WB-Adventskalender 2021

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    Adventskalender 2021
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    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [01. Türchen] die hafenstadt . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Glafo
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [02. Türchen] Die Hexe im Müll . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Yrda
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [03. Türchen] Der Inselfisch . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Shay
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [04. Türchen] Im Kloster der Eulenschwestern . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Vinni
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [05. Türchen] Der Untergang von Aermband . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [06. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 1 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [07. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 2 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [08. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 3 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [09. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 4 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [10. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 5 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [11. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 6 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [12. Türchen] Ein Tag von vielen, Teil 7 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Moordrache
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [13. Türchen] Der Maler und sein Modell . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [14. Türchen] Der Portalmeister, Teil 1 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Alpha Centauri
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [15. Türchen] Der Portalmeister, Teil 2 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Alpha Centauri
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [16. Türchen] Der Portalmeister, Teil 3 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Alpha Centauri
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [17. Türchen] Die Fernseherin . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Yrda
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [18. Türchen] Interview des Tages . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Vinni
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [19. Türchen] Lieder . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Silph
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [20. Türchen] Diese Geschichte in der du die Tour durch die Spielzeugfabrik gewinnst und lauter Spielzeuge zum Leben erwachen – Kalendervariante mit nur drei Abschnitten, Abschnitt Eins . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [21. Türchen] Diese Geschichte in der du die Tour durch die Spielzeugfabrik gewinnst und lauter Spielzeuge zum Leben erwachen – Kalendervariante mit nur drei Abschnitten, Abschnitt Zwei . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [22. Türchen] Diese Geschichte in der du die Tour durch die Spielzeugfabrik gewinnst und lauter Spielzeuge zum Leben erwachen – Kalendervariante mit nur drei Abschnitten, Abschnitt Drei . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [23. Türchen] Hanbert und Zaundri . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [24. Türchen] Unter dem Meer . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Skelch I.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das erste Türchen riecht nach Salz, Algen und Fisch. Aus den Ritzen zwischen den schweren Holzbrettern pfeift es, und als wir das Türchen öffnen, weht uns kalter Küstenwind fast von den Füßen.


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    die hafenstadt


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    dort wo wellen an felsen zerschlagen
    wo der fluss mit dem meer sich vereint
    wo die berge das land überragen
    wo sich seevögel verse zuschreien
    wo die routen der schiffe sich schneiden
    zu handeln mit salz und mit mehl
    dort liegt zwischen glitzernden steinen
    die hafenstadt wie ein juwel


    hier sind häuser wie ganze paläste
    und die straßen die bühne der welt
    der fluss umfliest bauten und plätze
    und fort zwischen tieren und feld
    die macht läuft zusammen, die geweihte,
    aus dem ganzen land bis hierher
    von hier herrscht man über die weite
    von der quelle im norden zum meer


    dort wo kinder mit goldmurmeln spielen
    gekleidet in wolle und samt
    doch andere, um brot zu verdienen,
    hart ackern auf see und an land
    von wo vögel die nachricht verbreiten
    von glanz und von dreck ohne hehl
    dort liegt zwischen rauen gezeiten
    die hafenstadt wie ein juwel


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    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Aus dem zweiten Türchen riecht es eher weniger appetitlich, zudem ist es aus verschiedensten Dingen zusammengesetzt. Hier ein Stück rostiges Blech, da eine drangetackerte Kunststofffolie, und als Klinke ist ein Stück minzgrün angestrichenes Wasserrohr (mit getrockneten Farbtropfen) befestigt. Dahinter türmen sich Berge und Berge an ... Müll - kein Wunder, dass es hier so stinkt.


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    Die Hexe im Müll


    Es war einmal eine alte Hexe, die lebte auf einer Müllhalde.
    Sie war zufrieden, denn sie fand dort alles, was sie zum Leben brauchte.
    So häufte sie im Laufe ihres Lebens allerhand kuriose Dinge an, die sie in ihrer bescheidenen Hexenhütte sammelte.
    Eines Tages aber kam sie von einer Wanderung durch die sieben Müllberge zurück und fand ihr Haus zerstört.


    Die Hexe war sehr traurig. "All meine schönen Sachen sind fort. Wie soll ich mir ein neues Haus bauen? Und was, wenn es wieder geschieht?"
    Unter Tränen zog sie aus einem der Schrotthaufen ein dünnes Abflussrohr als Wanderstab und wandte sich ab.
    Die Krähen jedoch hatten das Unglück beobachtet und eine davon ließ sich auf der Schulter der Hexe nieder. Sie krächzte der Hexe zu:
    "Ein Ungetüm mit langem Hals hat dein Haus zerrissen. Doch wir wissen von einem Ort, der sicher ist.
    Drei Tage und drei Nächte musst du wandern, und bei Sonnenaufgang wirst du es sehen."
    Der Vogel erhob sich flatternd wieder in die Luft und flog zu seinen Schwestern.


    Die Hexe tat, wie die Krähe ihr geraten hatte und machte sich auf den Weg. Natürlich war sie auch in dieser Richtung schon gereist,
    doch die Müllhalde lag nicht still. Berge verschwanden, andere Berge türmten sich auf. Die Hexe machte einen Bogen um Mulden, über denen
    sich beißend riechende Wolken sammelten.


    Dann gelangte sie an einen Fluss, in dem es giftig brodelte. Wie sollte sie das Säurewasser überqueren? Die Hexe suchte im Müll nach etwas, was sie als Floß nutzen könnte.
    Doch egal, was sie auf das Wasser schob, die Säure fraß sich hinein und es versank darin. Da kamen zwei Krähen geflogen. Sie trugen eine Wäscheleine in den Schnäbeln.
    Eine Krähe flog zum anderen Ufer und befestigte mit ihrem Schnabel das dünne Seil an einem Wrack, das aus einem der Müllberge ragte. Am diesseitigen Ufer fand die andere Krähe
    ebenfalls eine geeignete erhöhtere Stelle. Die Krähen krächzten der Hexe aufmunternd zu und flogen wieder fort. Sogleich nahm die Hexe ihr Wanderrohr und kletterte zur Seilbrücke hinauf.
    Sie legte das Rohr über das Seil, hielt sich mit den Händen an beiden Seiten fest und ließ sich dann auf die andere Seite rutschen.
    Das Rohr zerbrach dabei, doch es hatte seinen Zweck erfüllt.


    Zufrieden setzte die Hexe ihre Wanderung fort. Als sie durstig wurde, wühlte sie im Müll nach einer weggeworfenen Flasche und fand noch einen guten Rest einer Flüssigkeit darin. Sie roch daran und trank daraus.
    Die Flüssigkeit schmeckte süß. Die Hexe beschloss, den Rest aufzuheben und etwas vom sauren Regen aufzufangen, um ihn mit dem süßen Trank zu mischen.


    Doch die Hexe war hungrig und in dieser verdorbenen Umgebung fand sie nichts Essbares. Sollte sie gar auf dem Weg verhungern?
    Drei weitere Krähen näherten sich der Hexe. Sie ließen ein angebissenes Brötchen und den Rest einer Wurst vor ihr fallen und flogen wieder von dannen.
    Die Hexe klappte das Brötchen um die Wurst und verschlang es auf der Stelle. Sie beschloss, dass sie ihren gefiederten Freunden danken wollte.


    Doch wie dankt man Krähen?
    "Sie sollen so wie ich ein sicheres Nest zum Schlafen bekommen, wo wir einander gegenseitig beschützen können!" beschloss die Hexe.


    Frisch gestärkt und mit neuem Mut überwand sie so auch die letzte Etappe ihres Weges. In den ersten Strahlen der Sonne erhob sich ein außergewöhnliches Konstrukt vor ihr.
    Auf drei rostigen Beinen schwankte ein Ei, das ganz aus Metallflicken bestand. Die alte aber rüstige Hexe kletterte neugierig an einem der Beine hinauf und suchte nach einem Eingang. Wie von selbst öffnete sich quietschend eine Tür.Innen schien die Hütte fast größer als draußen.


    Im Inneren des merkwürdigen Konstrukts fand die Hexe lauter Hebel, die fast an Rippen erinnerten. Prüfend zog und drückte sie an diesem oder jenem Hebel. Sogleich rüttelte und schüttelte
    sich das Konstrukt. Es hob schwankend eines der Beine und setzte sich in Bewegung. Die Hexe kicherte fröhlich und drückte an weiteren Hebeln.
    Sie fand sich sofort zurecht, als habe sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als dieses Gefährt zu steuern.


    Nachdem sie einen ganzen Tag damit herumgestapft war, brachte sie es zum Stehen und schaute sich noch einmal darin um. Das Innere war nicht kleiner als ihre alte Hütte. Und so ein Konstrukt, mit dem sie wandern konnte, wohin sie wollte, war gewiss sicherer als ihr altes Zuhause. Die Hexe entdeckte an der Unterseite sogar eine Klappe, durch die sie einen Greifarm herausfahren konnte, um schöne Sachen einzusammeln.


    Sie hatte aber nicht vergessen, dass sie auch den Krähen etwas Gutes tun wollte. So machte sie sich gleich ans Werk. Sie sammelte passende Rohre, Kabel, Netze und einige sperrige Metallteile.
    Dann ließ sie das Gefährt zu Boden sinken und kletterte auf seine Spitze. Da verknüpfte sie auf Hexenart die gesammelten Teile und konstruierte eine Art Geweih mit lauter Verästelungen.
    Dazwischen spannte sie Kabel und Netze. Das Geweih war so gewaltig, dass ein ganzer Krähenschwarm darauf sitzen konnte. Zufrieden nickte die Hexe und stieß ein leises Krächzen aus.
    Schon näherte sich der Krähenschwarm. Jede Krähe suchte sich einen Lieblingsplatz.


    Und wenn sie nicht gestorben sind, dann zieht die Hexe mit ihren Freunden noch immer von Müllberg zu Müllberg und die Krähen helfen ihr bei der Suche nach den interessantesten Dingen.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das dritte Türchen riecht ganz ähnlich wie das erste, aber es ist aus Ranken gewachsen. Dahinter findet sich ein Sammelsurium an Pflanzen ... und einige wenige Menschen.


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    Der Inselfisch


    Als Jojo am Abend des 17. Mai ins Bett ging, war alles noch ganz normal. Nun ja, so normal, wie Jojos Leben eben war. Denn seit über hundert Jahren lebte Jojos Familie auf einem Inselfisch. So nannten sie den riesigen Fisch, dessen Rücken mit Steinen und Erde bedeckt und mit allerlei Pflanzen und sogar einem richtigen Wald bewachsen war. Über Wasser sah er aus, wie eine normale, kleine Insel, aber unter Wasser… Wer einmal in das riesige Auge des Inselfischs geblickt hatte, wie er träge blinzelte, der vergaß das nie wieder. Für Jojo dagegen war das normal.


    Es war sein Ururgroßvater, der den Inselfisch in einer Bucht vor Sansibar entdeckt hatte, damals, als die Insel noch dem deutschen Kaiser gehörte. Jojos Ururgroßvater – der übrigens wie er selbst Joachim geheißen hatte, war als Soldat auf Sansibar gewesen. Aber das ständige Exerzieren, das Angeschrieen-Werden und die Art, wie sie mit den Eingeborenen umgehen sollten, machten ihn unglücklich. So war er eines Abends weggelaufen und war zu der kleinen Insel in der Bucht hinausgeschwommen, um sich dort zu verstecken. Erschöpft von Sorge und Anstrengung war er schließlich eingeschlafen. Aber wie verblüfft war er, als er am nächsten Morgen aufwachte, und um sich herum nur noch Meer sah.


    Es war Ururgroßvater Joachim, der als erster dem Fisch ins Auge blickte und ihm vertraute und er war es auch, der die erste Hütte auf der Insel baute. Er aß die Früchte, baute sich aus einem Baum, den er gefällt hatte ein Kanu und fing Fische, während der Inselfisch langsam seine unergründlichen Bahnen über das Meer zog. Ururgroßmutter Keonanona hatte er vor Hawaii kennengelernt, als sie mit ihrem Surfbrett neugierig zu der neuen Insel hinausgeschwommen war. Sie blieb und der Fisch zog weiter seine Bahnen. Urgroßmutter Rosalia wurde vor der Küste Perus geboren und traf später Urgroßvater Li Jie vor der Küste Fujians. Li Jie brachte seinen Bruder Bao mit, der später bei Wladiwostok Tatjana kennenlernte. Und so ging es weiter über die Generationen. Bald lebten mehrere Familien auf dem Inselfisch. Sie fischten und bauten Obst und Gemüse an. Manchmal, wenn sich der Fisch regte, zitterte der Boden ein wenig, aber er war ein gemütlicher Gesell und außer ab und zu einer zerbrochenen Tasse gab es nie Schäden. Wann immer sie in die Nähe einer Küste kamen, fuhren einige der Bewohner mit den Booten hinüber, verkauften, was sie an Dingen seit dem letzten Landgang gesammelt hatten – gewebte Stoffe, geschnitzte Kokosschalen, schöne Muscheln und vor allem Perlen – und kauften so viel Mehl, Reis, und Werkzeug, wie sie bekommen konnten. Und Nägel, Nägel und Schrauben waren das wichtigste überhaupt. Aber wenn man genug davon hatte, dann konnte man auf dem Inselfisch beinahe sorgenfrei leben. Außer in der Zeit, als der Fisch beschlossen hatte, nach Norden zu schwimmen, und einige Zeit vor der Küste Norwegens herumdümpelte. Die Pflanzen auf der Insel, die tropisches Wetter gewohnt waren, mochten das überhaupt nicht. Noch war Sommer und sie hielten sich so leidlich. Aber was, wenn der Fisch auch im Winter hier bleiben würde? Doch gottseidank mochte auch der Fisch die kalten Herbststürme nicht und verzog sich eilig wieder nach Süden. Jojo war damals noch nicht geboren gewesen, aber sein Vater Ace[1] hatte ihm viel davon erzählt, hatte er dort doch Jojos Mutter Kari getroffen. Jojo selbst war auf hoher See zur Welt gekommen. Damals hatte der Fisch lange keine Küste aufgesucht und Jojo war schon 5 Jahre alt gewesen, als er das erste Mal ein anderes Land sah.


    Wie gesagt, als Jojo am Abend des 17. Mai ins Bett ging, war für ihn alles normal. Sie befanden sich schon seit einigen Monaten vor der Küste Neuseelands und Jojo begann, sich nach einer anderen Umgebung zu sehnen. Doch dann, am Morgen, wurde Jojo von einem heftigen Ruck aus dem Bett geworfen. Er lief nach draußen, zusammen mit allen anderen. Was war nur geschehen? Der heftige Ruck wiederholte sich nicht, doch irgendetwas war anders als sonst. Es war, als sei der Boden unter ihren Füßen lebendig geworden. Ein leichtes Zittern und Vibrieren… Es war noch früh am Morgen. Gerade erst konnte man die Horizontlinie erahnen. Auf einmal schrie Kholwa[2], Jojos Cousine auf. „Die Boote, die Boote, oh Gott, die Boote!“


    Tatsächlich, die Boote zerrten und rissen an ihren Befestigungstauen. Gerade als alle hinsahen, riss sich eines los und wurde von den Wellen weggerissen, die wütend am Ufer entlangstürmten. Jetzt riefen alle durcheinander. „Ein Sturm!“ – „Nein, ein Tsunami!“ – „Quatsch, das ist ein Taifun!“ Aber Jojo hatte eine Ahnung und so nutzte er das Durcheinander, um aus der Menge zu verschwinden und ganz nach vorne zum Kopf des Inselfischs zu laufen. Hier war das Gelände ziemlich unwegsam und wenige Leute kamen hier her, aber Jojo mochte den Platz und wusste, auf welchen Pfaden im dichten Wald man dorthin kam. Allmählich wurde es hell und er kam schneller voran. Endlich kam er aus dem Gestrüpp heraus und hatte freie Sicht. Und welch Anblick bot sich da! Das Wasser raste nur so an ihnen vorbei. Gischt spritzte meterhoch in die Luft. Der Inselfisch aber, der sonst so gemächlich durch die Meere gezogen war, hatte auf einmal beschlossen, dass er irgendwo hinmusste. Dringend! So schnell er nur konnte! In der Ferne sah Jojo die Küste und später noch einige Schiffe. Erst da wurde ihm bewusst, wie schnell der Fisch durchs Wasser schwamm. Es war großartig, gigantisch, brachial!


    Die Reise des Fisches dauerte 30 Tage. Die ursprüngliche Angst legte sich, als die Bewohner merkten, dass der Fisch keine Anstalten machte zu tauchen. Sie hatten die verbliebenen Boote an Land gezogen und mehr blieb ihnen eigentlich nicht zu tun – außer jeden Tag zur Mittagszeit die Position zu messen und auf ihren Karten einzutragen. Sie rasten an Tonga und Samoa vorbei und ließen sogar Kiribati hinter sich. Dann zwei Tage, bevor sie Hawaii erreicht hätten, hielt der Fisch so plötzlich an, wie er losgeschwommen war. Direkt neben einer kleinen Insel, die auf keiner ihrer Karten verzeichnet war. Die nächste Nacht – es war Vollmond – kam niemand auf der Insel zur Ruhe. Ständig bebte und zitterte der Boden in den seltsamsten Bewegungen, während die beiden Inseln sich langsam umkreisten. Dann, am nächsten Morgen, war die andere Insel weg und die Positionsmessung bestätigte es: nicht sie hatten sich bewegt. Danach geschah 4 Wochen lang… gar nichts. Die Leute rätselten und redeten, doch ihr Inselfisch rührte sich nicht von der Stelle.


    Aber als Jojo am frühen Morgen des 17. Julis am Strand entlang ging und nach Muscheln suchte, spülte plötzlich eine große Welle über seine Füße. Er blickte auf, und da sah er es: etwa 20 Meter vor dem Strand war eine kleine Insel aufgetaucht. Keine 3m im Durchmesser. Sie war vom Schlamm und Steinen bedeckt, aber es wuchs nichts auf ihr. Noch während er sie anstaunte, brodelte das Wasser erneut und etwas weiter draußen tauchte eine weitere kleine Insel auf, und dann noch eine, und noch eine. Als sich das Meer endlich beruhigte, schwammen 30 Babyinseln dicht gedrängt um ihre Mutter. Und Jojo rannte glücklich ins Dorf, um die anderen zu wecken…


    [1] geboren bei Jamaica

    [2] geboren vor Kapstadt


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das vierte Türchen ist eigentlich keine Tür, sondern nur ein Durchgang zwischen einem steilen Felsen links und einem ebenso steilen Felsen rechts. Das Gestein ist schroff und kantig, der Boden uneben. Klar sichtbar für uns ist die Zahl vier hineingeschlagen. Für uns, denn die beiden Reiterinnen scheinen sie nicht zu sehen, als sie durch das Türchen reiten.


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    Im Kloster der Eulenschwestern


    Es war lange her, dass Una und Kandra in dieser Gegend unterwegs waren. Seit sie ihre Abenteurerzeit beendet hatten und das Gasthaus in Corion führten, waren sie nicht mehr so weit unterwegs gewesen. Im Gasthaus kamen die Abenteurer zu ihnen, suchten Stärkung und Rat und vielleicht auch verschwiegene Hände, um zwielichtige Beute zu Geld zu machen. Sie mussten sich nicht mehr selbst auf gefahrvolle Wege machen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. – Aber manchmal war es doch verlockend, wieder hinauszuziehen und selbst etwas zu erleben. Jetzt hatten sie ein Ziel, das zu Abenteuern führen mochten, da hatten sie sich bereitwillig aufgemacht, während Tormon – Kandras Mann – zurückgeblieben war, um das Gasthaus weiter zu führen. Da, wo sie hinwollten, war er als Mann nicht willkommen.


    Una war eine zierliche Frau von etwa 30 Jahren, mit braunem Haar und hellen braunen Augen. Kandra mochte fast 20 Jahre mehr zählen. Sie war blond und noch immer eine schöne Frau, auch wenn die Jahre ihrer Figur inzwischen mütterliche Fülle verliehen hatten. Noch immer konnte sie mit ihrem Lächeln die Leute für sich einnehmen – und noch immer konnte sie mit der Armbrust mit jedem Scharfschützen mithalten.


    Die beiden Frauen ritten auf kostbaren Taheschin-Pferden, Stuten, auch das war wichtig, wo sie hinwollten. Sie waren jetzt zwei Wochen unterwegs, hatten sich von Corion aus nach Westen gewandt, in die Khonnaberge hinein, über den Pass von Shamali, immer höher und höher. Längst hatten sie die letzten Bäume hinter sich gelassen. Es waren nur noch schroffe Felsen um sie her, die Bergspitzen oben waren weiß von Schnee. Der Weg hier hinauf war nur noch ein schmaler Pfad, selten begangen und wenig bekannt. Er führte zu einem trutzigen Gebäude. Weit oben in den Bergen erhoben sich die dicken Mauern, fenster- und fugenlos. Wie aus dem Stein gewachsen, stand es da, ein Klotz abweisender Wände, der den Schatz unermesslichen Wissens barg. Das war das Kloster der Eulenschwestern. Hort von Büchern und Schriftrollen, Wissen und Geheimnissen. Die Schwestern wachten eifersüchtig über ihre Schätze, sammelten Informationen und Geschichten – und gaben doch selten preis, was sie wussten und gesammelt hatten. Und weil es ein Schwesternkloster war, waren nur weibliche Wesen willkommen, eine Regel, die sich selbst auf die Reittiere bezog.


    Una und Kandra kannten diesen Ort noch von früher. So manches Mal hatten sie das Kloster aufgesucht, um Bücher und Papiere zu bringen, die sie bei ihren Abenteuern gefunden hatten. Die Schwestern zahlten gut dafür – und manchmal gab es auch Informationen als Gegengabe. Ein Schatz für einen Schatz. Vielleicht konnten sie diesen Handel auch jetzt eingehen.


    An der Pforte zum Kloster wurden die beiden Frauen argwöhnisch begutachtet und befragt. Nach einigem Hin und Her durften sie den schmalen Eingang aber doch durchschreiten. Hinter den Mauern fand sich ein geräumiger Innenhof mit zahlreichen steinernen Bauten. Alles wurde überragt von dem Turm des Wissens: der Bibliothek der Eulenschwestern. Nicht dorthin wurden sie geführt, nachdem sie Pferde und Gepäck dienstbaren Händen überlassen hatten, nein, es war eine kleine Stube eines Seitengebäudes, in dem sie eine der Eulenschwestern empfing. Una und Kandra kannten sie bereits, Schma’ulu war ihr Name, sie war es, mit der sie auch sonst gehandelt hatten. Schwester Schma’ulu trug wie stets eine dunkle Robe, die den größten Teil ihres Körpers verbarg. Zu sehen waren nur ihre Hände, die von seltsam ledriger Haut bedeckt waren und die spitze dornenartigen Nägel trugen. Ihr Gesicht war flach mit heller Zeichnung um die großen gelben Augen, die Nase war spitz und lang, verbarg fast den Mund. Was unter ihrer Haube hervorlugte, waren Federn, nicht Haare – man nannte sie nicht umsonst Eulenschwestern. Eulenartig war ihr Erscheinungsbild und ihre Haltung, auch wenn sich Una fast sicher war, dass sich unter den dunklen Roben keine Flügel verbargen. Draußen in der Welt gab es noch mehr Vogelleute, mal mehr, mal weniger vogelähnlich, doch solche wie die Eulenschwestern hatten sie woanders noch nie getroffen.


    „Was habt ihr für mich?“ fragte Schma’ulu mit weicher dunkler Stimme. „Neue Bücher und Schriften?“


    „Nein“, antwortete Una ehrlich. „Wir sind gekommen, um euch zu einem Ort zu befragen, der fremd und geheimnisvoll ist. Vielleicht interessiert euch, was ich gesehen habe, so dass ihr mir im Gegenzug erzählt, was es bedeuten könnte.“ Sie neigte ehrerbietig den Kopf und hoffte, dass das Angebot von Interesse war. Sie kannten die Schwestern gut genug, um zu wissen, dass nur Ehrlichkeit zum Ziel führte. Feilschen mit falschen Hinweisen würde ihnen keinen Nutzen bringen, würde ihnen nur die Pforten dieses Ortes verschließen.


    „Sprich“, antwortete Schwester Schma’ulu, „nützliche Informationen sollen nicht ohne Gegenwert bleiben, auch wenn ich Antworten, die für euch hilfreich sind, nicht versprechen kann.“


    Una wechselten einen Blick mit Kandra. „Ich war in der Shawalin-Wüste. Dort war ein altes Flusstal mit steilen Felswänden, in die Höhlen und Wohnräume eingeschlagen waren. Es gab aber auch riesige Skulpturen in den Felswänden. Menschenähnliche Figuren mit Schlangenköpfen und ausgebreiteten Flügeln.“


    Schwester Schma’ulu sträubte interessiert ihr Gefieder.


    „Ich weiß nicht, wo genau der Ort ist“, wehrte Una vorsorglich die nächste Frage ab.


    Schwester Schma’ulu schien erheitert darüber. „Und wenn, würdest du es nicht sagen“, gab sie nämlich zurück. Sie zog Papier, Feder und Tinte heran. „Ich weiß, ich weiß, und ich will dazu nicht fragen. – Aber sag mir alles, was du zu den Figuren weißt. Wie groß sie waren, wie sie aussahen. – Kannst du sie zeichnen?“


    Una griff ein wenig unsicher nach der Feder. Sie hatte schreiben und lesen gelernt vor ein paar Jahren und konnte mit Feder und Tinte umgehen, aber zeichnen war noch etwas anderes. Sie versuchte die ersten Striche, um die Form der Figuren ungefähr zu umreißen, es ging dann doch recht gut.


    Schwester Schma’ulu beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, was unter der Feder entstand. Zwei Figuren, aufrecht stehend, jede mit vier Flügeln, die ausgebreitet waren. Die eine Figur hatte die Arme vor der Brust gekreuzt, die andere hielt die Hände auf Schulterhöhe aufwärts. Auf ihren Schultern trugen sie dünne Schlangenhälse mit Schlangenköpfen, seitlich gewandt. Gekleidet waren sie in knielange Röcke, die Beine standen gerade, liefen in spitze Krallen aus. Die Figuren standen auf Sockeln, zwischen sie kritzelte Una eine Art Torbogen mit Schlangenfiguren, rechts und links von den Kolossen malte sie Häuschen mit spitzen Dächern.


    Auch Kandra beobachtete, wie Una zeichnete. „An was du dich alles erinnerst“, murmelte sie anerkennend.


    Una betrachtete ihr Werk kritisch, zeichnete noch einen Kringel an das Handgelenk der einen Figur, ein Kreuz auf die Brust der anderen. Sie hatte ein gutes Gedächtnis – hatte sich das angeeignet in ihrer Zeit als Diebin – sie konnte die Augen schließen und sich das Bild zurück in Gedanken rufen. Ob sie allerdings alles gesehen hatte, alles richtig zeichnen konnte… das war eine andere Frage.


    „Interessant“, sagte Schwester Schma’ulu. „Ich hab nie von solchen Figuren gehört. Zu den Schlangenmenschen kann ich euch etwas erzählen. Wenn es die selben sind, denn von Flügeln sprechen die Legenden nicht.“


    „Vielleicht ist es ja nicht die Darstellung der Leute selbst sondern die ihrer Götter?“ überlegte Kandra laut. „Vielleicht stellten sie sich die geflügelt vor?“


    „Das ist wohl möglich“, gab Schwester Schma’ulu zu.


    „Was sind das für Schlangenleute“, fragte Una nun, bevor man sich in Überlegungen zu den Flügeln verlieren mochte. „Es ist ein wirkliches Volk, das es heute noch gibt?“


    „Zumindest war es ein wirkliches Volk“, sagte Schwester Schma’ulu. „Sie nannten sich Inoong und waren als große Krieger bekannt, die sich bei vielen Herrschern verdingten. Sie waren berühmt für ihre Gier nach Schätzen und liebten vor allem Edelsteine.“


    Una und Kandra wechselten einen Blick. Einen großen Edelstein hatten sie vor nicht all zu langer Zeit in Händen gehalten. Vielleicht hatte dessen Herkunft auch einen Zusammenhang mit den Schlangenleuten, wenn er schon in der Gegend dort aufbewahrt wurde?


    „Das ist schon lange her?“ fragte Kandra. „Ich habe noch nie von ihnen gehört… Wohin sind sie verschwunden?“


    „Es waren nie viele“, antwortete die Eulenschwester. „Oder zumindest nie viele, die unterwegs waren. Woher sie stammten und wo sie ihr Nest hatten, war ihr Geheimnis. Irgendwann sind sie verschwunden. Es ist viele Jahrhunderte her, dass von Inoong gesprochen wurde in unserer Gegend. Vielleicht sind sie vergangen in der Zeit – oder haben das Land verlassen, um sich eine neue Heimat zu suchen.“


    Einen Moment schwiegen die drei Frauen.


    „Wir sind nicht wirklich schlauer“, sagte Una dann. „Es gab diese Leute, wir wissen nicht, ob sie die Figuren selbst in den Stein gehauen haben oder jemand, der an sie erinnern wollte. Es gibt sie nicht mehr, keiner weiß, wohin sie verschwunden sind.“


    Schwester Schma’ulu kicherte, es klang wie fernes Gurren. „Welches Wissen hattest du denn erwartet zu finden? Welche Antwort?“


    „Eine Spur“, sagte Una, ohne zu Zögern. „Etwas, um zu wissen, ob sich Nachforschungen lohnen, ob es etwas zu finden gibt, und wo man suchen soll.“


    „Nachforschungen lohnen sich immer“, antwortete die Eulenschwester. „Schätze sind nicht nur Gold und Edelsteine, es gibt Dinge, die sind mehr wert als das.“ Sie nahm Unas Zeichnung an sich. „Bleibt über Nacht“, sagte sie dann. „Ich will in unseren Archiven suchen, was dort über die Inoong zusammengetragen ist. Ich denke, sie sind bei vielen Geschichten Randfiguren, Krieger und Wächter wichtiger Herrscher. Das macht sie zu Zeugen und Teilnehmern wichtiger Ereignisse, auch wenn es über sie selbst nicht viel verraten wird. Doch vielleicht hilft euch das bei der Frage, ob ihr weiter forschen wollt. Aber welches Wissen auch immer ihr erringt, bringt es zu uns, damit sich unser Schatz mehren möge.“


    Una und Kandra dankten für das Angebot. Sie verabschiedeten sich von Schwester Schma’ulu, zogen sich in ein Gästezimmer zurück. Vielleicht war das ja doch der Beginn eines Abenteuers. Der Beginn der Jagd nach den Juwelen der Schlangenleute.


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das fünfte Türchen ist mit Stuckarbeiten, Schnitzereien und Gold prächtig geschmückt, breit und hoch. Es führt in den Hof eines Palastes. Ein Mädchen steht dort und sieht in unsere Richtung.


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    Der Untergang von Aermband


    Vor langer Zeit, da lag Aermband noch an der südlichen Küste des Kontinents Gnydron, umgeben vom Lebenden Ozean, dem Kafenland, Batur und der Tiefen Wüste. Sein vorletzter König war ein Eroberer, der Krieg mit seinen Nachbarn führte und sowohl Batur einiges Land abrang als auch in die Tiefe Wüste expandierte.
    In der Wüste war es auch, dass er ein seltsames Mädchen fand, das nicht aussah wie die Wüstenbewohner und Augen wie Sterne hatte. Und da es ganz allein war, nahm er es an Kindes statt an und es wuchs zusammen mit seinem Sohn auf.
    Als nun der vorletzte König starb, wurde sein Sohn der König, der der letzte sein sollte. Er bemühte sich um Frieden mit seinen Nachbarn und bald war die Situation stabil. Er heiratete eine Prinzessin von Batur und hatte zwei Söhne.
    Aber er machte sich Sorgen, denn er wusste, dass kein Frieden auf Gnydron von Dauer war. Und so ging er zum Ton, dem obersten Priester, des Klarkash, und bat um eine Vorhersage der Zukunft.
    Und der Ton bat ihn um sein Auge. Der König ließ es sich herausschneiden und gab es ihm und der Ton verbrannte es in einer Opferschale und las im Rauch.
    Und er verkündete, dass es keine Bedrohung für die Herrschaft des Königs gab – bis auf die Kinder seiner adoptierten Schwester.
    Also ließ der König die geplante Heirat seiner Schwester mit einem Prinzen der Insel Laba absagen und verbot ihr auch jede andere Verbindung mit einem Mann.
    Entsprechend überrascht war er, als sie dennoch schwanger wurde und sich weigerte, den Vater zu verraten. Die Prinzessin brachte einen Sohn zur Welt und der König wusste, dass er etwas tun musste. Also befahl er einem Diener, dem er vertraute, das Kind zu beseitigen.
    Der Diener legte den Jungen in einen Korb und setzte ihn auf dem Fluss On aus, auf dass er vom Oberon in den Unteron und schließlich auf den Lebenden Ozean treiben sollte.
    Die Prinzessin ließ ihren verschwundenen Sohn suchen, doch niemand fand ihn. So trauerte sie, und doch war sie nicht viel später wieder schwanger.
    Dieses mal gebar sie ein Mädchen. Der König befürchtete, wenn das Kind einfach verschwand, würde seine Tochter Verdacht schöpfen, also befahl er dem Diener, es zu vergiften, dass es aussah, als sterbe es an Krankheit. Und so geschah es und das Mädchen wurde im Tal der Schatten in den Grabhöhlen der Königsfamilie beigesetzt.
    Doch zu jedermanns Überraschung wurde die Prinzessin ein drittes Mal schwanger. Der König war verzweifelt und fasste einen Plan.
    Als das Kind geboren war und die Mutter erschöpft einschlief, da ließ der König sie fortbringen und in einen Turm einsperren. Die Tür ließ er zumauern, bis auf eine kleine Öffnung, durch die sie Wasser und Brot erhalten sollte. Dem Hofstaat wurde verkündet, die Prinzessin sei im Kindbett verstorben. Sein Plan sah vor, dass Kind zu töten, doch eine Amme hatte den Jungen schon dem Hof gezeigt und so kam es dazu zunächst nicht. Der König schickte wieder seinen Diener, um den Jungen zu vergiften, doch dieses Mal gelang es nicht, denn die Söhne des Königs ließen ihren Cousin nicht aus den Augen, um nicht auch diesen zu verlieren.
    Und so wuchs der Prinz heran, als Freund der anderen Prinzen, und er wuchs größer und stärker als die meisten Männer. Und schließlich hatte der König solche Angst vor ihm, dass er einen neuen Plan ersann. Er ließ seinen Diener ein Kind stehlen und töten, eines seiner Beine im Gemach seines Neffen verstecken und dessen Mund im Schlaf mit seinem Blut beschmieren.
    So glaubten alle, der Prinz habe ein Kind gestohlen und gefressen und da sich nicht wenige vor dem Riesen fürchteten, wurde er schnell verurteilt. Und nur weil er von königlichem Blut war, wurde er nicht zum Tode verurteilt sondern sollte den Rest seines Lebens im Verlies verbringen.
    Nun, endlich, glaubte der König sich sicher.
    Aber das war er nicht.
    Das erste Kind war nicht auf dem Lebenden Ozean gestorben. Es war gefunden worden von den Söhnen des Hais, einer Bande von Piraten, die den Haigott Allzahn anbetete und mit den klügeren Haien des Lebenden Ozeans zusammen arbeiteten. Bei ihnen wuchs er auf und wurde schließlich ihr Kapitän und baute sich eine ganze Flotte auf, die überall gefürchtet war.
    Auch das zweite Kind war nicht wirklich tot gewesen. Es war erwacht, nur zur Hälfte tot, und aufgewachsen unter den Ghulen und Mumien des Tals der Schatten.
    Das dritte Kind aber wurde aufgrund seiner Stärke im Verlies bewundert und gefürchtet und wurde schnell der Anführer der Gefangenen.
    Nun geschah es, dass der Anführer der Söhne des Hais beschloss, den On hinauf zu fahren und Aermband zu plündern. Und als dies geschah, schickte der König den ältesten seiner Söhne mit seiner Armee, um den Piraten Einhalt zu gebieten.
    Als aber die Armee fort war, erhoben sich die Ghule und die Untoten im Tal der Schatten und zogen zur Königsburg. Der König hatte nicht genug Soldaten dort, um ihnen auf dem Feld zu begegnen, doch er hoffte, dass die Mauern seiner Burg genügten, um sie aufzuhalten.
    Und vielleicht hätten sie das, hätten nicht die Gefangenen im Verlies die Gelegenheit genutzt um zu rebellieren. Sie überwältigten die Wärter, entkamen aus den Kerkern und plünderten den Palast.
    Der riesige Prinz selbst stellte den König, denn er wusste, dass nur der hinter seiner Verleumdung stecken konnte. Und obwohl der König sich nach Kräften wehrte, war ihm der Riese doch überlegen und er starb durch die Hand seines Neffen. Der jüngere Königssohn aber, der das mit ansah, erstach seinen Cousin und früheren Freund von hinten.
    Auf dem On kämpfte der ältere Sohn des Königs gegen den Anführer der Piraten, wobei keiner von ihnen wusste, welche Verbindung sie hatten. Der Königssohn gewann den Kampf und tötete seinen Feind. Der Pirat hatte aber seine Waffen vergiftet und so starb auch der Sieger bald an seinen Wunden.
    Als nun die Armee nach dem Sieg über die Piraten zurückkehrte, musste sie sich den Untoten stellen. Führerlos und nach vielen Verlusten waren aber die Aermbander den Kreaturen der Schatten kaum gewachsen und als diese endlich bezwungen waren und in ihre Gräber zurückkehrten, da gab es kaum noch ein Heer und in der Burg selbst hatten die entflohenen Gefangenen viel getötet.
    Auch hatten unbemerkt die Ghule Tunnel unter der Burg gegraben. Als diese nun einstürzten, brach die Burg zusammen.
    Als nun Aermband ohne Führung und ohne Heer war, da fielen seine Nachbarn von allen Seiten ein und teilten das Land unter sich auf.
    Und die adoptierte Prinzessin? Die war schon lange nicht mehr in ihrem Turm. Schon kurze Zeit, nachdem ihr Bruder sie eingesperrt hatte, hatte sie ihre Verkleidung aufgegeben und war wieder die geworden, die sie wirklich war, die Göttin Suthamal.


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    - Armin Maiwald

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    Das sechste Türchen ist aus matt beschichtetem grauen Metall hergestellt und führt in einen leise summenden, dunklen Raum. Ein weiches Bett würde uns einladen, läge nicht bereits jemand darin. Von einem Moment auf den anderen wandelt sich die friedliche Ruhe allerdings in ein rot blinkendes Alarmgeheul.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 1


    Mit einem verschlafenen „Verdammte Scheiße … verflucht nochmal!“ wälzte sich Jamie-Lee aus ihrem Bett und blieb auf dessen Kante sitzen, während sie sich den Schlaf aus den Augen zu reiben versuchte – vergeblich.

    Endlich wurde ihr gewahr, was sie aus dem ihrer Meinung nach wohlverdienten Schlaf gerissen hatte, als es ihr langsam gelang, das penetrante Hintergrundgedröhne besser in ihrem noch dösenden Hirn zu verarbeiten. „Alarm­stufe Rot. Alle auf ihre Stationen!“, quäkte die neutrale Computerstimme alle paar Sekunden durch den Raum, begleitet von einem roten Blinklicht von der Decke und einem auf- und abschwellenden Alarmton, der einst in der Hölle erdacht worden sein musste, um Tote zu erwecken.

    „Verdammt, Acroni, wenn das eine Übung ist, reiß ich dir den Arsch auf und den Kopf ab!“, murmelte sie, bevor sie ihren Kopf wachschüttelte. „… Genau in dieser Reihenfolge!“ Gefasster sagte sie etwas lauter: „Compu­ter! Alarm registriert. Bin auf dem Weg.“

    Endlich verstummte der Alarm zumindest in ihrer Kabine, das rote Blinken von der Deckenleiste blieb.

    „Fuck!“ Sie sprang auf und versuchte ihre rabenschwarze Kurzhaar-Schlafwuschelmähne mit den Fingern in Ordnung zu bringen, was ihr natürlich nicht ansatzweise gelang. „Computer! Wasser! Ins Gesicht! Jetzt!“

    „Befehl nicht verstanden“, antwortete die weibliche Computerstimme leicht säuselnd.

    Schon seit Jamie-Lee vor knapp zwei Standardwochen ihren Dienst auf diesem Schiff angetreten hatte, wollte sie dem Computer eine sexy Männerstimme ihrer Träume verpassen, doch bisher wollte es ihr nicht gelingen, mit dem Einstellungsmenü zurechtzukommen – oder die Stimme stellte sich Sekunden nach einem Erfolg erneut auf diese nervige weibliche zurück. „Scheiße! Vergiss es …“

    „Befehl nicht verstanden“, kam monoton zur Antwort.

    „Computer! Schnauze!“

    „Befehl nicht verstanden.“

    Jamie-Lee seufzte und gab auf. Inzwischen war sie in ihren griffbereiten Uniformoverall geschlüpft, dessen Stiefel sich nun dank Nanotechnik automatisch um ihre Fußgelenke schlossen. Sie verließ ihre Kabine im noch etwas müde-verhaltenen Laufschritt, nebenbei weiterhin erfolglos bemüht, ihre Haare zu zähmen. „Danke“, murmelte sie, „meine afro-asiatischen Vorfahren, beste Kombi ever für megastörrisches Haar.“

    „Erster Offizier Corc, wo bleiben Sie!?“, ertönte die Stimme ihres Kapitäns Acroni durch die Lautsprecher, als sie einen der Aufzüge zur Brücke betrat, der sofort die Tür hinter ihr schloss und sich in Bewegung setzte.

    „Verdammt! Bin fast da, Käpt’n.“ Die Kommunikation auf bestimmten Stationen und in den Aufzügen wurde bei einem Alarm automatisch auf die Brücke übertragen, weshalb sie auf die sonst nötigen Computeranweisungen verzichten konnte.

    „‚Fast‘ ist das Gleiche wie ‚nicht‘“, tadelte Acroni, als sich die Aufzugtür öffnete und Jamie-Lee die Brücke betrat. Außer Acroni – Anfang vierzig, sportliche Figur, leicht ergrauendes blondes Haar mit beginnender Halb­glatze – befanden sich noch zwei weitere Offiziere auf der Brücke an ihren Plätzen, Uhuta Nyora, Kommunika­tion, und Hisulu Pachokov, Navigation.

    „Erster Offy auf Brücke!“, meldete sie, ohne anzuhalten, und erhob drohend einen Finger; wütend funkelten ihre asiatischen, nahezu schwarzen Augen. „Käpt’n, wenn das eine verdammte Übung ist, ich schwöre …“

    „Ist es nicht“, unterbrach der Kapitän Jamie-Lee, kurz bevor sie ihren Platz erreichte.

    Sie stockte kurz. „… dann … ja, äh, haben Sie wohl Glück gehabt …“

    Acroni wandte sich dem großen Bildschirm zu, auf dem die computergenerierten Umrisse und Daten eines fremden mittelgroßen Raumschiffes zu sehen waren. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihr aggressiv-übellauniges Auftreten und den … ‚Offy‘ gutheißen soll, aber verschieben wir das auf später. Wir werden wahrscheinlich angegriffen.“

    „Fuck!“, entfuhr es Jamie-Lee.

    Acroni nickte. „Das fasst unsere Situation ganz gut zusammen. Gute Auffassungsgabe.“

    Nun hellwach bediente sie ihre Konsole und studierte verschiedene Daten, ohne auf Acronis Bemerkung einzugehen. „Wer sind die?“

    „Das Schiff ist eine uns unbekannte, vermutlich stark modifizierte Schiffsklasse, keinerlei Kennung“, erläuterte der Kapitän. „Sind seit einigen Minuten auf Kollisionskurs mit uns, theoretische Kollision in vier Minuten zwan­zig; ihre Waffensysteme sind aktiv, wir aber wohl noch außerhalb ihrer Reichweite. Sehr wahrscheinlich Piraten.“

    „Was wollen die von uns? Wir sind ein verdammtes Forschungsschiff.“

    „Das wüsste ich auch gern. Bisher antworten sie nicht auf unsere Kontaktversuche. Was erzählen Ihnen Ihre Scanner, Corc?“

    „Die Auswertung dauert noch einen Moment … Jetzt! Äh … Waffen wohl großteils auf mittlere Entfernung optimiert; verfügen über Torpedos – oder zumindest deren Abschussrohre –, möglicherweise schnellere als bei Zivilschiffen üblich, starke Vlaserwaffen. Offenbar leicht veralteter Vloxantrieb und zwei, eher drei AVloRs*. Der Antriebssignatur nach sieht es so aus, als ob sie ihren Antrieb gerade voll ausreizen; wir könnten versuchen, ihnen schlicht zu entkommen.“

    „Leider nicht möglich“, entgegnete der Navigationsoffizier Pachokov, „der Vloxantrieb kann momentan nicht auf hundert Prozent laufen, da nur ein AVloR in Betrieb ist. Wir wollten nur die Distanz zum nächsten Sternentor überbrücken, da kommt es nicht auf eine halbe Stunde mehr oder weniger an.“

    „Shit! Zum Glück hab nicht ich diese Entscheidung getroffen. Dann ballern wir die ab?“

    Der Käpt’n wandte sich kopfschüttelnd an Jamie-Lee. „Sie haben eben selbst festgestellt, dass die besser bewaffnet sind als wir.“

    „Jaja, aber ein paar gezielte Schüsse auf deren Antrieb … mit etwas Glück kann uns das einen ausreichenden Vorteil verschaffen. Sie kommen etwas seitlich auf uns zu, sollte machbar sein.“

    „Und mit Pech ‚ballern‘ die uns ab“, warf Offizierin Uhuta Nyora ein. „Haben deren Waffen nicht eine größere Reichweite als unsere?“

    Jamie-Lee nickte. „Schon, aber die wollen ja Beute machen, also werden die uns nicht gleich mit allem, was sie haben, weghauen. Wir könnten unsere Waffensysteme erst im letzten Moment aktivieren, wenn sie in Reichweite kommen, vielleicht schießen sie dann nicht zuerst.“

    „Etwas viele ‚vielleicht‘ und ‚mit Glück‘ für meinen Geschmack.“ Acroni wirkte unzufrieden, fällte dann aber eine Entscheidung. „Nun gut, wenn die Piraten in Reichweite unserer Vlaser kommen, werden wir aktiv. Wir schießen zwei Tirilinitium-Torpedos vor, nein: auf ihren Bug, das lenkt sie hoffentlich etwas ab, wenn sie die abschießen. Kurz danach alle Vlaser auf deren Antrieb feuern. Corc, wehe, Sie treffen nicht!“

    „Fuck! Ich bin Wissenschaftsoffizier, kein Kampfpilot!“

    „Sind Sie sicher? Bei Ihrer Ausdrucksweise hätte ich auf Letzteres getippt. Und es war Ihre Idee. Nun ist es Ihre Verantwortung.“

    „Fic– … Shit, ich kündige!“


    * AVloR = „Anti-Vloxyonen-Reaktor“; Hi-Tech-Energieversorgung


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    Das siebte Türchen ist aus matt beschichtetem grauen Metall hergestellt und führt in einen hell erleuchteten Raum mit etlichen Kontrollkonsolen. Es liegt Spannung in der Luft.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 2


    „Notiert. Am Ende unserer Mission werden Sie freigestellt. Planmäßig in elf Standardmonaten.“

    „Sehr witzig.“ Jamie-Lee begann auf ihrer Konsole Befehle einzutippen. „Ich programmiere die Waffen wie besprochen.“ Sie zögerte einen Moment. „Hm … ich denke, wir haben nicht genug Energie für alle Vlaser? Pachokov?“

    „Richtig“, antwortete der promt, ohne von seinem Bedienfeld aufzublicken, „sobald die Waffensysteme aktiviert werden, muss ich die Antriebskraft auf fast 60 Prozent des jetzigen Wertes reduzieren. Kurz darauf werden wir für einige Minuten deutlich langsamer werden.“

    „Wie kurz darauf?“

    „Etwa fünf Sekunden.“

    „Zweigen Sie zunächst nur so viel Energie ab, wie die Torpedorohre brauchen, erst zwölf Sekunden nach dem Launch den Rest für die Vlaser. Nach den Vlaserschüssen so bald wie möglich wieder alles auf den Antrieb.“

    „Wird gemacht. Fremdes Schiff kommt übrigens in … 60 Sekunden in Reichweite unserer Waffen. Wie viele Vlaserschüsse planen Sie?“

    „Sechs je Vlaser.“

    „Ui … danach brauchen die noch eine gute halbe Minute Energie zum Kühlen, erst dann kann ich den Vlox wieder füttern.“

    „Fuck! Was für’n alten Scheiß haben wir denn an Bord?“

    Der Kapitän schaltete sich in die Diskussion ein: „Der ‚alte Scheiß‘ ist vorwiegend für Notfälle gedacht, um Asteroiden, außer Kontrolle geratene Sonden oder Weltraummonster unschädlich zu machen, nicht Hi-Tech-Piratenschiffe. Zur Erinnerung: Dies ist ein Forschungsschiff.“

    „Kackscheiße! Sobald ich Admiral bin, werde ich das als Erstes ändern!“

    Acroni zog eine Augenbraue in die Höhe, schwieg jedoch.

    „Okee …“ Jamie-Lee tippte erneut etwas auf ihrer Konsole ein. „Dann nur je vier Schüsse. Wie lange dann für die Kühlung, Pachokov?“

    „Moment … Etwa 20 Sekunden. Und jetzt noch 30, bis die in Reichweite sind.“

    Jamie-Lee seufzte. „Nicht gut, aber besser …“

    „Nachricht vom fremden Schiff“, unterbrach Nyora die anderen, „ohne Bild, Computerstimme wiederholt nur: ‚Antrieb stopp! Gebt auf! Flossen hoch!‘“

    „Flossen hoch?“, wiederholte Acroni ungläubig.

    „Piraten mit Humor …“ Jamie-Lee sah nur für einen Augenblick von ihren Anzeigen auf. „Denen wird das Lachen vergehen, wenn ich deren Antrieb wegpuste.“

    „Dann mal Weidmanns Heil! Nyora, versuchen Sie denen nochmal zu erklären, dass wir ein Forschungsschiff sind.“

    Mit einem „Aye, Käpt’n“ wandte die sich ihrem Terminal zu.

    „In zwölf Sekunden in Reichweite“, meldete Pachokov kurz darauf.

    „Nyora?“, fragte Acroni.

    „Keine Antwort, immer nur dieses ‚Flossen hoch‘.“

    „Dann Feuer frei wie besprochen, Corc!“

    „Aye. Aktiviere Waffen. Torpedo-Launch in drei Sekunden.“

    „Verstanden, bereit“, antwortete Pachokov.

    Nach einem Tastendruck von Acroni war nun auf dem großen Bildschirm eine annähernd echt wirkende Computeranimation ihres eigenen Raumschiffes und des noch relativ fernen Piratenschiffes zu sehen, umrahmt von allerlei technischen Daten.

    „Torpedos, Feuer!“, meldete Jamie-Lee. Fast sofort waren auf dem Bildschirm die beiden Torpedos als rote Dreiecke zu sehen, wie sie sich rasch dem Piratenschiff näherten. „Jetzt gehts lo-hos, jetzt gehts lo-hos“, sang sie leise, vollkommen in ihrer Aufgabe versunken.

    „Etwas mehr Ernst bitte!“, forderte Acroni, konnte sich ein Grinsen aber nur mit Mühe verkneifen.

    „Aye, Käpt’n Spaßbremse! – Noch fünf Sekunden bis Vlaser.“

    „Aye“, bestätigte Pachokov. Inzwischen hatten die Torpedos auf dem Bildschirm gut die Hälfte der Distanz zum Piratenschiff zurückgelegt. Dann war zu sehen, wie mehrere Vlasersalven der Piraten die Torpedos trafen, die daraufhin wirkungslos im leeren All explodierten.

    „Wie erwartet. Vlaser, F–“ Weiter kam Jamie-Lee nicht.


    Eine starke Erschütterung erfasste das Schiff, wodurch Acroni fast einen Meter weit aus seinem Kommando­sessel geschleudert wurde. Die Beleuchtung auf der Brücke fiel aus – nur die Instrumente, das rote Alarmblinken und der große Bildschirm erhellten den Raum minimal – und wurde etwa zwei Sekunden später durch eine schwa­che Notbeleuchtung ersetzt.

    „Schadensbericht!“, forderte Acroni, während er sich aufrappelte. Auf dem großen Bildschirm blinkten mehrere rote und gelbe Symbole – allesamt auf dem Abbild des eigenen Schiffes.

    „Vloxantrieb stark beschädigt, Notabschaltung“, meldete Pachokov. „Treffer durch mindestens fünfzehn Vlaserschüsse. Zum Glück war die Rückkopplung auf den AVloR wegen der Energiereduzierung nur minimal, hier nur geringer Schaden, dennoch Notabschaltung durch Schiffscomputer. Geschwindigkeit null in etwa einer Minute erreicht.“

    Jamie-Lee setzte den Bericht fort: „Zeitgleich wurden drei unserer Vlaser zerstört oder erheblich beschädigt. Wir konnten nur zwei, drei Schuss abgeben, die kaum Schaden verursacht haben, bevor unsere Vlaser zerbröselt wurden oder wegen der AVloR-Notabschaltung nicht mehr schießen konnten. Scheiße! Wieso klauen die Ärsche meine Idee und verbessern die auch noch?“

    „Jemand verletzt?“, fragte Acroni; reihum verneinten alle Anwesenden. „Schiffstech, Lagebericht! Gibt es Verletzte?“, forderte er dann über die SchiffsComm.

    Es dauerte einige Sekunden, bis sich über Lautsprecher jemand meldete: „Fulu hier. Lage unter Kontrolle, dass unser Antrieb futsch ist, wissen Sie sicher schon, Käpt’n. Zweiter AVloR wurde aktiviert, steht in vierzehn Minu­ten zur Verfügung, bis dahin ist die Basis-Energieversorgung durch den Notfall-Antimateriereaktor sichergestellt; ohne gründlichen Check sollten wir den beschädigten AVloR nicht reaktivieren. Vier, nein, fünf Verletzte, nichts zu Ernstes. Mediteam ist angefordert … korrigiere: trifft gerade ein.“

    „Gut. Ist der Vloxantrieb reparabel?“, fragte Acroni.

    „Ich denke ja, aber das wird sechzehn oder mehr Stunden dauern und alle unsere Minibots und Bots brauchen und sämtliche 3D-Drucker werden non-stop laufen müssen, wenn es so schnell wie möglich gehen soll. Für die Vlaser oder andere Reparaturen haben wir dann kaum Kapazitäten frei.“

    „Neue Nachricht vom Piratenschiff über Hypervloxcom“, meldete Nyora, „diesmal mit Videosignal.“

    Acroni überlegte kurz. „Lassen Sie sie noch warten. Fulu, Antrieb so schnell wie möglich reparieren, geben Sie Ihr Bestes.“

    „Aye, Käpt’n, immer.“

    „Corc, Pachokov“, fuhr der Kapitän fort, „versuchen Sie so viel wie möglich mit unseren Scannern über die Piraten rauszufinden, vielleicht lässt sich auch deren Com-Signal nutzen. Corc, halten Sie zumindest einen Vlaser aktiv, falls die Torpedos auf uns schießen.“

    „Aye“, bestätigten beide.

    Auf dem großen Bildschirm blitzte eine kurze Vlaseranimation auf und ein gelbes Symbol wechselte zu rot.

    „Shit! Ein bisher nur beschädigter Vlaser ist jetzt … verdampft … vermutlich“, meldete Jamie-Lee.

    „Da ist wohl jemand ungeduldig. Video-Nachricht anzeigen!“

    Nach einem „Aye“ von Nyora wurde der bisherige Inhalt des großen Bildschirms in einer schicken, völlig überflüssigen Animation verkleinert an den rechten Rand verschoben. Die linke Hälfte zeigte nun die Brücken­ansicht des Piratenraumschiffes.

    Im Hintergrund waren etwas unscharf drei geschäftige Crewmitglieder in uneinheitlichen Overalls an ihren Plätzen zu sehen. In der Raummitte stand leicht breitbeinig die offensichtliche Kapitänin der Piraten, beide Hände in die Hüften gestemmt. Sie trug einen auffällig großen, schwarzen Dreispitz-Admiralshut mit breiter Goldborte, wie er im 17. und 18. Jahrhundert auf der Erde üblich war. Sie hatte offenbar gerade mit einem der anderen Piraten gesprochen und wandte sich nun ihrem Bildschirm und der Kamera zu; ein knapp unterarmlanger hellbrünetter Pferdeschwanz mit blutrot gefärbten Strähnen zuckte dabei an ihrem Hinterkopf. Passend dazu trug sie einen Overall mit blutrot-schwarzgrauem Tarnmuster. Eine Augenklappe bedeckte ihr linkes Auge.

    „Ahoi-a! So, findet der gnädige Herr endlich Zeit für uns, ja?“, sagte sie mit einem Grinsen, das an einen Haifisch erinnerte.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das achte Türchen ist aus genauso matt beschichtetem genauso grauen Metall hergestellt und führt in einen genauso hell erleuchteten Raum mit etlichen Kontrollkonsolen. Es liegt auch hier Spannung in der Luft.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 3


    Acroni räusperte sich. „Wir mussten uns erst um Schäden und Verletzte kümmern.“

    Ihr Grinsen wich einer bedauernden Miene. „Oh, das tut mir leid … Naah! Ist gelogen.“ Gleichgültig zuckte sie mit den Schultern. „Sie haben zuerst geschossen, also heulen Sie jetzt nicht rum. Ich kann Ihnen aber verraten, dass die Reparatur der atomisierten Vlaser sich nicht lohnt. Kaufen Sie sich irgendwo neue. Ich nehme mal an, Ihren Antrieb kriegen Sie wieder hin?“

    „Es wird dauern, aber ja.“

    Sie nickte. „Gut. Andernfalls wäre es gnädiger, euch wegzuschießen, statt euch hilflos im All herumtreiben zu lassen.“

    „Oha, eine Piratin mit Herz?“

    Der Anflug eines Lachens durchzuckte ihr Gesicht. „Übertreiben Sie’s mal nicht mit dem Flirten. Keine Chan­ce! Mit wem habe ich eigentlich das Vergnügen und auf welche Beute kann ich mich freuen?“

    „Kapitän Alfan Crass Acroni, Kommandant der CRSS Ententeich der Konföderation. Wir …“

    „Entenfleisch?“ Die Stimme der Piratin überschlug sich fast vor Überraschung.

    „Nein, Ententeich. Teich wie Tümpel oder See.“

    „Hm, nicht viel besser. Wer hat sich den Namen …?“ Sie schloss kurz ihr sichtbares Auge und schüttelte den Kopf. „Naah! Ich glaub’, ich will’s nicht wissen.“

    „Nun, es gibt gewisse Namenskonventionen der Konföderation für Forschungsschiffe und–“

    Heiliger Grog!“, rief die Piratin dazwischen und verdrehte ihr Auge. „Ich. Will’s. Nicht. Wissen! Okáy?“ Sie seufzte und fuhr fort, ohne eine Antwort abzuwarten: „Zurück zum Thema: Meine Beute. Was hat Ihr Schiff mir zu bieten, Käpt’n … Makkaroni?“

    „Acroni.“

    Jamie-Lee konnte einen Lachanfall gerade so verhindern und gluckste für einige Sekunden vor sich hin.

    „Wie auch immer. Also?“ Die Piratin machte mit einer Hand eine auffordernde Geste.

    „Wie wir Ihnen seit etwa 15 Minuten mitzuteilen versuchen, ist die Ententeich ein Forschungsschiff. Abgesehen von technisch-wissenschaftlichen Gerätschaften dürften wir kaum etwas an Bord haben, das für Sie von Interesse sein wird.“

    Sie winkte gelangweilt ab. „Papperlapups! Was glauben Sie, wie oft ich das schon gehört habe? Selbst wenn Ihre Story vom Forschungsschiff stimmt, düsen Sie sicher nicht zum Vergnügen durchs All. Ihre Konföderation wird brennend daran interessiert sein, neue Rohstoffe zu erschließen. Und natürlich bringen Sie einige Proben mit zu Ihrem Oberboss – vielleicht sogar ein paar Tonnen Osimavium? Da würde ich alles andere in Ihrem Frachtraum sogar unangetastet lassen. Deal?“ Lächelnd streckte sie der Kamera die Hand zum Handschlag entgegen.

    Acroni schüttelte den Kopf. „Wir sind … waren erst auf dem Weg in unser Zielgebiet, natürlich haben wir dann noch keinerlei Proben dabei.“

    „Haipisse!“ Enttäuscht ließ sie ihren Arm sinken, bevor sie ihn erneut in die Hüfte stemmte – offenbar ihre Lieblingspose. „Sie sind ein richtiger Käpt’n Spaßbremse, wissen Sie das?“ – Im Hintergrund auf der Ententeich-Brücke war ein Glucksen zu hören. – „Muss ich also rüberkommen und mir Ihren Frachtraum ansehen? Wenn Sie gelogen haben, verabschieden Sie sich schon mal voneinander!“

    Acroni zuckte mit den Schultern. „Warum soll ich lügen? Sie würden zum Plündern sowieso hierher kommen.“

    „Pah! Wir plündern nicht. Wir lagern nur ein wenig um.“ Abermals zeigte sie das Haifischgrinsen. „Dann haben Sie mehr Platz für weitere Proben. Klingt das nicht gut?“

    „Nun ja, dann kommen Sie eben rüber und überzeugen sich selbst. Danach lassen Sie uns am besten in Ruhe.“

    „Ho-a, ho-a!“ Die Piratin streckte einsprucherhebend den Zeigefinger ihrer linken Hand in die Höhe. Den Handrücken zierte ein Ankertattoo, dessen Kette sich als Dornenranke den Unterarm hinaufzog und unter dem Ärmel des Overalls verschwand. „Nicht so schnell. Erst überzeugen, dann sehen wir weiter. Aber glauben Sie ja nicht, mir wär’ entgangen, dass weiterhin zwei Ihrer Vlaser – übrigens die letzten, die Sie haben – aktiviert sind.“

    „Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Falls uns Torpedos entgegenkommen. Es soll hier welche geben, habe ich gehört.“

    „Ha! Käpt’n Oberschlau? Hm … na gut, einen erlaube ich Ihnen, der Torpedos wegen. Aber falls Sie darüber nachdenken, unser Shuttle abschießen zu wollen, informiere ich Sie darüber, dass momentan all unsere Vlaser auf Ihre hübsche Brücke ausgerichtet sind. Die ist – mitsamt Ihnen allen – schneller atomisiert, als unser Shuttle auch nur einen Kratzer abbekommt. Capito, Capitano?“

    Acroni ließ sich keinerlei Überraschung anmerken und überlegte nicht lange, bevor er Jamie-Lee, die sich ihm bereits fragend zugewandt hatte, zunickte. Mit einem „Aye“ widmete sie sich erneut ihrer Konsole.

    Die Piratin sah auf eine Anzeige etwas entfernt neben ihrer Kamera, dann wandte sie sich nickend wieder Acroni zu. „Okáy. Ihre Cappuccino-Braune da hinten hört ja aufs Wort.“

    „Bitch!“, kam es halblaut von Jamie-Lee, gefolgt von: „Piratenhut-Fetischistin!“

    „Haha! Auf den Mund gefallen ist sie auch nicht. Gefällt mir. Aber sag ja nichts gegen meinen Hut! Sonst bin ich übel gelaunt – und das willst du nicht erleben.“

    Acroni veränderte seine Körperhaltung so, dass er nun Jamie-Lee größtenteils verdeckte. „Könnten wir uns vielleicht auf das Wesentliche konzentrieren …?“

    Die Piratin nickte. „Okáy, back to business. Ich schicke meine Leute rüber. Sobald mehr als einer Ihrer Vlaser aktiviert ist oder irgendwas in unsere Richtung gefeuert wird, ist Ihre Brücke atomisiert.“

    Nun war Acroni doch überrascht. „Oh, Sie beehren uns nicht selbst?“

    Mit einem wiederholten Haigrinsen schüttelte sie den Kopf. „Da muss ich Sie enttäuschen. Meine Jungs und Mädels wissen, was sie tun. Oh, und lassen Sie den Comm-Kanal offen. Ich will sehen und hören, was Sie mit Ihrer Crew besprechen. Und sollte einer Ihre Brücke ohne meine Erlaubnis verlassen oder betreten, dann …“

    Acroni winkte ab. „Ich weiß: ist unsere Brücke atomisiert.“

    „Schön, dass wir uns so gut verstehen. Kommt leider zu selten vor.“ Nach einem Augenzwinkern in Richtung Acroni wandte sie sich an ihre Crew und gab Anweisungen. Ihr Audio-Kanal war dabei stumm geschaltet.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das neunte Türchen ist ebenso aus genauso matt beschichtetem genauso grauen Metall hergestellt und führt in einen genauso hell erleuchteten Raum mit etlichen Kontrollkonsolen. Es liegt erneut Spannung in der Luft.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 4


    Etwa eine Stunde später. Auf allen wichtigen Stationen der Ententeich, wie Frachtraum, Maschinenraum, Shuttle­deck, Kantine und Brücke, befanden sich schwer bewaffnete Dreier- und Viererteams der Piraten. Ein komplett in Schwarz gekleideter Pirat mit halblangen schwarzen Haaren unter seiner ebenso schwarzen Spaceballmütze be­endete von der Ententeichbrücke aus via Videoverbindung den Bericht an seine Kapitänin mit kratziger Stimme:

    „… etwa zwei Dutzend Forschungssonden, zehn Land-Erkundungsbots und noch nicht genau erfasster, meist ziemlich sperriger Technikkram in den Laboren. Das war’s.“

    „Mövenschiss!“, fluchte die sichtlich unzufriedene Piratenkapitänin mit einem Schmollmund. „Und ihr habt nichts übersehen, Tarf? Irgendwelche Verstecke vielleicht?“

    Er kratzte sich nachdenklich an einer langen Narbe, die knapp unterhalb des Auges seine linke Gesichtshälfte dominierte. „Nein, es sei denn, die AVloRs sind nur Fake und in Wirklichkeit ultraverdichtende Osimavium-Container.“

    Sie hob nachdenklich einen Zeigefinger erst an ihre Schläfe, dann in Richtung Kamera. „Das muss es sein! Sieh sofort nach!“

    Der Blick des Piraten in Schwarz verfinsterte sich. „Verarschen kannst du andere, Boss. Versuch es mit Yolk, der hört sicher aufs Wort.“

    Sie zuckte bedauernd mit den Schultern und ließ die Hand sinken. „Du kennst mich zu gut. … Und deren Shuttles?“

    „Abgesehen von Notrationen und Forschungstech sind die leer. Und die Shuttles selbst nützen uns nicht viel, die drei kleinen sind fast wertlos und das größere zu sperrig.“

    Die Piratin seufzte. „Ich kann’s kaum glauben. Hat Käpt’n Makkaroni tatsächlich die Wahrheit gesagt …“

    „Acroni.“

    „Was?“ Die Piratin warf dem Ententeich-Kapitän über den Bildschirm einen irritierten Blick zu.

    „Mein Name. Acroni, nicht Makkaroni.“

    „Ja? … Egal.“ Sie schien zu überlegen, ihr Blick schweifte ziellos umher.

    „Nun“, begann Acroni das Thema zu wechseln, „ich möchte nicht ungastlich erscheinen, aber wenn Sie Ihre Leute nun zurückbeordern würden, könnten wir uns endlich um die nötigen Reparaturen und die Fortsetzung unserer Mission kümmern.“

    Die Piratin hob eine Hand. „Naah! Nicht so schnell! Irgendwas von Wert werden wir schon noch finden, sonst lohnt sich der ganze Aufwand ja nicht. Auch wir Piraten wollen unsere Zeit nicht verschwendet wissen. Ich bin mir sicher, Sie verstehen das.“ Erneut zeigte sie ihr Haifischgrinsen.

    „So? Ich dachte, sogar unsere Shuttles sind wertlos?“

    „Ja ja, ich bin mir sicher, die waren für Ihre Konföderation teuer genug. Und sicher auch Ihre Sonden und der ganze Forschungskram. Aber auf dem Schwarzmarkt gibt’s für solchen Kram praktisch keine Nachfrage, was für uns heißt: wertloser Schrott. Gut, ein paar Schatzjäger und Glücksritter können sowas brauchen, aber die kaufen nur den ganz billigen Müll aus’m letzten Jahrhundert, der schon hundertmal repariert wurde, die Geizhälse.“

    Eine Atempause nutzte der Pirat in Schwarz. „Dann entscheide dich endlich, Berry. Oder wie lange sollen wir hier noch unsere Zeit verplempern?“

    Nach einer kurzen Pause mit missbilligendem Blick zog die Piratin eine Augenbraue in die Höhe. „Oh, hat der noble Herr Wador etwa heute noch was vor? Sorry, Euer Date muss wohl noch etwas warten, Hochwürden.“

    Wador wollte etwas erwidern, doch seine Kapitänin gebot ihm mit einer schnellen Handgeste zu schweigen. „Je häufiger du mich unterbrichst, desto länger dauert es. Also: Nehmt achtzig Prozent ihrer Tirili-Torpedos und fünf ihrer Reparatur-Bots und zehn Minibots mit, dafür gibt’s auf dem Schwarzmarkt noch am meisten.“

    Wador runzelte die Stirn. „Warum nicht alle Torpedos?“

    Berry zuckte die Schultern. „Aus Prinzip? Der Käpt’n hier hat nicht gelogen, ein bisschen Selbstverteidigung will ich ihm lassen.“

    Wador schüttelte kaum merklich den Kopf und wandte sich an eine Piratin, die mit drei weiteren Piraten die Ententeichbrücke bewachte. Sie trug ein weinrotes Bandana, unter dem ein paar schwarze Locken hervorlugten, und ihre restliche Kleidung schien bunt aus verschiedenen Uniformteilen zusammengewürfelt. „Jolyn, du hast den Boss gehört. Kümmer’ dich drum. Und schick’ Yolk hierher.“

    „Aye!“ Die Angesprochene nickte und verließ die Brücke.

    „Wir haben noch eine weitere Möglichkeit“, begann die Piratenkapitänin. „Käpt’n Maroni, Sie haben doch sicherlich etliche gut ausgebildete, vielleicht sogar berühmte Wissenschaftler an Bord, die Ihrer Konföderation einiges wert sein sollten?“

    „… die Sie entführen und uns gegen Lösegeld zurückgeben wollen?“, vermutete Acroni. „Da muss ich Sie enttäuschen. Für fast alle Wissenschaftler an Bord ist dies die erste Mission nach ihrem Studium und sie sollten bei uns erste praktische Erfahrungen sammeln; der Rest sind deren Lehrer – Schreibtischforscher. Von berühmt kann also keine Rede sein. Sie würden kaum mehr Lösegeld bekommen als für einen entführten Abenteurer.“

    Ein vermutlich von allen erwartetes „Möwenschiss“ oder ähnliches der Piratin blieb überraschenderweise aus. „Hm, dann Plan B … um Sie nicht zu enttäuschen. Wir nehmen Ihre beiden Offizierinnen mit, da Sie Ihren Navigator und Ihren Cheftechniker sicher noch am meisten brauchen; also die Blonde am Headset und – vor allem – Ihre Cappuccino-Braune; auf die freu’ ich mich schon besonders.“ Dem folgte ihr Haigrinsen.

    Jamie-Lee sprang auf und rief mit drohend erhobener Faust: „Du Zyklopenbraut! Noch ein Cappuccino-Vergleich und du brauchst eine zweite Augenklappe, sobald ich auf deinem Schiff bin!“

    Berrys Grinsen wurde noch ein wenig breiter. „Ach wie süüüß! Sind wir jetzt schon beim Augenauskratzen? Das ging ja schnell, kleiner verhinderter Vulkan.“ Noch bevor Jamie-Lee eine Idee hatte, was sie darauf erwidern konnte, fuhr die Piratin fort: „Wie möchte Eure durchlauchtigste Hochwohlgeborenheit denn genannt werden? Edelste Lady von und zu … Cappuccino?“, und begann zu lachen.

    Jamie-Lees erstaunlich ruhige, wenn auch gepresste Entgegnung mit finsterer Miene ging im Gelächter unter, zu hören war nur etwas wie „tote Piratin“. Kapitän Acroni versuchte währenddessen mit nur halb verstohlenen Handzeichen sie zur Zurückhaltung aufzufordern, doch Jamie-Lee brodelte innerlich und ignorierte ihn. Die Piraten auf der Ententeichbrücke schien das Schauspiel zu amüsieren, ihrem Grinsen nach zu urteilen; lediglich Tarf Wador, der Pirat in Schwarz machte ein grimmiges Gesicht und rollte ab und zu genervt mit den Augen.

    „O…káy.“ Die Piratin schnappte nach Luft und schien ihren Lachanfall in den Griff zu bekommen. „Ich seh schon, du glaubst daran, dass Blicke töten können. Da du offenbar keinen Cappuccino magst und das auch lang­weilig wird, wie wäre es mit … zornig zeternde Zimtstange? Hey! – Stabreim! Und Zimt passt farblich auch besser zu deiner Haut …“ Mit ihrem Zeigefinger schien sie Jamie-Lee via Bildschirm durchbohren zu wollen.

    „Nicht … viel … besser!“, presste Jamie-Lee hervor, ihre Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt.

    „Aber ein bisschen, gib’s zu!“

    „Zur zweiten Augenklappe wirst du bald auch ein Holzbein brauchen!“ Sie fuhr mit der flachen Hand durch die Luft, als wolle sie damit Berrys Bein abhacken. „Als Piratin musst du ja dann besonders stolz sein, die Hälfte der Uralt-Klischees bedienst du ja jetzt schon.“

    „Hah! Trau dich! Das werden wir noch sehen. – Aber sag bloß, du magst auch keinen Zimt? Du weißt nicht, was gut ist!“

    „Ich will nur nicht reduziert auf meine Hautfarbe mit Kaffee oder Gewürzen verglichen werden. Ich habe – verdammt nochmal – einen Namen!“

    „Tja …“ Berry legte den Kopf schief und machte ein Gesicht, als müsse sie ein ins Spielen vertieftes Kleinkind daran erinnern, dass nun Schlafenszeit sei. „Da wären wir beim Kern des Problems: Du wurdest mir nicht vorge­stellt. Beschwer’ dich bei deinem Käpt’n.“ Begleitet von ihrem Haigrinsen deutete sie anklagend auf Acroni.

    „Ich denke nicht, dass–“, begann Acroni und wurde sogleich von Jamie-Lee unterbrochen, als sie Berry angiftete:

    „Du findest schneller eine Ausrede, wer schuld ist, als ein Photon den schnellsten Weg raus aus dem Zentrum einer Supernova!“

    Berry schlug theatralisch die Hände über ihrem Admiralshut zusammen und ließ verzweifelt ihr unverdecktes Auge rollen. „Heiliger Kraken! Ein Nerd, sie ist ein verfluchter Nerd! Warum mir? Warum?!“ Sie schien einer Gottheit irgendwo außerhalb ihrer Brücke mit der Faust zu drohen.

    „Lieber Nerd als Piratin mit bald zwei Holzbeinen!“


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    Das zehnte Türchen ist ebenso aus genauso matt beschichtetem genauso grauen Metall hergestellt und führt in einen genauso hell erleuchteten Raum mit etlichen Kontrollkonsolen. Es liegt erneut Spannung in der Luft, gepaart mit einigem Ärger.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 5


    „Lass dir mal neue Drohungen einfallen!“, wandte Berry sich wieder an Jamie-Lee. „Und lieber hätte ich zwei Holzbeine, als nicht zu wissen, wie man einen Kamm benutzt, so wie du rumläufst, Nerd!“

    Unbewusst strich sich Jamie-Lee durch ihr nach wie vor verwuscheltes Haar. „Wa-as? … D-das … kommt nur durch den Scheißalarm wegen eurem Angriff!“ Schnell schaltete sie von Verunsicherung erneut in den Angriffs­modus um und drohte Berry mit geballter Faust. „Du verdammte Seerosenteichpiratin!“

    Die Angesprochene hielt kurz verblüfft inne, zog eine Augenbraue hoch – und brach in schallendes Gelächter aus, ihr Pferdeschwanz zuckte wild an ihrem Hinterkopf hin und her. Erst nach einer halben Minute beruhigte sie sich, schnappte aber noch nach Luft, während sie sich ein paar Lachtränen aus den Augen – auch unter der Augen­klappe – wischte. „Nicht … schlecht; wäre dies … ein Spiel, gäbe es dafür einen halben Punkt.“

    Jamie-Lee zog die Augenbrauen zusammen. „Hä? Warum nur einen halben?“

    „Hah! Weil ich mehr funktionierende Vlaser habe als du und hier die Spielregeln mache! … Und weil Entensee­piratin noch besser gewesen wäre, oder wie euer Schiff nochmal heißt.“

    „Ententeich“, korrigierten Acroni und Jamie-Lee wie aus einem Munde.

    Berry nickte. „Is’ das Gleiche. Aber das bringt uns des Rätsels Lösung keinen Schritt weiter. Wie heißt du denn nun, Zimt-Nerd ohne Kamm?“

    „Jamie-Lee Corc.“ Ihr Blick hatte sich erneut verfinstert und ihrer Stimme verlieh sie einen gefährlichen Unter­ton. „Merk ihn dir gut, denn ich werde dir den Tod bringen!“

    „Okáy …“ Sie grinste und war offensichtlich keineswegs beeindruckt. „Übernimm dich damit mal nur nicht, das haben schon ganz andere versucht. Und, wie du siehst, nicht sehr erfolgreich.“ Ihre Hände in die Hüften ge­stemmt fuhr sie mit leicht nachdenklichem Blick fort: „Ich bin etwas enttäuscht. Ich habe keine corky Jamie-Lee erwartet, eher etwas … Asiatischeres?“

    Jamie-Lee ließ die Augen rollen und zuckte mit den Schultern. „Du hast Sorgen …! Ja, sorry, dass meine Eltern mich nicht Mailin genannt haben.“

    Berry lachte. „Besser so, Mailin passt erst recht nicht zu dir …“

    „Sagt ausgerechnet die Piratin mit dem furchterregenden Namen Berry! Hallo? Wer soll denn vor winzigem Obst Angst haben?“

    „Hah! Genau diese totale Unterschätzung ist beabsichtigt. Manche scheinbar harmlose Beeren sind so giftig, dass man mit ihnen ganze Armeen auslöschen könnte.“

    „Klar, wenn die sich an ein paar Tonnen davon überfressen. Was sagt das jetzt über dich aus, unwiderstehlich süßes, tonnenschweres Giftbeerchen?“

    „Heh, nenn mich besser nicht ‚süß‘ oder irgendwas mit ‚-chen‘ …“, sie runzelte die Stirn, „oder ‚tonnenschwer‘ und noch weniger all das in einem Satz, wenn du noch ein Weilchen länger leben willst!“ Ihr war nicht anzusehen, ob sie die Drohung ernst meinte oder nicht.

    „Tot bringe ich dir kein Lösegeld ein.“

    Berry zuckte mit den Schultern. „Das wär’ mir dann schnuppe; versteck dich also nicht dahinter. – Da wir gerade beim Thema Lösegeld sind: Wir sollten nun damit endlich vorankommen. Sonst bricht bei euch bald der nächste Vulkan aus, glaub’ ich.“ Sie grinste leicht und deutete mit einem Nicken in den hinteren Bereich der Ententeich-Brücke. „Mein hoch geschätzter Tarf hat offenbar keinerlei Verständnis für unser kleines Wort-Duell und kocht innerlich vermutlich schon.“

    Das Gesicht des Piraten in Schwarz wirkte noch grimmiger als zu Beginn des ‚Duells‘. „Zeit wird’s“, grummel­te der mit rauer Stimme.

    In diesem Moment öffnete sich die Aufzugtür. Einer der anderen Piraten richtete sofort seine Vlaserwaffe in diese Richtung und senkte sie kurz darauf wieder, als er den Neuankömmling offenbar erkannte, der mit schweren Schritten die Brücke betrat. Das Auffälligste an ihm – neben seiner kränklich wirkenden graugrünen Hautfarbe – war seine Statur, mit der er jeden Profi-Wrestler vor Neid erblassen lassen könnte; er schien fast vollständig aus Muskeln zu bestehen, die an seinen unbedeckten Armen gut zur Geltung kamen. Sein Gesicht war kantig-schroff. Wort- und emotionslos stellte er sich neben seine Kameraden.

    „Yolk“, wandte sich der schwarze Pirat an das Muskelpaket, der den Blick erwiderte, „bring die beiden Offizie­rinnen auf unser Shuttle und bewache sie. Wenn sie versuchen zu fliehen oder dich zu überrumpeln, brich ihnen die Beine. Nicht mehr! Wir brauchen sie lebend. Klar?“

    Yolk nickte und sah sich auf der Brücke um. Da es dort nur zwei Frauen gab, schien ihm klar zu sein, wer gemeint war. „Kommt!“ Er winkte die beiden mit ausdrucksloser Mimik zu sich.

    „Moment!“ Kapitän Acroni stellte sich zwischen seine zögernden Offizierinnen und die Piraten. „Es gibt noch etwas zu klären.“

    Berry stöhnte auf. „Wie Sie Ihre Offizierinnen zurückbekommen können, lässt sich auch ohne die beiden besprechen.“

    „Guter Punkt, aber das meinte ich nicht. Ich habe einen Gegenvorschlag.“

    „Abgelehnt!“, entschied die Piratin sofort. „Yolk, mach weiter!“

    „Hören Sie sich zumindest erst einmal an, was ich zu sagen habe. Sie werden meinen Vorschlag unmöglich ablehnen können.“

    Berry verdrehte ihr sichtbares Auge und seufzte erneut. „Wie ich diesen Spruch hasse! … wenn ich ihn nicht selbst verwende.“ Die Hände in die Hüften gestemmt, nickte sie Acroni mit gelangweilter Miene zu. „Ich höre.“

    Acroni lächelte, was an das Geschäftslächeln eines Gebrauchtraumschiffverkäufers erinnerte. „Nehmen Sie mich als Pfand für das Lösegeld anstelle meiner Offizierinnen.“

    Berry runzelte die Stirn. „Und das soll ich nicht ablehnen können, weil …? – Einer gegen zwei erscheint mir nicht vorteilhaft – zumal ich mit Ihrer Offizierin in den letzten zehn Minuten mehr Spaß hatte als mit irgendwem sonst in den letzten Monaten. Nichts für ungut, aber Sie scheinen eher Käpt’n Spaßbremse zu sein.“

    „Nun, einige Gründe sind nicht ganz uneigennützig. Beide Offizierinnen sind wichtiger als der Kapitän für die Fortsetzung unserer Mission. Und als dieser ist es meine oberste Pflicht, meine Crew und die Ententeich zu beschützen und die Mission durchführbar zu halten.“

    „Alles nicht mein Problem.“

    „Stimmt, aber Sie wollen wohl kaum die Existenz Ihres Schiffes aufs Spiel setzen, oder? Und Ihr Leben noch dazu.“

    Berry runzelte abermals die Stirn und legte den Kopf schief. Offenbar wartete sie auf eine Erklärung.

    Acroni fuhr fort: „Dass meine Erste Offizierin etwas … impulsiv ist, blieb Ihnen sicherlich nicht verborgen. Es dürften wohl kaum mehr als ein paar Tage vergehen, bis Sie beide sich gegenseitig an die Gurgel springen.“

    Nun schmunzelte Berry, als sie sich die potenzielle Szene offenbar vorstellte. „Gut möglich.“

    „Seien Sie sich nicht so sicher, dass Sie die Oberhand behalten würden. Es könnte Ihr Ende sein. – Und selbst wenn nicht, würde sie sich einen anderen Weg ausdenken. Und glauben Sie mir, sie würde einen finden. Sie ist genau das, was Sie einen Nerd nennen. Sie würden eines weniger schönen Morgens aufwachen und … Ihr gelieb­tes Piratenschiff wäre von innen heraus – wie war das? Ach ja: atomisiert!“

    „Aber damit würde sie sich …“

    Acroni nickte und setzte ihren Satz fort: „… mitatomisieren, ja. Impulsiv, wie sie ist, würde ihr dieser kleine Schwachpunkt in ihrem Plan erst auffallen, wenn es zu spät ist. Aber genau das macht sie zu einem unberechen­baren Risiko für Sie.“

    Jamie-Lee protestierte halblaut: „Sie wissen schon, dass ich auch hier bin?“, was ihr Kapitän jedoch nur mit einer beschwichtigenden Geste beantwortete, während Berry offenbar über die Situation nachdachte.

    „Lass dich nicht drauf ein“, forderte Tarf Wador seine Kapitänin auf, „ich bin mir sicher, er führt irgendwas im Schilde. Wenn sie immer in ihrer Zelle bleibt, kann das Impulsiv-Gör nicht gefährlich werden.“

    „Ich geb dir gleich Gör!“ Jamie-Lee stampfte mit einer Lanze gleich ausgestrecktem Arm und geballter Faust auf den Piraten zu, was Acroni jedoch unterband, indem er sich ihr in den Weg stellte und sie an den Schultern packte.

    Wortlos mit strengem Blick wartete er, bis sie sich beruhigt hatte und resigniert die Faust sinken ließ. Er gab sie mit einem Nicken frei. Kaum hatte sie einen Schritt in Richtung ihres Platzes zurückgelegt, wirbelte Jamie-Lee herum und begann erneut, auf den schwarzen Piraten loszustürmen.


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das elfte Türchen ist ebenso aus genauso matt beschichtetem genauso grauen Metall hergestellt und führt in einen genauso hell erleuchteten Raum mit etlichen Kontrollkonsolen. Es liegen wieder Spannung und Ärger in der Luft.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 6


    Doch Acroni war ebenso schnell und hielt sie diesmal am Arm fest. „Stopp! Verdammt, das ist ein Befehl!“

    „Ab–“

    „Kein Aber!“, unterbrach Acroni sie sogleich und schickte sie mit einem weiteren Nicken zurück auf ihren Platz. Diesmal gehorchte sie. Vorerst …?

    „Nettes Schauspiel“, kommentierte Wador spöttisch.

    „Naah“, widersprach Berry mit einem amüsierten Grinsen, „ich denke, das war echt. Und wann sollen sie das abgesprochen haben? – Aber ich glaube auch, dass unser Käpt’n etwas übertreibt mit Zimt-Nerds Gefährlichkeit.“

    Dies beantwortete Jamie-Lee mit einem Stinkefinger in Richtung Berry, ohne zum Bildschirm zu sehen und was die Piratin zu ignorieren schien.

    Offensichtlich war Berry nicht überzeugt und setzte bereits langsam kopfschüttelnd zu einer Ablehnung von Acronis Vorschlag an. Daher beeilte er sich mit seinem letzten Ass im Ärmel. „Für mich können Sie mindestens dreimal so viel Lösegeld bekommen wie für meine beiden Offizierinnen zusammen.“

    Berry hob hellhörig geworden die Augenbrauen an. „Tatsächlich? Sind Sie so berühmt oder einzigartig?“

    „Nein, aber Kapitäne mit genug Erfahrung für komplexere Missionen gibt es nicht wie Sand am Meer.“

    „Ach?“ Sie kniff misstrauisch das unbedeckte Auge zusammen. „Eine Ausbildungsmission für unerfahrene Jungforscher ist also so komplex, dass dafür nur ein erfahrener Käpt’n in Frage kommt?“ Sie trat näher an ihren Bildschirm sowie die Kamera und musterte Acroni intensiv. Es wirkte, als lauere sie auf ein Zucken in seiner Mimik, um eine Bestätigung für einen Widerspruch zu finden.

    Doch diesen Gefallen tat er ihr nicht; er lächelte. „Sie glauben gar nicht, wie schwierig es ist, die Jungforscher auf den langweiligeren Abschnitten der Mission zu motivieren, andererseits ihre Erwartungen an Entdeckungen auch nicht zu enttäuschen. Aber in der Tat geht es mir mehr um Folgemissionen, die bereits in Planung sind und für die ich – neben wenigen anderen erfahrenen Kapitänen – vorgesehen bin. Angemessenen Ersatz zu finden wäre aufwendig oder würde andere Missionen gefährden.“

    Berry grinste leicht. „Ich denke, irgendwas an Ihrer Geschichte ist faul, aber okáy – Deal angenommen. Aber Jamie-Lee: Sollten sich unsere Wege noch einmal kreuzen, bist du dran, ‚Gast‘ auf meinem Schiff zu sein, das versprech’ ich dir.“

    „Wow“, sagte jemand mit gedämpfter Stimme, „sie konnte sich für drei Minuten meinen Namen merken.“

    „Werd’ nicht frech, Kleine, sonst waren die Bemühungen deines Käpt’ns, was dich betrifft, doch noch umsonst. Yolk, bring den Käpt’n auf unser Shuttle und bewache ihn. Ansonsten gilt das Gleiche wie vorhin für die Offizie­rinnen: Wir brauchen ihn lebend.“

    Während Yolk dem Kapitän stumm bedeutete, zu ihm zu kommen, wandte der sich erneut an die Piratin: „Eine Sache gibt es da noch …“

    Berry seufzte schwer. „Ich hätte es wissen müssen! – Was?!“

    „Wie soll der Austausch ablaufen und wie viel Lösegeld fordern Sie? – Und ich löchere Sie an Bord Ihres Schif­fes sowieso bei jeder Gelegenheit, bis ich es erfahre; dann können Sie es mir gleich jetzt verraten. Und müssen sich nicht wiederholen.“

    Berry überlegte mit gerunzelter Stirn und nickte schließlich. In diesem Moment legte sich eine Hand – vielmehr Pranke – schwer auf Acronis linke Schulter. „Warte, Yolk!“, griff Berry ein. Yolk rührte sich nicht weiter und beließ auch seine Pranke, wo sie sich befand.

    „Okáy. Aber ihr Offiziere hört genau zu! Wenn ich mich doch wiederholen muss, werd’ ich sauer. Also: Wir erwarten ein Lösegeld von zwölf Millionen SpaceCoins. Und–“

    „Ach was, so viel?“, unterbrach Acroni sie.

    „Sie sagten selbst, Sie seien dreimal so viel wert wie die beiden zusammen. Und Ihre Föderation wird sowieso versuchen, uns runterzuhandeln. Und wenn Sie mich nochmal unterbrechen, können Sie was erleben!“

    „Atomisiert, ich weiß …“

    Berry grinste und ließ ihre Faust mit dem Ankertattoo sinken. „Naah, diesmal nicht. Dann nehmen wir Sie alle drei mit und mir ist shiit-egal, was aus Ihrem Schiff oder Ihrer Mission wird.“ Sie atmete einmal schwer durch und fuhr fort: „Sagt Ihnen die Raumstation Mampfstern Gastromica etwas?“

    Acroni nickte. „Ist bekannt, liegt nur wenig abseits unserer geplanten Route.“

    „Gut. Ihre Leute sollten dort die Kneipe Admiral Flynt aufsuchen. Fragen Sie sich einfach durch. Fragen Sie dort nach meiner Kontaktperson, die wird Ihnen dann alle nötigen Informationen zukommen lassen, wohin das Lösegeld geht und – nach der Bezahlung – wo Ihre Crew Sie wieder einsammeln kann. Sie verhandelt auch über alle sonstigen Bedingungen oder ‚Preisanpassungen‘; na ja, Sie können es zumindest versuchen. Und kommen Sie gar nicht erst auf die Idee, sie festzusetzen oder zu beschatten; Sie werden kläglich scheitern und nur unnötige Leben riskieren, einschließlich Ihrem eigenen, Käpt’n.“

    „Und wie heißt Ihre Kontaktperson?“

    Berry zuckte mit den Schultern. „Die wechselt Namen und Aussehen so häufig wie Sie oder ich die Unterhose. Lassen Sie an der Bar einfach dezent meinen Namen fallen, dann wird meine Kontaktperson Ihre Crew – oder wer auch immer von Ihrer Föderation dort auftaucht – finden. Oh, und Ihre Leute rauschen da besser nicht schwerbe­waffnet mit zehn, zwanzig Mann rein, das wird als Angriff verstanden – und blutig beantwortet … Noch Fragen?“

    Acroni nickte. „Wie viele Berrys kennt man dort? Nicht dass sich die falsche Kontaktperson meldet.“

    „Oh, stimmt, ich hatte mich gar nicht vorgestellt. Dann sollte ich das wohl mal nachholen.“ Sie stellte sich leicht breitbeinig in Position und erhob langsam beide Arme, als wolle sie auf einer großen Bühne eine Show ankündigen, zu der sich jeden Moment der Vorhang hinter ihr öffnen würde. Mit geschlossenem Auge begann sie langsam und mit fester Stimme zu sprechen:

    „Ihr seht euch gegenüber der furchtlosen … unbeugsamen … gefürchteten …“ Mit jedem Wort wurde ihre Geste etwas theatralischer und ihre Stimme nahm an Dramatik zu. „… einzigartigen …“

    „Eingebildeten …“, warf jemand auf der Ententeichbrücke halblaut dazwischen.

    Berry zog die Stirn kraus, fuhr jedoch unbeirrt fort: „… unbezwingbaren …“

    „Übergeschnappten …“

    „Schnauze, Nerd!“, stieß Berry hervor, ohne ihr Auge zu öffnen, und präsentierte sich selbst sogleich weiter, „… blutrünstigen … und berühmt-berüchtigten …“ Sie riss ihre Arme endgültig hoch und rief der Ankündigung eines Boxkämpfers gleich: „Berryyyyyy … Rrrhadon!“

    Sie verharrte eine Weile in dieser Pose, bis sie ihr Auge öffnete. Was sie auf der Ententeichbrücke sah – ratlose, unbeeindruckte Gesichter –, schien sie zu enttäuschen; abrupt ließ sie ihre Arme sinken. Ihre neue Mimik passte perfekt zu ‚sieben Tage Regenwetter‘. Mit ungewohnt zaghafter Stimme begann sie: „Ihr … kennt meinen Namen wirklich nicht?“

    „Nope, nie gehört.“

    „Mit dir redet keiner, Nerd!“, fand Berry zu ihrer dominanteren Stimme zurück, bevor sie sich ruhiger Acroni zuwandte: „Hinter welchem verstaubten Mond seid ihr denn hervorgekrochen?“

    „Unser Mond hat zwar eine Menge Staub, aber wir kommen direkt von der Erde, manche nennen unser System auch ‚Terra‘“, antwortete Acroni. „Hm, genau genommen vom Mars, der ist im selben System – sozusagen gleich nebenan. In unserer Gegend der Galaxie sind Sie meines Wissens bisher nicht aufgefallen.“

    Berry nickte nachdenklich. „Erde … Mars … okáy, hab ich schon mal gehört. Hielt ich bisher für ’nen Mythos.“ Dann klatschte sie laut in die Hände. „Egal! Wir sollten hier vorankommen. Sie haben keine Fragen mehr? Dann folgen Sie Yolk zu unserem Shuttle und Ihre Crew ist uns in einer halben Stunde los.“

    „Eine Sache gibt es noch.“

    „Was denn jetzt schon wieder!?“, entgegnete Berry sichtlich genervt.

    „Ich müsste noch einmal in meine Kabine, danach begebe ich mich auf Ihr Shuttle.“

    Berry Rhadon kniff misstrauisch das sichtbare Auge zusammen. „Wenn es um Ihre Zahnbürste geht: Davon haben wir mehr als genug; und ja, natürlich neue.“

    Kapitän Acroni schüttelte den Kopf. „Ich benötige wichtige Medikamente. Das Ganze kann sich in die Länge ziehen und schwerkrank bringe ich Ihnen kein Lösegeld.“

    „Erst sind Sie so erfahren, dass Sie superwichtig sind, und nun schwerkrank? Wie soll das zusammenpassen?“

    „Es ist vielmehr eine Präventivmaßnahme. Ich habe eine angeborene hohe Anfälligkeit für bestimmte, norma­lerweise – aber nicht für mich – harmlose Krankheiten. Mit den Medikamenten liegt das Risiko nahezu bei null. Ohne kann ich dagegen mit etwas Pech innerhalb von Tagen im Koma liegen, auch wenn das Risiko auf einem Forschungsschiff geringer ist als auf einem dicht bewohnten Planeten.“

    „Hm …“ Berry runzelte abermals die Stirn und überlegte einige Atemzüge lang, dann nickte sie ohne deutliche Änderung des Gesichtsausdrucks. „Okáy … Tarf! Geh mit ihnen und beobachtet ihn genau. Wenn er irgendwas anfasst, das nur im Entferntesten nach Waffe aussieht, erschieß ihn. Wir nehmen dann die anderen mit. Und alles, was ansonsten nicht nach Medikament aussieht, falls er es mitnehmen will, wirfst du weg. Kontrolliere alles sehr genau!“


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Auch das zwölfte Türchen ist aus matt beschichtetem grauen Metall hergestellt und führt in einen hell erleuchteten Raum mit etlichen Kontrollkonsolen.


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    Ein Tag von vielen

    Teil 7


    „Aye.“ Der Pirat in Schwarz bedeutete dem Kapitän, sich zum Aufzug zu begeben. Auch Yolk, dessen Pranke nach wie vor auf Acronis Schulter ruhte, begann ihn in diese Richtung zu bugsieren.

    Acroni hob entschuldigend eine Hand. „Kommandoübergabe. Dann können wir sofort los.“

    Zeitgleich rollten Tarf und Berry mit den Augen, kommentierten das Ganze jedoch nicht, während Acroni auf halbem Weg zum Aufzug auf Jamie-Lee zutrat, ohne dabei Yolks Pranke loszuwerden; sie wirkte wie angeklebt.

    „Erster Offizier Corc“, begann der Kapitän, „lassen Sie alle nötigen Reparaturen durchführen und setzen Sie unsere Mission fort. Vergessen Sie den Bericht an die Admiralität wegen meiner … Abwesenheit nicht. Sie haben das Kommando bis zu meiner Rückkehr. Ich wäre erfreut, die Ententeich unversehrt vorzufinden.“ Das Letzte unterstrich er mit einem Lächeln, eine Hand legte er ermutigend auf Jamie-Lees Schulter. „Und … nun ja, ähm … nein, wir … wir … Sie schaffen das! … ja, und … wir werden uns wiedersehen.“

    Sie blinzelte etwas verunsichert und musste schlucken. „Aye, Käpt’n. Danke; ich werde mein Bestes geben.“

    „Genug!“, entschied Tarf, woraufhin Yolk den Kapitän energisch zum Aufzug schob, sodass Acroni beinahe gestolpert wäre. Nur Sekunden später schloss sich die Aufzugtür hinter den dreien.


    Etwa eine halbe Stunde später. Auf dem großen Bildschirm zeigte eine Animation das sich rasch entfernende Piratenschiff, das aufgrund der simulierten Distanz bereits keine Details mehr erkennen ließ. Jamie-Lee saß auf dem Kommandosessel und betrachtete in Gedanken verloren die Animation. Wenige Minuten zuvor hatte sich Berry Rhadon mit einem „Hasta la vista, Nerdie!“ und ihrem Haigrinsen von der Ententeichcrew verabschiedet.

    Die beiden Offiziere Pachokov und Nyora waren an ihren Konsolen beschäftigt. Letztere sah auf und drehte sich Jamie-Lee zu. „Boss?“ Da diese nicht reagierte, wiederholte Nyora dieselbe Anrede – weiterhin ohne Erfolg.

    Sie formte mit den Händen einen Trichter an ihrem Mund und rief: „Hallo? Jemand zuhause? … Jamie-Lee? … Zimt-Nerd?“

    Beim letzten Wort schnellte Jamie-Lees Kopf herum und sie kniff die unheilvoll funkelnden Augen zu Schlitzen zusammen. „Nenn mich noch einmal so und du wirst die nächsten Monate meine Schuhe putzen. Und wir kehren zum Sie zurück.“

    Uhuta Nyora lachte kurz auf und hob entschuldigend eine Hand. „Sorry, wird nicht mehr vorkommen. Aber so habe ich endlich deine Aufmerksamkeit erlangt. Du … warst gerade vollkommen abwesend.“

    Jamie-Lees Mimik entspannte sich, um kurz darauf Sorgenfalten zu zeigen. Ihr Blick ging erneut ins Leere, obwohl sie Uhuta zugewandt war. „Wir wissen alle, dass die Konföderation niemals Lösegeld zahlt; aus Prinzip. Der Präsident hätte diese Chance, auch wenn er hinterher offiziell natürlich in einer heroischen Geheimdienst­aktion befreit worden wäre und nicht freigekauft. Aber Acroni sicher nicht. Nur wissen die Piraten das nicht. Verdammt! Wir … werden ihn womöglich nie wieder sehen.“

    Uhuta stand auf und ging langsam auf ihre neue Chefin zu. „Er hat dieser Berry allerhand vorgeschwindelt, und sie hat es ihm abgekauft, auch wenn sie misstrauisch war. Ich kenne ihn etwas länger als du. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er einen Plan hat. Keine Ahnung, was; vielleicht hofft er, die Piraten gegeneinander ausspielen zu können? Dieser Wardor, oder wie der heißt, scheint nicht das allergrößte Vertrauen seiner Kapitänin zu genießen – und umgekehrt. Mit etwas Glück kann er den Keil tiefer zwischen die beiden treiben.“

    „Etwas viele ‚vielleicht‘ und ‚mit Glück‘ für meinen Geschmack“, zitierte Jamie-Lee ihren Kapitän und schüt­telte leicht den Kopf. „Würde er auf so ein vages Auskommen setzen? Selbst wenn es so klappt, befreit ihn das noch lange nicht. Es könnte sogar gefährlicher für ihn werden.“ Erst jetzt sah sie Uhuta in die Augen, die inzwi­schen vor ihr stand.

    Die zuckte mit den Schultern. „Wenn Acroni in einem Punkt nicht gelogen hat, dann, dass er Erfahrung hat, wenn auch kaum mit Kampfeinsätzen. Er wird sich etwas einfallen lassen. Er ist nicht der Typ, der einfach aufgibt, aber er braucht auch Geduld – und ich denke, die hat er. Auf dem Piratenschiff würde er sich nach einer Flucht nicht so leicht verstecken können wie auf einem Planeten, oder wohin sie ihn auch immer bringen werden.“

    „Ich wünschte, ich wäre so zuversichtlich wie du, aber ich habe meine Zweifel. Bei seinem Abschied ist er ziemlich ins Stottern gekommen; hab’ ich bei ihm noch nie erlebt.“ Jamie-Lee senkte den Blick und murmelte: „Ich befürchte, er glaubt selbst nicht daran, dass wir ihn wiedersehen.“

    Uhuta legte ihre Hand beruhigend auf Jamie-Lees Arm. „Im Moment können wir leider nichts tun, aber die Hoffnung zu verlieren wäre der erste Schritt in die falsche Richtung – nur meine Meinung.“

    Jamie-Lee sah auf, nickte und schwieg für eine Weile, bevor sie fragte: „Was wolltest du eigentlich von mir? Von wegen Aufmerksamkeit und so?“

    „Ja, genau. Ich brauche noch etwa dreißig Minuten für den Zusammenschnitt des Videos.“ Sie begann zu ihrem Platz zurückzugehen. „Ich werde alles weglassen, was auf dein … hitziges Wortgefecht mit der Piratentusse hin­deu­ten kann, bevor die Bürotypen von der Missionsleitung noch auf dumme Gedanken kommen. Vielleicht wäre es gut, wenn du inzwischen den Bericht fertigstellst?“

    Sie nickte. „Ja. Danke, Uhuta. Aber vorher noch …“ Sie wandte sich der SchiffsComm zu und aktivierte sie. „Schiffstech? Brücke hier. Hat jemand Zeit für einen kurzen Statusbericht?“

    Es dauerte nahezu eine halbe Minute, bis sich jemand meldete: „Fulu hier. Zeit haben wir fast immer, aber das verlängert natürlich die Reparaturdauer.“

    „Ja, natürlich. Gut für jede Ausrede, wenn’s doch länger dauert. Es wird sich schon rumgesprochen haben, dass ich momentan das Kommando habe. Wie kommt ihr voran?“

    „Ja, ist bekannt, Sir– äh … Ma’am. Am Zeitplan wird sich nicht viel ändern, wenn alles glattläuft. Für die 3D-Drucker haben sich die Piraten komischerweise nicht interessiert – sonst hätten wir wirklich ein Problem – und wir konnten ihnen unwichtige Reinigungsbots andrehen. Die kannten sich damit nicht wirklich aus zu unserem Glück.“

    Jamie-Lee lachte auf. „Gut gemacht! Erste gute Nachricht heute. Oh, wir auf der Brücke haben uns vorhin auf Du und Vornamen geeinigt. Das gilt natürlich auch für den Chefingenieur, wenn’s recht ist?“

    „Gerne, danke, Boss. Ich bin Honk.“

    „Jamie-Lee, nicht Boss“, stellte sie stirnrunzelnd richtig.

    „Geht klar, Jamie-Lee-nicht-Boss.“

    Sie seufzte. „Honk Fulu, du machst das doch mit Absicht? Nenn’ mich noch einmal irgendwas mit ‚Boss‘ und ich streiche dir für heute sämtliche Pausen.“

    „Ui, du greifst gleich hart durch, wie? Geht klar, Bo– äh … Jamie-Lee.“

    Noch einmal seufzte sie und wechselte das Thema: „Bleibt es also bei den sechzehn Stunden?“

    „Hm, ja, vielleicht etwas mehr. In acht oder zehn Stunden weiß ich’s genauer.“

    „Gut. Überarbeitet euch nicht … zumindest nicht zu sehr.“

    „Die Hälfte der Arbeit machen sowieso die Drucker und Bots, wir müssen die nur programmieren und zusehen, dass sie’s richtig machen, und hier und da mal Hand anlegen. Und die Bots können natürlich nicht improvisieren.“

    „Ja, weiß ich. Dann halte ich dich nicht länger von der Arbeit ab.“

    „Mädels, Jungs: Unser neuer Boss meint, wir …“, wandte sich der Chefingenieur leiser werdend an seine Mit­arbeiter, bevor die Audioverbindung automatisch unterbrochen wurde.

    Jamie-Lee schüttelte den Kopf, sparte sich jedoch ein Seufzen. „Ich gehe in meine Kabine und arbeite am Bericht. Wenn ich zurückkomme, übernehme ich für ein paar Stunden die erste Wache. Solange der Antrieb nicht repariert ist, müssen wir nicht zu dritt auf der Brücke rumhängen.“

    „Aye, danke“, antwortete Hisulu Pachokov, während Uhuta nur nickte und ihrer Arbeit nachging. „Bin auch gleich mit der Programmierung unserer nächsten Routenabschnitte fertig. Es bleibt beim Zwischenstopp auf Maffrin 5?“

    „Ja, woanders bekommen wir nicht annähernd so wahrscheinlich neue Vlaser – oder nur weit von unserer Route entfernt. Und nichts zu danken, als neuer Kommandant muss ich ja mit gutem Beispiel voran…“

    Sie stockte, hielt in ihrer Bewegung inne, mit der sie gerade vom Sessel aufstehen wollte, und weitete die Augen. „Oh, verdammt! Fuck, fuck, fuck!!“, rief sie entsetzt aus.

    Beide Offiziere drehten sich erschrocken zu Jamie-Lee um. „Was ist passiert?“, fragte Hisulu, und Uhuta mut­maßte: „Noch mehr Katastrophen?“, bevor beide die Luft anzuhalten schienen.

    Jamie-Lees Gesichtsausdruck blieb angespannt. „Was? Nein …“ Langsam ließ sie sich zurücksinken. „Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich als gutes Beispiel nun auch vorbildhafter gelaunt sein und nicht mehr so viel rumfluchen sollte … Scheiße!“ Ihre Mimik verriet alles andere als Begeisterung.

    Nach kurzem Innehalten lachten beide Offiziere lauthals, worin die neue Kommandantin nach einer Weile zögerlich und mit gequälter Miene einstimmte.


    (Ende … vorerst)


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das dreizehnte Türchen führt in ein großes Haus mit hohen Räumen. Auf Ecktischchen in einigen Nischen stehen Vasen mit Blumen und an den Wänden hängen reichlich Gemälde.


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    Der Maler und sein Modell


    Es war einmal in einer großen Stadt in einer kalten Zeit, da suchte ein Maler ein neues Modell. Er hatte schon die professionellen Modelle gemalt und die Damen der gehobeneren Kreise, doch das hatte er unbefriedigend gefunden und ihre Abbilder, so gut sie auch geworden waren, galten ihm nicht als wahre Kunst.
    Also beschritt er neue Wege. Er hielt auf der Straße Ausschau nach Gesichtern, ging durch die Parks und an den Schulen vorbei, durch die Wohnviertel und die Läden. Und obwohl er viel fand, das ihm gefiel, fehlte doch etwas, das ihn wahrlich inspirierte.
    Es war schon dunkel, denn die Sonne ging früh unter, als es ihn ins Vergnügungsviertel verschlagen hatte. Hier sah er mehr Abwechslung, junge und alte Gesichter, volle und eingefallene kunstvoll oder grob geschminkte. Doch auch das war nicht ganz, was er suchte.
    Schließlich aber endete die Straße, die er eingeschlagen hatte, vor einem Gebäude, das wie ein Theater aussah und das, laut einem Schild, „Haus der Blumen“ hieß.
    Er trat ein und bezahlte bei einem großen, hellhaarigen Mädchen, dessen Gesicht auf undefinierbare Weise ungewöhnlich wirkte, für die Abendvorstellung.
    Augenscheinlich waren nur Männer in dem großen Theatersaal, dessen Wände glitzerten, von der blonden jungen Frau hinter der Bar am Rande einmal abgesehen.
    Auch die senkrechte Stange mitten auf der Bühne machte deutlich, das dies kein gewöhnliches Theater war.
    Der Maler nahm Platz an einem kleinen Tisch und wartete auf die Vorstellung.


    Die Vorstellung kam und wurde eröffnet von einer kleinen, rothaarigen Frau in einem ebenso roten Kleid. Während sie tanzte, warf sie ihre Kleidung ab und darunter kamen gelb, rosa und schließlich weiß zum Vorschein und der Maler verstand, dass es die Farben einer Rose waren. Und schließlich war keine Kleidung übrig.
    Es folgten andere Tänzerinnen und obwohl ihre Tänze anders waren, war das Ergebnis schließlich doch dasselbe und Inspiration fand der Maler hier nicht.
    Bis sie auftrat. Das weiße Kostüm dieser Tänzerin bildete einen starken Kontrast zu ihrer fast schwarzen Haut, ihr Gesicht hatte etwas an sich, das subtil anders war, als der Maler es kannte und ihre Kurven … über die wollte er nicht zu viel nachdenken, er war hier um ein Modell zu finden und nichts anderes.


    Es war einmal in einer großen Stadt in einer kalten Zeit, da suchte eine Tänzerin nach einem Leben außerhalb des Tanzes. Sie tanzte gern, auch wenn es ohne Kleidung vor den Augen gieriger Männer war, aber sie wollte es nicht ständig tun und nicht für immer.
    Und sie dachte an Kreaturen, die ihr einst begegnet waren, skurrile und bedrohliche Wesen, wie sie in dieser Stadt wohl wenige kannten, und sie fing an, über sie zu schreiben. Sie kannte sie nicht gut genug, um ihre Geschichten zu erzählen und so erfand sie neue, schaurige Berichte und bald auch neue Monster. Aber es war doch nicht ganz das richtige und weil sie nicht darauf kam, was noch fehlte, hörte die Tänzerin wieder auf zu schreiben.


    Das Modell, das noch nicht wusste, das es ein Modell sein würde, setzte sich an die Bar.
    Mit den Kunden zu reden gehörte dazu, auch wenn einige von ihnen leider sehr lästig sein konnten.
    „Hallo“, sagte ein Mann, der nicht sicher zu sein schien, ob er sich zu der jungen Frau setzen sollte.
    Er war ungefähr in ihrem Alter und definitiv zu blass um diesen kräftig grünen Pullover zu tragen. Sie war sich sicher, ihn hier noch nie gesehen zu haben.
    „Hallo. Zum ersten Mal hier?“
    „Ähm. Ja. Und ich wollte fragen, ob … ob du für mich …“
    „Oh, das tut mir leid. Privattänze mache ich nicht. Soll ich eine der anderen fragen? Die Rose macht das immer sehr gerne.“
    „Nein, ich dachte auch eher daran, dass wir zu mir gehen, sagen wir für ein Wochenende …“
    Sie reagierte so, wie sie auf solche Angebote immer reagierte und ihn warf die Ohrfeige tatsächlich um.
    „Aua. Oh, tut mir leid, das war missverständlich, nein, ich bin Maler. Ich suche ein Modell.“
    „Oh.“
    Jetzt war ihr ihre Reaktion ein bisschen peinlich. Aber wirklich nur ein bisschen, denn meistens war ihr Eindruck von Leuten, die solche Fragen stellten, völlig richtig.
    Sie stand auf und streckte einen Arm aus.
    Der Maler nahm die Hand und ließ sich hochziehen.
    Sie setzte sich wieder. Er auch.
    „Also, was ist dein Angebot?“
    Und er erklärte sich und sie bestellten etwas zu trinken und unterhielten sich für den Rest des Abends.


    Der Maler wohnte in einem großen Haus, das er geerbt hatte und das er auch unterhalten konnte, da er an seinen Porträts von reichen Leuten ganz gut verdiente.
    Er bereitete ein Gästezimmer für sein Modell vor, stellte frische Blumen in die Vasen und hängte diejenigen seiner Gemälde aus, die man sehen sollte, wenn man hinein kam.
    Und natürlich bereitete er eine Kulisse vor, in der sein Modell stehen sollte. Die Strandszene musste nicht echt oder gut aussehen (und tat es auch nicht), sie diente ihm ja nur zur Orientierung.
    Er war nervös, als die Türglocke erklang, öffnete sie zu schnell und hoffte, das das dem Modell, das im Wintermantel davor stand, nicht aufgefallen war.
    Er führte die Frau hinein, zeigte ihr seine Bilder und das Gästezimmer und schließlich die Kulisse.
    „Ein Strand“, sagte sie. „Nun, warum nicht.“


    Das Modell betrachtete auf dem Weg die Gemälde, die im Flur hingen. Sie alle zeigten Menschen, alle weiß, die meisten Frauen, in verschiedenen Kostümen und vor exotischen Kulissen. Und … war das die dreieckige Flosse eines Hais, die da hinter der Frau im Boot aus dem Wasser ragte? Wahrscheinlich.
    Jetzt sah das Modell die gleiche Flosse auch auf dem nächsten Bild, nun in einem Fluss.
    Und nun … mitten in der Wüste aus dem Sand ragend? Na gut.
    Das Gästezimmer war nicht groß, aber es hatte ein größeres Bett als das, in dem die Tänzerin sonst schlief. Und sie musste es nicht teilen. Allein dafür lohnte sich diese Angelegenheit und da sie außerdem noch bezahlt würde, teilte sie ihr Bild gerne mit einer Haifischflosse.
    Es folgte die Kulisse und wie sich herausstellte, passte die sogar ganz gut zu einem Hai.
    „Ein Strand. Nun, warum nicht.“
    „Ich will noch einmal genau erklären, was ich tun will“, sagte der Maler. „Wie du ja gesehen hast, sind die meisten meiner Bilder sehr naturalistisch. Das liegt aber daran, das es Auftragsarbeiten sind. Nun, was du gesehen hast sind die Versionen, die ich behalten habe, ich mache immer mehrere zur Auswahl.“
    Und niemand nahm je die mit dem Hai, vermutete das Modell.
    „Dieses Mal habe ich etwas anderes vor. Ich will einen Moment einfangen, den ich auf der Bühne gesehen habe, aber eher den Eindruck, den ich in dem Moment hatte. Es kann also sein, dass das Bild von der Realität abweicht.“
    „Wozu dann ein Modell?“
    „Oh, ich will schon dich malen. Ich will dich ansehen, sehen wer du wirklich bist und versuchen, das auf die Leinwand zu bannen.“
    Kannte er die Frau dafür gut genug? Sie bezweifelte es stark. Aber er war der Kunde.
    „Gut, aber nicht, dass das auf riesige Brüste oder sowas hinaus läuft. Oder hellere Haut. Oder irgendeinen Dschungel-Hokus-Pokus.“
    „Nein. Nein, das sicher nicht.“
    „Gut, Fangen wir dann an?“
    „Nach dem Essen.“


    Und nach dem Essen fingen sie an. Das Modell stellte sich auf den Sand, der nur ein gelber Teppich war, gänzlich unbekleidet. Der Maler gab eine Pose vor, ließ das Modell das Haus einer großen Meeresschnecke halten und begann, Skizzen zu machen.
    Schließlich malte er.


    Am Abend, als das Licht zu schlecht wurde (und das war zu dieser Jahreszeit früh), musste der Maler aufhören.
    „Morgen müssen wir früher anfangen und das ganze Tageslicht nutzen“, sagte er.
    Das Modell sah sich das Bild an. Ein heller Strand, Palmen, Meeresbrandung und in der Mitte eine nackte schwarze Frau mit einem Meeresschneckenhaus in der Hand. Der Unterleib war noch nicht gemalt, aber die Skizzen deuteten darauf hin, wie er aussehen würde.
    „Du machst eine Meerjungfrau aus mir.“
    „Ja. Ist das ein Problem?“
    „Nein. Nein, das geht schon.“
    Dann fiel dem Modell noch etwas auf.
    „Warum ist der Hai bei mir näher, als auf allen anderen Bildern?“
    „Welcher Hai?“, fragte der Maler verwirrt.
    „Na, der.“
    Das Modell zeigte auf die Rückenflosse, die unrealistisch nahe am Strand aus den Wellen auftauchte.
    „Da ist kein Hai“, behauptete der Maler. „Da dürfte auch keiner sein, denn ich habe keinen gemalt. Das sind nur Wellen.“
    „Das ist eindeutig eine Rückenflosse.“
    Der Maler kniff die Augen zusammen.
    „Mit viel Fantasie vielleicht. Es soll jedenfalls kein Hai sein.“
    Das war ja wohl ein Scherz. Aber gut. Zahlende Kunden durften auch Scherze machen.


    Das Modell schlief gut im wunderbar weichen Bett. Der Maler schlief weniger gut, doch dafür träumte er in seinen kurzen Schlafphasen umso schöner.


    Nach einem Frühstück machte der Maler mit dem Gemälde weiter. Inzwischen brauchte er das Modell gar nicht mehr, er wusste, was er malen würde, er hatte das Bild im Kopf. Aber er wollte diese Frau gerne noch da behalten. Ihn interessierte ihre Meinung und außerdem hatte er sie ja für das ganze Wochenende bezahlt.
    Als es dunkel wurde, fehlten dem Gemälde nur noch ein paar kleine Überarbeitungen. Stolz zeigte der Maler es dem Modell.
    „Die Meerjungfrau sieht mir nicht wirklich ähnlich.“
    „Meiner Sicht auf dich schon.“
    „Und jetzt ist es eindeutig ein Hai. Er ist ja fast aus dem Wasser, das ist die Schnauze eines Hais und da ist die Schwanzflosse.“
    Dieser Unsinn wieder?
    „Es sind Wellen“, beharrte der Maler. „Wirklich.“
    „Na gut, na gut.“
    Ein Hai. Als ob er einen Hai malen würde. Haie, davon war der Maler überzeugt, gehörten nicht in die Kunst.


    Nach dem Abendessen ging das Modell schlafen, doch der Hai ließ es nicht mehr los. Das Gästezimmer hatte aber auch einen Schreibtisch mit Tinte, Feder und Briefpapier und so setzte es sich hin und begann zu schreiben.
    Was, so fragte sich das Modell, konnte man mit einem Hai anfangen? Ein riesenhafter Hai, der Schiffe versenken konnte? Nein. Ein Sturm voller Haie? Wirklich nicht. Ein Hai, der eine Prinzessin entführte? Wie denn?
    Die Schreiberin begann erst einmal mit Badenden am Strand (von denen sie wusste, dass es sie gab, auch wenn sie nie an einem Strand gewesen war, an dem man baden konnte) und ließ den Hai bedrohlich auftauchen, als sie nicht mehr weiter wusste und doch noch schlafen ging.


    Am letzten Tag ging es gleich nach dem Frühstück weiter. Als aber der Maler die letzten Pinselstriche machte, schrie das Modell auf.
    „Was ist?“, fragte er.
    „Etwas piekst mich!“, rief das Modell und dann erschienen kleinen Wunden an seinen Seiten, als werde es von einem großen Maul gebissen.
    Der Maler bekam es mit der Angst und wich zurück und das Modell lief zu ihm und schien sich gegen etwas zu wehren, das es festhielt.
    „Zeig mir das Bild!“
    Der Maler drehte es um.
    „Es ist der Hai! Warum hast du gemalt, wie der Hai mich packt?“
    „Zum letzten Mal, da ist kein Hai!“
    Plötzlich wurde das Modell zurückgerissen und gleichzeitig vergrößerten sich seine Wunden.
    Und da wusste der Maler, dass der Hai da war. Aber wie konnte das sein?
    „Wo kommt dieser Hai her?“
    „Er ist in jedem deiner Bilder!“, rief das Modell, das sich gegen den Zug stemmte und dabei immer stärker blutete. „Aber sonst bleibt er im Hintergrund.“
    „Soll ich das Bild zerstören?“


    Das Modell spürte, wie der Hai an ihm riss. Es war ein stechender Schmerz und ein Druck durch seinen Kiefer – hatten Haie in Wirklichkeit überhaupt so starke Kiefer? Doch das war jetzt egal.
    Das Bild zerstören? Nein, das Modell hatte eine bessere Idee.
    „Male mich realistisch! Dabei ist der Hai immer im Hintergrund geblieben!“
    Der Maler nickte und begann, sein Bild zu übermalen. Sofort ließ der Hai lockerer. Bald spürte das Modell ihn nicht mehr, sondern nur noch die Wunden. Und dann, langsam, verschwanden auch die.
    Das Blut blieb, bedeckte den inzwischen große Falten werfenden Strandteppich, aber die Wunden schlossen sich.
    Und dann geschah etwas, das das Modell nicht erwartet hatte. Aus dem Bild, direkt auf den Maler zu, sprang der Hai. Ein großer Hai, ganz wie auf dem Bild, flog durch den Raum und schließlich durch das Fenster hinaus.
    „Was war das?“, fragte der Maler mit Entsetzen in Stimme und Gesicht.
    „Der Hai ist nicht im Hintergrund geblieben. Im Gegenteil, er ist in die Wirklichkeit gelangt. Aber wie?“
    Das Modell lief zum Fenster und sah den Hai davon fliegen. In dieser Richtung lag das Meer. Wahrscheinlich wollte er nur nach Hause.
    „Aber warum … ich verstehe es nicht, was ist an diesem Bild anders, als an meinen anderen?“, fragte der Maler.
    Das Modell drehte sich um und sah das Bild an, das nun ein sehr gutes Porträt der Frau war.
    „Ich denke es liegt an mir. Ich hatte nicht immer diese Form. Ich habe sie mir gewünscht, weil sie repräsentiert, wer ich wirklich bin. Indem du mein Äußeres gemalt hast, hast du mein wahres ich noch besser getroffen, als die Version, die du wahrgenommen hast. Und deshalb konnte der Hai nicht nur nach mir greifen sondern auch aus dem Bild entkommen. Und das war ihm wohl wichtiger.“
    Da fiel dem Modell etwas ein und es lief hinaus auf den Flur. Und tatsächlich war die Rückenflosse des Hais aus allen Bildern verschwunden.
    Und plötzlich wusste es, was der Haigeschichte und allen Monstergeschichten, fehlte.
    „Sie müssen die Protagonisten sein.“
    Die Autorin sah den Maler an, der ihr gefolgt war.
    „Wie gut kannst du Illustrationen?“


    Und so endete die Geschichte vom Maler und seinem Modell und es begann die von der Autorin und ihrem Illustrator. Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das vierzehnte Türchen öffnet sich und wir sind erstmal von bunten Farben geblendet. Als wir uns daran gewöhnen, sehen wir vertraute Gesichter wieder, die wir aber schon lange nicht gesehen haben. Ein Schwarzork, eine Hochelfe und eine Kapitänin verschwinden in ein Gebäude. Folgen wir ihnen!


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    Der Portalmeister

    Teil 1


    „Wir haben gestern einen verdächtig aussehenden Söldnertrupp gesehen, der eine schwere Truhe transportierte. Sie haben nicht mit den anderen Gästen gesprochen und nichts getrunken.“ Der Wirt nickte vielsagend.


    „Hat irgendwer seinen Namen genannt?“


    „Ach komm Thorstein, das bringt doch nichts! Das ist wieder nur dieser McGuffin-Plot vom letzten Mal. Zu was anderem hat der auch wieder keine Ahnung.“


    Kapitänin Daywar war mittlerweile ziemlich ungeduldig geworden, wie Degor sie noch überhaupt nie erlebt hatte. Ganz Unrecht hatte sie aber nicht. Seit Wochen schlugen die drei sich mittlerweile durch Arkheros, die Heimat-Rollenspielwelt von Olivius Coch. Sie hatten sich von der Zentrale aus auf den Weg gemacht, um den ehemaligen Schlaufen-Bewohner zu finden, da Daywar gehofft hatte, dass er eine Lösung für ihre jüngsten Kommunikationsprobleme mit anderen Welten haben könnte. Daywar hatte sie über ein altes Kommunikationsprotokoll nach Arkheros gelotst, was schwierig genug gewesen war und ohne die Mithilfe eines sechsbeinigen Okapis namens Heidi gar nicht möglich gewesen wäre.


    Sie hatten eigentlich angenommen, dass Olivius hier ein bekannter Mann und schnell zu finden war. Blöderweise hatten sie nicht bedacht, das Arkheros seine Aufgabe als Rollenspielwelt sehr ernst nahm. Das hieß, dass alle Figuren, denen sie begegneten, nur Informationen preisgaben, die für das Abenteuer, in dem sie vorkamen, relevant waren. So bekamen sie ständig Hinweise auf irgendwelche mysteriösen Gegenstände, zu seltsamen Vorkommnissen in diesem oder jenem Dorf oder zu verdächtigen Fremden. Nur Olivius Coch kam anscheinend in keinem dieser Abenteuer vor. Und da sie auch mitten in der Welt ihre Suche begonnen hatten, erhielten sie die Hinweise in keiner besonders schlüssigen Reihenfolge, vor allem weil Daywar sich weigerte, irgendeinem der Plots zu folgen. Thorstein hatte schon mehrmals vorgeschlagen, einfach mal eines der Abenteuer auszuspielen, sie würden ja sehen, ob ihnen das was brachte, aber Daywar wollte sich nicht darauf einlassen, mit dem Hinweis, dass es da früher oder später zu einem Kampf kommen würde und ihre Werte vermutlich ziemlich schlecht waren. Thorstein fühlte sich dadurch mehr und mehr herausgefordert und grummelte, dass ihm da erstmal jemand kommen sollte. Degor hatte es bisher geschafft, dass die Spannungen zwischen den beiden nicht eskalierten. Aber auch sie wurde mehr und mehr frustriert.


    Arkheros selbst war wunderschön. Üppige Wälder in kräftigen Farben, Flusstäler mit buntem Wasser. An den Bäumen wuchsen riesige wohlschmeckende Früchte. Der Ersteller der Welt hatte wohl keine Lust gehabt, die Verpflegung der Spielenden zu einer großen Herausforderung zu machen. Das kam ihnen natürlich auch gelegen. Auch die meisten Kreaturen waren bunte Versionen irdischer Kreaturen, oft mit zusätzlichen Hörnern, Gliedmaßen oder Flügeln. Die gefährlichen Kreaturen verbargen sich, wie es schien, in den Höhlen und verfallenen Burgen, um die sie bisher einen Bogen gemacht hatten. Nur einmal hatte ihnen eine blaue Sphinx den Durchgang auf einem Waldweg verwehrt und die Lösung eines Rätsels verlangt. Das Rätsel war zum Glück aus Harry Potter geklaut, sodass ihnen das keine Schwierigkeit gemacht hatte.


    Einmal waren sie auch einer Abenteurergruppe begegnet, die einem sagenhaften Schatz hinterher waren. Die Gruppe war sehr irritiert gewesen, dass sie keine Information über ihren Plot hatten und hatten ewig herum diskutiert, dass es diese Begegnung ja wohl nicht gegeben hätte, wenn sie keine wichtige Informationen für sie hätten. Sie hatten hintereinander alle ihre sozialen Talente ausprobiert (Überreden, Manipulieren, Einschüchtern, Betören) und wären wohl auch mit ihren Waffen auf sie losgegangen, wenn Daywar nicht eine der Diskussionsphasen genutzt und einfach weitergegangen wäre.


    Und jetzt waren sie wieder in einer Taverne. „Zum hinkenden Schinken“ - Sehr kreativ. Schinken gabs nicht mal, nur etwas, das aussah wie Bier, aber eher wie Limonade schmeckte. Thorstein war immer noch in das Gespräch mit dem Wirt veriteft, während Degor und Daywar einfach nur froh waren, sich mal wieder ausruhen zu können.


    Degor setzte sich an einen Tisch und winkte Daywar herbei: „Komm, lass ihn. Er hat wenigstens einen Plan. Ich glaube auch nicht, dass es was bringt, aber wenn er noch die Geduld hat, spricht ja nichts dagegen.“


    Daywar setzte sich resigniert dazu: „Es tut mir leid, Degor. Vielleicht war die Idee, nach Olivius zu suchen, doch nicht so durchdacht. Ich muss gestehen, ich wollte einfach mal für ein paar Tage aus der Zentrale raus. Dass wir uns so verrennen, hätte ich nicht gedacht.“


    „Ach, mach dir keine Vorwürfe. Die anderen haben das schon im Griff. Welan und der Fähnrich machen das schon so lange, die werden den Laden ganz routiniert zusammenhalten“


    „Ich hoffe, du hast recht. So ein richtig gutes Gefühl habe ich im Moment nicht.“


    „Das Schlimmste, was passieren kann, ist dass Frau Juspels abhaut. Dadurch, dass im Moment so wenig Austausch stattfindet, glaube ich nicht, dass irgendwelche neuen Probleme auftauchen werden. Auf die Idee, wir wie mit den alten Protokollen rauf zu reisen, wird ja wohl kaum jemand kommen.“


    „So sicher bin ich mir da nicht. Die sind verbreiteter, als du denkst. Aber mal sehen.Wenn ich nur wüsste, ob wir überhaupt eine Chance haben, Olivius zu finden. Er hat halt immer so wenig über seine Herkunftswelt erzählt.“


    In diesem Moment kam Thorstein an den Tisch. Sein Blick sah überraschend zufrieden aus. Als Degor an ihm herunter sah, bemerkte sie das dicke Buch mit einem blauen, ledernen Einband in seiner Hand


    „Schaut her, hat doch mal was gebracht“, sagte er triumphierend und ließ den Wälzer auf den Tisch Knallen „Arkheros-Atlas 4356/4357!! Das ist das wichtigste Loot in diesem Laden. Der Wirt hat Dutzende von diesen Schinken hier rumstehen. Deswegen heißt der Laden hier auch so.“


    Daywar zog die Augenbrauen hoch. Bisher hatten sie immer nur Lagepläne mit recht kleinen Ausschnitten zur Verfügung gehabt. Sieben davon hatten sie erbeutet und waren jedes Mal enttäuscht gewesen, dass es keinen Hinweis auf Olivius gab.


    Degor schlug das Buch auf. „Zumindest bei den Karten hat sich der Ersteller der Welt Mühe gemacht.“, stellte sie fest. Zwar war viel etwas krakelig, aber auf jeden Fall gab es eine Menge Zeug. Beim Durchblättern fand sie noch mehr: Dutzende Seiten Inhaltsverzeichnis, Entfernungstabellen, Ausrüstungslisten und sogar die Spielregeln der Welt. Sie strahlte Thorstein an: „Gut gemacht!“


    Daywar nickte ebenfalls. „Es wird aber schon Arbeit, da die relevanten Infos rauszufinden. Willst du erstmal, Degor?“


    Degor nickte. Erstmal rausfinden, wo sie waren. Sie nahm sich den Faltplan ihres aktuellen Standorts und suchte im Inhaltsverzeichnis nach dem Ortsnamen. Blöderweise waren im Alphabet e und i vertauscht, sodass das Finden von Tevisior länger in Anspruch nahm, als es sollte. Aber dann war sie auf der richtigen Seite, die tatsächlich identisch mit dem Faltplan war. Bald hatte sie das Ganze auch auf den Übersichtsplänen gefunden und konnte ihren bisherigen Weg durch Arkheros rekonstruieren. So richtig viel brachte das erstmal noch nicht, aber immerhin. Sie suchte nach den Übersichtsplänen nach Orten, wo sie mehr Informationen kriegen könnten. Alles eher nichtssagende Namen. Nach etwas Blättern im Regelwerk kam sie immerhin darauf, dass sie vermutlich im Modus „Freies Abenteuer“ waren, und auf einem zufälligen Ort der Welt gespawnt waren.


    Daywar hatte inzwischen Essen geholt und Thorstein beugte sich jetzt neben Degor: „Bringts was?“


    „Ja, wir wissen jetzt zumindest besser Bescheid. Es fehlt nur noch ein Plan, wo wir als Nächstes hinsollten. Nach ‚Olivius Coch‘ habe ich schon nachgeschlagen, das gibt’s nicht. Cochenstein wäre das nächste, aber das ist richtig weit weg.“


    Daywar hob einen Finger: „Ich habe ja schon die ganze Zeit gesagt, dass wir nach einer Art Portalzentrum suchen sollten, weil Olivius ja vermutlich auch schon hier mit dem Austausch zwischen Welten involviert war. Kannst du mal schauen, ob es etwas wie ‚Portalstadt‘ gibt.“


    Degor blätterte wieder durchs Inhaltsverzeichnis. Tatsächlich: Im Regelwerk gab es ein kleines Kapitel über Portale: Die sollten sich in Rampusia befinden. „Das ist gar nicht mal so weit weg von uns!“, rief sie begeistert aus.


    „Also haben wir einen Plan.“


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    Das fünfzehnte Türchen führt uns wieder in bunte Landschaft. Es ist merklich später, aber das tut dem Tatendrang unserer Helden keinen Abbruch.


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    Der Portalmeister

    Teil 2


    Die Schornsteine von Rampusia zeichneten sich am Horizont bereits seit Stunden ab. Die Sonne stand tief und tauchte alles in ein saftiges Licht in der Farbe einer Blutorange. Immer wieder schossen kleine Fische senkrecht aus dem Mangrovensumpf hervor und schnappten nach Beute. Der Damm, auf dem sie gingen hatte immer wieder kleine Lücken und Stufen, die sie mittels Springen und Klettern überwinden mussten. Für Thorstein war das alles eine Leichtigkeit und er half den beiden anderen über die schwierigsten Stellen. Degors Kondition ließ langsam nach und sie war froh, dass sie es bald geschafft hatten.


    In Rampusia gab es laut Atlas Verbindungen zur Wederwelt, dem Dinoland, in die „Level“ (was auch immer das hieß), das Kuscheltierland, zum Hauptbahnhof Vektor und auch wieder zurück in die Schlaufe. Was sie hoffnungsfroh stimmte, war der Vermerk, dass alle diese Portale zertifiziert konform nach Protokoll 452 waren. Zumindest irgendwer, der Olivius kannte, sollte da doch zu finden sein. Wenn das auch nichts brachte, nun dann könnten sie immerhin die Heimreise antreten. In Degor keimte die leise Hoffnung auf, dass sich ihre Probleme in der Schlaufe sich mittlerweile in Luft aufgelöst hatten.


    Sie kamen an das Ende des Sumpfes und standen jetzt vor einem Hang. Ein Pfad führte in einer schmalen Schlucht nach oben. Wenn sie die Entfernung vorher richtig eingeschätzt hatte, konnten es, oben angekommen, nicht mehr als 15 Minuten nach Rampusia sein, auch, wenn die Schornsteine im Moment durch den Hang verdeckt waren. Sie machten sich auf den Weg nach oben.


    „Wer stellt sich mir zum Kampfe?“, quäkte es. Daywar seufzte, Thorstein zog seinen Hammer. Erst konnte Degor gar nicht sehen, woher die Stimme kam. Doch dann bemerkte sie, ziemlich genau am Ursprung einen hellblauen Punkt an einem Felsüberhang. Als sie weiter darauf zugingen, schnellte das Ding herunter, zog sich in die Länge wie ein Kaugummi und verfehlte nur knapp Thorsteins Kopf.


    „Hütet euch vor mir! Ich bin Jan-Ole, der Wächter und ihr müsst euch mir stellen!“


    „Ich bin Thorstein Valdklingsblut und wir haben wirklich Besseres zu tun. Was bist du überhaupt, ein lebender Kaugummi?“


    „Gallert!“, erwiderte Jan-Ole etwas pikiert.


    „Was genau verlangst du, dass du uns durchlässt?“, fragte Daywar genervt.


    „Einen Kampf, der euch wertvolle Erfahrung gibt!“


    „Wir sind keine SCs. Wir wollen nur-“


    „Ach lass das, Degor! Der kann nicht aus seiner Rolle raus. Thorstein, klopp drauf!“


    „Moment Mal! Ihr seid keine Spielercharaktere? Wie kommt ihr denn hier her?“


    „Schau, Daywar! Es lohnt sich immer, mal nachzufragen! Komplizierte Geschichte. Aber wie kommt es denn, dass du hier normal auf uns reagieren kannst?“


    „Ich wurde hier her strafversetzt. Habe angeblich Akten durcheinander gebracht. Bürokraten! Ich klebe leider fest hier, fortgeschrittene Birnenmagie. Deswegen kann ich mich schwer aus dem Staub machen.“


    Thorstein blickte unsicher Degor und Daywar an. „Ich könnte den kleinen Kerl schon herunter nehmen“, sagte er leise. Daywar dachte kurz nach. Sie hob kurz die Hand.


    „Weißt du etwas über Olivius Coch?“, fragte sie dann.


    Jan-Ole fuhr überrascht zurück.


    „Olivius? Der alte Portalmeister? Ich kenne ihn, ja. Er ist vor einiger Zeit nach Rampusia zurück gekehrt und lebt glaube ich in seinem alten Haus dort.“


    „Sehr gut. Komm, Thorstein, nimm den armen Kerl runter! Aber fass ihn erstmal nicht direkt an. Ich habe keine Lust, dass du uns gleich auch an dem Felsen festklebst.“


    „Er hat Birnenmagie gesagt, nicht Superkleber-Superfest-Magie. Aber ja, ich pass auf.“


    „Mit ein bisschen Kraft müsste das gehen, ist nur ein Stufe-2-Zauber“, bestätigte Jan-Ole


    Thorstein schob seine Armschienen nach vorne und griff damit nach Jan-Ole. Vorsichtig schob er sie an die Kante und begann zu ziehen. Der Gallertblob zog sich in die Länge und einen Moment befürchtete Degor, Thorsteins Kraft würde nicht ausreichen. Dann machte es Plopp und Jan-Ole befand sich in Thorsteins Armen. Etwa einen halben Meter Durchmesser hatte der kleine Kerl. Thorstein platzierte ihn etwas ungeschickt auf seiner Schulter. „Geht so?“


    Seine Augen wanderten durch das Gallert. Er blinzelte kurz, dann wabbelte er kurz: „Ja, das sollte gehen. Habt besten Dank. In Rampusia finden wir hoffentlich eine fähige Birnenmagierin, dann musst du mich auch nicht ewig mit rumschleppen.“


    Der weitere Aufstieg verlief ohne Zwischenfälle. Sie erklärten Jan-Ole, warum sie hier waren und waren tatsächlich bald am Stadttor von Rampusia.


    „Zehn Euro Wegzoll“ Ein miesepetriger Wächter schaute sie mit müden Augen an.


    „Ist das hier jetzt das DLC oder was? Bisher gabs doch auch kein Geld hier! Und dann auch noch Euro!“, echauffierte sich Daywar.


    „Ich schau mal im Atlas nach“ Degor nahm das Teil aus ihrem Rucksack.


    Da stand tatsächlich was davon, dass die Portalstadt Eintritt kostete und zwar eine Währung, die Spielercharaktere üblicherweise nicht bei sich hatten, vermutlich damit sie nicht irgendwleche Dummheiten dort anstellten. Euros konnte man durch Mining erhalten oder aber durch direkten Kontankt zum Erschaffer der Welt.


    Ernsthaft, Alpha?


    Ja sorry, ihr habt natürlich bissl was dabei.


    Hat das jetzt irgendwas mit dem Plot zu tun?


    Noch nicht. Aber ihr wisst ja, wie das manchmal ist.


    Degor knüllte den Zehn-Euro-Schein aus ihrer Hosentasche und streckte ihn dem Torwächter hin. Sie schritten durch das Tor. Jan-Ole wabbelte beeindruckt. „Du bist auf alles vorbereitet, was? Ich hätte ihn jetzt in ein Türwächterrätsel verstrickt bis er irgendeinen logischen Zirkelschluss macht und dadurch dann reingehüpft.“


    „Ich habe ein paar spezielle Kontakte“, erklärte Degor knapp. „Also, Jan-Ole, dann führ uns mal zu Olivius.“


    Der himmelblaue Gallertblob wies sie durch die breiten Straßen. Es war schon Abend, aber das Licht der Straßenlaternen ließ alles in einem kräftigen Licht erstrahlen. Der Boden bestand aus bunten Pflastersteinen, die eine Vielzahl von sich verzweigenden Schlangenlinien bildeten. Vermutlich hatte das irgendein System, wirkte auf den ersten Blick aber nur erschlagend. An allen Häusern hingen große Nummernschilder, auf denen neben Nummern auch noch Symbole und Pfeile in verschiedenen Farben abgebildet waren. Es war nicht viel los, nur ein paar geschäftig wirkende Hasen hoppelten vorbei. Sie kamen an einem Portal vorbei, das aussah wie ein riesiger Rasensprenger, der von einem Torrahmen eingefasst wurde. Das glitzernde Wasser verdeckte den Blick auf die Welt dahinter, aber auf dem Torbogen stand klar und deutlich „Level“. Ein Wesen kam heraus, das aussah wie eine rosane Tragetasche mit Flügeln und Gesicht. „Hey, Tatli“, Jan-Ole winkte dem Wesen zu. „Bin wieder am Start hier.“


    Die Tasche winkte mit ihren Tragegriffen zurück und schwebte in eine Seitenstraße.


    „Seht ihr, ich kenn viele Leute hier. Jetzt da rein!“, sagte Jan-Ole stolz.


    Sie bogen nun ebenfalls in eine kleinere Straße ein. Nur noch drei farbige Linien waren auf dem Boden zu sehen. Jan-Ole wies sie durch ein Tor in einen Innenhof und nun endlich standen sie vor einer Tür, wo neben den hier üblichen Zahlen und Symbolen auch der Name Coch stand.


    „Hausnummer 452! Olivius ist da konsequent geblieben“, sagte Daywar und klingelte.


    Degor wartete gespannt. Sie hatte keine Vorstellung wie Olivius aussah und wie er auf sie reagieren würde.


    Aber die Tür wurde erstmal von einer Libelle geöffnet. „Guten Abend. Womit kann ich dienen“, sagte sie mit einer blechernen Stimme.


    Jan-Ole ergriff das Wort „Die drei Herrschaften möchten Herrn Portalmeister Coch sprechen. Ist er hier?“


    „Folgen Sie mir.“


    Sie traten ein. Der Hausflur war breit, an den Wänden hingen Bilder von Zügen und Bussen. Sie waren noch nicht ganz in der Mitte, als sich eine Tür öffnete und ein älterer Mann mit rötlichem Schnurrbart und birnenförmiger Figur auf sie zutrat.


    „Was gibt es denn so spät noch zu --- DAYWAR?“


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    - Armin Maiwald

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    Das sechzehnte Türchen führt in ein schick eingerichtetes Haus, wo wir eine lange erwartete Begegnung erleben werden.


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    Der Portalmeister

    Teil 3


    „Hallo Olivius.“ Daywar lächelte verlegen und strich sich die Haare zurück. „Ich weiß, das kommt jetzt etwas seltsam, aber ich habe hier ein paar junge Kollegen aus der Schlaufe dabei. Wir hatten dort etwas… Probleme mit den Verbindungen. Und ich dachte… es wäre gut, mal mit dir darüber zu sprechen.“


    Olivius Coch zog die Augenbrauen hoch: „Na das kommt nun wirklich überraschend. Trotzdem, schön dich zu sehen! Kommt erstmal mit in mein Arbeitszimmer. Wo ihr den guten Jan-Ole aufgegabelt habt, müsst ihr mir dann auch erzählen.“


    Olivius geleitete sie durch die Tür, aus der er gekommen war. Sie kamen in einen stilvoll eingerichteten Raum mit einem schweren Holztisch, einem Cembalo und vielen bunten Efeuranken an den Ziegelwänden. Sie setzten sich aus Olivius‘ Wink auf die Sitzgruppe in der linken Ecke.


    Der Portalmeister nahm eine Flasche und ein paar Gläser aus dem Schrank und schenkte ihnen eine orange leuchtende Flüssigkeit ein. Dann setzte er sich zu ihnen:


    „Glühbeerenextrakt. Ein Hobby von mir. Also, Daywar, was verschafft mir die Ehre?“


    Daywar seufzte: „Also, es war in der Schlaufe in letzter Zeit etwas still. Die Flachkopieverbindungen , die du damals mit dem Fähnrich eingerichtet hast, sendeten immer schwächere Signale und manchmal kam was ganz komisch an. Die Stimmung war etwas… angespannt. Du musst wissen, es sind viele neue Leute gekommen und naja, mit vielen davon ist es etwas schwierig. Welan und der Fähnrich waren sehr verschlossen und meinten, das werde schon alles wieder. Ich wollte offen gestanden einfach mal bei dir nachfragen, wie du die Situation siehst und mir kam die Idee, mal den jungen Kollegen hier die 452 zu zeigen. Das sind Degor ZXP und Thorstein Valdklingsblut, von allen neuen ganz eindeutig die Fähigsten. Wir sind auch gut durchgekommen, haben nur leider einen zufälligen Spawnpunkt erwischt und das Ganze hat deutlich länger gedauert, als ich gedacht hatte. Ohne die Hilfe von Jan-Ole hier hätte es noch länger gedauert, den haben wir in der Schlucht vor Rampusia mitgenommen. Ich habe jedenfalls schon ein etwas schlechtes Gewissen, die Kollegen in der Zentrale so lange allein zu lassen.“


    „Ihr wisst schon, dass es in Protokoll 452 die Option „Zufällige Spawnpunkte unterdrücken“ gibt? Dann wärt ihr direkt an der Portalstadt rausgekommen. Aber egal. Das klingt ja alles ganz spannend. Schön, einmal ein paar neue Gesichter aus der Zentrale live zu sehen.“ Er lächelte Degor und Thorstein zu.


    „Ja, auch erfreut, Sie kennen zu lernen. Kapitänin Daywar hat viel von Ihnen erzählt“, stammelte Degor verlegen zusammen.


    „Aha. Na, jedenfalls: Daywar, ich bin nicht sicher, ob ich euch da helfen kann. Die Umstrukturierung habe ich nur ganz am Anfang begleitet und naja, du weißt ja, dass Welan nicht allzu gut auf mich zu sprechen ist. Ich kann das Ganze natürlich mal ansehen, aber am Ende glaube ich nicht, dass ich etwas erkenne, was Welan und Yugurt nicht erkennen. Ich habe damals immer vor Ausfällen gewarnt, weil da viel neue Technik zum Einsatz kam, aber Details… Warum hast du nicht Steinbäcker gefragt, zu dem hattest du doch immer einen guten Draht, Daywar?“


    „Justin verträgt keine Dimensionsreisen mehr. Ich dachte ehrlich gesagt, zu dir wäre der Weg kürzer. Wir haben im Moment ja nur noch die alten Schnittstellen.“


    Olivius nickte langsam. „Seht ihr, ich hatte recht, dass es gut war, die weiterhin noch zu pflegen. Der 452-Standard wird immer noch viel benutzt, auch wenn Welan das nicht wahrhaben will. Hier hält ein kleines Team die Portale damit instand, ich bin da aber auch nicht mehr wirklich involviert.“


    Degor fiel etwas ein: „Kennen Sie ein sechsbeiniges Okapi namens Heidi Jiroskop? Sie hat uns bei unserer Ankunft entgegen genommen, nachdem wir bei unserem ersten Versuch, das Portal zu benutzen auf einen Fehler in der API gestoßen sind. Sie hätte uns doch bestimmt direkt hierher führen können, aber hat uns diesen mehrwöchigen Umweg gehen lassen. Wir haben doch sogar direkt nach Ihnen gefragt und sie hat behauptet, sie kenne Sie nicht.“


    Degor blickte unsicher Daywar an. Hoffentlich hatte sie jetzt nicht zu viel gesagt. Aber Olivius strich sich nur nachdenklich durch den Bart.


    „Seltsam. Eine Frau Jiroskop kenne ich tatsächlich nicht persönlich, aber eigentlich würde ich vom Team erwarten, dass sie etwas zuvorkommender sind. Wie gesagt, ich bin länger nicht dabei, wer weiß, wie da die Richtlinien mittlerweile sind. Ich will mich da eigentlich nicht mehr einmischen.“


    „Könntest du uns trotzdem mal zu diesen Leuten begleiten, Olivius?“ fragte Daywar. „Ich habe irgendwie ein schlechtes Gefühl bei dem allen. Ich wüsste einfach gerne, was vor sich geht und will auch wieder in die Schlaufe zurück. Selbst wenn du uns nicht helfen kannst, wäre es gut, dich dabei zu haben, damit wir nicht wieder bei der Transformation einen Fehler machen, der uns Wochen kostet.“


    „Meinetwegen. Aber nicht mehr heute.“


    Degor schlief überraschend gut in dieser Nacht. Olivius hatte darauf bestanden, sie in seinem Gästezimmer aufzunehmen, was zwar am Anfang wegen Thorsteins Größe etwas schwierig gewesen war, am Ende aber doch ganz gemütlich wurde. Der Portalmeister hatte auch noch seine Birnenmagiekünste walten lassen, um Jan-Ole von Thorsteins Schulter zu trennen. Der Gallertblob wollte sie trotzdem begleiten, da das alles ja so unglaublich interessant wäre.


    Und so schlenderten sie früh am nächsten Morgen durch die Gassen von Rampusia. Olivius hatte gemeint, dass sie am besten so früh wie möglich kommen sollten , weil da noch nicht so viel los wäre. Sie betraten ein unscheinbares Gebäude in Sichtweite zweier Portale, auf dessen Hausnummernschild neben der Nummer 999 auch „Portalverwaltungszentrum“ stand. Eine Kuh mit ungewöhnlich langen Beinen und einer Lesebrille saß hinter dem Empfangstisch


    „Ah, Goldi, du bist auch noch da?“, begrüßte Olivius sie.


    „Ja, wenn es mir draußen zu geruhsam wird, übernehme ich manchmal noch eine Schicht. Und was führt dich hier her, Olivius?“


    Er deutete hinter sich „Ich darf meine alten Schlaufen-Kollegen mal wieder bei der 452 unterstützen. Holst du mir mal den Nexus her, dann können wir das gemeinsam klären.“


    Die Kuh nickte, drehte sich auf ihrem Drehstuhl, steckte ihren Vorderhuf in einen Kurbelgriff und brachte ihn ratternd in Bewegung. Mit einem Plopp löst sich etwas und ein Lichtball flitzte durch ein durchsichtiges Rohr an der Wand entlang in einen der Gänge zu ihrer Linken.


    „Rohrpost. Natürlich auch alles 452-konform. Die hab ich noch eingeführt. Wobei es damals noch nicht so gut aussah“, erklärte Olivius strahlend.


    Zwanzig Sekunden später wischte ein kleiner Mann mit einem hohen Hut den Gang entlang. Er trug einen langen Umhang. Als er vor ihnen schlitternd zum stehen kam, drehte er sich einmal im Kreis, und ließ theatralisch den Umhang um sich herum wehen. „Stets zu Diensten. Was gibt es, Herr Portalmeister Coch?“


    „Lasst euch nicht irritieren, er ist immer so“, sagte Olivius zu Daywar, Thorstein und Degor gewandt und antwortete dann dem Männlein, bei dem es sich offenbar um den Nexus handelte: „Die Kollegen hier kommen aus der Schlaufe und dort gibt es anscheinend Verbindungsprobleme. Sie haben mich gebeten, mir das einmal anzuschauen. Ich weiß nicht wirklich, ob ich helfen kann, aber wir können trotzdem ein paar Kontrollwerte hier anschauen. Es kann sein, dass ich danach mit ihnen über Protokoll 452 in die Schlaufe reise und mir das Ganze vor Ort anschaue.“


    Der Nexus blickte zunächst etwas unsicher drein, nickte dann aber ausladend. „Aber nur weil du es bist, mein lieber Herr Portalmeister Coch. Wir sind in letzter Zeit besonders vorsichtig. Aber die Damen und Herren können mir einmal folgen. Wir gehen zunächst einmal in die Schaltzentrale.“


    Degor blickte verstohlen Daywar an. Sie war sich nicht sicher, was sich hinter der theatralischen Art des Nexus verbarg. Und auch ob Olivius ihn komplett einschätzen konnte, bezweifelte sie.


    Sie kamen in einen kreisrunden Raum mit noch mehr Rohpostgängen als vorher und vielen sechseckigen Bildschirmen. An drei davon saßen Wesen, die zu arbeiten schienen. Degor prüfte schnell, ob sie Heidi Jiroskop erkennen konnte, aber ein sechsbeiniges Okapi war nicht im Raum.


    „Schlaufe, Schlaufe, Schlaufe“, sagte der Nexus vor sich hin und wischte an einer Reihe von Bildschirmen vorbei, „Wie war im Übrigen der Name der Kollegen hier?“


    „Ich bin Kapitänin Daywar, das hier sind Degor ZXP und Thorstein Valdklingsblut“, sagte Daywar schnell.


    Während der Nexus noch an einem der Bildschirme vor sich hin sprach, erhob auf einmal eines der Wesen am anderen Ende des Raumes die Stimme. Es war eine geflügelte tiefviolette Seekuh, die in einem auf Schienen fahrenden Aquarium herum schwamm und sie jetzt überrascht ansah.


    „Daywar, sagten Sie? Ich glaube, für Sie ist gestern ein Telegramm über die 452 angekommen. Wir haben uns schon gewundert, was es damit auf sich hat.“


    Das Aquarium fuhr an einen Tisch, die Seekuh nahm einen dicken Zettel aus einem Stapel, manövrierte sich vor Daywar und drückte ihr den Zettel in die Hand. Die Kapitänin faltete ihn langsam auf. Degor schaute Daywar über die Schulter und las die in grober Schrift gedruckten Worte.


    AN DAYWAR, THORSTEIN und DEGOR


    STOPP


    NICHT IN DIE SCHLAUFE ZURÜCKKEHREN!!


    STOPP


    WIR HABEN UNS EINEN GEFÄHRLICHEN EINDRINGLING EINGEFGANGEN, DER HIER DINGE VERSCHWINDEN LÄSST. ICH MÖCHTE NICHT, DASS IHR EUCH DEM AUSSETZT, BEVOR DER NICHT UNSCHÄDLICH GEMACHT IST.


    STOPP


    ICH MELDE MICH, SOBALD ICH MEHR WEISS. ICH KOMME KLAR.


    STOPP


    WENN IHR KÖNNT, FINDET ETWAS ÜBER DEN WELTENCONSULTANT SEBASTIAN SAMPELMANN HERAUS. NACHRICHTEN BITTE NUR ÜBER DIESEN KANAL


    STOPP


    WELAN


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das siebzehnte Türchen war vermutlich mal weiß, aber die Farbe ist vergilbt und an den Ecken teilweise abgeblättert. Besonders gut sieht man das aber auch nicht, denn irgendwer hat hier am Licht gespart. Glücklicherweise werden wir schnell eingelassen.


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    Die Fernseherin


    Es war Herbst. Wind, der nach totem Laub duftete, fegte durch die Straßen. Jolin zog ihren Mantel enger um sich und trat in den fremden Hauseingang. Sie hatte sich bereit erklärt, ihrer erkrankten Mitschülerin die Hausaufgaben vorbeizubringen, bevor sie sich mit ihren Freundinnen Patya und Bas traf. Eigentlich hatte sie mit Danea nichts zu tun, aber das stille und zurückhaltende Mädchen wurde von allen in der Klasse gemieden. Jolin wollte ihr helfen.


    Jolin fuhr mit dem Finger an den Klingelschildern entlang und fand schließlich das Gesuchte. Sie drückte den Klingelknopf so fest sie konnte. Einen Augenblick später erklang ein summendes Schnarren von der Tür. Das Mädchen betrat das Haus. Es war so finster, dass Jolin keinen Lichtschalter fand. Während sie an der Wand entlang tastete, stießen ihre Finger an etwas Haariges. Schnell zog sie ihre Hand zurück und ging vorsichtig in die Richtung, in der sie die Treppe vermutete.


    Im Hausflur roch es muffig. Wie ein Gemisch aus Suppe, Kohl und anderen Mahlzeiten, die vermutlich vor einigen Tagen oder Wochen im Haus gekocht worden waren.


    Immerhin fand Jolin die Treppe, ohne vorher über Gerümpel zu stolpern, und tastete sich voran bis in den zweiten Stock. Hier brannte zwar ein Licht im Treppenhaus, aber es war schummrig. Der Lichtschein genügte gerade so, um das Schild an der Wohnungstür zu erkennen.


    Die Besucherin betätigte die Wohnungsklingel und wartete. Sie hörte ein Maunzen von drinnen. Dann Schritte auf Teppich. Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit. „Wer ist da?“


    „Ich bin Jolin, eine Mitschülerin von Danea. Ich bringe ihr die Hausaufgaben vorbei.“


    Die Tür wurde zugeschlagen. Wieder miaute die Katze drinnen. Dann erklang das Klirren einer Kette und ein schabendes Geräusch. Erneut öffnete sich die Tür, diesmal ganz. „Komm rein. Ihr Zimmer ist hinten links am Ende des Flurs.“


    Jolin war ein wenig mulmig zumute, doch sie zog die Schuhe aus und stellte sie vor die Tür. Dann schritt sie vorsichtig an Daneas … Mutter? Sie sah so alt aus … vorbei in die Wohnung. Die sah recht unauffällig aus. Gewöhnliche braungelbe Tapete mit geometrischen Mustern, auf dem Boden ein ausgetretener Läufer. Auch in der Wohnung war das Licht zwar angeschaltet, aber die gelben Glühbirnen leuchteten nur trüb.


    Danea saß in ihrem Zimmer auf dem Boden mit dem Rücken zur Tür vor dem Fernseher. Ein Kasten aus braunem Holz, aus dem sich milchig das Glas wölbte. „Hallo Danea. Wie geht es dir?“


    Das Mädchen antwortete nicht. Ob sie dachte, dass Jolin sie nur ärgern wollte? Immerhin hatte sie Danea noch nie besucht … „Ich bringe dir die Hausaufgaben. Vielleicht kannst du so ein bisschen vom Unterricht nachholen. Ich helf dir auch gern dabei, wenn du etwas nicht verstehst.“


    Danea rührte sich nicht. Langsam wurde es gruselig. Vielleicht wollte sie nicht mit Jolin reden, vielleicht hatte es einen Grund, dass sie gemieden wurde. Aber Jolin wollte sich nicht so leicht geschlagen geben. Sie ging an Danea vorbei und legte die Aufgabenzettel auf ihren Schreibtisch.


    Dann wandte sie sich zu Danea um. Und wich erschrocken zum Schreibtisch zurück.


    Daneas Augen waren weit aufgerissen, es war nur Weiß darin zu sehen. Nein, nicht weiß. Weißes Rauschen mit schwarzen Pünktchen darin! Jetzt erst bemerkte Jolin auch das leise Rauschen, das sie gehört hatte, seit sie das Zimmer betreten hatte.


    Was sollte sie jetzt tun?


    Sie fühlte sich wie in einem Horrorfilm, jetzt war schnelle Reaktion gefragt. Da ihr nichts Sinnvolleres einfiel, folgte sie dem Kabel des Fernsehers und zog den Stecker aus der Dose. In diesem Moment wurden Daneas Augen wieder klar. Es schien, als sei gar nichts gewesen.


    Hatte Jolin sich das gerade nur eingebildet?


    „Nein. Aber das hättest du nicht tun sollen. Ich bekomme immer ganz fiese Kopfschmerzen, wenn jemand den Flimmerkasten ausschaltet, wenn ich gerade fernsehe. Warum hast du das gemacht?“


    Jolin traute ihren Ohren nicht. „Moment mal … hast du gerade meine Gedanken gelesen? Bist du … eine von diesen …“


    Danea schaute ihr mit bohrendem Blick in die Augen. „Ja, ich bin eine Hexe. Zufrieden? Ich möchte mal eine gute Seherin werden, das ist mir wichtiger als die Schule.“


    „Dann bist du gar nicht krank?“


    „Nein. Ich benutze den Fernseher, um das Sehen zu üben, und manchmal vergesse ich dabei die Zeit.“ Das Mädchen war seit einer Woche nicht in der Schule gewesen …


    Danea stand auf und steckte den Stecker des Fernsehers wieder in die Steckdose. Der schaltete sich sofort auf irgendein nerviges Werbeprogramm.


    „Willst du es sehen?“


    „Äh was, die Werbung? Nein!“


    „Quatsch. Ich kann dir zeigen, wie ich fernsehe.“


    Das klang zwar ein wenig merkwürdig, aber was für eine Gelegenheit! Jolin hatte noch nie eine echte Hexe kennengelernt und hatte bis heute nicht gewusst, dass sogar eine in ihre Klasse ging.


    „Na dann schau.“


    Die Mädchen setzten sich zusammen vor den Fernseher. Plötzlich wurde das Bild schwarz – Jolin wandte sich zu Danea und bemerkte, dass auch deren Augen jetzt vollkommen schwarz waren. Dann formten sich darin Bilder. Der Fernseher blieb schwarz.


    „Kannst du … ich meine … kannst du das was du siehst, auch auf dem Fernseher zeigen?“


    Danea kicherte. „Du meinst, wie die Hexen aus den Märchen mit ihren Kristallkugeln? Ach, warum eigentlich nicht – ich versuche es mal!“


    Der Fernseher flimmerte und flackerte. Kurz wurde er wieder schwarz, dann war dieses weiße Rauschen zu sehen. Aus dem wirbelnden Schnee formte sich ein Bild. Es war schwarz-weiß, aber Jolin konnte deutlich ihre Schulklasse darin erkennen. Die Schüler beugten sich über ihre Pulte und schrieben fleißig.


    Das Bild wurde wieder schwarz. Ein paar Momente später waren auch die grauen Augen Daneas wieder normal.


    „Wir schreiben morgen oder übermorgen einen unangekündigten Vokabeltest. Genau sehen kann ich das noch nicht. Vielleicht solltest du besser gehen und noch ein wenig üben.“


    Jolin konnte es immer noch nicht fassen. Da wollte sie dieser schüchternen Mitschülerin auf die Sprünge helfen und die war soviel mehr als das.


    „Danke, dass du mir das gezeigt hast, Danea. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“


    „Komm mal wieder vorbei, wenn du magst. Dann sehen wir zusammen fern.“


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das achtzehnte Türchen führt in einen hübsch eingerichteten Raum, in dem an einem runden Tischchen zwei Frauen beieinandersitzen.


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    Interview des Tages


    Heute trifft unsere Reporterin Miri Meta die Historikerin Ravina Rahamius aus Tharmalon, um sie und ihre Arbeit vorzustellen. In Fachkreisen ist Frau Rahamius vor allem für ihre Forschungen zur Stadtgründung von Tharmalon bekannt und als Chronistin des Herrscherhauses.


    MM: „Vielen Dank, dass Sie sich für ein Interview zur Verfügung stellen, Frau Rahamius, erzählen Sie doch zunächst etwas über sich selbst.“

    RR (amüsiert): „Ich bin eine mittelalte, kurzsichtige Stubenhockerin, die sich für obskure Geschichten interessiert.“

    MM: „Ach, tun wir das nicht alle…?“

    RR: „Ich arbeite in der Königlichen Bibliothek an verschiedenen Projekten. Damit habe ich mein Auskommen und ich habe Zugriff auf die größte Wissenssammlung des Landes, das ist natürlich nett, wenn man sich auch privat für Bücher und Geschichten interessiert.“

    MM: „Es heißt, sie haben gute Kontakte in alle Welt, um an Ihre Geschichten zu kommen?“

    RR: „Heißt es so? Nun, ich lese viel. Ich höre Menschen zu und ich trete mit ihnen in Kontakt. Ich schreibe und bekomme Briefe. Ich trage Wissen zusammen, ordne und sortiere es. – Es ist alles da, man muss nur aufmerksam sein.“

    MM: „Dann reisen Sie nicht selbst?“

    RR: „Nein, ich habe Tharmalon nur selten verlassen, ich bin ab und an in Haven gewesen und in meiner Jugend einmal auf den Corenischen Inseln. Aber das ist mir alles zu beschwerlich. Fremde Betten sind unbequem, auf Schiffen werde ich seekrank… und es ist auch Zeitverschwendung, wenn ich doch nur ein Buch aufschlagen muss, um die Informationen zu bekommen. Ich reise lieber in Büchern und Geschichten.“

    MM: „Ich habe gehört, Sie arbeiten derzeit an einem Sammelband über seltsamen Wesen und exotischen Kreaturen. Erzählen Sie unseren Lesern doch etwas darüber.“

    RR: „Auch hier ist es vor allem vorhandenes Wissen, dass ich zusammentrage. Ich möchte in Bild und Text anschaulich machen, welche Kreaturen existieren. Oder welche, von denen Leute glauben, dass sie existieren, oft ist den Berichten nicht zu entnehmen, ob es sich um Mythos oder Realität handelt. Ich mache da keinen Unterschied, das ist für mich gleichermaßen interessant und berichtenswert. Ich sammle zunächst unter dem Oberbegriff „Mischwesen, Menschenartige und Monster“, vielleicht schließe ich noch einen Band zu geographischen Besonderheiten und fremden Völkern an, wenn ich dazu komme und mir eine ähnlich ansprechende Alliteration einfällt.“

    MM: „Wie spannend. – Was ist Ihre Lieblingskreatur bisher?“

    RR: „Immer die, an der ich gerade arbeite, zu der ich gerade Informationen zusammentrage. Es müssen auch nicht nur Kreaturen von Phera sein. Das kann man ja sagen, wenn wir hier gerade so hübsch meta zusammensitzen. Also wenn sich unter Ihren Lesern und Leserinnen jemand findet, der Mischwesen, Menschenartige oder Monster kennt, die in diese Sammlung passen, nur her damit.“

    MM: „Äh… ja, wir werden das beobachten und sind gespannt auf Ihr Werk. – Vielen Dank, dass Sie Ihre kostbare Zeit für uns geopfert haben.“


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das neunzehnte Türchen führt in einen gemütlich eingerichteten und sauber gepflegten Schankraum, der noch um ein Vielfaches gemütlicher wirkt, wenn man bedenkt, welches Sauwetter die andere Seite des Türchens beherrscht. Sauber ist der Schankraum übrigens auch nicht einfach so, denn eine Frau fegt gerade gründlich durch.


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    Lieder


    Die Frau drehte sich um, als Carras die Tür öffnete, und es zeigte sich deutlich, dass sie erstens jung und zweitens hochschwanger war. Beides kein gutes Zeichen.

    „Entschuldige“, versuchte er es trotzdem. „Kann ich hier abwarten, bis der Regen ein bisschen nachgelassen hat?“

    Sie musterte ihn prüfend. Das Wasser, das an ihm hinunter lief, die deutlich getragenen, aber nicht zerlumpten Sachen, seine Tasche. Sicher stellte sie auch fest, dass er keine deutlich sichtbare große Waffe bei sich trug. Sie wirkte nicht erschreckt und am Ende ließ sie sogar mit einer Hand ihren Besen los, um sich eine Haarsträhne aus der Stirn zu streichen.

    „Wir haben noch nicht geöffnet“, sagte sie. „Ich kann dir nichts verkaufen.“

    „Das ist in Ordnung“, versicherte Carras. „Ich bin zufrieden, wenn ich nur für eine Weile einen trockenen Platz haben kann.“

    „Ich meine, gar nichts“, betonte sie noch einmal. „Auch nichts zu trinken.“

    „Das macht nichts. Ich möchte mich nur irgendwo hinsetzen, wo es nicht regnet.“ Er versuchte es mit einem Lächeln. „Und wo ich dir nicht im Weg bin, natürlich.“

    Dass sie das Lächeln erwiderte, zeigte, dass er gewonnen hatte, bevor sie etwas sagte.

    „Meinetwegen“, entschied sie. „Setz dich da drüben an den Tisch in der Ecke. Da habe ich schon gekehrt.“

    Carras bedankte sich und ging zu dem bezeichneten Tisch hinüber, eine dünne Wasserspur hinter sich herziehend. Er hängte den nassen Umhang über die Lehne eines Stuhls und stellte die Tasche sehr sorgfältig auf einen anderen, so dass sie nicht miteinander in Berührung kommen würden. Als er aufsah, hatte die Frau schon wieder mit dem Kehren begonnen. Sie wandte ihm sogar den Rücken dabei zu. Es erschien ihm ein bisschen leichtsinnig, aber wer war er, sich da zu beklagen? Sie hatte ihm erlaubt, hereinzukommen und den Regen draußen zu lassen. Ein furchtbares Wetter. Kalt, dunkel und eisig. Auch für jemanden, der es gewöhnt war, bei jeder Art von Wetter zu wandern, war es eine Erleichterung, sich nicht länger damit herumschlagen zu müssen.

    „Danke“, sagte Carras nach einer Weile. „Dass du mich hereingelassen hast.“

    „Schon okay“, antwortete sie, ohne sich umzudrehen. „Der Sturm ist wirklich übel.“

    Er hätte es nicht als Sturm bezeichnet, aber das machte nichts. Schlechtes Wetter. Jeder hatte seinen eigenen Namen dafür.

    „Vielleicht kann ich mich erkenntlich zeigen“, bot er an. „Ich könnte ein bisschen Musik für dich machen.“

    „Musik?“

    „Es gibt keine Arbeit, die nicht mit Musik besser von der Hand geht.“

    Diesmal drehte sie sich um, um ihn anzusehen. Der Blick lag irgendwo zwischen amüsiert und zweifelnd.

    „Ich bin Sänger!“ verteidigte sich Carras, als habe sie sein Können in Frage gestellt. „Ich verdiene mir mein Geld damit, Musik zu machen.“

    „Oder einen trockenen Platz im Sturm“, vermutete sie amüsiert.

    „Eben das, was ich gerade brauche.“

    „Der Platz ist geschenkt“, erinnerte sie. Ernsthaft diesmal. „Aber wenn du Musik für mich machen möchtest, nehme ich das als Geschenk gerne an. Nur bitte nichts Gruseliges oder Blutiges, geht das?“

    „Sicher. Ich habe ein großes Repertoire von fröhlichen, sonnigen und bunten Liedern. Genau das Richtige für einen regnerischen, dunklen und grauen Tag.“

    Sie erlaubte es also und kehrte an ihre Arbeit zurück. Sie ruhte für keine Sekunde, und sie ließ auch nie erkennen, ob ihr Carras‘ Vortrag gefiel, egal, was er sang oder spielte. Es machte nichts. Es waren die richtigen Lieder, um einem Tag wie heute zu zeigen, dass es ihm nicht gelingen würde, ihn einzuschüchtern oder zu deprimieren, also wäre es auch eine gute Idee gewesen, sie für sich selbst zu spielen. Fröhliche Tänze, romantische Lieder von erfüllter Liebe, Begeisterung über eine reiche Ernte... selbst über die Freude an guter, sinnvoller Arbeit. Sie kamen aus allen Ecken und Enden der Länder seiner Reisen, aber er ließ sie alle so klingen, als seien sie aus dieser Gegend. Sie hatte nichts hören wollen, was sie ängstigen konnte, und Carras wusste nicht, ob fremde Klänge sie sich unwohl fühlen lassen würden. Immer die Wünsche des Publikums berücksichtigen, das gehörte dazu.

    Als der Mann hereinkam, wusste Carras im selben Moment, dass das ihr Mann war und der Vater des ungeborenen Kindes. Nicht nur, weil er nicht durch die vordere Tür kam, durch die Carras von der Straße hereingekommen war, sondern durch die hintere, die hinter der Theke, sondern vor allem durch den Blick, den die Frau in demselben Moment zu ihm, Carras, zurückwarf, bevor sie sich dem Mann zuwandte. Unbehaglich. Schuldbewusst. Er hatte ihr gesagt, dass sie aufpassen sollte. Keine Fremden hereinlassen, während er fort war. Er machte sich Sorgen um ihr Wohlergehen.

    Aber er wirkte auch nicht böse oder verärgert, als er um die Theke herumkam und die Frau begrüßte. Er legte einen Arm um sie und eine Hand auf ihren Bauch. Carras hatte die Flöte gesenkt und sein Lied unterbrochen, aber er machte sich nicht die Mühe, dem leisen Gespräch zu lauschen, das sie führten. Er packte das Instrument sorgfältig weg. Er wollte keinen Ärger. Wenn der Mann ihn jetzt hinauswarf, würde er widerspruchslos gehen.

    Der Mann und die Frau küssten einander flüchtig, bevor er ihr einen Klaps auf den Hintern und sie ihm einen leichten Schlag mit dem Wischtuch gab, mit dem sie die Tische abgerieben hatte, dann ging sie durch die Tür hinter der Theke und er kam herüber. Carras richtete sich auf, aber er blieb sitzen. Der Mann legte beide Hände auf die Lehne des Stuhls ihm gegenüber.

    „Alles klar?“ fragte er dann zu Carras‘ Überraschung.

    „Ja, danke. Ich habe nur Zuflucht vor dem Regen gesucht... Ich wollte deiner Frau nicht zur Last fallen.“

    „Das ist ihre Entscheidung.“ Der Mann zuckte die Achseln. „Willst du was trinken?“

    Carras zeigte die übliche nachdenklich-verlegene Miene des Reisenden Volkes bei so einem Angebot, und es brachte den Mann –der offenbar der Wirt war –zum Lachen.

    „Aufs Haus“, versprach er fröhlich. „Also, was soll’s sein?“

    „Was immer du mir ausgeben möchtest. Ich würde ein so großzügiges Angebot nie in Frage stellen.“

    Der Wirt lachte noch mehr, aber er entschied:„Bier.“, und weil Carras ihm nicht widersprach, ging er welches holen. Es waren zwei Krüge, denen der Schaum über den Rand lief, und damit war klar, dass dieses Gespräch noch nicht beendet war.

    Der Wirt schob Carras deneinen Krug hin und setzte sich mit dem anderen zu ihm an den Tisch. Nickte, als Carras sich bedankte, und sie hoben die Krüge gegeneinander und tranken.

    „Trinkbar?“ wollte der Wirt wissen.

    „Mehr als das. Es ist sehr gut.“

    Es schien den Wirt gleichermaßen zu erleichtern und zu freuen. Er trank Carras noch einmal zu, aber die Geste, mit der er den Krug wieder abstellte, war schwer und entschlossen. Die Geste von jemandem, der sich Mut gemacht hatte und jetzt die Aufgabe in Angriff nahm.

    „Darf ich dir eine Geschichte erzählen?“ wollte er wissen.

    „Das ist was Neues“, antwortete Carras amüsiert. „Normalerweise wollen die Leute, dass ich eine erzähle.“

    „Du willst sie also nicht hören?“

    „Ganz im Gegenteil! Ich will sie auf jeden Fall hören. Ich liebe gute Geschichten.“

    Der Wirt sah zweifelnd aus.

    „Darum bin ich Straßenmusiker“, behauptete Carras. Es würde nach einem Scherz klingen, das wusste er, aber es war so viel näher an der Wahrheit, als selbst die, die ihn gut kannten, sich jemals vorstellen konnten. „Auf diese Weise erfährt man die meisten und die besten Geschichten.“

    „Du wirst sicher eine gute Geschichte daraus machen können“, vermutete der Wirt. „Aber für den Moment...“ Er zögerte, dann zuckte er die Achseln und trank noch einen Schluck Bier.

    „Das hier war mal ein echt gutes Wirtshaus“, begann er. „Der Wirt war fair, das Essen war vernünftig, das Bier gut, und die Kunden waren zufrieden. Aber dann starb der Wirt und der Erbe war ganz anders –er sah nur den möglichen Profit. Er panschte das Bier, kochte Abfälle und lud allerlei Gesindel ein, in seinem Schankraum Händel zu treiben. Niemand außer den rauesten Burschen der Umgebung traute sich noch her, trotzdem war der Laden jeden Abend voll. Eine Goldgrube. Aber dann hat der Besitzer sich mit jemandem angelegt, der eine Nummer zu groß für ihn war.“

    Der Wirt machte eine Pause und Carras wartete respektvoll, für den Fall, dass es für den Effekt war. Sein Gastgeber war kein geübter Geschichtenerzähler, aber er hielt sich nicht schlecht. Er verriet auch viel über sich selbst dabei, alle durch seine Wortwahl. Erst ein Wirt, dann ein Besitzer... Carras würde sich das merken, wenn er die Geschichte weitererzählte.

    „Wer war es?“ fragte er, als klar wurde, dass der Wirt nicht aus Spannungsgründen schwieg, sondern weil er nicht weiter wusste. „Eine Räuberbande? Ein Adeliger? Oder gar Klerus?“

    „Nein.“ Der Wirt schüttelte den Kopf. „Ein Magier.“

    Jetzt wurde es wirklich interessant. Carras tat das, was ein gutes Publikum tat, wenn der Erzähler eine unglaubliche Behauptung machte, er sah den Wirt ungläubig an.

    „Ein Magier“, wiederholte der. Genauso fest wie zuvor. „Er sah natürlich nicht aus wie einer, im Gegenteil. Er war sogar ein bisschen zerlumpt, und er gab vor, ein Straßenmusiker zu sein. Er kam her und bat den Besitzer, für einen Abend in seinem Gasthaus singen zu dürfen.“

    Carras nickte. Es war das, was seinesgleichen tat, wenn die Tage kurz und die Nächte lang waren. Wenn das Publikum die Zeit lieber in Schankräumen verbrachte als auf dem Marktplatz. Ein guter Musiker ging immer dahin, wo sein Publikum hinging. Andersherum zu denken, war albern. Oder Arroganz.

    „Der Besitzer hat es erlaubt“, erzählte der Wirt weiter. „Aber er hat den Fehler gemacht, Bedingungen zu stellen. Mehr noch, unverschämte Forderungen. Die Hälfte von allem, was der Sänger einnehmen würde. Er hätte misstrauisch werden müssen, als der darauf einging, aber im Gegenteil, er wurde übermütig. Er machte sich über den Sänger lustig und verspottete ihn, und all seine Kunden lachten mit ihm. Er war so überzeugt von sich selbst, dass er sich nicht wunderte, dass der Sänger trotzdem blieb. Das hätte doch sicher niemand getan, nicht bei der Behandlung.“

    „Nein“, antwortete Carras sehr ernsthaft. „Das hätte niemand.“

    Der Wirt nickte, offenbar erleichtert darüber, dass ein Straßenmusiker seinem Urteil zustimmte. Damit indirekt auch seiner Einschätzung des angeblichen Sängers zustimmte, dass der nicht das gewesen war, was er schien.

    „Also, der Sänger blieb. Und er hat gesungen. Ich weiß nicht, was genau, aber die Kundschaft es geliebt, also wird es wohl Heldenzeugs und Schlachtenlieder gewesen sein. Die Stimmung muss toll gewesen sein und Bier und Wein floss in Strömen, die Leute grölten und sangen mit und lieferten sich ein paar Messerstechereien...“ Der Wirt zog wie schaudernd die Schultern hoch, aber es war nicht über das Verhalten der Menschen, sondern wegen dem, was als nächstes kam.

    „Aber dann sang der Sänger ein anderes Lied. Eines, das die Schatten in den Ecken wachsen ließ. Das Feuer brannte herunter und war nur noch ein schwaches blutrotes Glimmen, und es wurde kalt im Raum, sehr kalt. Geister stiegen aus dem Keller hoch, all die Untaten, all die bösen Gedanken... All das rief er in den Schankraum und ließ es los. Und als er fertig war, war die eine Hälfte der Gäste geflohen und die andere war weiß wie die Wand und zitterte wie Espenlaub. Und der Sänger war spurlos verschwunden.“

    Der Wirt sah Carras an, als warte er darauf, dass der lachte oder ihn für verrückt erklärte, aber der Sänger tat nichts dergleichen. Er nickte nur, wie jemand, der über eine wichtige Information nachdenkt, die er gerade erhalten hat.

    „Es war sicher ein Magier“, sagte der Wirt also. „Oder noch schlimmer, ein Rachegeist. Oder gar eine Gottheit... Irgendjemand, dem das Wirtshaus und seine Machenschaften nicht gefielen, und der darum eingeschritten ist. Denn natürlich war nach dem Abend hier kein Geld mehr zu machen. Niemand wollte in so einem Laden trinken, nicht mal die übelsten Diebe.“

    „Trotzdem hast du es gekauft“, gab Carras zu bedenken.

    „Ich denke daran, was es vorher war. Das Wirtshaus, das ich aus meiner Kindheit kenne. Freundlich, offen, einladend... Die Jungs können nach der Feldarbeit ein Bier trinken, aber keiner muss sich Sorgen machen, wenn er seine Familie mitbringt, damit alle was Gutes zu essen bekommen. Ein Treffpunkt für das Dorf. Darum möchte ich dich um einen Gefallen bitten.“

    Carras hob wie erstaunt die Augenbrauen. Der Wirt sah ihn fest an.

    „Ich möchte, dass du heute Abend hier singst“, sagte er. „Meine Frau sagt, du bist gut und du kennst eine Menge fröhliche Lieder. Ich möchte, dass die Reste der Schatten, die noch immer in den Wänden hängen, verschwinden. Ich habe sie neu getüncht, aber das reicht nicht. Es muss mehr her als das.“

    „Ich bin ein Straßenmusiker“, erinnerte Carras. „Wenn jemand dein Wirtshaus verflucht hat, dann bin ich nicht der Mann, der diesen Fluch beenden kann. Schon gar nicht mit ein paar Liedern.“

    „Ich weiß. Aber ich möchte es trotzdem versuchen.“ Der Wirt sah sich im Schankraum um, um Carras sah die Zuneigung zu diesem Wirtshaus in diesem Blick. Die Entschlossenheit, etwas Gutes daraus zu machen. Etwas, auf das man stolz sein konnte. Bodenständig und ehrlich.

    „Was sagst du?“ wollte der Wirt wissen. „Ich will keinen Anteil an dem, was du verdienst. Du kriegst ein gutes Abendessen dazu und alles, was du trinken willst. Dazu mein bestes Zimmer für die Nacht und ein Frühstück. Und wenn das Wetter morgen noch immer schlecht ist, gilt mein Angebot für einen weiteren Tag.“

    „Für ein paar fröhliche Lieder?“

    „Für was auch immer du singen willst. Einem Sänger vorzuschreiben, was er singen soll, ist, wie einem Wirt vorzuschreiben, welches Bier er verkaufen soll. Wir alle haben unseren Stolz und lieben unsere Freiheit.“

    Carras sang also. Er machte auch Tanzmusik, und er machte Musik, damit die Leute singen konnten. Sie fragten nach bestimmten Liedern und er erfüllte ihre Wünsche. Sie lachten, sie sangen mit und sie spendierten ihm Bier, das er nicht brauchte, weil er ohnehin umsonst trank. Sie gingen nach Hause und holten Verwandte und Freunde, damit die sich auch ein Lied wünschen oder einfach zuhören konnten. Der Schankraum wurde so voll, dass es nicht mehr möglich war, in ihm zu tanzen, aber auch das störte niemanden. Es wurde so voll, dass es unmöglich wurde, etwas zu servieren, doch auch das ließ sich regeln, indem Leute Teller und Krüge durchreichten. Sie halfen einander und waren fröhlich. So wie der Wirt es sich gewünscht hatte, ein Platz als Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft.

    Und am Ende des Abends sang Carras ein Lied, dass die Leute still werden ließ. Dabei war es weder spannend noch bedrohlich oder gar gruselig. Im Gegenteil, es war ein Lied voll von Licht, eines von Wärme, Großherzigkeit und Mitgefühl. Es tilgte die Erinnerung an Neid, Missgunst und Gier, die in die Wände des Raums eingesickert waren, sog sie auf und vertrieb die letzten Reste der Schatten. Ein Lied von Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft, von dem großen Gefühl von Heimat und Gemeinschaft, von dem Glück, Teil von etwas zu sein. Das Feuer brannte hell und golden, sein Schimmer erreichte jede Ecke und jedes Herz. Ein Lied, um die Menschen näher zusammenzubringen, ein Lied über Hoffnung und Vertrauen. Ein Lied, so ganz anders als das, was er vor einem Jahr hier gesungen hatte.

    Nichts war besser als eine gute Geschichte. Und nichts war mächtiger als das richtige Lied zur richtigen Zeit.



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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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