Ihr seid ja bloß alle enttäuscht, weil es in der Folge weder nackte Brüste noch blutiges Gemetzel gab!!!1! (Die Weinvergiftung der Freys ist auf der GoT-Brutalitätsskala so weit unten, die schlägt da quasi gar nicht aus.)
Ich war durchaus zufrieden mit der Folge. Besonders aufgefallen ist mir, dass die einzelnen Szenen jeweils gut aneinander anknüpfen. Und es gab viele gute Dialoge, was ich in jüngeren Staffeln sonst oft etwas vermisst habe.
Die Council-in-the-North-Szene war für mich sogar das Highlight der Folge, weil ich immer die politischen Zwiespälte in GoT liebe. Die Frage, ob die gesamten Häuser Karstark und Umber jetzt für den Verrat der Bolton-treuen Lords büßen müssen, sollte man schon stellen, auch wenn es letztlich nur eine Randnotiz ist. Natürlich überrascht es nicht, dass Jon die ehrenhafte, versöhnliche Option wählt, ganz so wie es sicher auch Ned Stark getan hätte. Die Szene illustriert daneben weiter:
- Sansa und Jon sind sich öfter mal politisch uneinig; ein gewisser Wille sich zusammenzuraufen ist aber da, wohingegen Littlefinger sicher mehr Zwietracht säen wollen wird
- Jon ist vor allem daran gelegen, den Norden möglichst geschlossen gegen den Night King zu vereinen
Wenn man ehrlich ist, hat Sansa aber schon mindestens ein Argument, das Jon nicht entkräften konnte: Als sie fragt "So there's no punishment for treason, and no reward for loyalty?", beantwortet Jon letztlich nur den ersten Teil der Frage.
Wahrscheinlich vertrauen sowohl Jon als auch die Drehbuchschreiber darauf, dass die Stark-loyalen Northerners das Ehrenvolle und Richtige tun und sich von den Boltons ganz schnell auf die White Walkers als neues Feindbild einschwören, ohne eine Belohnung für ihren bisherigen Einsatz zu fordern.
Eurons Flotte - ja, das war ja schon in der letzten Staffel grober Unfug. "Build me a thousand ships!" - Ja? Von was denn bitte? Und jetzt erfahren wir, dass diese Flotte der Ironmen tatsächlich "die größte aller Zeiten" sein soll (zumindest laut Großmaul Euron, dessen Dialogszene im Thronsaal ich übrigens sehr gut fand, auch wenn ich den Charakter bisher sonst eher enttäuschend fand).
Dragonstone - dass die Festung offenbar völlig verlassen und auch von niemandem neu bewohnt wird, fand ich zwar auch etwas überraschend (und die Tür steht anscheinend auch einfach auf - zwei Unsullied konnten das riesige Tor mühelos von außen aufschieben, das war schon witzig ).
Mit etwas gutem Willen kann ich das aber noch durchgehen lassen: Haus Baratheon of Dragonstone ist ausgelöscht; selbst wenn Stannis noch ein paar Leute als Restpersonal dort gelassen hätte, haben die keinen Lord mehr und niemanden, für den sie die Riesenburg in der Zwischenzeit in Betrieb halten sollten (sind dazu womöglich langfristig gar nicht in der Lage) - also wird die Anlage verlassen. Und wer sonst sollte Anspruch auf Dragonstone erheben? Irgendwelche Lords aus den Stormlands hätten keinerlei Anspruch darauf, und selbst wenn... Dragonstone ist groß, aber die Insel bekanntermaßen nicht grade reich, und die Bevölkerung dürfte nach Stannis' Feldzügen auch ziemlich ausgeblutet sein. Es wäre ein teures Statussymbol, das man sich ausgerechnet jetzt im Winter ans Bein bindet, sonst nichts.
Eigentlich müsste Dragonstone an die Krone zurückfallen und von dort neu vergeben werden. Traditionell residiert dort der jeweils aktuelle Thronfolger (der nicht direkter Sohn des Königs ist), aber Cersei hat niemanden, der diese Rolle erfüllt, und nicht grade eine Vielzahl an verbündeten Lords, die sie mit neuem Lehen bestücken könnte.
Trotzdem ist es in erster Linie natürlich praktisch für die Handlung, dass Daenerys Dragonstone einfach übernehmen und von dort ihre Invasion starten kann. Zumindest irgendeinen "rogue lord" oder Piraten oder so hätte sie, wenn's nach mir ginge, schon aus Dragonstone rausschmeißen können. Stattdessen gibt's 5 min bedeutungsschwangeres, aber schweigsames Durchschreiten der Burg mit abschließendem, knackigem Einzeiler. Na gut, geht auch.
Gefallen hat mir übrigens auch die Szene mit Arya und den namenlosen Lannister-Soldaten. (Hater im Internet fanden die Szene ganz fuuuurchtbar, nur weil anscheinend ein gewisser Ed Sheeran darin einen Cameo-Auftritt hat. Wäre mir ja nicht aufgefallen. )
Ich finde, es kann gar nicht zuviele Szenen geben, die Grautöne ins Spiel bringen (und grade Arya ist sonst ja eher der Schwarz-Weiß-Typ; der tut's ganz gut, auch mal wieder mit Menschen konfrontiert zu werden, die ihr striktes Feindschema aufbrechen).
Insofern erfüllt diese Szene einen ganz ähnlichen Zweck wie damals (Staffel 2?) die Szene, in der Brienne die drei Northerners tötet, die die Schankmädchen gehängt hatten. So wie damals gezeigt wurde, dass nicht alle Northerners edel, ehrenhaft und rechtschaffen sind, so wird jetzt daran erinnert, dass nicht jeder in Lannister-Rüstung ein sadistisches Arschloch ist (von der Sorte haben wir bisher schon reichlich kennen gelernt).
Bin mal gespannt, ob sie die trotzdem umbringt.