Die Sandhexen
Auf Sturmwall erzählt man sich von den Sandhexen, den heimlichen Herrininen der endlosen Dünen und Strände. "Verärgere nie die Sandhexe" ist ein geflügeltes Wort in den Dörfern Sturmwalls.
Was sind die Sandhexen? Sie sollen die Töchter des Sturms selbst sein, die meist ungesehen von den Menschen durch die Dünen tanzen und den Sand in steter Bewegung halten. Wenn ein Mensch sie doch zu Gesicht bekommt sieht er meist nur eine Säule wirbelnden Sandes. Doch sollen sich die Sandhexen auch unter die Menschen mischen können.
Nach einer bekannten Legende war Gerhelm, der erste Graf von Mosselburg, auf der Jagd, als er von einem Gewitter überrascht wurde. Von seinen Gefährten getrennt floh er Schutz suchend in den Wittenhain. Unter den Silberkiefern traf er eine junge Frau von übermenschlicher Schönheit, ihr Haar von der Farbe des Sandes der Dünen, ihre Haut weiß wie die Rinde der Silberkiefern, ihre Augen gelb wie Bernstein. Der Graf verliebte sich in die schöne Unbekannte und sie versprach ihn zu ehelichen, wenn er drei Aufgaben für sie erfüllte. Er solle ihr Strandhafer schneiden ohne Sichel, süßes Wasser aus dem Meer schöpfen und den alten Wurm vom Tohmoor erschlagen.
Er löste alle drei Aufgaben und die Sandhexe, denn nichts anderes war die Frau vom Wittenhain, wurde seine Frau und gebahr ihm sieben Kinder.
Damals war das Brack von Mosselburg noch ein Arm des Meeres, so dass Mosselburg von zwei Seiten vom Meer umschlossen war. Als eines Tages eine gewaltige Sturmflut das Land heimsuchte und das Wasser des Bracks die Stadt zu ertränken drohten, da ging die Herrin von Mosselburg hinaus in den Sturm und wurde nie wieder gesehen. Am nächsten Morgen sahen die Menschen, dass eine gewaltige Düne das Brack vom Meer getrennt hatte und die Sturmflut Mosselburg deshalb verschont hatte.
Eine andere Geschichte erzählt vom Dorf Jogenskoog. Man erzählt sich, dass die stolzen Einwohner Jogenskoogs über die Sandhexen spotteten und sie dreifach beleidigten: sie behaupteten die Tochter des Deichgrafen sei schöner als alle Sandhexen, sie verbrannten den Strandhafer der Sandhexen und rühmten sich, dass ihre Deiche fester und besser wären als jede Düne.
Heute ragt nur noch die das Dach der Dorfkirche aus dem Sand der Dünen.
Verärgere also nie eine Sandhexe. Lass ihren Strandhafer in Ruhe, denn sie weben ihre Kleider aus seinen Blättern. Fälle keine Silberkiefer, denn sie sind die Häuser der Sandhexen. Und bete zu den Göttern, dass du sie nicht andersweitig beleidigst, denn sie sind wankelmütig und schnell zu verärgern.