Welten(basteln) als Kritik- und Kommentarwerkzeug?

  • Mir drängte sich gerade eben eine Frage auf, als ich an einem bestimmten Lexikonartikel unserer Welt bearbeitete, um ihn endlich auf Weltniveau zu bringen;


    Nutzt ihr eure Welten, um darin Themen zu behandeln, die euch persönlich anbelangen bzw. euch wichtig sind? Haben eure Welten Kritik- und Kommentarfunktion?
    Nicht unbedingt in dem Sinne, dass sie eine breite Öffentlichkeit erreichen sollen oder revolutionäre Weisheiten aufzeigen sollen, aber trotzdem so, dass sie in gewissen Zügen eure persönliche Meinung oder eure persönlichen Probleme widerspiegelt.


    Ich meine damit weniger Aspekte wie ein vorübergehend stressiges Studium, sondern allgemeinere Themen, also zum Beispiel das Verhältnis zwischen de-jur- und de-facto-Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern oder Kritik gegenüber organisierten Religionen etc.


    Oder andersherum gefragt: Wer nutzt seine Welt als reine Spaß- und Unterhaltungswelt, die sich möglichst nicht mit gesellschaftsrelevanten Themen beschäftigt und die Fantasy in den Vordergrund stellt?

  • Ja, ich habe solche seriösen Themen in meine Welten (auch in DC!). Ich sag lieber nicht welche Themen es sind, denn ich möchte das jeder das für sich entdecken kann.


    Und wer's nicht mitbekommt, nun ja, so schlecht ist das ja auch nicht. Ich möchte nicht immer drauf zeigen "das und das und das sind die Themen die man da mitbekommen muss." Denn mir ekelt es, wenn sowas zu offensichtlich ist.

  • Meine Welt hat definitiv eine Kritik und Kommentarfunktion. Und so spiegelt sich in einigen Themen zu Politik, Religion und Gesellschaft auch meine eigene Meinung wieder. Allerdings ist das immer eine Gratwanderung zwischen Kritisieren/Kommentieren und dem Versuch eine in sich schlüssige und stimmige Welt zu erschaffen, zumal ich manchmal feststellen muss, dass mehrere von mir als veränderungswürdig empfundene Aspekte in ihrer neuen Form gar nicht miteinander harmonieren.
    Kritisieren indem ich etwas überspitzt formuliere und/oder der Lächerlichkeit preisgebe tue ich eigentlich nicht (außer bei religiösen Themen ;D ). Ich beschränke mich darauf meine Meinung in die Welt einzubinden, ohne dass jeder der es liest gleich weiß, dass ich hierbei Kritik geübt und eigene Wünsche eingebracht habe. Es genügt mir eigentlich wenn ich weiß weshalb bestimmte Sachen in meiner Welt so sind, wie sie eben sind.

    "»Huch«. machte der Dachs, als er aufwachte. »Heute bin ich aber schlecht gelaunt. So etwas von schlecht gelaunt, ich bin ja richtig gefährlich!«" - Udo Weigelt, Der Dachs hat heute schlechte Laune.

  • Nein. Zumindest Steinfall nicht. Ich versuche, weitgehend wertfrei zu simulieren. Kulturaspekte einzelner Zivilisationen mag ich persönlich, oder ein Leser, fragwürdig bis verabscheuungswürdig halten, aber die reale Welt kümmert sich genauso wenig um Werte, wie es eine simulierte tut.

    "Ist nur ein Messer im Latissimum dorsi. Geht ihm gut. Sag ihm ein paar aufmunternde Worte. Sag ihm, er soll ihr den Kopf abhacken."

  • Jein...
    Die Welt selbst ist größtenteils wertfrei. Allerdings spiegeln die Denkweisen meiner Charaktere sehr oft meine eigenen Gedanken.
    Indem ich meine Charaktere sich an den Ungerechtigkeiten ihrer Welt reiben lasse, kommentiere ich dann indirekt auch unsere Welt.

  • Kann ich nicht sagen, da ich nur Grundlagen schaffe, aber weder bestimmte Charaktere noch Handlungen.


    Allerdings versuche ich schon, Thematiken, die mich interessieren, irgendwie zu verwursten. Aktuelle Ereignisse, vor allen, wenn diese politischer Natur sind, gehören allerdings nicht dazu. :kotz:

  • [halb-ot]


    Gerade Einen abgesucht nach 'nem ähnlichen Thread, wo wir das Thema schon mal interessant diskutierten. Es war NICHT der "Rückschlüsse auf den Bastler"-Thread, obwohl der auch versucht ähnlich zu verlaufen.


    Weiß einer noch, wo dieser Thread zu finden ist?


    [/halb-ot]

  • @ Pilger: ich erinnere mich an so einen Thread, und es kann sein das ich dem angefangen hab, ist aber lange her.


    @ Wertfreie Welten: irgendwie kann ich mich da nicht vieles bei Vorstellen. Es gibt die Welt, es gibt darin Kulturen, die sich irgendwie verhalten. Erstens hat die Welt dabei schon eine Wert für das, was man beschreibt, und das, was man nicht beschreibt. ZB:
    1. Es wird nicht geredet von Nazis
    2. Es gibt Nazis aber denen gibt man keinen Wert, die sind einfach da
    3. Es gibt Nazis und man Urteilt drüber, zB dadurch, die gewinnen oder verlieren zu lassen im Krieg, die als Helden oder das Böse dar zu stellen
    4. Dito wie 3, aber man macht das so das das Urteil die Meinung von jemand ist, zB der Bastler ("Dies sind nicht meine Ideale") oder ein Einwohner der Welt, der zu das Geschehen eine Meinung hat ("Leider haben die gewonnen").
    ... man wechselt das Wort "Nazis" mit andere Worte, zB Emanzen, Demokraten, Kannibale...


    Es muss ja auch keinen Schlüßelwelt sein, wo jeder raten darf, of mit dieser Politiker X nun der echter Politiker aus aktuellen Ereignisse gemeint ist.

  • Kritik- und Kommentarfunktion hat meine Welt nicht, zumindest nicht bewusst. Sachen, die mich interessieren und/oder bewegen, werden aber sehr wohl eingebaut - meistens aber sehr verzerrt und daher nicht mehr so leicht zu erkennen, glaub ich zumindest.
    Und natürlich haben auch mehrere Personen Ansichten, die meinen eigenen ähnlich sind - oder auch bewusst das Gegenteil sind.

  • Besonders Kaláte kritisiert viel, allein durch die rechtliche Struktur. Ich weise nur darauf hin, dass Softwarefirmen in Kaláte für die Fehler ihrer Software recht weit haften müssen. Ach, gäbe ich gerne Microsoft was auf den Deckel ...
    Wollte Microsoft nach Kaláte exportieren würden sie für viele Abstürze und Sicherheitslücken belangt. Tolle Vorstellung.
    (Ich habe hiermit die grossen Softwarekonzerne kritisiert.)
    Und dann hab ich noch viel andere Kritik.
    Veria

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Die Welt spiegelt eigentlich nur insofern meine persönlichen Ansichten wieder, las daß dort Geschichten handeln wie ich sie gern mal lesen möchte.
    Sonstige politische oder gesellschaftliche Meinungen fließen eigentlich nur unterbewusst ein, ich lege es jetzt nicht drauf an. Gewisse Dinge müssen sein, um dem Bild einer leicht erdähnlichen Welt auf dem Entwicklugsstand des 17. bis 19. Jahrhunderts zu entsprechen, andererseits lässt das wiederum auch viel Platz für 'Was wäre wenn...' -Szenarien, wobei ich aber auch nicht meine persönlichen Vorstellungen einer idealen Gesellschaft ausleben möchte.
    Mal sehen wo mich die Welt noch hinführt, erstmal muss ich allerdings endlich die verd... Kontinentverteilung hinbekommen *seufz*

  • Im gewissen Umfang soll Wey'on natürlich schon diese Funktionen erfüllen. Aber es ist eine andere Welt, und daher kann und will ich das nur auf Grundsätze beschränken. Vielleicht baue ich da noch ein paar Eastereggs ein, aber sonst schreibe ich eher einen Roman/ein Sachbuch über unsere Erde - irgendwann einmal.

    " Durch die weiten, glühenden Ebenen ziehen sie dahin: gewaltige Herden, kaum weniger zahlreich als die Halme jener Gräser, die sie nähren. Zwei Dinge treiben sie voran: Trockenheit und mächtige Feinde, die nur darauf warten, ihren Hunger mit Fleisch zu tilgen. Keine Art außer einer hat hier ihre Heimat: die Morlochs, die Herrscher der Weite zwischen Erde und Himmel."
    Aus " Führer durch die Welt", von Lisari Biadaom, erschienen 1118 n.M.K.

  • @Yaghish: Ohne Shay vorgreifen zu wollen, ist eine 'wertfreie' Welt meines Erachtens nach eine Anarchie, wie beispielsweise Hyperborea (aus Robert E. Howard's Conan), eine konventionslose Welt, in der gängige Moralvorstelungen eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

  • Hallo!


    Die Welt der Britischen Elben spiegelt durchaus meine persönlichen Gedanken und Vorstellungen wieder. Die Elben sehen die Welt im Prinzip so, wie ich sie sehe (der Sinn des Lebens besteht darin, die Welt zu bereichern und zu verschönern; damit der Mensch kreativ sein und seinen Daseinszweck erfüllen kann, muss er frei sein; der Kosmos besteht aus einer Hierarchie von morphischen Feldern; etc.), und leben dementsprechend, oder versuchen es zumindest.


    Das alles projiziere ich in einen "weißen Fleck" der Vergangenheit und verbinde es mit meiner persönlichen Hypothese (basierend auf meinen Interpretationen germanischer, keltischer und griechischer Mythologie), dass es auf den Britischen Inseln einmal eine Hochkultur gab, die in der frühen Eisenzeit unterging.


    Meine zweite Welt (das Solarpunk-Projekt, das ich, glaube ich, hier noch nicht vorgestellt habe) stellt den Versuch einer plausiblen nahen Zukunft dar, in der es zu einem Widerstreit zwischen negativen Gegenwartstrends (Wirtschaftsfundamentalismus, Glaube an die Unausweichlichkeit des "Kampfes der Kulturen") und positiven Zukunftstrends (nachhaltige Entwicklung, Wiederbelebung der Idee des demokratischen Sozialstaats, solare Energiewirtschaft) kommt, wobei letztere wiederum meinen persönlichen Ansichten entsprechen und am Ende auch gewinnen.

  • Quote

    Original von DieWegners
    Nutzt ihr eure Welten, um darin Themen zu behandeln, die euch persönlich anbelangen bzw. euch wichtig sind? Haben eure Welten Kritik- und Kommentarfunktion?


    Nein. Earon ist eine komplett andere Welt und da haben Kritik und Kommentare zur irdischen Welt nichts zu suchen. Postterra ist eine Art Genomprojekt, in der es mir eher um die biologischen Aspekte geht, weshalb die Gesellschaft dort nur ansatzweise entwickelt wurde. Und Ingnir geht sogar von komplett anderen Verhältnissen aus, die auch eine ganz andere Gesellschaft zur Folge hat.


    Quote

    Oder andersherum gefragt: Wer nutzt seine Welt als reine Spaß- und Unterhaltungswelt, die sich möglichst nicht mit gesellschaftsrelevanten Themen beschäftigt und die Fantasy in den Vordergrund stellt?


    Eine reine Spaßwelt ist Earon, im Gegensatz zu Ingnir und Postterra, nicht. Dort versuche ich auch gesellschaftliche Themen einzubauen, weil das eigentlich auch zu einer Welt dazu gehört. Also gibt es auch Sklaven und dergleichen.
    Dennoch, die Themen sind an die Welt angepasst und haben nichts damit zu tun, wie ich mir eine schöne Welt vorstelle. Ich versuche weder durch Überspitzung noch durch sonstetwas zu kritisieren oder zu kommentieren.

  • Quote

    Original von DieWegners
    Nutzt ihr eure Welten, um darin Themen zu behandeln, die euch persönlich anbelangen bzw. euch wichtig sind?


    Ja, in beiden Welten (Paigea und Ysior) verarbeite ich Dinge, die mir gefallen, und solche, die mir gar nicht gefallen. Da muss von jedem was da sein, man beschöftigt sich ja auch mit beidem.



    Quote

    Haben eure Welten Kritik- und Kommentarfunktion?


    Weniger, Sachen wie Politik und Krieg nemen in meinen Welten wenig Raum ein. Gerade auch Aktuelles wird gar nicht verwurstet.

  • Quote

    Nutzt ihr eure Welten, um darin Themen zu behandeln, die euch persönlich anbelangen bzw. euch wichtig sind? Haben eure Welten Kritik- und Kommentarfunktion?
    Nicht unbedingt in dem Sinne, dass sie eine breite Öffentlichkeit erreichen sollen oder revolutionäre Weisheiten aufzeigen sollen, aber trotzdem so, dass sie in gewissen Zügen eure persönliche Meinung oder eure persönlichen Probleme widerspiegelt.


    Ich meine damit weniger Aspekte wie ein vorübergehend stressiges Studium, sondern allgemeinere Themen, also zum Beispiel das Verhältnis zwischen de-jur- und de-facto-Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern oder Kritik gegenüber organisierten Religionen etc.


    Oder andersherum gefragt: Wer nutzt seine Welt als reine Spaß- und Unterhaltungswelt, die sich möglichst nicht mit gesellschaftsrelevanten Themen beschäftigt und die Fantasy in den Vordergrund stellt?


    Aehnlich wie Shay sagte sind meine Welten wertfrei. Ich bastle Fantasywelten nicht um mich mit aktuellen politischen oder gesellschaftlichen Themen bzw deren Kritik oder Umschreibung auseinanderzusetzen, jedenfalls nicht bewusst.
    D.h. die Welten lassen zwar einen Rueckschluss auf meine Gedanken zu, aber nicht in dem Sinne, dass man daraus meine Meinung oder Nichtmeinung bzw Standpunkte zu bestimmten Themen herauslesen kann. Ergo muesste ich dem Starterpost nach eher behaupten ich habe eine reine Spass- und Unterhaltungswelt.


    Was mEn eher gerade weggelassen wird, ist, dass wohl viele Bastler ihre Welten haben und weder noch sind. Sondern z.b. an Gesellschaftskonstrukten basteln, um der Konstrukte selber willen. also um sich eine andere Weise eine Gesellschaft aufzubauen zu ueberlegen, ohne das dies als Kritik o.a. zu werten ist.

  • @Bastable
    Warum willst du mir nocht vorgreifen bzw. was erwartest du, daß ich noch sagen soll? ???
    Ich hatte eigentlich bereits alles gesagt, so daß klar sein sollte, in welche von Yagishs Gruppen ich gehöre.


    Heute morgen ist mir allerdings aufgefallen, daß es mir sehr schwer fällt, absolut ungerechte Strukturen zu basteln. Irgendwie neige ich dann doch dazu, ein gewisses System von checks and balances irgendwo einzubauen, egal wie unzulänglich das auch sein mag.

  • Schon schwer - Norn beispielsweise ist eine reine Fantasyklischeewelt, die nur einem Ziel diente: Dem Spielk eine Welt zu beschehren. "Reale" Problematiken existieren da nicht, die Guten sind gut und machen keine Fuschnickens.


    Aerde ist das gänzlich anders - wer nur oberflächlich guckt, bekommt von mir - sollte er durch die Welt auf mich schließen - einen gänzlich falschen Eindruck. Dennoch ist Aerde VOLL von Anspielungen und Kritikpunketn auf die irdische Gegenwart. Der Countdown bis zum Weltentod ist da noch das Offensichtlichste.

  • Ich glaube es ist mir unmöglich, irgendeines meiner Erzeugnisse nicht politisch zu gestalten und damit Kritik zu üben.


    Ich zeichne keine Welt, wie ich sie gern hätte, sondern ich versuche, die Fehler ein wenig zu überspitzen, die in der Welt geschehen. Am liebsten stürze ich mich auf Fanatismus und sinnlose Ideale und natürlich das, was sowieso immer kritisiert wird: Gier, Sucht, Machthunger.



    Ich kritisiere auch mich selber, mit den Elfenkobolden und ihrem unverständigem Verhalten gegenüber den verklemmten Menschen ziehe ich meine eigene Verklemmtheit und Steifheit ins Lächerliche...
    Auch die Art in der mein Lieblingscharakter Antsan sich selbst ins Verderben stürzt, indem er einfach zu feige ist einmal ein Risiko einzugehen, ist durchaus teilweise Selbstanalyse.

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