WB-Adventskalender 2023

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    ,*__________Prinzessin Kröte__________*,

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    Einst lebte eine Königin, die hatte eine Tochter. Das Kind war so schön, dass alle, die ihr Antlitz erblickten, zweifeln mussten, dass sie eine Sterbliche war und nicht das Kind einer Göttin. Das Schloss der königlichen Familie war von einem finsteren Wald umgeben. Zwar gab es gleich neben dem Schloss eine Lichtung, doch die beherbergte auch einen heimtückischen Sumpf.


    Die schöne Tochter, der die dunklen Gänge des Schlosses nicht ganz geheuer waren, genoss Tag für Tag auf der Lichtung den Schein der Sonne. Dort spielte sie mit ihrem allerliebsten Spielzeug: einer Murmel, die so blank poliert war, dass sie wie ein Spiegel glänzte und das Mädchen stets daran erinnerte, wie schön es war. Es war fast, als sei die Murmel ein lebendiges Wesen, dem das Kind all seine Gedanken zuflüstern konnte. Das Mädchen zog es vor, auf diese Weise Zeit mit sich selbst zu verbringen, anstatt mit den gewöhnlichen Kindern der Bediensteten, die zudem nur im Innenhof des Schlosses spielen durften.


    Eines Tages jedoch fiel die Murmel dem Kind aus der Hand und kullerte ins Wasser. Mit einem Glucksen verschluckte sie der Sumpf.


    Das Kind fürchtete sich vor dem undurchsichtigen, schlammigen Wasser und wagte nicht, nach der Murmel zu greifen. Sie fing an zu weinen und bemitleidete sich selbst um ihren Verlust. Es schmerzte sie so sehr, als hätte sie eine Schwester verloren oder – schlimmer noch - als sei sie gar selbst in den Sumpf gestürzt.


    Eine Stimme rief ihr zu: “Warum weinst du, Tochter der Königin?“


    Das Kind sah sich um, konnte aber niemanden entdecken.


    „Wo bist du?“


    Nun erhob sich aus dem schmutzig braunen Wasser der runzlige Kopf einer Kröte. Gelbe Augen starrten das Mädchen an.


    Das Mädchen sah die Kröte und sprach: „Ich bin so traurig, weil meine liebe Murmel ins Wasser gefallen ist.“


    Die Kröte nickte. „Soso. Ich kann dir helfen, aber das mache ich nicht umsonst.“


    „Ich kann dir alles geben, was du nur willst. Magst du Perlen? Edelsteine? Oder meine goldene Krone?“ Schon griff das Mädchen nach seiner Krone, doch die Kröte unterbrach sie.


    „Ich will nichts von deinem Schmuck. Wenn du mir aber versprichst, dass du meine Freundin sein und zusammen mit mir spielen wirst, zusammen mit mir essen, trinken und träumen – ja, dann werde ich dir helfen und deine Murmel wieder heraufholen.“


    Das Mädchen sagte: “Ich verspreche dir all das. Bring mir meine Murmel, bitte!“


    Aber insgeheim dachte sie sich, dass sie ganz bestimmt nicht die hässlichste Kreatur, die sie je gesehen hatte, zu ihrer Spielkameradin machen würde.


    Die Kröte war einverstanden und tauchte ins undurchsichtige Wasser. Gebannt wartete das Mädchen auf die Rückkehr der erbärmlichen Kreatur. Sie vermied dabei jedoch, in Richtung der Wasseroberfläche zu schauen, weil sie ihr Spiegelbild nicht in dieser bräunlichen Suppe erblicken mochte.


    Nach einer Weile kehrte die Kröte zurück und kroch zum Mädchen. Sie hatte die Murmel im Maul und spuckte sie vor sich ins Gras.


    Das Kind griff sogleich nach der Murmel und lächelte überglücklich in ihr Spiegelbild. Endlich wieder vereint. Ohne die Kröte eines Blickes zu würdigen, stand sie auf und lief davon.


    „So warte doch!“, rief die Kröte hinter ihr her. „Ich kann nicht so schnell laufen wie du, du musst mich tragen!“


    Aber die Königstochter hatte die Kröte schon längst vergessen und eilte alleine nach Hause ins Schloss. So zog die betrogene Kröte sich wieder in den Sumpf zurück.


    Am nächsten Tag saß die Tochter der Königin zusammen mit ihrer Mutter und all den Hofleuten bei Tisch. Während sie mit einer güldenen Gabel das Essen von ihrem Teller pickte, klopfte es plötzlich an der Tür.


    „Königskind, lass mich herein!“


    Die Tochter lief zur Tür und öffnete sie. Davor saß die Kröte. Das Kind erschauderte und stieß die Tür gleich wieder zu. Als sei nichts gewesen, kehrte sie zum Tisch zurück.


    Doch ihre Mutter hatte sie beobachtet und war besorgt um ihr Kind. „Warum bist du so aufgeregt? Wer war das da vor der Tür? Ein Bettler? Ein Räuber? Etwa ein Drache?“


    „Ach nein, da war kein Drache. Nur eine garstige Kröte.“, antwortete die Tochter.


    „Was will denn eine Kröte von dir?“


    „Ach Mutter, sie hat meine geliebte Murmel aus dem Sumpf geholt, nachdem ich sie dort verloren habe. Ich musste ihr dafür versprechen, ihre Freundin zu sein. Aber ich konnte doch nicht ahnen, dass sie aus ihrem Sumpf herauskommt. Jetzt sitzt sie draußen und will zu mir.“


    Erneut klopfte es an der Tür.


    „Königskind, du Schönes,

    lass mich doch herein.

    Gestern noch, du weißt es,

    versprachst du, Freund zu sein!“


    Da sprach die Königin: “Du hast es versprochen, also musst du es halten. Geh und lass sie herein.“


    Ihre Tochter gehorchte und öffnete die Tür - kehrte jedoch sofort wieder um, ohne die Kröte zu beachten, und setzte sich wieder an ihren Platz. Die Kröte hüpfte ihr nach und rief „Heb mich auf!“ Wieder musste erst die Königin es ihr befehlen.


    So saß nun die Kröte auf dem Stuhl neben dem Kind. Aber sie war noch immer nicht zufrieden. „Ich kann hier unten nichts sehen und auch nicht mit dir speisen. Setz mich auf den Tisch.“ Die Königin nickte ihrer Tochter zu. „Du bist jetzt die Gastgeberin.“


    Endlich saß auch die Kröte in Reichweite des Tellers und aß sich satt.


    „Jetzt bin ich müde. Bring mich in dein Kämmerlein, ich will auf deinem Kissen schlafen.“


    Die Tochter der Königin ertrug es kaum mehr. Sie fing an zu weinen und fürchtete sich davor, mit dieser warzigen Kröte ihre Kammer zu teilen.


    „Es ist nur eine Kröte!“, sprach die Königin. „Du wirst für deinen kleinen Gast schon ein Plätzchen finden. Es soll dir eine Lehre sein, Versprechen zu geben, die du nicht halten kannst. Das ist einer Königin nicht würdig! Dieses Tier hat dir in deiner Not geholfen, nun verwehre ihm nicht seinen Lohn.“


    Die Tochter gehorchte widerwillig. Sie hob den Teller auf, auf dem die Kröte immer noch saß - wenigstens musste sie sie nicht anfassen – und trug sie hinauf zu ihrer Kammer. Dort setzte sie sie in eine Ecke, die so weit wie möglich von ihrem Bett entfernt war.


    Als sie sich ins Bett legte, kam die Kröte angekrochen. „Ich bin müde, es ist kalt. Ich brauche dein warmes Kissen, sonst kann ich nicht schlafen. Wenn du es mir nicht gibst, sage ich es deiner Mutter.“


    Da wurde es dem Mädchen zuviel. „Ich lasse mich von dir nicht erpressen, du garstige Kröte!"


    Sie griff nach der Kröte, um sie aus dem Fenster zu werfen. Doch in dem Moment, in dem das Mädchen die Kröte berührte, wurde ihm schwarz vor Augen. Als sie wieder zu sich kam, fühlte sich alles seltsam an. Ihre Arme waren grün, schleimig und mit Warzen bedeckt. Und sie war ganz klein.


    Eine Gestalt beugte sich über sie. Ein runzliges, faltiges Gesicht mit der langen Nase und den gemein glitzernden Augen einer Hexe.


    „Geschieht dir recht. Nun wirst du sehen, wie es ist, deinen Lebtag als Kröte zu fristen. Bei Sonnenaufgang werde ich wiederum deine Gestalt annehmen und es mir für eine Weile in eurem Schloss gemütlich machen. Vielleicht lasse ich mich irgendwann auch selbst zur Königin krönen, wenn mir danach ist."


    „Quak!“


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    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    ,*______________Teezeit______________*,

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    Moira irrt durchs Labyrinth

    Es ist kalt, sie noch ein Kind

    Graue Schatten ringsumher,

    sie findet ihren Weg nicht mehr


    Vor Stunden ging sie aus dem Haus

    mit einem frostigweißen Strauß

    um ihn der Großmutter zu bringen

    und ihr dazu ein Lied zu singen


    Zuletzt gelangt sie in den Park

    mitten drin, da steht ein Sarg

    die Großmutter ist darin

    Moira sinkt still daneben hin


    Da öffnet sich der Deckel leis

    knackend splittert zartes Eis

    und von drinnen leuchtet's helle

    aus der großmütterlichen Zelle


    Moira steigt zu ihr hinab

    in das scheinbar kalte Grab

    doch die Treppe, sie führt weiter

    hin zu einer langen Leiter


    Und zu einem tiefen Zimmer

    warm und wohnlich, so wie immer

    sitzt Großmutter dort im Sessel

    auf dem Ofen steht der Kessel


    Die beiden machen sich's bequem

    und trinken heißen Tee seitdem


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    ,*______Das Feuerweiblein, Teil 1______*,

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    In einem Dorf am Rande der Berge da gab es seit Urzeiten eine Schmiede und eine Mühle, die beide die Arbeit für die Dorfleute besorgten. Die Mühle stand auf einem Hügel an der einen Seite des Dorfes, die Schmiede duckte sich zwischen Felsen an der anderen Seite. Der Schmied und der Müller, das waren die reichsten Männer, die immer stritten, wer der beste und wichtigste sei.


    Eines Tages fasste der Schmied den Entschluss, eine neue Schmiede zu bauen, größer als das alte Haus und näher an der Straße. Er wollte mehr Gesellen anstellen, mehr schaffen und mehr Verdienst gewinnen. Die Alten im Dorfe aber sagten, dass es Unglück bringen würde, wenn er das alte Schmiedehaus verließ. Dass das ganze Dorf leiden würde, wenn das Feuer der alten Schmiede erlosch, dass die Ahnen seit jeher davor gewarnt hatten. Der Schmied wehrte die Warnungen ab als Geschwätz alter Leute. Selbst seine alte Großmutter, die bis zu ihrem Tod bei ihm gelebt hatte, hatte stets so geschwatzt. Er wollte nichts hören davon und nicht ändern seinen Plan. Es sei nur Verleumdung vom Müller, dachte er, der verhindern wollte, dass er mehr schaffen und verdienen konnte.


    Und so geschah es. Der Schmied baute mit seinen Gesellen ein neues Haus an der Straße, eine größere Schmiede, eine bessere Werkstatt, ein schöneres Heim. Dann zog er dort ein mit seiner Tochter, mit den Gesellen und der Arbeit, die sie fleißig taten.


    Das Feuer in der alten Schmiede verlosch.


    Das Jahr schritt voran und es wurde eine schlechte Zeit für das Dorf. Der Regen des Frühlings blieb aus, die Felder blieben leer. Die Bäche vertrockneten, als es Sommer wurde. Kein Regen kam. Die Sonne dörrte die Felder und Wiesen, und Not machte sich breit. Die Tiere fanden kein Futter im Umkreis des Dorfes, nichts wuchs in den Gärten und konnte geerntet werden. Da wurde Klagen laut und die Leute sagten, es sei alles so gekommen, weil der Schmied sein Feuer hatte verlöschen lassen. Der aber wehrte ab, was sollte der Regen schon mit seiner Schmiede zu tun haben. Man müsse für Wasser von den Bergen sorgen, man müsse einen Graben anlegen, der den Regen von dort in das Dorf leiten sollte.


    Als die Dorfleute diesen Plan noch bedachten und noch jammerten über den Durst ihrer Tiere, da kam ein wandernder Zauberer des Weges. Er war jung, noch ein Anfänger seiner Zunft, aber doch hörte er sich die Sorgen der Leute an. Und er sprach: „Der Ostwind, der Regen bringt, der scheut euer Land. Und ich weiß, wie das gekommen ist.“


    Die Leute staunten.


    Der junge Zauberer sagte: „Als ich durch den Wald wanderte hierher zu euch, da sah ich Feuerschein auf einer Lichtung. Und da sah ich ein kleines Weiblein in den Flammen tanzen, das die Arme hob und den Ostwind beschwor. Es bannte ihn fort von eurem Tal, bannte damit den Regen fort.“


    „Das Feuerweiblein“, rief da Sella, die Tochter des Schmiedes. „Die Großmutter sagte, dass das Feuerweiblein geachtet werden muss, weil es sonst Unglück über die Schmiede und das Dorf bringt!“


    „Das Unglück“, riefen die Dorfleute, „das Unglück, das geschieht, weil das Feuer in der alten Schmiede erloschen ist!“


    Der Schmied aber sagte: „Das ist Geschwätz alter Weiber und wandernder Habenichtse. Was soll das Feuer mit dem Regen zu tun haben?“


    Die Dorfleute aber fragten den Zauberer, ob der nicht den Regen zurückholen könne. Ob er nicht den Zauber des Feuerweibleins aufheben konnte.


    „Das kann ich nicht“, sagte der Zauberer. „Aber ich habe zugesehen, wie sie es tat und will lernen, die Winde zu beherrschen. In ein paar Jahren schon werde ich ihr Meister sein.“


    Da verzagten die Dorfleute. Der Zauberer wanderte davon. Der Schmied, der sammelte Leute, um einen Graben auszuheben, der das Wasser der Berge ins Dorf holen sollte. Die Tochter des Schmiedes aber, die hübsche junge Sella, die ging in den Wald, das Feuerweiblein zu suchen. Denn sie glaubte dem Zauberer und sie glaubte der Großmutter, die stets ehrerbietig von der Kreatur gesprochen hatte.


    Der Wald war trocken und dürr. Die Bäume raschelten durstig und das Gras zerfiel unter ihren Schritten zu Staub. Sella suchte und schaute und wanderte und lauschte. Dann war da Feuerschein und als sie näherkam, sah sie ein kleines Weiblein in den Flammen eines Feuers tanzen. Es war nur zwei Finger lang, mit rotem Haar und loderndem Gewand, und es sang:


    „Ostwind bann ich, Hitze will ich,

    Dürre prasselt ringsumher!

    Ach, wie gut mir Rache tut,

    bringe Feuer, schür die Glut.“


    Sella kam sachte näher. „Feuerweiblein“, rief sie schließlich, „Feuerweiblein, hab Mitleid, ich bitte dich.“


    Kaum, dass sie sprach, da erlosch das Feuer, als habe man eine Kerze ausgeblasen. Ein Lachen klang durch den Wald und ein paar hundert Schritt entfernt, flammte das Feuer erneut auf. Dort tanzte das Weiblein in den Flammen und sang sein Lied. Sella lief hinüber, doch wieder erloschen die Flammen und erschienen an anderer Stelle neu. Sella eilte durch den Wald, folgte dem Feuerweiblein, ohne es je erreichen zu können. Schließlich sank sie matt und mutlos zusammen. Wenn der Bann des Feuerweibleins nicht aufgehoben wurde, dann würde das ganze Dorf verschmachten. Man würde zugrunde gehen ohne Regen oder wegziehen müssen aus der Heimat. Und dann dachte sie: wenn ich das Feuerweiblein nicht bitten kann, dann vielleicht den Ostwind. Vielleicht hat er Mitleid mit dem Dorf und bringt uns den Regen zurück.


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    ,*______Das Feuerweiblein, Teil 2______*,

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    Mit neuem Mut machte sich Sella auf den Weg, den Ostwind zu suchen. Sie ging zu den Bergen, erklomm die Hänge. Zwischen Felsen suchte sie ihren Weg immer weiter hinauf und lief eine lange lange Zeit. Und siehe, als der Blick nach Osten fiel, war da grünes Land und saftiges Gras. Und Regen fiel reich aus den Wolken. Sella eilte an den höchsten Punkt, den sie erreichen konnte. Dort hob sie die Hände und rief: „Ostwind, Ostwind, höre meine Bitte!


    Da rauschte es in den Wolken und da wirbelte Wind um sie her. Sie wurde gepackt und mitgerissen und als sie wieder zu Sinnen kam, da stand sie in einem Palast mit Wänden wie aus Glas, hoch oben im Himmel. Und vor ihr stand ein schöner Jüngling mit so heller Haut und so hellem Haar, dass er fast durchsichtig erschien.


    „Mädchen, was willst du von mir“, fragte der Jüngling, „warum rufst du nach mir?“


    „Ich bin Sella, die Tochter des Schmiedes. Ich komme, weil das Feuerweiblein unser Dorf mit Dürre quält. Kannst du uns nicht helfen?“


    „Das kann ich nicht“, sagte er. „Ich kann den Bann nicht überwinden. Ich bin der Ostwind, ich kann singen und schwingen und Regen bringen…“


    „Regen“ rief Sella eifrig. „Bitte, wir brauchen den Regen.“


    „Ein Bann hält, bis er erfüllt ist. Oder bis er zurückgenommen wird. Oder bis stirbt, wer ihn ausgesprochen hat. Es gibt keinen anderen Weg.“


    „Ich will sie doch um Verzeihung bitten“, versicherte Sella. „Will sie bitten, dass sie den Bann zurücknimmt. Ich will ihr nicht schaden, will nicht, dass sie stirbt. Aber ich kann nicht zu ihr sprechen, weil sie mir ausweicht. Ich habe es versucht, aber immer tanzt sie davon. Was soll ich nur tun?“


    „Du hast ein gutes Herz“, sagte der Ostwind da. „Du bist mutig, dich auf eine solche Reise zu machen und du bist schön. Willst du nicht bei mir bleiben in meinem Palast und hier leben ohne Not?“ Er strich ihr mit einem Finger über die Wange und Sella schloss die Augen unter dem warmen Schauer. Süß war die Berührung und sanft wie weicher Frühlingsregen. Sie wusste, sie würde ein schönes Leben haben hier als Gespielin des Ostwindes. Sie würde keine Not leiden müssen und keinen Durst. Aber da waren ihre Leute, ihr Vater und da war Tannes von den Gesellen, der ihr lieb war. Er hatte ihr Hand und Herz geboten und mit ihm wollte sie das Leben verbringen.


    „Nein“, sagte sie also. „Ich will zurück in mein Dorf. Ich muss versuchen, mit dem Feuerweiblein zu sprechen und den Bann aufzuheben. Ich kann nicht zusehen, wie alle leiden.“


    Da seufzte der Ostwind. „Du wärst eine Windsbraut nach meinem Herzen, aber ich will dich nicht halten gegen deinen Willen. Wenn ein Leben in Arbeit und Mühe das ist, was du willst, dann kann ich dir nur einen Rat geben als Hilfe.“


    Sella dankte ihm von Herzen.


    „Wenn du mit dem Feuerweiblein sprechen willst, dann musst du es beim Namen rufen.“


    „Welchem Namen?“


    Der Ostwind strich ihr noch einmal über die Wange. „Du weißt ihn nicht?“ fragte er. „Wirklich nicht?“


    Sella sah ihn mit großen Augen an. Da hob er die Hände, und da erhob sich ein Wind und wirbelte um sie her. Als sie wieder bei Sinnen war, da war sie zurück auf dem Boden, am Fuße der Berge nicht weit von dem Dorf. Nicht weit von dem Graben, den ihr Vater mit seinen Gesellen aushob, um das Wasser ins Dorf zu leiten.


    Sella eilte hinüber und erzählte, was sie erlebt hatte. Staunen erhob sich, und ihr Vater, der Schmied, wurde unsicher in seinem Urteil. Vielleicht war es doch seine Schuld, weil er das Feuer in der alten Schmiede hatte verlöschen lassen? Und als er noch überlegte, da sagte Tannes, der Bursche, der Sellas Liebster war: „Ich will dich begleiten zu dem Feuerweiblein. Wir wollen sie bitten, den Ostwind freizugeben.“ Tannes glaubte, was Sella sagte und er hoffte, gemeinsam würden sie das Weiblein erweichen können.


    Sella reichte Tannes die Hand und wollte mit ihm in den Wald gehen.


    „Warte“, sagte da der Schmied. „Kind, erinnerst du dich, was die Großmutter sang, wenn sie das Feuer schürte?“


    „Feuer“, sagte Sella sinnend.


    „Dem Feuer gedenke“, sagte der Schmied.


    Sella und ihr Vater fassten sich an den Händen. Da erinnerten sie sich an die Worte der alten Großmutter. „Memlenke, Memlenke, dem Feuer gedenke. – Das hat sie gesagt und dann ist der Name des Feuerweibleins!“


    Da lachten sie froh und umarmten sich. Und dann eilten Sella und Tannes zusammen in den Wald. Alles war trocken und dürr wie beim ersten Mal. Bald würden die Bäume sterben, bald würde das Feuer Gras und Zweige erfassen und das ganze Tal verheeren. Eile tat Not!


    Schließlich sahen die beiden fernen Feuerschein. Sie sahen die Flammen, sahen den Tanz und hörten, wie das Feuerweiblein sang:


    „Ostwind bann ich, Hitze will ich,

    Dürre prasselt ringsumher!

    Ach, wie gut mir Rache tut,

    bringe Feuer, schür die Glut.“


    „Memlenke, Memlenke“, riefen sie es an. „Bitte, hör uns an.“


    Da hielt das winzige flammende Weiblein inne und sah sich nach ihnen um.


    „Memlenke, Memlenke“ rief Sella wieder. „Bitte verzeih, dass wir vergessen haben, deinem Feuer zu gedenken. Wir wussten es nicht besser.“


    „Bitte“, sagte nun auch Tannes, „lass den Ostwind zurückkehren und mit ihm den Regen, dass das Dorf wieder leben kann.“


    Das Weiblein verschränkte die Arme vor der Brust. „Und was habe ich davon?“ fragte es. „Seit Urzeiten habe ich im Feuer der Schmiede gelebt und war so Teil des Dorfes. Und plötzlich war das nicht mehr gut genug!“ Es schnaubte Rauch, verletzt und empört. „Alle sind gegangen und haben das Feuer verlassen. Und dann ist es erloschen.“


    „Es tut uns leid“, sagte Sella noch einmal.


    „Komm mit uns“, bot Tannes an. „Wir wollen dir einen Platz im Feuer der neuen Schmiede geben. Dort sollst du leben, wo alle sind, und wir wollen dich immer ehren.“


    Da ließ das Feuerweiblein die Arme sinken. „Ist es ein schönes Feuer?“ fragte es bang. Es war doch nur einsam und traurig, weil man es verlassen hatte. Nur darum hatte es den Regen verbannt, um alles trocknen zu lassen und dann großes Feuer über das Land zu bringen.


    „Es ist das schönste Feuer von allen“, sagte Sella warm, „denn es ist unser Herdfeuer und wir wollen dort eine Familie sein. Bitte, komm mit uns und zürne nicht mehr.“


    Da war das Feuerweiblein einverstanden. Es nahm den Bann über den Ostwind zurück und ließ sich im Herdfeuer der neuen Schmiede nieder. Tannes und Sella, die heiratete bald und sorgten dafür, dass ihr Heim und ihr Herdfeuer ein Platz voll Liebe und Geselligkeit war. Stets gedachten sie Memlenke, dem Feuerweiblein, und alle waren glücklich und froh. Und der Ostwind, der rauschte wieder frei über das Dorf und brachte sanften Regen und neues Leben.


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    ,*______Krampustel_______*,

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    „Wer ist Krampustel?“ fragte das Waisenmädchen.

    „Pssst. Du lockst sie noch an. Hilf lieber mit.“

    Die anderen Kinder waren bereits dabei, Decken und Tücher von innen vor die Fenster des Waisenhauses zu hängen. Es gab nicht viele Fenster, also hatten sie es bald geschafft. Im Haus war es dunkel und erst jetzt wagten sie, die halb heruntergebrannte Kerze zu entzünden.

    „Jetzt kannst du es mir aber doch sagen!“ flüsterte das Mädchen.

    Die Älteste warf einen prüfenden Blick in die Runde. Ja, es war an der Zeit.

    Mit gesenkter Stimme begann sie zu erzählen.

    „Krampustel ist der Grund, warum wir uns drei Tage vor dem Jahreswechsel im Haus verstecken und die Fenster verdunkeln. Nicht nur wir. Das ganze Dorf verschließt Fenster und Türen. Wenn du die bucklige Gestalt mit dem Hirschgeweih in der Ferne siehst, oder auch nur ihren Schatten, ist es bereits zu spät.“

    „Würde sie mich fressen?“

    Die Älteste schüttelte den Kopf.

    „So einfach ist es nicht. Krampustel ist eine Tauscherin. Auf ihrem Rücken trägt sie einen großen schweren Sack und sie stützt sich auf einen Stock. Ihre Füße sind wie die Klauen von Hühnern. An ihrer Spur im Schnee können wir erkennen, ob sie im Dorf war. Immer nimmt sie etwas mit und lässt etwas anderes da …“

    Die anderen Waisen lauschten gebannt, aber das Jüngste wurde ungeduldig.

    „Na und? Wir haben doch sowieso nichts.“

    „Du hast ein Problem, wenn sie etwas dalässt. Denn wenn sie etwas vor deiner Tür zurücklässt, musst du es ins Haus nehmen. Sie erwartet etwas dafür im Tausch, was für sie gleich viel wert ist. Drei Tage hast du Zeit, um etwas zu finden, was du für sie vor deine Tür legen kannst. Tust du das nicht, so nimmt sie etwas von dir. Vielleicht deine Stimme. Vielleicht dein Augenlicht. Vielleicht ein Bein. Es heißt, sie erschafft daraus neue Tauschobjekte, die sie dann anderen vor die Tür legt.“

    „Ein Bein vor der Tür…“

    „Nein. Sie verhext das, was sie dir genommen hat, und es sieht dann aus wie ein ganz gewöhnlicher Gegenstand. Ein Messer mit einem interessant geschnitzten Griff vielleicht, oder ein Knopf.“

    „Und wenn im Haus ganz viele wohnen, so wie hier?“

    „Dann muss eine den Tausch annehmen – oder sie holt uns alle, eins nach dem anderen, bis eines sich freiwillig auf den Tausch einlässt.“

    Es klopfte an der Tür. Die Waisen hielten den Atem an. Vielleicht … ein Reisender. Würde Krampustel etwa klopfen?

    Sie spürten einen Luftzug. Die Tür öffnete sich, ganz langsam, mit einem Knarren. Eine bucklige Gestalt trat herein, mit einem Sack auf dem Rücken, auf einen Stock gestützt, und mit einer langen Vogelnase mit lauter roten Pusteln darauf. Auf dem Kopf trug sie ein Hirschgeweih.

    Die Waisenkinder flüchteten wie Mäuse in alle Ecken. Nur die Älteste blieb, wo sie war.

    „Ich bin bereit.“ sprach sie mit lauter Stimme. In den Ecken wurde aufgeregt getuschelt.

    Krampustel lachte. „Gut, dann hilf mir jetzt, auszupacken. Erzählst du den anderen immer noch die Geschichte mit der Tauscherei? Du willst doch bloß die besten Geschenke für dich haben. Sei nicht so gierig. Es ist genug für alle da.“



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