Heute kommt das Eis nur noch im Winter zu Besuch, aber als noch Riesen die Welt bewohnten, kroch die Kälte mit Gewalt über die Welt. Sie schob Hügel auf, zerquetsche den Boden und leckte das Land. Als die Kälte verschwand legte sie zum Abschied noch ein paar Findlinge auf den gequälten Rücken und ließ die Landschaft erschöpft zurück. Diese blieb liegen in all ihren Hebungen und Verrenkungen bis der Schlaf sie überkam. Doch daran erinnern sich nur die Steine und kichern heimlich. Manchmal wundern sich die Bäume über das Gekicher, doch tuen es ab, als eine Verrücktheit der Alten
Seither haben die Menschen, schon immer eifrig und kurzsichtig in ihrem Schaffen, die Hügel mit Äckern überzogen und auf Wiesen Obstbäume gepflanzt. Doch noch stehen die Wälder. Stumme Soldaten ohne Komando, ohne Reih und Glied, nur ein stures Bangen. Eine totgeweite Armee von Nutzflächen umzingelt. Sie stehen und schützen ihr Heiligtum: die Senken voll stehendem Wasser, die Moore, die die Menschen meiden. Wo der basische Boden ihre Stärkepflanzen tilgt, wo Schnecken die Getreidebrut fressen, wo die Flüche toter Hexen lungern. Hier liegt eine große Macht und jeder der nicht so blind ist wie die Menschen erkennt es ohne Zweifel. So kommt es vor, das manch ein Mensch sich doch zu den Gewässern verirrt, ohne zu bemerken, dass er unerwünscht ist. Die meisten finden verängstigt nach Hause. Sie erzählen von Gesängen und Schreien und manch einer schwört die Köpfe von Frauen aus der Oberfläche ragen zu sehen. So verteufeln die Menschen die Tiefe und die Dunkelheit des Waldes. Matsch und Schleim gilt ihnen als unrein und schlecht. Gottlos nennen sie das Moor und die Schnecken. Auch hierüber kichern die Steine.
So geht es nun seit Generationen, doch während die Wälder sich in ihrer Position verwurzelten hatten, hatten die Menschen getüfelt. Es waren nun weniger Menschen, aber die Verbliebenden stapfen in stählernden Abbildern ihrer selbst durch die Landschaft. Diese Roboter, betrieben aus den schwarzen Seen ferner Tiefen, schnitten nun das Korn, und pflügten das Land. Und auch ein Baum war in Windeseile zerhackt. So lichteten sich die Wälder und die Menschen rückten langsam näher ans Moor.
Hier beginnt die Welt.
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Immer wieder muss ich an Ruralpunk denken und nun möchte ich mal einen eigen Thread dazu aufmachen.
Rückblick: Was hab ich bisher so dazu gebastelt?
Ruralpunk
Ich habe in meiner Kindheit das Wochenende oft auf dem Land verbracht und ich möchte mir dies zurückholen. Ich möchte einen Bauernhof und eine Familie und kilometerweit entfernte Nachbarn und selbstgedengelte Erntemecha!!! Sowieso ist mir das Tüfteln und zusammenschrauben wichtig und auch so eine "Redneck"-Ästhetik. Dabei muss es natürlich auch queerfreundlich sein. Aber es darf darin zögerlich, ungeschickt, verletzlich und vorsichtig sein. Also eine weltgewordene gute Outing-Erfahrung.
Ich glaube auf diese Art, kann ich das mit der konservativen Wertevorstellung, die ich aus meiner Familie kenne, verknüpfen. Ob das dann noch Ruralpunk ist?... fraglich.
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Das nächstgelegende Dorf der Bauernhöfe ist Klein-Quakenbrück. Ursprünglich wurde es von unzufriedenen Artländern gegründet, die aus ihrer Heimat in diese Welt eingewandert sind. Klein-Quakenbrück liegt in einem Urstromtal mit vielen Feuchtwiesen auf denen reichlich Pferde und Schafe grasen. Es besitzt eine trostlose Haltestelle die von der Linie 7 angefahren wird und eine kleine, aber hochverzierte Kirche, die von zwei verfeindeten Pastoren und einem streitschlichtenden Küster geleitet wird. Der ansäßige Fußballverein trifft sich Mittwochsabends, in einer diesigen Kneipe, um alle 8 Spieler der Herrenmannschaft abzufüllen. Die Damenmannschaft, auch wenn sie weniger Beachtung im Ort findet, besitzt hingegen eine volle Startelf mit Auswechselspielerinnen und spielt sogar in der Kreisliga mit. Es herrscht eine noch junge Rivalität zu den Tippelsteinerinnen, die sie vor zwei Jahren mit einem 6:2 vernichtend besiegten. Ansonsten gibt es noch die Dorfbäckerei, die von einer sehr freundlichen jungen Dame geleitet wird und einen guten Schuss Maidcafe in sich trägt, was es verwunderlicherweise zum feinsten Lokal des Dorfes macht. Es ist sehr üblich Sonntags nach der Messe dort Brötchen oder Kuchen zu kaufen. Die Besitzerin hat vor kurzem hinter der Bäckerei eine Kältekammer eingerichtet in der ein Schließfach gemietet werden kann, um Lebensmittel kalt zu Lageren. Darin sieht es etwas gruselig aus mit viel Lammfleisch und man muss aufpassen, dass man sich nicht versehendlich einsperrt. Zumindest fürchten sich einige alte Frauen davor.
Das aktuelle Aufregerthema in Klein-Quakenbrück ist eine handvoll Goth-Jugendlicher die Nachts auf dem Friedhof anzutreffen sind. Von mir aus sollen sie das gerne tun, aber ich bin nicht ihretwegen hier. Nein. Opa Hannes wird heute beerdigt.
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Es ist ja norddeutsch, landwirtschaftlich, katholisch mit heidnischem Unterton, also heimatlich für mich. Und was gibt es heimatlicheres als einen Heimatskrimi? Ich brauche also eine Kommissarin in einer schicken Jacke! Vielleicht versetzte ich also Kerstin Krix und Egon Gerber nach Klein-Quakenbrück, mal sehen, aber vermutlich brauch ich zwei Kommissarinnen. Und die brauchen ein Motorrad mit Beiwagen. Ich glaube auch eine Baronin könnte hier in die Gegend passen. Vielleicht was mit Vampiren, mal sehen.
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Deshalb ist Ruralpunk konservativ, damit eine lesbische Liebesbeziehung dort unanständig ist, was [kn] einfach nicht bieten kann.
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Hui, da ist viel mehr cooler Kram drin als ich dachte. Das ist doch hocherfreulich. Gut fangen wir mit etwas neuem an:
Ich hatte vollkommen vergessen, dass ich ursprünglich eine queerfreundliche Welt basteln wollte, hmm. Ich bin in letzter Zeit wütender und mir mehr der normativen Gewalt bewusst, der ich ausgesetzt bin. Daher war mein Plan jetzt diese normative Gewalt zu basteln und erkunden, dies steht jedoch der "guten Outing-Erfahrung" entgegen. Tja, was mach ich da? Ich guck einfach mal was sich ergibt.