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,*__________Haltestelle, Teil 1__________*,
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Degor zog ihre verschnupfte Nase hoch. Sie saß alleine auf der Bank an der Bushaltestelle auf dem Hügel und sah die Allee hinunter. Der Winter war nicht mehr weit, bald würde hier der erste Schnee fallen. Sie war in einer seltsamen Stimmung. Jetzt war es also doch passiert: Elvira hatte die Zentrale, vermutlich für immer, verlassen. Irgendwas in Degor hatte immer noch gesagt, dass das unlogisch wäre und vermutlich dann doch nicht passieren würde, aber die Anzeigemonitore des Fähnrichs waren eindeutig gewesen. Bereits vor ein paar Wochen hatte sie es angekündigt, dass es einfach nicht gepasst hätte und sie alles versucht hätte und jetzt an dem Punkt war, weiterzugehen. Und bei Elvira Juspels brauchte man in so einer Situation auch nicht das Diskutieren anfangen, die wusste was sie wollte. Trotzdem hatte Degor irgendwie gedacht, dass durch ein unvorhergesehenes Ereignis irgendwas passieren würde, was sie dann umgestimmt hätte. Aber es war nicht passiert. Sie hatten es nicht hinbekommen. Degor fühlte sich ein wenig mitschuldig, die Sache mit Sebastian Sampelmann war ja schon ein eindeutiges Indiz gewesen, dass da was zu tun war. Als sie das dann geklärt hatten damals, hatte sie gedacht, dass jetzt alles besser werden würde. Für ein paar Monate lang hatte es sich auch wirklich gut angefühlt, aber die Leute blieben nun mal sie selbst. Der Fähnrich hatte kein Gespür für Zwischenmenschliches, Welan interpretierte alles als einen Angriff, Daywar haute bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf eigene Faust irgendwohin ab, Thorstein traute sich nicht, was zu unternehmen, Öckel und Gaar versanken in ihren persönlichen Projekten, Franz Xaver schmollte, Sebastian redete oberflächliches Kauderwelsch und Simon und Martin hatten keine Meinung zu irgendwas. Wenn einer Mal für ein paar Tage nach viel gutem Zureden aus seiner Rolle rauskam, waren die anderen garantiert gerade noch tiefer in ihren vergraben. Und Jan-Ole, der Gallertblob, den Thorstein aus Rampusia mitgebracht hatte, machte es auch nicht besser. Er war lieb, aber auch ein Meister darin, das Thema in den unpassendsten Situationen auf etwas zu lenken, über das er gerade reden wollte. Es war schon irgendwie verständlich, dass sich nicht jeder in der Umgebung wohlfühlte, aber Degor hatte schon an sie als Gemeinschaft geglaubt und die Tatsache, dass Elvira das nicht mehr tat, schmerzte ein wenig.
Von der linken Seite kam ein Mann über die heruntergefallenen Blätter den Gehsteig entlang gestapft. Er trug einen teuer aussehenden grauen Mantel, einen burgunderroten Schal und einen Dreitagebart. Als er sah, dass er nicht alleine an der Haltestelle war, schob er sich den Schal noch höher ins Gesicht. Er musterte Degor ein wenig misstrauisch, studierte dann den vergilbten Busfahrplan und setzte sich dann neben sie. Er sah noch ein paar Mal verstohlen zu ihr hinüber, als würde er erwarten, von ihr angesprochen zu werden. Als das nicht passierte, nahm er sein Handy heraus und scrollte herum. Er wirkte fahrig. Wo der wohl herkam? Sah fast klischeehaft irdisch aus. Nach ein paar Minuten und noch weiteren verstohlenen Blicken, schien er einen Entschluss zu fassen und sprach sie an:
„Entschuldigen Sie, wenn ich frage… Ist das dieses… Cosplay, was Sie da machen?“
Ja, Erde, das war eindeutig jetzt. Elben waren dort keine allzu häufige Erscheinung. Menschen von der Erde kamen eigentlich selten so nah an der Zentrale vor, aber in letzter Zeit hatte sie schon ein paar von ihnen gesehen. Degor beschloss, zu lügen:
„Ja, ich bin auf dem Weg zu einer LARP-Con.“
„Was es alles gibt heutzutage. Das muss ja ein Riesenaufwand gewesen sein.“
„Wenn man sein Kostüm einmal hat, geht’s. Und das Nähen macht ja auch Spaß.“
„Was Sie nicht sagen. “
Der Mann hatte jetzt seinen Schal wieder etwas nach unten gezogen und lächelte Degor mit einem Lächeln an, dass er wohl für sehr charmant hielt.
„Meine Kostüme muss ich zum Glück nicht selber nähen.“
„Wo bekommen Sie sie her? Sind Sie beim Theater?“
Der Mann schien etwas verwirrt von Ihrer Frage.
„Schauen Sie kein Fernsehen?“
„Nicht wirklich.“
„Aber den Tatort kennen Sie?“
Oh. Das war wohl ein Schauspieler, der auf der Erde bekannt war. Oder der sich zumindest dafür hielt.
„Ja, aber ist nicht meins“, log sie schnell.
„Schade. Aber meinen Namen kennen Sie vermutlich trotzdem. Jürgen Weißberger.“
Er reichte ihr die Hand. Degor versuchte einen erkennenden Gesichtsausdruck aufzusetzen und war nicht sicher, ob ihr das gelang.
„Degor mein Name. Also mein Elbenname. Ich bleib einfach mal in meiner Rolle für die Con.“
„Freut mich, Degor. Sie können gerne ein Foto mit mir haben.“
„Ich fürchte, ich habe kein Handy dabei.“
„Dann ein Autogramm?“
Jürgen Weißberger wartete nur kurz auf eine bestätigende Kopfbewegung von Degor, kramte in seiner Tasche, fummelte eine Karte und einen Filzstift aus der Tasche und setzte seinen Namenszug darauf.
„Schalten Sie mal wieder ein. Ich bin wirklich sehr stolz auf das Team. Unser letzter ist sehr gut geworden.“
Jürgen Weißberger schien sehr zufrieden mit dieser Interaktion zu sein, während Degor eher irritiert die Karte entgegen nahm. Gerade als Jürgen erneut zu sprechen beginnen wollte, bemerkte er, dass von rechts ein weiterer Passant auf die Haltestelle zukam. Schnell steckte er seinen Stift wieder weg, zog seinen Schal wieder hoch und deutete mit dem Finger auf die Lippen. Degor steckte achselzuckend die Autogrammkarte in eine Tasche und blickte zu dem Neuankömmling. Es war ein junger, dünner Mann mit einer dünnen Regenjacke und einem Notizbuch in der Hand. Er musterte Degor und Jürgen kurz, setzte sich dann auf den Platz rechts neben den Schauspieler und begann gedankenverloren in das Notizbuch zu kritzeln. Auch er schien Jürgen nicht zu erkennen. Ob der wirklich so bekannt war? Oder kam der andere vielleicht auch gar nicht von der Erde? Sein Äußeres war weniger eindeutig für Degor. Einmal trafen sich ihre Blicke fast, aber der Mann sah schnell wieder in sein Notizheft. Nach ein paar Minuten fuhr ein Bus ein. Jürgen Weißberger stand auf und drehte sich zu Degor. „Sie bleiben noch sitzen? Ich wünsche Ihnen ganz viel Spaß auf Ihrer Veranstaltung, ich bin sicher, Ihr Kostüm wird sehr gut abschneiden, Frau Elfin Deba!“ Er sah noch mal kurz zu dem kritzelnden Mann um und stieg dann in den Bus, der ihn vermutlich zu wichtigen und sehr wichtigen Terminen brachte. Degor schüttelte den Kopf.
„Das ist kein Kostüm, oder?“
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