Die Religion der Cumeaner
Der Hintergrundgedanke: Ich mag Religionen, die "gewachsen" sind, die sich weiterentwickeln und sich im Laufe der Zeit wandeln. Bei den Cumeanern habe ich nun erstmals versucht, die Geschichte ihrer Religion vom Beginn der Sesshaftigkeit bis hin zur Gegenwart zu entwickeln.
Die folgende Beschreibung stellt das alles sehr vereinfacht dar, aber ich befürchte, sie ist trotzdem ziemlich lang und verworren (hoffentlich ist das trotzdem einigermaßen lesbar).
Zuerst mal ein paar historische Eckdaten, damit das Ganze einigermaßen verständlich ist:
Um 2500 vor Zeitrechnung wanderten die Rhem, eigentlich Völker der nördlichen Inseln, auf den Südkontinent aus. Hier siedelten zunächst im Nordosten, lebten von Ackerbau und Viehzucht und gründeten die ersten Städte. Als sie sich schließlich weiter ausbreiteten, vertrieben sie im Osten die Altecweler (die „Ureinwohner“), während sie im Westen einigermaßen friedlich nebeneinander lebten.
Zu einem großen Einschnitt kam es zu Beginn der Zeitrechnung, also im Jahre 0, als der Vulkan Sintece ausbrach. Die Asche, die in die Atmosphäre geschleudert wurde, verdunkelte die Sonne für drei oder vier Tage, die Druckwellen waren in der gesamten bekannten Welt wahrnehmbar und es folgte ein weltweiter Kälteeinbruch. Missernten und Hungersnöte zwangen viele Rhem, die Städte zu verlassen und wieder zur nomadischen Lebensweise zurückzukehren. Als sie sich schließlich von den Folgen der Naturkatastrophe erholt hatten, entstand im Nordosten das Reich von Carima, im Westen das Königreich Sol und im Südosten schließlich die Stadt Cumea. Carima und Sol sind heute Provinzen von Cumea, haben aber die Hauptstadt kulturell (und vor allem auch religiös) stark geprägt.
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Grundsätzlich besteht die Cumeische Religion aus mehreren Schichten. Zunächst die ganz alten Elemente, die die Rhem (also die Vorfahren der Cumeaner) bereits aus dem Norden mitgebracht haben. Dann jene Elemente, die erst nach Beginn der Zeitrechnung im Reich von Carima entstanden sind. Und zuletzt gibt es auch noch Einflüsse aus dem Glauben der Altecweler.
Alles zusammen ergibt ein recht kompliziertes Geflecht, das ich im folgenden mal versuche zu erklären:
Die Religion der Cumeaner bis zum Beginn der Zeitrechnung
Bei den Rhem, die 2500 v.Z. auf den Südkontinent auswanderten, handelte es sich um eine frühe Ackerbaugesellschaft und so kannten die Rhem vier Fruchtbarkeitsgottheiten. Drei von ihnen waren Muttergöttinnen:
Tawica, die Herrin über Leben und Tod, also eine Göttin, die das Leben sowohl gibt als auch nimmt.
Mecari, die vor allem für die menschliche Fruchtbarkeit zuständig war und als Schutzgöttin der Schwangeren und der kleinen Kinder galt. In Laufe der Zeit hat sie sich aber eher zu einer jugendlichen Liebesgöttin gewandelt.
Weital, die Sonnengöttin, war auch für die Fruchtbarkeit auf den Feldern verantwortlich. Heute ist der Fruchtbarkeitsaspekt in den Hintergrund getreten und sie ist vor allem die Göttin der Sonne, des Lichts und der Heilkunde.
Raci war der männliche Gegenpart, ein Gott des Himmels und des Regens.
Zusätzlich zu den Göttern glaubten die Rhem noch an eine große Zahl von niederen Göttern oder Geistwesen, die sie heute „Hecey“ nennen. Sie sind die Kinder der Götter, ihnen aber an Macht unterlegen.
Bis zur Zeitrechnung änderte sich an der Religion eher wenig, davon abgesehen, dass zwei neue Gottheiten hinzukamen:
Ewnia ist quasi eine Abspaltung von Tawica. Sie ist die Göttin des Todes, während Tawica nur noch den lebensspendenden, nicht aber den zerstörerischen Aspekt behielt.
Lenyron, der Gott der Schmiedekunst und des Feuers, kam zu der Zeit, als die Rhem von den Nordvölkern die Bronzeherstellung übernahmen, hinzu.
Der Ausbruch des Sintece und die Folgen für die cumeische Religion
Nach dem oben erwähnten Vulkanausbruch stellten sich die Rhem die Frage, weshalb die Götter soviel Elend zugelassen hatten. Aus diesen Fragen entwickelten sich mehrere Erklärungsversuche, von denen sich einer schließlich durchsetzte und die Religion stark veränderte:
Da die Götter grundsätzlich als „gut“ angesehen wurden, entstand der Mythos von abtrünnigen Hecey (sie wurden Riwony genannt), die sich von den Göttern und den übrigen Hecey abspalteten und sie bekämpften. Schließlich gelang es ihnen, den Schmiedeofen von Lenyron, der auch die Welt erwärmte, zu zerstören (der Vulkanausbruch also als Zeitpunkt der Zerstörung und die Kälteperiode als Folgeerscheinung).
In dieser Zeit entstand auch die Vorstellung von vier Sphären. Früher hatte es nur die irdische Welt und das Totenreich gegeben, nun aber schufen die Götter zwei weitere Sphären, die Sphäre der Gestirne und die Unterwelt.
Hier eine flüchtige Skizze, wie man sich die Sphären vorzustellen hat (das Totenreich also um die irdische Welt herum):
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Lenyron hatte fortan seine Schmiede in der Unterwelt, wo sie vor den Riwony sicher war. Die meisten anderen Götter und viele Hecey zogen sich weitgehend in die Sphäre der Gestirne zurück, die nur durch das Tor Nymela mit der irdischen Welt verbunden ist. Die Hece Susca ist die Wächterin von Nymela und achtet darauf, dass kein Sterblicher und kein Riwon in die Sphäre der Gestirne gelangt.
Die neuen Götter von Carima
In den Grundzügen blieb die Sphärenreligion bis heute unverändert, doch im Laufe der Zeit kamen noch weitere lokale Götter hinzu, die nach der Eroberung Carimas durch Cumea auch in die allgmeine cumeische Religion aufgenommen wurden.
Der ältere dieser „neuen“ Götter ist Ilafac, der Gott des Meeres, der Seefahrer und der Händler. Ursprünglich handelte es sich dabei um einen im Meer lebenden Hece, der aber, als Seefahrt und Handel immer wichtiger wurden, schließlich als Gott verehrt wurde.
Etwas später entstand Chetal, der sich von Raci abspaltete und fortan als Himmels- und Kriegsgott galt, während Raci zum Gott des Nachthimmels (man nennt ihn heute auch den „Sternenjäger“) degradiert wurde.
Simyel schließlich war nur eine lokale Göttin der Stadt Sach Rineia, aber als Göttin der Weisheit und Gerechtigkeit wurde sie bald im ganzen Reich verehrt.
Auch einige namentlich bekannte carimasche Hecey fanden ihren Platz im Glauben, wie etwa Chanei, die Entzünderin des Himmels (die Morgenröte), Asca, die Hüterin der Schicksalsfäden und Feston, der Bannerträger von Chetal.
Altecwelische Einflüsse
Durch die Eroberung von Sol, das stark von der altecwelischen Kultur beeinflusst war, fanden schließlich auch Elemente des altecwelischen Glaubens ihren Platz in der cumeischen Religion.
Die Altecweler verehrten eine Reihe von Vegetationsgottheiten und verschiedene dämonenartige Wesen, die sowohl positive als auch negative Aspekte haben.
Tydin ist einer dieser Vegetationsgötter, der von den Cumeanern heute als Gott der Ernte, des Überflusses und des Wohlstands verehrt wird.
Ein weiterer ist Wicheia, der Wandler, der in der cumeischen Mythologie als Sohn von Mecari und Tydin und somit als Hece gesehen wird. Durch die Welt streifend bringt er die Jahreszeiten mit sich und altert dabei jedes Jahr bis zu seinem Tod im Winter, um schließlich zu Jahresbeginn wiedergeboren zu werden.
Auch die Dämonen finden sich heute unter dem Überbegriff „Naturgeister“ in der cumeischen Mythologie, als Begleiter von Wicheia und Schutzgeister der Natur.
Um all diese Elemente der cumeischen Religion – die vier Sphären, die zehn Götter, die unzähligen Hecey und Riwony und die Naturgeister – ranken sich unzählige Mythen und kein Cumeaner kennt heute noch den ursprünglichen Glauben der Rhem, den sie vor über 4000 Jahren aus dem Norden mit sich brachten.
So, dabei belasse ich es besser einmal, ich befürchte, dass ich euch ohnehin schon mit all den Namen und den verworrenen Erklärungen erschlagen habe.