WB-Adventskalender 2009

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    ADVENTSKALENDER-ÜBERSICHT:


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    [1. Türchen] Der Tanz des Ahr'man (von Taipan)
    [2. Türchen] Ein Tag im Leben von Lohin Koomaku (von Sturmfaenger)
    [3. Türchen] Die Geschichte der Elwylurn (von Cele)
    [4. Türchen] Linns Flucht (von Neyasha)
    [5. Türchen] Der Meisterdieb und der Magier (von Diamant)
    [6. Türchen] Löcher (von Dorte)
    [7. Türchen] Wie Shalitara den einäugigen Drachen tötete (von Taipan)
    [8. Türchen] Von nun bis immerdar (von Jundurg)
    [9. Türchen] Unheilvolle Entdeckung (von Cith-Ungol)
    [10. Türchen] Sontrecas Tag (von Neyasha)
    [11. Türchen] Vom mutigen Soldaten (von Diamant)
    [12. Türchen] Klonk (von Ghikra)
    [13. Türchen] Das Herz des Waldes (von Sturmfaenger)
    [14. Türchen] Die Eiskönigin (von Jerron)
    [15. Türchen] Die Geschichte von Ankhoel dem Krieger (von Drachenreiter)
    [16. Türchen] Der goldene Quolo (von Diamant)
    [17. Türchen] Srandilas Entscheidung (von Ly)
    [18. Türchen] Feuerfliegenfest (von Vinni)
    [19. Türchen] Wie Fuchs die Farbe des Himmels stahl (von Taipan)
    [20. Türchen] Frei wie der Wind (von Sturmfaenger)
    [21. Türchen] Im Atem des Tages (von Merlin)
    [22. Türchen] Im Auge des Betrachters (von Merlin)
    [23. Türchen] Weitseher! Pah! (von Drachenreiter)
    [24. Türchen] Wie die Tochter des Zauberers Jh’taraith eine Seele stahl (von Taipan)



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    Leise Flötenmusik dringt nach draußen, als sich das erste Türchen im Weltenbastler-Adventskalender öffnet. Es ist ein Lebkuchentürchen, und man muss leider sagen, es sieht ziemlich angeknabbert aus... Wer das wohl war?



    Der Tanz des Ahr’man


    Vor langer Zeit, als gefräßige Dämonen noch im Land umhergingen und jeden verschlangen, den sie fanden, zog auch der schreckliche Dämonenfürst Ahr’man durchs Land. Und grässlich war er, denn wenn er am Abend in ein Dorf kam, so waren bis zum Morgen alle Bewohner, egal ob Mensch oder Tier, in seinem hungrigen Maul verschwunden, denn er war der gefräßigste Dämon von allen.
    Die anderen Dämonen bekamen es nach einiger Zeit mit der Angst zu tun, denn bald gab es fast nichts mehr, das Ahr’man noch nicht gefressen hatte, und sie mussten schrecklichen Hunger leiden. Da liefen sie zu ihrem König und riefen: „Oh weiser Jh’taraith, befreie uns von unserer Not und bringe den gefräßige Ahr’man wieder zur Vernunft!“
    Jh‘taraith hörte ihnen aufmerksam zu, nahm eines seiner schwarzen Bücher und ging damit zu Ahr’man.
    Der gefräßige Dämonenfürst hatte soeben einen ganzen Wald verschlungen und war satt. Deshalb freute er sich über den Besuch und sprach:


    „Weiser König Jh’taraith,
    du isst nichts,
    du trinkst nichts,
    und doch willst du unser König sein?“


    „An Gefräßigkeit mag es mir vielleicht mangeln“, antwortete der listige Jh’taraith, „doch an Klugheit kann ich dich allemal schlagen. So hat mir neulich ein alter Berg ins Ohr geflüstert, dass der große Ahr’man nicht einmal ein Buch lesen kann.“
    Da wurde Ahr’man sehr wütend und rief: „Alle Berge gehorchen mir und keiner von ihnen würde es wagen so etwas zu behaupten.“
    „Eigentlich hatte ich gedacht, dass der Berg lügt“, gab Jh’taraith zurück. „Aber offensichtlich hatte er Recht, sonst würdest du das Gegenteil beweisen wollen.“
    „Dann gib mir ein Buch und ich werde es lesen!“
    Jh’taraith reichte ihm sein schwarzes Buch und Ahr’man wollte es aufschlagen und lesen. Doch es war kein gewöhnliches Buch, sondern ein Buch aus Wasser und Feuer. Zuerst brannte es unter seinen Fingern und als er die Flammen löschen wollte, zerflossen die Seiten wie Wasser vor seinen Augen. Jahrelang rang er mit dem Buch und die Welt konnte sich von seinem Toben erholen, doch schließlich erkannte auch er, dass er zum Narren gehalten worden war. Da nahm er einen Berg und warf ihn auf das Buch, sodass es für immer darunter vergraben war.
    Und dann erwachte auch wieder Ahr’mans Hunger und da er all die Jahre nichts gefressen hatte wurde sein Wüten schlimmer als zuvor. Wieder liefen die Dämonen zu ihrem König und riefen: „Oh weiser Jh’taraith, befreie und von unserer Not und bringe den gefräßige Ahr’man wieder zur Vernunft!“
    Der Dämonenkönig hörte ihnen aufmerksam zu, nahm einen seiner Spiegel und ging damit zu Ahr’man.
    Der gefräßige Dämonenfürst hatte soeben eine ganze Stadt verschlungen und war satt. Deshalb war er nicht allzu sehr erbost, als er den Dämonenkönig wieder sah, und sprach:


    Listiger König Jh’taraith,
    du isst nichts,
    du trinkst nichts,
    und doch willst du unser König sein?


    „An Gefräßigkeit mag es mir vielleicht mangeln“, antwortete wieder der listige Jh’taraith, „doch an Mut kann ich dich allemal schlagen. So hat mir neulich ein geschwätziger Wind ins Ohr geflüstert, dass der große Ahr’man sogar Angst davor habe sein eigenes Spiegelbild zu betrachten.“
    Da wurde Ahr’man sehr wütend und rief: „Alle Winde gehorchen mir und keiner von ihnen würde es wagen so etwas zu behaupten.“
    „Eigentlich hatte ich gedacht, dass der Wind lügt“, gab Jh’taraith zurück. „Aber offensichtlich hatte er Recht, sonst würdest du das Gegenteil beweisen wollen.“
    „Dann gib mir einen Spiegel und ich werde furchtlos mein Spiegelbild ertragen!“
    Jh’taraith reichte ihm den Spiegel und Ahr’man wollte sein Gesicht betrachten. Doch es war kein gewöhnlicher Spiegel, sondern ein Seelenspiegel, der die Seele des Betrachters zeigte. Wäre Ahr’man ein Mensch gewesen, hätte er nichts Besonderes bemerkt, denn Menschen haben nur eine Seele. Doch Ahr’man war ein Dämon, der in seinem Leben viele Seelen verschlungen hatte, mehr als alle anderen Dämonen. Und nun konnte Ahr’man all diese Seele auf einmal sehen und er wurde von einer großen Angst erfüllt, sodass er seinen Blick sofort wieder abwandte. Jahrelang versuchte er sein Spiegelbild zu ertragen und die Welt konnte sich von seinem Toben erholen, doch schließlich erkannte auch er, dass er zum Narren gehalten worden war. Da rief er die Winde, die den Spiegel erfassten, durch die Luft wirbelten und wieder zu Boden warfen, sodass der Spiegel in tausend Teile zerbrach.
    Und dann erwachte auch wieder Ahr’mans Hunger und da er all die Jahre nichts gefressen hatte wurde sein Wüten schlimmer als zuvor. Wieder liefen die Dämonen zu ihrem König und riefen: „Oh weiser Jh’taraith, befreie und von unserer Not und bringe den gefräßige Ahr’man wieder zur Vernunft!“
    Jh‘taraith hörte ihnen aufmerksam zu, nahm eine seiner Flöten und ging damit zu Ahr’man.
    Der gefräßige Dämonenfürst hatte soeben ein ganzes Land verschlungen und war satt. Deshalb wollte er den Dämonenkönig nicht sofort töten und sprach:


    „Hinterhältiger König Jh’taraith,
    du isst nichts,
    du trinkst nichts,
    und doch willst du unser König sein?“


    „An Gefräßigkeit mag es mir vielleicht mangeln“, antwortete der listige Jh’taraith, „doch an Geschicklichkeit kann ich dich allemal schlagen. So hat mir neulich eine freche Fliege erzählt, dass der große Ahr’man nicht einmal zu der Musik einer einfachen Flöte tanzen kann.“
    Da wurde Ahr’man sehr wütend und rief: „Alle Fliegen gehorchen mir und keine von ihnen würde es wagen so etwas zu behaupten.“
    „Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Fliege lügt“, gab Jh’taraith zurück. „Aber offensichtlich hatte sie Recht, sonst würdest du das Gegenteil beweisen wollen.“
    „Dann spiel auf einer Flöte und ich werde dazu tanzen!“, tobte der Dämonenfürst.
    Da nahm Jh’taraith seine Flöte und begann zu spielen. Sofort hörte der gefräßige Ahr’man auf zu wüten und seine Beine bewegten sich zum Rhythmus der Musik, denn es war eine Flöte aus dem Horn eines Einhorns und Einhörner können jeden Dämon in den Bann schlagen. Doch Ahr’man war ein sehr mächtiger Dämon und so wusste er, dass er nicht freiwillig tanzte. Er wurde sehr böse auf Jh’taraith und schwor sich, den Dämonenkönig zu töten, sobald dieser seine Musik beenden würde. Der allwissende Jh’taraith kannte natürlich all seine Gedanken und bekam selbst schreckliche Angst vor dem gefräßigen Ahr’man. Daher beschloss er, niemals sein Flötenspiel zu beenden. Und so ist es bis heute geblieben. Noch immer spielt Jh’taraith auf seiner Einhornflöte und noch immer umtanzt ihn der gefräßige Ahr’man, beide nicht fähig, das was sie tun, jemals zu beenden.



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  • Die nächste Aufgabe für den gefräßigen Ahr'man müsste dann darin bestehen, eine Welt zu basteln. damit wäre er auch ein paar Jahrzehnte beschäftigt ;D

  • Eine nette Geschichte. Der Listige ist aber wohl der, der jetzt neuer König ist? ;)

    " Durch die weiten, glühenden Ebenen ziehen sie dahin: gewaltige Herden, kaum weniger zahlreich als die Halme jener Gräser, die sie nähren. Zwei Dinge treiben sie voran: Trockenheit und mächtige Feinde, die nur darauf warten, ihren Hunger mit Fleisch zu tilgen. Keine Art außer einer hat hier ihre Heimat: die Morlochs, die Herrscher der Weite zwischen Erde und Himmel."
    Aus " Führer durch die Welt", von Lisari Biadaom, erschienen 1118 n.M.K.

  • Schöne Geschichte. :) Klingt nach einer Erklärungsmythe für etwas... ein Sternbild?

    Ist doch nur meine Meinung. Ich find ja auch die Drachenlanze blöd, und Millionen Leute lieben die Bücher trotzdem.

  • Vom fleißigen Schreiberling des 1. Türchens weiß ich, daß es die beiden Dämonen tatsächlich gibt - und nur sehr wenige ihre Existenz leugnen würden. Aber zwischen Märchenfigur und der realen liegen Welten. So ist Ahr'man nicht annähernd so dumm, wie meist dargestellt, und Jh'taraith ist kein Dämonenkönig. Ahr'mans Gefräßigkeit ist allerdings selbst unter den Dämonen sprichwörtlich, obwohl selbst jemand wie er nie ganze Städte verschlungen hat. Und die beiden Dämonen können sich auch in Wirklichkeit nicht ausstehen und führen schon seit einer Ewigkeit untereinander einen Kleinkrieg. :)


    (brought to you by Sturmfaenger Adventskalendermanagement mbH)

  • Einfach fabelhaft. Die Wiederholungen sind toll: dadurch haben die Leser keinen Schimmer, was inhaltlich als nächstes passiert, aber da die Form bleibt, hat man stets den vertrauten Rahmen. :)
    Wenn noch mehr Geschichten dieses Niveau erreichen, würde das meine freudige Ohnmacht auslösen. :faint: :D

  • Das zweite Türchen des Adventskalenders öffnet sich fast von alleine, als ein spürbarer Windhauch hindurchweht...




    Ein Tag im Leben von Lohin Koomaku, Waldflieger und Sturmschnitzer
    im Dorf Aniuune am Großen Buntsteilbruch


    Früh am Morgen, noch ehe die Sonne ihre Strahlen zum Felsenhimmel hinaufschickt, wacht Lohin auf. Schlaftrunken taumelt er nach draußen, erleichtert sich, und spritzt sich Wasser aus der großen Tonne im Innenhof ins Gesicht. Etwas wacher als zuvor setzt er in der Küche erstmal Teewasser auf und geht nach dem Wetter schauen. Auf dem Weg nach draußen schnappt er sich ein paar Qawlakekse, die er selbst gebacken hat. Lohin ist kein Frühaufsteher, aber er will heute weit weg zum Steinperlenhain, weil er für die kommende Sturmsaison Schnitzmaterial braucht.
    Es ist immer noch stockfinster in der Dorfgrotte, die bis Mittags im Schatten liegen wird. Lohin wohnt nicht weit vom Rand, und nach ein paar hundert Metern hat er das Geländernetz erreicht, das unvorsichtige Dorfbewohner vor einem Sturz in die Tiefe bewahren soll. Kekskauend späht durch die Maschen in die dunstige Tiefe hinunter.
    Der Himmelsozean verfärbt sich bereits von dumpfem Rosa zu leichtem Apricot, und mehrere Schwärme von Tripacclavvi flitzen durch die Lüfte, und zwar weit weg von der Felswand – ein Schönwetterzeichen. Weder Wolken noch Felsenschauer sind in Sicht.
    Gähnend schlendert Lohin zurück zum Haus, wo das Teewasser gerade zu kochen begonnen hat. Er gibt die Teekräuter und reichlich gesalzene Hlayabutter hinein, rührt um, und greift mit der freien Hand nach der kleinen Flasche auf dem Küchenregal.
    Gepriesen sei die Netzknüpferin für Moumya-Essenz! Lohin zählt fünf Tropfen ab und rührt dabei, damit sich alles gut vermischt. Fünf Tropfen sind etwas mehr als die normale Dosis, aber er wird den Tee mit auf die Fahrt nehmen, und in den Lüften überlebt wer wach und aufmerksam ist. Er füllt den heißen Tee ab, greift sich ein paar Streifen Dörrfleisch und die Wasserflasche und winkt im Hinausgehen seiner Nachbarin Emye, die gerade auf den gemeinsamen Innenhof tritt, um sich ebenfalls am Wasserfaß zu bedienen. Emye ist hübsch, und sie hat erst einen Gefährten. Lohin hat vor, ihr und ihrem Mann Kanthawu über die Sturmzeit ein paar Geschenke zu schnitzen. Vielleicht lassen sie ihn ja einheiraten...
    Zufrieden pfeifend läuft er zum Bootshaus, wo sein Boot fest vertäut auf ihn wartet.
    Drinnen schläft, an einer Leine angebunden, Lohins Keedra. Es wacht nicht auf, als er ihm den Kopfflaum krault, sondern klappert nur traumverloren mit dem Schnabel. Lohin hat es am Abend zuvor gut gefüttert. Mit etwas Glück wird es die Fahrt verschlafen, und dann am Zielort wach sein, wenn er es brauchen kann.
    Kritisch prüft Lohin die vier Messpfeiler des Bootshauses. Das Boot ist während der Nacht nicht abgesunken, es schwebt immer noch kniehoch über dem Boden. Er muß also keine Schwebkörper nachfüllen.
    Mit geübten Bewegungen legt er sich das Haltegeschirr an, verschließt die Riemen vor der Brust und prüft mit großer Sorgfalt ob sie richtig sitzen. Wenn er sich später im Boot anleint muss er sich auf seine Ausrüstung verlassen können.
    Jetzt aber: Aufbruch! Lohin löst die Haltetaue und schiebt sein Boot nach draußen, den Bootsweg zum Dorfhafen hinunter. Aniuune ist ein kleines Dorf, deshalb hat der Dorfhafen nur eine Statue der Netzknüpferin, und der Startplatz ist gerade mal groß genug für zwei oder drei kleine Boote.
    Ein paar ältere Kinder kommen angerannt, als sie Lohin sehen. Sie halten sein Boot fest, und drehen es in Startposition während er vor der Statue der Göttin auf die Knie fällt und mit dem Stirn ihre ausgestreckten Hände berührt. Er spricht die Morgengebete, steht dann wieder auf und wechselt ein paar Worte mit den Kindern, die ihm beim Start helfen werden.
    Lohin klettert an Bord, und wirft nun die schweren Sandsäcke ab, die sein Boot am Boden halten. Sie landen heil auf den weichen Baumstrangmatten, mit denen der Startplatz ausgelegt ist. Als er die letzten abgeworfen hat, gibt er ein Handzeichen, und die Jungen rennen hin. Er wird die Säcke heute abend hinter seinem Haus finden, dafür bezahlt er die Kinder, wie alle Männer des Dorfes die ein Luftboot haben.
    Lohin, jetzt angeleint, treibt mit seinem Boot im leichten Luftstrom dahin. Er muß sich jetzt darauf konzentrieren, der Decke und den Seitenwänden nicht zu nahe zu kommen, und steht in der Luke des Bootsdaches, das Stakruder in der Hand, immer bereit, notfalls die Magiekorrektoren des Bootes einzusetzen bis die Engstrecke überwunden ist.
    Aus der begrenzten Enge der Dorfgrotte schwebt das Boot in die weite Leere hinaus. Es gibt einen leichten Ruck, dann hat der allgegenwärtige Windstrom Lohins Boot erfasst, und er kann die Hilfssegel ausrichten und Kurs auf den Steinperlenhain setzen.
    Aniuune wird immer kleiner, und ist bald nur noch eines von vielen Löchern in der gigantischen Steilwand des Buntsteilbruchs. Jetzt gestattet sich Lohin seine ersten Becher Tee. Die Fahrt verläuft ruhig, und nur selten sieht er andere Boote von weitem. Am späten Vormittag kommt sein Ziel in Sicht.
    Wie die Fransen eines gigantischen Teppichs hängen die Baumstränge am Rand einer langgezogenen Felsenbank herunter. Flink turnt Lohin auf seinem Boot herum und holt die Segel ein, dann tauchen sie in das grüne Dach aus Tausenden und Abertausenden von Baumsträngen ein.
    Schon nach ein paar dutzend Schritt wird der Vorhang dichter. Würde Lohin weiter hineinfahren käme er alleine nicht mehr frei. Aber das hat er gar nicht vor. Er zieht sein Boot an den Baumsträngen so weit wie möglich nach oben. Die Stränge hier sind alt und dick, und durch Wurzeln miteinander verflochten. Hier läßt es sich gut klettern.
    Bevor er aussteigt bindet Lohin sein Keedra los. Es ist auf ihn geprägt, und da er nicht fliegen kann, wird es in der Nähe bleiben und ihn gegen angreifende Raubtiere verteidigen, ganz wie es die Keedra untereinander tun.
    Die Wurzeldecke ist ein Reich für sich, aber Lohin interessiert sich nicht für die Tiere und Pflanzen – er ist wegen den Steinperlen hier. Wie sie entstehen weiß er nicht so genau, es sind weder gewöhnliche Stalagtiten noch Harztropfen, und sie scheinen aus dem Stein selbst auszutreten. Sein geübtes Auge entdeckt die erstarrten Tröpfchen, die hier und da matt glänzend an den Wurzeln hängen. Sie lassen sich meist gut vom Strang abtrennen. Die größten und schönsten aber wachsen direkt an der Felsoberfläche. Sie sind am Schwierigsten zu ernten. Lohin hat ein gutes Gespür für die, die sich zum Schnitzen eignen. Er klettert hierhin und dorthin, prüft die Qualität der Perlen, und steigt mehrmals zwischen Boot und Wurzeldecke hin und her, um die Ernte zu verstauen.
    Als er fünf Körbe voll gesammelt hat muss er aufhören. Das Boot wird sonst zu schwer. Jetzt verlässt er die Wurzeldecke und klettert tiefer hinunter, um für neuen Auftrieb für die Heimfahrt zu sorgen, und das Zusatzgewicht auszugleichen. Die gasgefüllten Schwebkörper dazu holt er sich aus den Triebspitzen, Fruchtständen und Samenkapseln der Baumstränge, die dafür sorgen, daß die Wälder nicht durch ihr Eigengewicht von der Felsdecke gerissen werden. Bald hat er die nötige Anzahl in den Netzen unter der Bootsdecke verstaut. Er pfeift sein Keedra zu sich, bindet es aber nicht gleich fest. Es fliegt eine Weile neben dem Boot her, bis es müde wird, und setzt sich dann auf den Bug, um mit der kleinen Gallionsfigur des Bootes zu balzen.
    Lohin schaut amüsiert zu, und mischt sich Qowlamehl und Dörrfleisch in den längst kalten Tee, bis eine klebrige Masse entsteht, die er mit etwas Kepper würzt und hungrig hinunterschlingt.
    Im goldenen Licht der Abendsonne taucht der Buntsteilbruch in der Ferne auf. Zeit, die Reisehöhe zu senken. Schwebkörper um Schwebkörper entläßt Lohin durch die Deckenklappe in die hereinbrechende Nacht. Er ist zufrieden mit dem Tag. Er hat eine gute Ausbeute erzielt, und brauchte dank des ruhigen Wetters weder beim Verlassen des Dorfes noch jetzt bei der Heimkehr seine Magiekorrektoren einzusetzen.
    Über dem Dorfhafen läßt er die letzten überzähligen Schwebkörper ab und sinkt langsam nach unten. Laut spricht er dabei das Abendlob an die Göttin.
    Während er sein Boot nach Hause schiebt, und die aufputschende Wirkung der Moumya-Essenz nachlässt, weiß er nur eins: Morgen früh wird er ausschlafen.


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  • Auch wenn Nichtsahnende das zweite Türchen aufmachten und zuerst von einer Lawine der inworld-Namen ergriffen wurden kann dieser Text mit dem ersten mithalten und regt die Phantasie wunderbar an, wodurch man sich Schwebwurzeln, hilfsbereite Kinder, fliegende Reittiere und andere Unmöglichkeiten vorstellen kann. ;)


    Bleibt nur noch ein Kritikpunkt: So real der Text auch wirkt, ich muss mir die Kekse noch immer selbst backen. :fluecht:

  • Wie Merlin schon sagte, ein recht schöner Text, der wunderbar zum Träumen anregt und einen in eine phantastische, verwachsene und nach meinem ersten Eindruck sehr friedliche Welt versetzt.


    Passt meiner Meinung nach recht gut zu Weihnachten, obwohl ich irgendwie das Bild eines bizarren tropischen Regenwald vor Augen habe. :D

  • Ein kleines, grasgeflochtenes Türchen öffnet sich. Der würzige Duft von Herbstlaub dringt daraus hervor, und vielleicht das eine oder andere übermütige Kinderlachen....





    Die Geschichte der Elwylurn


    „Der Baum ist das Leben. Das Leben, das du und ich und wir alle haben, kommt von ihm. Seine Blätter schützen und vor dem Regen und den Falken. Seine Äste sind ein starker Halt unter unseren Füßen. Seine Wurzeln bieten uns Schutz und Wohnstatt.
    Ihr alle habt euer Leben vom Elwylurn erhalten.“
    Der alte Sora lehnte sich in dem gepolsterten Korbsessel zurück und seine wolkengrauen Augen leuchteten aus den Runzeln seines grünen Gesichts fünf kleinen Elwylurnern entgegen, die es sich auf dem Boden des Baumhauses bequem gemacht hatten und ihn erwartungsvoll ansahen.
    „Wann die Verbindung zwischen dem Elwylurn und den Elwylurnern begonnen hat, weiß heute niemand mehr. Viele diskutieren, wer zuerst da war: Unser Volk, oder die Bäume? Aber fest steht, dass unsere Leben und unsere Schicksale fest miteinander verwoben sind. Ich will euch eine Geschichte erzählen, die darüber berichtet, wie unser Volk so wurde wie es heute ist.
    Früher, sehr viel früher, als die Welt noch nicht das Gesicht hatte, das sie heute der Sonne entgegenstreckt, war unser Volk ganz anders. Srama nannte es sich, und seine Haut war weiß, wie die der Menschen. Die Srama waren ein großes Volk: groß an der Zahl, und groß in ihrer Kultur und ihrem Wissen. Doch auch ihre Habgier war groß. Um die prachtvollen Städte zu bauen, all die Häuser für ihr großes Volk, brauchten sie viel Holz. Wisst ihr, Kinder, früher war fast der ganze Kontinent von Wald bedeckt. Nur die Steppe von Fharasi, die war schon damals da.“
    Sora räusperte sich und sah aus dem Fenster. Es war Herbst und die Zweige des Baumes, auf dem er sein ganzes Leben verbracht hatte, schlugen gegen das Fenster. So viele Jahre. Der alte Elwylurner lächelte versonnen, als ihn die Erinnerung in seine Kindertage zurücktrug und ihm das sonnendurchflutete Blätterdach eines siebzig Jahre jüngeren Baumes zeigte. „Sora, die Geschichte“, quengelte eines der Kinder vor ihm und holte ihn in die Gegenwart zurück. „Wie? Achja, die Geschichte.
    Nun, die Srama bauten also ihre Städte, und die Wälder schrumpfen, je größer die Städte wurden. Ihr müsst wissen, nicht nur, um Häuser zu bauen, braucht man Holz. Auch, um sie zu heizen, um Möbel zu bauen und für viele Dinge mehr. Die Menschen machen das heute noch so.
    Die Srama holzten also einen Wald nach dem anderen ab, und nicht nur die Bäume verschwanden, sondern auch die Tiere, die in ihren Kronen, in ihren Stämmen und zwischen ihren Wurzeln lebten. Das erzürnte die Jitan und Trimoa, die Götter des Waldes, und sie sandten einen Boten zu den Srama, der zu ihnen sprach: „Ihr kränkt die Götter des Waldes, Srama, mit eurem Tun. Eure Städte sind ein Frevel in den Augen Jitan und Trimoa.“ Und der Bote befahl den Srama, die Bäume nicht mehr zu fällen und den Tieren ihre Heimstatt zu lassen.
    Doch die Srama waren ein großes und mächtiges Volk, und auch ihre Arroganz war groß. Und so sagten sie dem Boten: „Wir brauchen das Holz für unsere Häuser und Paläste. Was kümmern uns die Bäume? Sie leben nicht, sie brauchen kein Dach über dem Kopf. Was kümmern uns die Tiere? Sie werden einen anderen Wald finden, in dem sie leben können.“ Und sie schickten den Boten weg.
    Noch dreimal kam der Bote der Waldgötter, und dreimal bekam er dieselbe Antwort. Als er zum vierten Mal in der Hauptstadt der Srama erschien, wurde er mit Hohn und Spott begrüßt: „Hast du immer noch nicht begriffen, dass unsere Antwort immer die gleiche ist? Scher dich weg, du vergeudest unsere Zeit!“
    Doch der Bote sagte: „Heute bringe ich euch eine andere Botschaft. Die Götter Jitan und Trimoa sind traurig über den Verlust ihrer Bäume und Gefährten. Sie lieben alle Geschöpfe auf dieser Welt. Aber ihr verhöhnt die Götter und ihre Macht mit euren Worten und Taten. Darum werden die Srama bezahlen müssen für das Leid, dass sie über den Wald und seine Bewohner gebracht haben. Euer Volk wird untergehen, und mit ihm sein ganzer Ruhm. Eure Städte werden im Fluss der Zeit versinken, und nichts wird von eurer Größe übrig bleiben.“
    Mit diesen Worten drehte sich der Bote um und verschwand aus der Stadt. Die meisten Srama waren von der Androhung nicht sehr beeindruckt, und nur einige wenige nahmen die Botschaft der Götter ernst.
    Aber zuerst tat sich nichts. Der Sommer ging vorüber, und auch der Herbst bot keinen Anlass zur Unruhe. Der Bote kam nicht wieder, und als der Winter kam, hatten die Srama die Waldgötter und ihren Zorn schon vergessen.“
    Der alte Elwylurner räusperte sich und streckte seine Beine aus. „Und wie geht es weiter, Sora?“ fragte dasselbe Kleine wie vorhin. Sora schmunzelte ihm zu. „Nicht so ungeduldig, Behalu. Manchmal entfällt mir ein Teil der Geschichte, und dann muss ich in meiner Erinnerung danach graben. Bring mir doch von den Haferkeksen, Behalu, das hilft meinem Gedächtnis bestimmt auf die Sprünge.“ Der Angesprochene holte eilig aus einem kleinen, aus Holz und Gräsern gefertigten Schränkchen einen Teller mit Keksen und reichte sie dem Alten. „Ihr könnt Euch auch nehmen, Kinder“, bedeutete Sora und die Kleinen machten sich eilig über die restlichen Kekse her, während der alte Elwylurner an dem Seinen knabberte. Als der Teller mit den Keksen nur noch ein paar Krümel aufwies, fuhr Sora mit der Geschichte fort.
    „Wo war ich denn nun?
    Es war also Winter, und nichts tat sich. Doch dann kam der Frühling, und etwas Unglaubliches geschah: Die Häuser, die Paläste, alle Bauten in den Städten der Srama trieben aus. Aus jedem einzelnen Balken, den die Srama je in ihrer Stadt verbaut hatten, trieben Äste, an denen sich grüne Blätter bildeten. Viele Srama versuchten, dem unheimlichen Wachstum Herr zu werden und schlugen die frischen Triebe ab. Doch je mehr sie auf die jungen Äste einhackten, desto mehr trieben wieder aus. Bald wurden die Srama dem Holz nicht mehr Herr, und viele flohen aus der Stadt. Die Äste wuchsen mit einer wahnwitzigen Geschwindigkeit, bogen Hauswände auseinander und ließen die Paläste einstürzen. So mancher Srama wurde von seinem eigenen Haus begraben. Nach ein paar Tagen konnten die Srama, die aus den Städten fliehen konnten, nur noch einen riesigen Wald erkennen, da wo einst ihre Wohnstätten standen. Die Natur hatte sich zurückgeholt, was die Srama ihr genommen hatten.
    Von nun an begann eine Odyssee für die Srama, die nun ein heimatloses Volk waren. Bald bereuten sie bitterlich ihr Schicksal, doch die Waldgötter hatten kein Mitleid. Jedes mal, wenn die Srama ein Dorf gründeten und ihre Häuser fertig gebaut hatten, trieben die Holzbalken aus und zerstörten das eben errichtete. Erst nach langen Jahren des Bittens und Bettelns erhörten Jitan und Trimoa das Flehen der Srama. Sie schickten wiederum einen Boten, der folgende Nachricht überbrachte: „Die Götter haben euer Leid gesehen, und verzeihen euch eure Taten. Doch euer Volk soll dem Wald nicht mehr schaden, und nie wieder werden die Srama Städte bauen. Doch Jitan und Trimoa wollen euch ein neues Heim geben.“ Und der Bote überreichte den Srama Samen des Elwylurns, ein Baum, der schnell wächst und stark ist. Dann fuhr der Bote fort: „Euer Leben soll mit dem des Baumes verknüpft sein. Nur wenn der Baum lebt, wird euer Volk leben. Deswegen wird das Volk der Srama von heute an seine Kinder nicht mehr selbst gebären können. Denn die Kinder eures Volkes sollen auch die Kinder des Baumes Elwylurn sein.“ Dann verschwand der Bote.“
    Sora beugte sich nach vorne und lächelte über die gefesselten Gesichter seiner Zuhörer. Einem der Kleinen stand sogar der Mund offen vor Aufregung. „Nun, Kinder, ihr kennt das Ende der Geschichte: Von diesem Zeitpunkt an gab es keine Geschlechter mehr bei den Srama wie bei anderen Völkern, und unser Volk trägt seine Kleinen nicht selbst aus, wie es die Menschen tun. Der Baum tut das, und jeder von euch ist in den Blasen an seinen Ästen herangewachsen, bevor er geboren wurde. Das Leben der Srama war seitdem mit dem des Elwylurns verknüpft, der Baum wurde zu ihrem Lebensmittelpunkt. Sogar das Äußere der Srama änderte sich: Ihre Haut nahm die Farbe des Baumes an, und sie wurden kleiner und leichter, damit auch die höchsten Äste sie tragen konnten. Und irgendwann wurde ihnen klar, dass sie selbst zu einem Teil des Baumes geworden waren, und nannten sich Elwylurner.
    Das ist die Geschichte unseres Volkes.“ Der Alte lächelte zufrieden und wedelte mit der Hand. „Und nun hinfort mit euch, ihr kleinen Plagegeister, das Erzählen hat mich müde gemacht.“ Er schloss die Augen halb und beobachtete aus den Schlitzen, wie die kleinen Elwylurner aus seinem Baumhaus wuselten. Sora döste lächelnd vor sich hin, und lichtdurchflutete Erinnerungen tauchten auf, während er einschlief.


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  • "Linns Flucht" ist sehr spannungsgeladen, aber auch die Beschreibungen sind gelungen, weil sie ein handfestes Bild des Geschehens erzeugen. Einen Elch hätten wohl die wenigsten erwartet und die plötzlichen Überraschungsmomente, wenn das Eis wegbricht haben auch ihren Reiz °-° Sehr schön.


    "Die Geschichte der Elwylurn" ist eher eine belehrende Sage mit deutlich auffälligeren inworld-Begriffen, macht jedoch wegen der ungewöhnlichen nichtmenschlichen Perspektive eine gute Figur.
    Nur bei Schränken aus Holz und Gräsern wird mein Geist strapaziert, sich etwas unkitschiges auszumalen. Vor allem weil diese Wesen Teller haben (die ich mir wiederum nicht aus Porzellan vorstellen will) und Kekse essen (die zumindest aus Hafer sind, aber inzwischen werde ich den Eindruck nicht los, dass Kekse ein unverzichtbarer Bestandteil, sogar der Kern vieler gebastelter Welten sind...Sind das nur meine Vorurteile gegenüber Süßgebäck oder bin ich nicht der einzige, der den Keks nicht in den Mittelpunkt eines kulinarischen Menüs stellt? ??? ;))

  • Mein spontaner Eindruck von den Elwylurn in der Geschichte ist eine Art grüngesichtiger Hobbits, nur eben auf Bäumen.
    Schränke aus Holz und Gräsern finde ich nicht weit hergeholt. Das gibt bestimmt Türchen aus künstlerisch wertvollem Flechtwerk (mit verschiedenfarbigen Fasern lassen sich eine Menge schicker Dinge anstellen - so eng daß manche irdische Völker sogar wasserdichte Körbe flechten können, warum also nicht auch luftdichte Türchen)
    Vielleicht bin ich da auch vorbelastet, weil in meiner Kindergartenzeit im Nachbarhaus ein alter Korbmacher gewohnt hat, dem ich beim Flechten zuschauen konnte... ;)

  • Geschichte 2, 3 und 4 gefallen mir. Nur hätte bei der Elwylurn-Saga unten ein Teil, der noch zur wörtlichen Rede gehörte, nicht in die Vergangenheits-Außenperspektive wechseln sollen, als sei der Erzähler keiner der Elwylurn.
    Bei Vier hab ich gleich den Stil wiedererkannt, weil ich schon Beschreibungen von Acarneya gelesen hatte, und dann oben die Angabe des Landes hat meinen Eindruck bestätigt. :)

    " Durch die weiten, glühenden Ebenen ziehen sie dahin: gewaltige Herden, kaum weniger zahlreich als die Halme jener Gräser, die sie nähren. Zwei Dinge treiben sie voran: Trockenheit und mächtige Feinde, die nur darauf warten, ihren Hunger mit Fleisch zu tilgen. Keine Art außer einer hat hier ihre Heimat: die Morlochs, die Herrscher der Weite zwischen Erde und Himmel."
    Aus " Führer durch die Welt", von Lisari Biadaom, erschienen 1118 n.M.K.

  • Quote

    Vielleicht bin ich da auch vorbelastet, weil in meiner Kindergartenzeit im Nachbarhaus ein alter Korbmacher gewohnt hat, dem ich beim Flechten zuschauen konnte...


    Tja, zum Glück hast du die inneren Bilder von Biedermeier-Küchenschränken und anderem altmodischen Kram aus dieser Welt vertrieben, Sturmi. (Auch auf die Gefahr hin, das wirklich ein mitteleropäischer Holzschrank angedacht war :o :))

  • Nur ein Hauch von Mondlicht scheint durch die schmale Ritze, als das fünfte Türchen sich öffnet. Lautlos wird es weiter aufgedrückt, und eine dunkle Gestalt huscht hindurch und verschmilzt mit den Schatten...





    Der Meisterdieb und der Magier


    Es war einmal vor langer Zeit ein altes Männlein mit seiner Frau. Die lebten im Norden eher schlecht als recht vom Ackerbau.
    Eines Tages, als das alte Männlein gerade das Tor reparierte, blieb vor dem Häuschen des alten Ehepaares eine prunkvolle Kutsche stehen. Da waren prachtvolle Zugtiere und edle Sklaven deren Schuppen im Licht der Sonne bunt funkelten.
    Hinaus stieg ein Edelmann, recht prächtig anzusehen, dem nach einfacher Bauernkost gelüstete. Also wurde der Fremde vom Männlein in das ärmliche Haus geführt und das Weiblein kochte so gut es konnte. Schließlich war der reiche Mann statt und zufrieden und er fragte ob das alte Ehepaar keine Kinder hätten die ihnen helfen.
    Also musste das Männlein ihm erzählen das sein ältester Sohn zu nichts recht nutze gewesen war und schließlich davongelaufen war Der andere Sohn bald jedoch war bald darauf vom Gouverneur angeklagt und dem Kaiser, als Opfer, geschickt worden.
    Da fragte der Edelmann ob sie wohl ihren verlorenen ältesten Sohn erkennen würden wenn er nun auftauchen würde. Das verneinten die Eheleute, denn es war schon viele Jahre her das er davongelaufen war.
    Da erzählte ihnen der Edelmann das er ihr Sohn war. Die Eheleuten wollten es nicht so recht glauben, erst als er ihnen berichtete was nur ihr missratener Sohn wissen konnte, erkannten sie ihn und waren recht froh. Doch sie wunderten sich wie er an so viel Reichtum gekommen sei?
    Also senkte er seine Stimme und erzählte seinen Eltern das er ein Meisterdieb geworden sei. Die Armen hätten nichts von ihm zu befürchten, denen wollte er eher etwas geben, doch die Reichen, auf die hatte er es abgesehen.
    Das alte Ehepaar erschrak, hatte der Gouverneur doch überall seine Spione und sie wollten auch nicht noch ihren Ältesten verlieren.
    Doch der Meisterdieb lächelte und beruhigte seine Eltern, er gab ihnen ein Kästchen mit einem Schatz. Dann fuhr er zum Herrscher des Bezirkes. Denn damals war es üblich das der Herrscher je dem ältesten Kinde seiner Untertanen als Geschenk zur Geburt einen Segen gab, diesen wollte er nun einlösen.
    Er stellte sich dem Magier vor und erzählte ihm das er ein meisterlicher Dieb war. Natürlich hatte das der Herrscher schon vorher erfahren, doch bei dem Segen den er den Jungen gegeben hatte musste er ihm eine Chance geben sich und seine armen Eltern freizukaufen.
    Da lachte der Herrscher und sagte: „An meinen Segen bin ich wohl gebunden, doch wollen wir sehen ob du wirklich ein Meisterdieb bist. Ich will dir drei Aufgaben stellen. Bewältigst du sie so mögest du deines Weges ziehen und deine Eltern in frieden leben, wenn nicht bist du und deine Familie des Todes. Als erstes sollst du die goldene Frucht aus meinem Garten stehlen.“ Da nickte der Meisterdieb und sagte: „So wie ihr es befehlt so soll es sein, morgen soll die Frucht nicht mehr da sein.“
    Der Magier jedoch lies in seinem Garten seine drei riesigen exotischen Flugschlangen frei, die jeden fressen sollten der es wagte dort hin zu gehen.
    Der Meisterdieb beobachtete dies und ging zu einem Bauern. Dort kaufte er drei große alte Bovis, die kaum Milch mehr gaben und deren Fleisch zu zäh zum Schlachten war. Und als der Abend hereingebrochen war schlich der Meisterdieb mit den Tieren zum Garten des Magiers und ließ zunächst diese hinein. Da stürzten sich die Bestien darauf. Und als der Meisterdieb den Garten betrat waren die Schlangen so voll gefressen das sie sie sich nicht mehr rühren konnten. So konnte er ohne viel Mühe die goldene Frucht stehlen.


    Als der Magier am nächsten Morgen aufwachte und merkte was geschehen war ärgerte er sich. Doch seine Diener beruhigten ihn, schließlich waren die Wächter nur dumme Tiere gewesen, die nächste Prüfung würde er wohl nicht schaffen. Also trat der Magier dem Meisterdieb gegenüber und sprach. „Deine erste Aufgabe hast du wohl geschafft. Doch nun sollst du meinen liebsten Echsensklaven aus dem Stall zu stehlen. Wenn dich die Wachen nicht töten wird dich das Reptil zerfleischen.“
    Da willigte der Meisterdieb ein und ging seines Weges.
    Am Abend holte er sich einen großen Korb voller Früchte. Er machte einen rechten Buckel und hüllte sich so sehr in schäbige Fetzen das jeder glauben musste ein altes Weiblein stände vor ihm. So ging er zu den Ställen des Magiers und tat recht als ob ihn frieren würde. Das sahen die Wachen und boten dem armen Weiblein an sich an ihrem Feuer zu wärmen.
    Der Meisterdieb tat recht dankbar und bot den Männern seine Früchte an. Alle freuten sich über die saftigen süße Mahlzeit und sie langten recht zu. Doch die Früchte waren mit einem Schlafmittel versetzt und so waren die Wachen bald eingeschlafen.
    Da schlich der Meisterdieb in die Ställe und fand auch den Lieblingssklaven des Magiers. Er saß in der Mitte des Raumes. Links und rechts von ihm eine Wache die eingeschlafen war je ein Seil hielt das an die Echse gebunden war.
    Da schnitt der Meisterdieb dem Sklaven die Fesseln durch und flüsterte ihr Zauberworte zu. Da folgte die Echse ihm brav aus dem Schloss des Magiers.


    Als dieser am nächsten Tage erfuhr was geschehen war tobte er. Da trat er dem Meisterdieb gegenüber und sprach. „Die Wachen haben sich übertölpeln lassen, doch das wird dir nun nicht mehr gelingen. Als letztes sollst du mir des Nächtens die Matratze aus dem Bette stehlen.“
    Der Meisterdieb ging wieder seines Weges und als die Nacht herein brach holte er sich eine Leiter und einen frischen Toten und ging damit zum Schloss. Der Magier jedoch war gänzlich schlaflos. Da lehnte der Meisterdieb die Leiter an das Fenster zum Schlafgemach. Er zog den Toten seine Kleider über und setzte ihn so auf seine Schultern das zunächst sein Kopf am Fenster auftauchen sollte.
    So geschah es auch. Als der Magier dachte das da der Meisterdieb sei wirkte er einen Zauber auf den Toten. Da lies der Meisterdieb die Leiche auf den Boden fallen und versteckte sich unter dem Sims des Fensters. Als sich der Magier aus dem Fenster lehnte um zu sehen was mit dem Diebe sei stöhnte dieser leise als ob er im sterben liegen würde. Da sagte der Magier zu sich: „Nun muss ich nicht mehr auf die Matratze aufpassen und der Dieb liegt auch im sterben, da will ich sehen ob ich nicht noch Kraft für meine Magie aus ihm gewinnen kann.“, und stieg die Leiter hinunter.
    Kaum war er mit der Leiche davon gegangen stieg der Meisterdieb auch schon fluchs in das Schlafgemach und raubte ihm die Matratze.


    Als der Magier wieder in sein Gemach ging stellte er voll Schrecken fest das nun doch die Matratze fehlte.
    Am nächsten Tage stand er dem Meisterdieb gegenüber. „Also hast du nun alle Aufgaben gemeistert. Du bist wirklich ein Meister deines Faches. Nun gehe deines Weges und sei sicher das deinen Eltern kein Leid geschieht. Aber komm nie wieder in mein Land.
    Da ging der Meisterdieb seines Weges und seine Eltern lebten glücklich bis an ihr Lebensende. Und ob er noch andere Edelleute bestohlen hat das ist eine andere Geschichte.



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  • Bis jetzt sind das echt tolle Geschichten. Besonders die erste finde ich sehr beeindruckend, die liest sich stilistisch tatsächlich wie eine Erzählung aus einer früheren Zeit. Als Inworld-Text ist sie sehr gut gelungen. :thumbup:


    Die 5. hab ich jetzt noch nicht gelesen, dafür hatte ich noch keine Zeit. Hoffentlich heute Nachmittag.


    Wie ist das jetzt eigentlich mit den "Autoren"? Also mein Text ist ja ohnehin schon entlarvt ;D , aber sollen/können wir da raten? Wird das irgendwann bekannt gegeben, was von wem war?

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    Wie ist das jetzt eigentlich mit den "Autoren"? Also mein Text ist ja ohnehin schon entlarvt ;D , aber sollen/können wir da raten? Wird das irgendwann bekannt gegeben, was von wem war?


    Wenn ihr wollt könnt ihr gern raten welcher Text von wem sein könnte :) Ich werde nach Ende des Adventskalenders natürlich auch eine Liste reinstellen, welcher Text von wem war. :)


    Es sind übrigens noch immer einige Türchen frei, die zu füllen sich noch niemand angeboten hat - wer noch mitmachen will, gern! :D *rekrutier*

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