Samira wacht wie ueblich vom Turmgelaeut zur fuenften Nachtstunde auf. Sie erhebt sich und macht sich bereit fuer ihren Arbeitstag. Die Kuechenuhr schlaegt zeigt eine halbe Stunde spaeter an, als sie in der Kueche auftaucht. Mebed, die freie Koechin, werkelt bereits mit Gevrik Kaster-Djar in der Kueche, Gevrik selber ist ebenfalls wie Samira ein Leibeigener auf Lebenszeit, wie alle Djar, allerdings gehoert er einem weiter entfernten Zweig der Familie an und steht lediglich im regionalen Register. Die Koechin, die selber nur im zweiten Register steht, und der Leibeigene begruessen die im Rang hoeherstehende Samira jedoch nur außerhalb des Hauses formell, hier im Haus ist das Gesinde, zu dem Samira durch ihre Geburt gehoert, eher zwanglos im Umgang.
Das Fruehstueck fuer die Vorsteherin des Hausgesindes, Samira, steht schon bereit und es toent draussen der einmalige Schlag fuer die erste Tagesstunde, in der Kueche sind es zwei Schlaege, als Zeichen, dass es Zeit wird durch das Haus zu gehen.
Die Diaskol verlaesst die Kueche mit ihrem Broetchen in der Hand und hat es wie ueblich verspeist, als sie schliesslich vor der Tuer ihres Herren stehen bleibt und die Haende an der Hausschuerze sauber wischt um nach einem kurzen Anklopfen einzutreten.
Sie zieht die Vorhaenge zurueck und oeffnet die Fenster, klappt die Fensterlaeden auf, damit frische Luft in das Zimmer gelangt. Ihre Herrschaften, Hasek und Fedreka Asronerr, wachen nach und nach auf und die Diaskol Djar verneigt sich tief, waehrend sie den Beiden einen Guten Morgen wuenscht. Ihre Besitzer sind selber Mitglieder des grossen Registers, angesehene Buerger der Hauptstadt Ardaitars, Helartan, und Haendler. Hasek erhebt sich wie ueblich als Erster, seine Frau zieht noch einmal die Decke ueber den Kopf und auf die Frage, ob sie zum Fruehstueck ebenfalls nur Tee wuenscht, winkt sie nur kurz unter der Decke hervor ab. Samira verneigt sich wieder und verlaesst das Zimmer um draussen auf Dabi zu treffen, das Maedchen, dass dem Herren und der Herrin beim morgendlichen Prozedere beisteht. Das Maedchen ist noch jung und Samira wirft ihr einen abschaetzigen Blick hinterher als die Kleine schliesslich ihrem Herren hinterherhuscht und begibt sich zurueck zur Kueche um Anweisungen fuer das Fruehstueck zu geben. Es ist allgemein bekannt, dass der Herr des Hauses bei manchen Dingen einen unerschoepflichen Appetit besitzt, seine Frau erwartet das zwoelfte Kind inzwischen.
Der Tagesablauf selber ist fest geregelt bzw. hat sich in den letzten zehn Jahren eingespielt:
Sobald die Herrschaften ihr Fruehstueck zu sich genommen haben wird Hasek Asronerr noch eine halbe Stunde mit seiner Frau, die derzeit im vierten Monat ist, verbringen und dann aufbrechen zu seinem Handelshaus, dass zu den groessten der fuenf Nationen zaehlt. Seine Frau wird danach erst einmal mit Samiras Hilfe ihre heutige Garderobe waehlen, waehrend die beiden Frauen darueber debattieren wie ein Mann nur so unersaettlich sein kann. Auch wenn die Auswahl der Tageskleidung eine kleine Weile dauert, es ist mehr ein althergebrachtes Ritual, denn eine wirkliche Auswahl, Samira ist immer sehr stolz auf ihre Herrin, die eher schlichtes traegt und kaum aufwendige Kleidung besitzt, wie andere Frauen ihres Standes.
Dann sind auch die Kinder endlich wach und die Hausherrin wird ihnen Gesellschaft beim Fruehstueck leisten. Samira ueberlaesst es einem freien Bediensteten acht zugeben und begibt sich wieder in die Kueche, in der nun nach und nach die anderen Bediensteten sich eingefunden haben und die Vorsteherin des Gesindes geht den heutigen Tagesplan mit den Maennern und Frauen durch, die teilweise frei, teilweise Leibeigene sind.
Wenn das besprochen ist, erklingt auch schon die Hausglocke und zwei der Maedchen eilen nach oben, um der Hausherrin die Baelger abzunehmen und diese, so denn sie alt genug sind, einzukleiden fuer den Schulbesuch. Waehrenddessen zieht sich Samira ebenfalls um, als hochrangige Leibeigene ist es eine ihrer Aufgaben die Kinder zu der Schule zu bringen. Samira wirft noch einen kurzen Blick in den Spiegel und rueckt den schmalen eisernen Halsreif zurecht, der sie als Diaskol, also Leibeigene ausweist, und eilt nach unten um die schulfaehigen Kinder in Empfang zu nehmen. Die Koechin drueckt ihr noch schnell einen Einkaufskorb in die Hand und die Liste der Besorgungen ,die Samira auf ihrem Weg z.T. erledigen kann, dann geht es schon los.
Wie jeden Tag um diese Uhrzeit, die Hausuhr zeigte halb neun an, sind die Strassen zusaetzlich zum normalen Betrieb voll, bringen Erwachsenen Kinder zur Schule.
Samira steht im Severe-Register und damit gehoert sie zu den angesehenen Personen der Stadt, sie ist auch eine stolze Traegerin des Halsreifes. Unterwegs trifft sie bekannte Gesichter und gemeinsam scherzt man wieder ueber die Herde an Kindern, die man vor sich hertreibt. Schliesslich wird die Schule erreicht, die Kinder werden abgeliefert und Samira schliesst sich zwei weiteren Leibeigenen an, um einzukaufen. Ihre Begleiter sind selten nur Frauen, heute sind es zwei Maenner, ebenfalls wie sie Vorsteher des Hausgesindes und man tauscht sich ueber die ueblichen Probleme aus, hoert sich um, ob jemand etwas ueber neue Angestellte und Bedienstete die in den Haushalt kamen weiss, etc.
Samira erledigt die Dinge auf ihrer Liste, von einfach etwas Naehgarn kaufen ueber Auftraege fuer Lieferungen, ob der Feier die ihre Besitzer demnaechst veranstalten, und erreicht schliesslich, als die Mittagsglocke drei mal schlaegt, den Haushalt wieder. Inzwischen sind die Bediensteten mit dem gewohnten taeglichen Hausputz fast fertig, das Mittagsessen, zu dem Hasek Asronerr ebenfalls im Haus verweilt, ist ebenfalls angerichtet und gemeinsam mit den Herrschaften und den im Haus verbliebenen kleinen Kindern nehmen die oberen Bediensteten ihr Mittagessen zu sich.
Zwei Stunden spaeter verlaesst Hasek die Familie wieder und kehrt zu seinem Geschaeft zurueck. Die Kinder machen ihren Mittagsschlaf und die Hausherrin entschliesst sich dazu eine Freundin zu besuchen, die einen Kuenstlernachmittag veranstaltet.
Samira geht derweil die Hauskorrespondenz durch. Ein Teil ist fuer sie, ein Teil fuer die Herrin und den Herr, Briefe die fuer das Gesinde sind, werden dann abends von ihr ausgeteilt. Bis die Kinder aus der Ganztagsschule um zur zehnten Tagesstunde abgeholt werden muessen. hat Samira noch etwas zeit, die nutzt sie um durch ihre eigenen Sachen zuschauen, was sie heute abend flicken oder nähen muss, eigene Briefe zu schreiben und anderes.
Schliesslich bricht sie wieder auf und holt gemeinsam mit anderen Erwachsenen die Kinder von der Schule ab. Das dauert immer etwas, schliesslich werden eventuelle Vorkommen des Tages noch besprochen und Samira verspricht sich darum zu kuemmern. Die Kinder stuermen nur kurz ins Haus rein, ihre Mutter ist noch nicht da, dann, nachdem sie von der Koechin suesses Gebaeck erbetteln konnten, duerfen sie endlich wieder raus.
Die Bediensteten haben jetzt Zeit um selber etwas zu essen oder auszuruhen, nur die Kindermaedchen plagen sich mit den Kleinen herum und Samira schickt sie ebenfalls essen, sie kuemmert sich wie sooft selber um die Juengsten. Sie selber hat bereits drei erwachsenen Kinder, mehr hat sie vom Rat der Diaskolfamilien nicht erbeten, aber sie sieht in der Zeit, die sie sich um die Kinder ihrer Herrin kuemmert, mehr eine Freude denn eine Pflicht.
Es hat zur zweiten Abendstunde geschlagen wenn der Hausherr zurueckkehrt von seinem Arbeitstag. Seine Frau ist bereits frueher dagewesen um ihren Mann wie es sich aus ihrer Sicht heraus gehoert an der Tuer zu begruessen.
Es bleibt eine halbe Stunde bis das Abendessen bereitsteht und die gesamte Familie beisammensitzt und speist. danach verbringen die Eltern ihre Zeit bis zur dritten Abendstunde mit den Kinder, man erzaehlt vom Tag, Samira berichtet kurz von den Beschwerden oder Loben der Lehrer. Nach und nach werden die Kinder ins Bett gebracht, bis spaetestens zur vierten Abendstunde liegen sie alle im Bett und Samira kann das restliche Gesinde, bis auf die im Haus Wohnenden, entlassen.
Wie nun seit ueber vierzehn Jahren und fuer sie kaum mehr als ein muedes Grinsen wert, kann man im Stockwerk des Herren und der Herrin sich ausmalen, warum Masek es mal wieder so eilig hatte, mit seiner Frau im Schlafgemach zu verschwinden.
Samira selber wird noch einen Kontrollgang durch das Haus machen und sich dann in die Kueche begeben, wo die im Haus wohnenden Bediensteten noch zusammensitzen. Sie ueberlegt kurz noch auszugehen, allerdings war sie schon die letzten Abende außer Haus und zulange unterwegs, heute will sie etwas zeitiger zu Bett und nicht erst drei Glockengelaeute bevor sie wieder aufstehen muss.