbeitet und wenn nötig gelagert werden. Die Metzgerzunft nimmt für diese Arbeit kein Geld sondern einen Anteil am Fleisch, sowohl zur Ernährung der Inselbewohner als auch zum Verkauf an Schiffe, die hier halten um Proviant aufzunehmen und natürlich zur Belieferung der Zahnlarvenfamilien auf Sliket, die schon immer gute Kunden sind.


    Derf Rank, ein alter Inseldrache, ist der derzeitige Vorsitzende der Metzgerzunft, der Metzgerkönig. Er übernimmt die Verantwortung, dafür bekommt er einen Anteil an den Einnahmen jedes Zunftmitlgliedes, in Fleisch und Geld.

    Rank lebt in einer düsteren Festung auf einer Klippe, einem eckigen Bau aus schwarzen Steinen, mit hohen Mauern.

    Neben seiner eigentlich recht gemütlichen Wohnung ganz innen und einigen Wohnungen seiner Bediensteten, ist die Festung hauptsächlich ein Fleischlager, weshalb sie auch Fleischpalast genannt wird. Wer Rank besucht, geht an vielen Stapeln sorgfältig sortierten Fleisches vorbei. Hohen Stapeln.

    Bewacht wird der wertvolle Fleischbestand von einer Garde aus Vampirkatzen, die recht günstig für Blut arbeiten.


    Es gibt Führungen sowohl durch die meisten Metzgereien als auch durch den Fleischpalast, die sich durchaus lohnen, wenn Ihnen der Anblick einer Schlachtung keine Übelkeit bereitet. Oder der von Bergen von Fleisch.

    Vom Fleisch im Fleischpalast sollten Sie übrigens unbedingt die Finger lassen. Derf Rank zeigt jeden Diebstahl oder versuchten Diebstahl bei der Inselwache an und hat genug Einfluss, dass die Strafe schon einmal etwas härter ausfällt, als man erwarten würde.

    Aber natürlich können Sie Fleischprodukte, von rohen Steaks bis zu geräucherten Würstchen, käuflich erwerben.

    Dass einige auf frischer Tat ertappte Diebe spurlos verschwunden sind, ist übrigens wieder nur ein Gerücht. Alle angezeigten Täter wurden ordnungsgemäß vor Gericht gestellt. Nachweislich.

  • Fünfzehnter Tag: Dagger


    Eines der weniger bekannten Museen von Varum ist das Haus der Blutdolche. Hier werden ausschließlich die zeremoniellen Waffen der Rotkappen ausgestellt, mit denen sie Opfern die Kehle aufschneiden um mit ihrem Blut ihre Kappen zu färben.


    Heutzutage werden natürlich ausschließlich Nutztiere dazu verwendet. Rotkappen arbeiten dazu in der Küche des Goldenen Entermessers oder in den Schlachthäusern von Sylz oder besorgen sich einfach ein Tier, wenn sie ihre Mütze mal wieder nachfärben müssen.

    In früheren Zeiten, als die Rotkappen noch Piraten waren, hatten sie ihre Blutdolche oft auf Kaperfahrten dabei um ihre Kappen direkt bei einem Überfall färben zu können.


    Jede Rotkappe besitzt einen eigenen Dolch, der nach ihrem Tod nicht mehr verwendet wird. Aus diesem Grund haben viele Rotkappenfamilien eine große Sammlung an alten Blutdolchen.

    Einige davon haben sie dem Museum gespendet.


    Das Haus der Blutdolche hat mit dem Höhlenkeller vier Stockwerke und die Dolche sind horizontal nach Familien sortiert, vertikal aber nach Alter. Man kann dem Stammbaum einer Rotkappenfamilie aus dem Keller bis in den zweiten Stock folgen.

    Es gibt Dolche aus Stahl, Feuerstein, Hartholz, Knochen, Zahn und Muschelschale, aus Schildpatt und Fossilien. Die Dolche von Häuptlingen und Fürsten haben vergoldete Griffe, Edelsteine und Perlen als Knäufe und komplizierte Gravuren.


    Die prächtigsten Dolche gehörten natürlich jenen Rotkappen, die es zu Piratenkönigen und -königinnen brachten.

    Piratenkönig Kela Kan Kikit war etwa der Besitzer eines Dolches, den er Haizahn nannte. Die Klinge dieses Dolches ist wirklich ein Zahn, aber der eines jungen Titanensalamanders. In den Griff sind allerdings Haizähne eingelegt. Die Klinge ist vergoldet und diese Vergoldung musste oft erneuert werden, da es bei Benutzung natürlich zu Abrieb kam. Der Knauf ist aus Meerschaum geschnitzt und hat die Form eines Haikopfes.


    Piratenkönigin Chech Chichao war eine Klabauterin, aber adoptierte Rotkappe. Die Klinge ihres Dolches besteht aus dem schimmernden Drittweltmetall, das aus einem Meteoriten stammen soll, den sie am Meeresboden fand, und kann daher sogar Geister (vorübergehend) verletzen. Der Griff ist aus Koralle.


    Piratenkönigin Kis Kaman Krikas stellt eine bemerkenswerte Ausnahme da. Ihr Dolch hat eine Klinge aus Stahl und einen schmucklosen Griff aus Qualbaumholz umwickelt mit Schafsleder.

    Dennoch soll ihre Kappe immer sehr rot gewesen sein.


    Die Betreiber des Hauses der Blutdolche sind natürlich selbst Rotkappen und sehr stolz auf ihre Tradition. Halten Sie sich also bitte mit Kommentaren über barbarische Rituale oder schreckliche Verbrechen zurück.

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