WB-Adventskalender 2023

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    _.:*~*:._ von Skelch I. _.:*~*:._

    [1. Türchen] - Silberstich, Teil 1

    [2. Türchen] - Silberstich, Teil 2

    [3. Türchen] - Silberstich, Teil 3


    _.:*~*:._ Alpha Centauri _.:*~*:._

    [4. Türchen] - Haltestelle, Teil 1

    [5. Türchen] - Haltestelle, Teil 2

    [6. Türchen] - Haltestelle, Teil 3


    _.:*~*:._ von Skelch I. _.:*~*:._

    [7. Türchen] - Dämonenstreiche, Teil 1

    [8. Türchen] - Dämonenstreiche, Teil 2

    [9. Türchen] - Dämonenstreiche, Teil 3

    [10. Türchen] - Ameisenkalender


    _.:*~*:._ von Veria _.:*~*:._

    [11. Türchen] - Hänsel und Gretel


    _.:*~*:._ von Skelch I. _.:*~*:._

    [12. Türchen] - Der Sketch, Teil 1

    [13. Türchen] - Der Sketch, Teil 2

    [14. Türchen] - Der Sketch, Teil 3


    _.:*~*:._ von Yrda _.:*~*:._

    [15. Türchen] - Rapunzilla


    _.:*~*:._ von Vinni _.:*~*:._

    [16. Türchen] - Die Prinzessin und der Nordwind, Teil 1

    [17. Türchen] - Die Prinzessin und der Nordwind, Teil 2

    [18. Türchen] - Die Prinzessin und der Nordwind, Teil 3


    _.:*~*:._ von Skelch I. _.:*~*:._

    [19. Türchen] - Der Fleck


    _.:*~*:._ von Yrda _.:*~*:._

    [20. Türchen] - Prinzessin Kröte
    [21. Türchen] - Teezeit


    _.:*~*:._ von Vinni _.:*~*:._

    [22. Türchen] - Das Feuerweiblein, Teil 1

    [23. Türchen] - Das Feuerweiblein, Teil 2


    _.:*~*:._ von Yrda _.:*~*:._

    [24. Türchen] - Krampustel


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._

    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    1.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Silberstich, Teil 1__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    „Bist du Simka von Thaine?“

    Simka und Krian sahen sich um.

    „Bist du Simka von Thaine?“, wiederholte das Igelmädchen. Es trug schlichte, schmutzige Kleidung und konnte nicht älter als dreizehn oder vierzehn Jahre sein.

    „Ja“, antwortete die gelblich braune Katze. „Wer will das wissen?“

    „Mein Name ist Inigaya. Du hast meinen Vater getötet. Sei bereit, zu sterben.“

    Simka sah das Mädchen an. Dann lachte sie laut auf.

    „Das ist mein Ernst!“, rief Inigaya.

    Krian fiel auf, dass die Marktbesucher zurückwichen. Es sah nicht nach einem Kampf aus, aber offenbar wollten sie es nicht riskieren. Der Fuchs konnte das durchaus verstehen, immerhin ging es um Simka, die einzige Frau, die es je zum Ritter von Thaine gebracht hatte, und das nicht durch Freundlichkeit.

    „Schon gut“, meinte Simka. „Wer war denn dein Vater?“

    „Was?“

    „Wer war dein Vater? Ich habe schon ein paar Igel getötet, musst du wissen.“

    „Sein Name war Toyon! Er war Kapitän unter Fürst Sargan!“

    „Oh, einer von denen. Welcher denn? Der mit dem Haken?“

    „Nein. Man nannte ihn Blutauge.“

    „Oh, der mit der Augenentzündung. Ja, den habe ich getötet.“

    „Sei bereit, zu sterben!“

    „Immer. Aber bist du bereit, zu töten?“

    „Dich schon.“

    „Überlege dir das gut. Dein Vater war ein Räuber und Mörder. Ist er das wirklich wert?“

    „Woher soll ich das wissen? Deinetwegen habe ich ihn nie kennengelernt!“

    „Das ist vielleicht besser so.“

    Das Igelmädchen fletschte die Zähne und griff in seine Tasche. Es hatte definitiv kein Schwert oder eine andere größere Waffe dabei. Vielleicht zog es nun einen Dolch? Nein, es war ein Amulett oder eine große Silbermünze. Mit dem Totenkopf eines Hundeartigen darauf.

    „Was soll das nun?“, fragte Simka.

    Inigaya hielt die Münze hoch, sodass sie in der Nachmittagssonne glitzerte. Wollte sie Simka damit blenden? Sie drehte sie um, sodass man die Wellenlinie auf der Rückseite sah, und die Rückenflosse eines Hais, die daraus aufragte. Dann drehte sie sie weiter, bis wieder nur der Schädel zu sehen war.

    „Macht der Schädelmünze – verwandle mich!“



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    2.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Silberstich, Teil 2__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Die Münze leuchtete auf.

    Simka und Krian waren nur zum Einkaufen hier. Sie trugen keine Rüstung und fast keine Waffen. Aber Simka hatte ein Schwert dabei – Simka hatte immer ein Schwert dabei – und bei diesem Anblick fuhr ihre Hand automatisch an den Griff.

    „Magie“, zischte sie.

    In der Tat war eindeutig Magie am Werk. Eine Säule aus Licht brach aus dem Boden hervor und schien Inigaya in die Luft zu heben.

    Mit ausgebreiteten Armen schwebte sie fast einen Meter über den Boden und veränderte sich tatsächlich.

    Zunächst verschwand ihre ärmliche Kleidung zusammen mit allem Schmutz und auch der Münze und das Igelmädchen schwebte nackt mitten in der Hafensiedlung. Dann liefen Wellen aus Licht über ihren Körper und färbten das Fell und die Stacheln silbern. Aus dem kleinen Igelschwanz brach etwas langes, haarloses hervor, das zu einem silbernen Skorpionschwanz heranwuchs.

    Dann entstand neue Kleidung, ein silberner, eng anliegender, unten geschlossener Einteiler ohne Ärmel oder Hosenbeine (aber offenbar mit Löchern für Stacheln und Schwanz) sowie silberne Schuhe und Handschuhe.

    Schließlich sammelte sich Licht oben auf Inigayas Kopf und wurde zu einem silbernen Diadem, das vorne den gleichen Totenkopf zeigte, wie die Münze.

    Die Lichtsäule setzte das Mädchen wieder ab und erlosch.

    „Ich bin Silver Sting! Und im Namen des Meeres, werde ich dich bestrafen!“

    „Soll ich …“, fragte Krian.

    „Nein, ich mach' das schon“, winkte Simka ab und zog ihr Schwert.

    Inigaya, oder Silver Sting, sprang auf Simka zu. Als sie landete, hatte sie plötzlich ein eigenes (natürlich silbernes) Schwert in der Hand, das Simka allerdings mühelos abwehrte.

    Ein Fechtkampf entbrannte und er war weniger einseitig, als Krian erwartet hatte. Zwar war Simka zweifellos die bessere Fechterin, doch Silver Sting erwies sich als überraschend stark und wenn es Simka einmal gelang, ihre Deckung zu durchbrechen, glitt ihre Klinge an dem silbernen Stoff oder Fell einfach ab.

    Umgekehrt ließ Simka Silver Stings Klinge nie an sich herankommen. Mangels eines Schildes wehrte sie alle Hiebe mit dem eigenen Schwert ab und lenkte sie zur Seite.

    Es würde darauf hinauslaufen, wer schneller erschöpfte, nahm Krian an. Bis ihm auffiel, dass Silver Sting ja noch eine Waffe hatte.

    Während Simka weiterhin das Schwert abwehrte, bog sich der Skorpionschwanz wie es der eines echten Skorpions nie gekonnt hätte und näherte sich von der Seite.

    Krian hatte keine Waffe dabei, aber der Markt hatte genau das, was er brauchte. Der Ritter griff die erstbeste Frucht, sprang zu den Kämpfenden, packte mit einer Hand den Schwanz und spießte mit der anderen das Obst auf den Stachel.

    Es war eine Birne.

    „He! Zwei gegen einen ist unfair!“

    „Wenn dir der Kampf nicht gefällt, kannst du jederzeit gehen“, sagte Simka. „Diese Wahl hat mir dein Vater nicht gelassen.“

    Silver Stings freie Handfläche leuchtete auf und materialisierte einen runden Schild, der Krian wegstieß. Der Fuchs stieß mit dem Hinterkopf gegen den Pfosten des Obststandes und fiel auf den Hintern.

    Leicht benommen und mit Schmerzen in Schädel und Schnauze (wo ihn der Schild am härtesten getroffen hatte), beobachtete der Ritter den weiteren Verlauf des Kampfes.

    Simka zeigte langsam Anfänge von Erschöpfung. Ihre Abwehr wurde gröber und sie verzichtete ganz auf Angriffe. Schließlich hielt sie ihr Schwert quer und fing damit die volle Wucht von Silver Stings Schlägen ab.

    Bis die Klinge von Simkas Schwert einfach brach.



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    3.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Silberstich, Teil 3__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Die Katze sank auf die Knie. Krian stand auf um ihr zu Hilfe zu kommen, doch ihm wurde sofort schwindelig und er sank wieder zu Boden.

    Der Schild verschwand. Silver Sting setzte das Schwert an Simkas Kehle.

    „Irgendwelche letzten Worte?“, fragte sie.

    Simka sagte etwas, das Krian nicht verstehen konnte.

    „Was?“, fragte Silver Sting, die offenbar auch nicht verstanden hatte.

    Simka wiederholte es, genauso unverständlich.

    Silver Sting kam etwas näher.

    „Ich sagte“, begann Simka sehr viel lauter, „Noch lange nicht!“

    Ehe der Igel reagieren konnte, hatte Simka mit beiden Händen den Kragen des seltsamen Kostüms gepackt und warf die offenbar recht leichte Silver Sting über ihren Kopf hinweg in einen Stand mit Töpferware.

    Beide Kontrahenten rappelten sich auf.

    „Es reicht!“, rief Silver Sting.

    Das Schwert schwingend rannte sie auf Simka zu.

    Simkas Faust war schneller als das Schwert und traf das Mädchen mitten ins Gesicht. Während es noch benommen war durch den ersten Schlag, kam auch schon der zweite. Dann der dritte. Ein gezielter Tritt brachte Silver Sting zu Fall, ein zweiter beförderte das Schwert aus ihrer Hand.

    Simka stellte einen Fuß auf Silver Stings Kehle.

    „Hast du genug?“, fragte sie.

    „Nie“, antwortete Silver Sting, das Gesicht voller Blut, das vermutlich aus ihrer Nase kam. „Töte mich, wenn du willst, aber auch das wird mich nicht aufhalten.“

    „Dein Vater hatte Glück. Wäre er den rebellierenden Sklaven statt mir in die Hände gefallen, wäre sein Tod wesentlich länger und schmerzhafter geworden. So wie wahrscheinlich deiner, wenn du mich tatsächlich getötet hättest.“

    Simka nahm den Fuß herunter.

    „Geh nach Hause. Diese ganze Sache mit den Silberwaffen und dem klingensicheren Fell ist ziemlich nützlich. Tu etwas Sinnvolles damit.“

    Silver Sting atmete aus und war plötzlich wieder Inigaya. Keine glanzvolle Verwandlung war dieses Mal nötig.

    „Gehen wir“, sagte Simka zu Krian. „Du solltest dich eine Weile ausruhen, den Einkauf kann auch Vikki machen.“

    Krian sah sich die zermatschte Birne und den Haufen zerschlagener Krüge und Teller an. Und Inigaya, die langsam Richtung Pier davonschlich.

    „Ich glaube, wir müssen noch ein paar Sachen bezahlen“, meinte er.

    „Mach du das“, erwiderte Simka. „Ich habe kein Geld dabei.“



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    4.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Haltestelle, Teil 1__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Degor zog ihre verschnupfte Nase hoch. Sie saß alleine auf der Bank an der Bushaltestelle auf dem Hügel und sah die Allee hinunter. Der Winter war nicht mehr weit, bald würde hier der erste Schnee fallen. Sie war in einer seltsamen Stimmung. Jetzt war es also doch passiert: Elvira hatte die Zentrale, vermutlich für immer, verlassen. Irgendwas in Degor hatte immer noch gesagt, dass das unlogisch wäre und vermutlich dann doch nicht passieren würde, aber die Anzeigemonitore des Fähnrichs waren eindeutig gewesen. Bereits vor ein paar Wochen hatte sie es angekündigt, dass es einfach nicht gepasst hätte und sie alles versucht hätte und jetzt an dem Punkt war, weiterzugehen. Und bei Elvira Juspels brauchte man in so einer Situation auch nicht das Diskutieren anfangen, die wusste was sie wollte. Trotzdem hatte Degor irgendwie gedacht, dass durch ein unvorhergesehenes Ereignis irgendwas passieren würde, was sie dann umgestimmt hätte. Aber es war nicht passiert. Sie hatten es nicht hinbekommen. Degor fühlte sich ein wenig mitschuldig, die Sache mit Sebastian Sampelmann war ja schon ein eindeutiges Indiz gewesen, dass da was zu tun war. Als sie das dann geklärt hatten damals, hatte sie gedacht, dass jetzt alles besser werden würde. Für ein paar Monate lang hatte es sich auch wirklich gut angefühlt, aber die Leute blieben nun mal sie selbst. Der Fähnrich hatte kein Gespür für Zwischenmenschliches, Welan interpretierte alles als einen Angriff, Daywar haute bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf eigene Faust irgendwohin ab, Thorstein traute sich nicht, was zu unternehmen, Öckel und Gaar versanken in ihren persönlichen Projekten, Franz Xaver schmollte, Sebastian redete oberflächliches Kauderwelsch und Simon und Martin hatten keine Meinung zu irgendwas. Wenn einer Mal für ein paar Tage nach viel gutem Zureden aus seiner Rolle rauskam, waren die anderen garantiert gerade noch tiefer in ihren vergraben. Und Jan-Ole, der Gallertblob, den Thorstein aus Rampusia mitgebracht hatte, machte es auch nicht besser. Er war lieb, aber auch ein Meister darin, das Thema in den unpassendsten Situationen auf etwas zu lenken, über das er gerade reden wollte. Es war schon irgendwie verständlich, dass sich nicht jeder in der Umgebung wohlfühlte, aber Degor hatte schon an sie als Gemeinschaft geglaubt und die Tatsache, dass Elvira das nicht mehr tat, schmerzte ein wenig.


    Von der linken Seite kam ein Mann über die heruntergefallenen Blätter den Gehsteig entlang gestapft. Er trug einen teuer aussehenden grauen Mantel, einen burgunderroten Schal und einen Dreitagebart. Als er sah, dass er nicht alleine an der Haltestelle war, schob er sich den Schal noch höher ins Gesicht. Er musterte Degor ein wenig misstrauisch, studierte dann den vergilbten Busfahrplan und setzte sich dann neben sie. Er sah noch ein paar Mal verstohlen zu ihr hinüber, als würde er erwarten, von ihr angesprochen zu werden. Als das nicht passierte, nahm er sein Handy heraus und scrollte herum. Er wirkte fahrig. Wo der wohl herkam? Sah fast klischeehaft irdisch aus. Nach ein paar Minuten und noch weiteren verstohlenen Blicken, schien er einen Entschluss zu fassen und sprach sie an:


    „Entschuldigen Sie, wenn ich frage… Ist das dieses… Cosplay, was Sie da machen?“


    Ja, Erde, das war eindeutig jetzt. Elben waren dort keine allzu häufige Erscheinung. Menschen von der Erde kamen eigentlich selten so nah an der Zentrale vor, aber in letzter Zeit hatte sie schon ein paar von ihnen gesehen. Degor beschloss, zu lügen:


    „Ja, ich bin auf dem Weg zu einer LARP-Con.“


    „Was es alles gibt heutzutage. Das muss ja ein Riesenaufwand gewesen sein.“


    „Wenn man sein Kostüm einmal hat, geht’s. Und das Nähen macht ja auch Spaß.“


    „Was Sie nicht sagen. “


    Der Mann hatte jetzt seinen Schal wieder etwas nach unten gezogen und lächelte Degor mit einem Lächeln an, dass er wohl für sehr charmant hielt.


    „Meine Kostüme muss ich zum Glück nicht selber nähen.“


    „Wo bekommen Sie sie her? Sind Sie beim Theater?“


    Der Mann schien etwas verwirrt von Ihrer Frage.


    „Schauen Sie kein Fernsehen?“


    „Nicht wirklich.“


    „Aber den Tatort kennen Sie?“


    Oh. Das war wohl ein Schauspieler, der auf der Erde bekannt war. Oder der sich zumindest dafür hielt.


    „Ja, aber ist nicht meins“, log sie schnell.


    „Schade. Aber meinen Namen kennen Sie vermutlich trotzdem. Jürgen Weißberger.“


    Er reichte ihr die Hand. Degor versuchte einen erkennenden Gesichtsausdruck aufzusetzen und war nicht sicher, ob ihr das gelang.


    „Degor mein Name. Also mein Elbenname. Ich bleib einfach mal in meiner Rolle für die Con.“


    „Freut mich, Degor. Sie können gerne ein Foto mit mir haben.“


    „Ich fürchte, ich habe kein Handy dabei.“


    „Dann ein Autogramm?“


    Jürgen Weißberger wartete nur kurz auf eine bestätigende Kopfbewegung von Degor, kramte in seiner Tasche, fummelte eine Karte und einen Filzstift aus der Tasche und setzte seinen Namenszug darauf.


    „Schalten Sie mal wieder ein. Ich bin wirklich sehr stolz auf das Team. Unser letzter ist sehr gut geworden.“


    Jürgen Weißberger schien sehr zufrieden mit dieser Interaktion zu sein, während Degor eher irritiert die Karte entgegen nahm. Gerade als Jürgen erneut zu sprechen beginnen wollte, bemerkte er, dass von rechts ein weiterer Passant auf die Haltestelle zukam. Schnell steckte er seinen Stift wieder weg, zog seinen Schal wieder hoch und deutete mit dem Finger auf die Lippen. Degor steckte achselzuckend die Autogrammkarte in eine Tasche und blickte zu dem Neuankömmling. Es war ein junger, dünner Mann mit einer dünnen Regenjacke und einem Notizbuch in der Hand. Er musterte Degor und Jürgen kurz, setzte sich dann auf den Platz rechts neben den Schauspieler und begann gedankenverloren in das Notizbuch zu kritzeln. Auch er schien Jürgen nicht zu erkennen. Ob der wirklich so bekannt war? Oder kam der andere vielleicht auch gar nicht von der Erde? Sein Äußeres war weniger eindeutig für Degor. Einmal trafen sich ihre Blicke fast, aber der Mann sah schnell wieder in sein Notizheft. Nach ein paar Minuten fuhr ein Bus ein. Jürgen Weißberger stand auf und drehte sich zu Degor. „Sie bleiben noch sitzen? Ich wünsche Ihnen ganz viel Spaß auf Ihrer Veranstaltung, ich bin sicher, Ihr Kostüm wird sehr gut abschneiden, Frau Elfin Deba!“ Er sah noch mal kurz zu dem kritzelnden Mann um und stieg dann in den Bus, der ihn vermutlich zu wichtigen und sehr wichtigen Terminen brachte. Degor schüttelte den Kopf.


    „Das ist kein Kostüm, oder?“



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    5.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Haltestelle, Teil 2__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Der kritzelnde Mann sah ihr jetzt direkt in die Augen. Degor überlegte kurz, aber der Blick des Mannes gab ihr zu verstehen, dass sie hier nur schwer mit ihrer Geschichte durchkommen würde.


    „Nein. Ich bin wirklich eine Elbin. Degor“


    Sie streckte ihre Hand aus. Der Mann schien nur milde überrascht und nickte langsam, während er ihre Hand schüttelte.


    „Ich bin Benth, schön dich zu treffen. Ich bin also mal wieder ganz woanders rausgekommen… Wo sind wir hier?“


    „Äh, das ist schwierig zu beantworten. Wo kommst du denn her?“


    „Berlin normalerweise. Bin in letzter Zeit aber an einigen seltsamen Orten gewesen. Dir sagt nicht zufällig der Krause Wassermann was? Da war ich zuletzt.“


    Kn, okay. Eine Verbindung von Berlin nach kn hatte Degor bislang nicht gekannt. Benth schien durchaus Erfahrung mit dem Reisen zwischen Welten zu haben, allerdings ohne wirklich zu verstehen, was er da tat. Degor war nicht sicher, wie viel sie ihm über die Schlaufe verraten sollte, gerade bei der Erde musste man da ein wenig vorsichtig sein. Wenn es denn das Berlin der Erde war, aus dem er kam. Andererseits war er vielleicht auf dem Weg ein neues Zentralenmitglied zu werden. Da waren Erstkontakte durchaus schon auf ähnliche Art und Weise zustande gekommen. Degor beschloss trotzdem, erstmal vorsichtig zu sein:


    „Ist auf jeden Fall nicht hier in der Nähe. Diese Bushaltestelle ist ein eher… isolierter Ort.“


    „Okay. Aber grade war doch ein Bus da. Wer war das, der da mit dir gesprochen hat?“


    „Kannte ich auch nicht. Aber er schien sich selbst für sehr bekannt zu halten. Behauptete, er sei ein Schauspieler im Tatort. Jürgen… Weißberger hieß er glaub ich. Kennst du ihn?“


    Benth überlegte kurz „Interessant. Den Namen kenn ich tatsächlich. Ich schreib mir das mal auf.“ Er zückte sein Notizbuch und notierte sich den Namen „Ich sammle Informationen über alles Mögliche darin“, fügte er erklärend hinzu „Ist etwas kompliziert zu erklären.“


    Degor beschloss, jetzt doch ein bisschen genauer nachzubohren.


    „Spannend. Willst du mir erzählen, wie es kommt, dass du aus Berlin an so entlegene Orte wie hier kommst und dir Namen von Zufallsbegegnungen aufschreibst?“


    „Kann ich machen. Aber nur wenn du mir auch noch ein bisschen mehr erzählst. Du kennst dich hier aus, das hab ich gemerkt. Du hast den Bus nicht mal angeschaut, ob es vielleicht deiner ist.“


    „Ja, das stimmt. Okay, wie viel weißt du grundsätzlich über das Reisen zwischen Welten?“


    „Es… scheint zu existieren. Also sind das wirklich verschiedene Welten, durch die ich da komme?“


    „Je nach Definition, aber ja. Es gibt verschiedene… Schichten von Realität, und ab einer gewissen Ebene öffnen sich Wege zwischen Welten, die auf den unteren Schichten nicht möglich sind. Das Ganze ist ein komplexes Gebilde, niemand überblickt das vollständig. Ich lebe an einem Ort, wo besonders viele dieser Wege zusammentreffen und wo wir auch in der Lage sind, das Reisen zwischen Welten, ein Stück weit zu kontrollieren. Ursprünglich komme ich aus einer sehr magischen Fantasywelt namens Karesha, aber irgendwie hate es mich hier hoch gespült. Möglicherweise passiert dir gerade das Gleiche. Wenn du länger hier bleibst, bist du auf jeden Fall willkommen, wir machen allerdings grade eine schwierige Phase durch. Eine Mitstreiterin hat uns verlassen und es passt alles nicht so richtig zusammen.“


    „Ja, das kommt mir bekannt vor. Ich hab auch eine Gruppe von Freunden, die nicht mehr so wirklich zusammenkommt. Wohl Teil der Realität.“


    „Ja. Mir fällt es ein bisschen schwer, das zu akzeptieren. Ich will immer alle mitnehmen. Aber die meisten meiner Kollegen machen halt mehr ihr eigenes Ding.“


    „Was ist das so? Ich kann mir das alles nicht so richtig vorstellen.“


    „Unser Zentralsortierer Fähnrich Wurm hat mit allerlei technischen Apparaturen zu tun, die im Grunde nur er versteht. Kapitänin Daywar reist mit ihrem Transporter herum und parkt Dinge um. Und zwei Kollegen machen einen Podcast über Grammatik.“


    Benths Miene hellte sich auf, als sie das sagte. „Warte, sind das Oberstudienrat Öckel und Gosef Gaar?!? Den Podcast hör ich total gern zum Einschlafen!“


    „Ja, tatsächlich. Witzig, dass du sie kennst.“


    „Megacool! Ich hab mich schon immer gefragt, wo diese ganzen exotischen Sprachen immer herkommen, über die sie reden. Das erklärt es natürlich.“


    „Ja, die zwei kennen sich wirklich aus. Hilft leider im Alltag nicht so viel. Aber schön, dass sie so weit entfernt noch Leute erreichen.“



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    6.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Haltestelle, Teil 3__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    „Ja, klingt alles sehr… fantastisch. Interessant, was für Realitäten es alles noch gibt. Und danke für dein Angebot. Aber ich will eigentlich schon zurück nach Berlin. Ich werde dort gebraucht, glaube ich. Es ist… wenn ihr so viele Welten kennt, habt ihr etwas vom Schisma mitbekommen? Auf der Erde?“


    „Schisma? Den Begriff kann ich nicht einordnen, nein… was meinst du damit?“


    „Die Realität fällt auseinander. Es gibt kein richtig und falsch mehr. Und am Ende leiden diejenigen drunter, die es am wenigsten verdient haben.“


    „Ja, so was gibt es leider. In unserer Zentrale können wir vermutlich rausfinden, welche Welt das bei dir ist. Die Erde gibt es auf so einigen. Aber ob wir helfen können… “


    „Das will ich gar nicht verlangen. Offen gestanden würde ich auch bezweifeln, ob ihr, wer auch immer ihr seid, genug Einblick in unsere Welt habt, dass das sinnvoll wäre. Das müssen wir schon selber machen.“


    „Darf ich fragen, was deine Rolle bei dem ganzen ist?“


    Benth überlegte einen Moment. „Nur wenn es ok ist, dass ich nicht die vollständige Antwort geben kann. Manche Sachen sollte ich lieber für mich behalten.“


    „Erzähl, was du für richtig hältst.“


    „Also. Ich schreibe Quizfragen für eine App. Dafür sammele ich Fakten, und… es hat sich herausgestellt, dass diese Fakten und die Art wie ich sie einbringe, nützlich dafür sein können, das Wissen meiner Welt zu erhalten. Gleichzeitig gerate ich, je bewusster ich mit dieser Fähigkeit arbeite, immer häufiger an fremde Orte. Gibt viel, was ich da auch noch nicht verstehe. Ich tue aber, was ich kann und bin auch in Zusammenarbeit mit… einer Gruppe von Leuten dabei, für das zu kämpfen, an das wir glauben. Und gleichzeitig will ich irgendwie dafür sorgen, dass es meinen Freunden gut geht. Sie sind alle in sehr unterschiedlichen Situationen und manche brauchen meine Hilfe. Reicht dir das erstmal?“


    Degor nickte. Benth war während er erzählt hatte, aufgestanden und ein paar Schritte am Wartehäuschen auf und ab gegangen. Seine Silhouette war sehr klar und Degor bekam mehr und mehr das Gefühl, dass sie von der Zentrale tatsächlich wenig Handhabe an seine Welt haben würden. Dazu fühlte sie sich zu… real an. Sie überlegte, was jetzt zu sagen war.


    „Danke, das klingt auf jeden Fall anstrengend. Aber auch interessant. Was du so sagst, es klingt sehr danach, dass du noch sehr in deiner Welt verwurzelt bist. Dann wirst du vermutlich auch dahin zurück kommen. Schade, ich glaube, wir hätten dich gut brauchen können.“


    „Ja, die Nachtgebilde halten nicht ewig. Bei mir bisher zumindest. Irgendwann sitzt man wieder in einer U-Bahn und der lange Heimweg fängt an. Wird jetzt auch nicht mehr lang dauern, das spüre ich. Aber bevor ich gehe: Kennst du zufällig das Auge der Haselnuss?“


    „Boah, schon mal gehört. Der Fähnrich weiß das bestimmt. Eine alte Bahnstation?“


    „Mir hat im Krausen Wassermann jemand erzählt, dass das ein Ort ist, wo vergessene Dinge hingehen. Auch Personen. Ich hab da irgendwie eine Faszination dafür entwickelt.“


    „Vielleicht ist das in deiner Realität so. Von unserer Perspektive aus ist der Ort zumindest nicht allzu herausstechend. Bei so vielen Welten… da verschiebt sich so viel immer.“


    „Verstehe, ich werde weiter danach suchen.“


    „Viel Glück!“


    Die Szenerie um sie herum hatte sich verändert. Der vorher erdrückend graue Himmel hatte ein fast silbriges Weiß angenommen. Heruntergefallene Blätter sausten in fast tornadoartigen Kreisen um sie herum. Benth blickte den Hügel hinunter.


    „Ich glaube, das ist jetzt meine“, sagte er. Und tatsächlich kam eine nach Degors Gefühl etwas zu schnelle gelbe Straßenbahn die Straßen hinaufgefahren. Ihre Gleise schienen sich etwa zwei Meter vor ihrer Spitze selbst zu materialisieren. Sie kam vor ihnen beiden zu stehen und Benth drückte auf den Türsensor.


    „Auf Wiedersehen Degor! Und ganz viel Glück in der nächsten Zeit. Es geht immer irgendwie weiter. Bloß nicht, wie man denkt.“


    „Leb wohl Benth. Dir auch alles Gute!“


    Degor sah der Straßenbahn noch lange nach. Der Wind legte sich wieder, der Himmel ergraute, Nebel breitete sich aus. Aber Degor musste sich eingestehen, dass sie sich ein ganz kleines bisschen besser als vorher fühlte.



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    7.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*_______Dämonenstreiche, Teil 1_______*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Die Hexendämonin Iriyana Anamiraya kam immer gerne zur Jahreswende zur Familie ihrer Tochter. Natürlich war die Frau, die sie schon vor der Haustür schwungvoll begrüßte, nicht ihre leibliche Tochter, sie war die Tochter ihres langjährigen Partners. Dämonen und Vierhandmakaken waren zwei vollkommen unterschiedliche Arten, die nicht miteinander kreuzbar waren. Ihre leibliche Tochter war allerdings ebenfalls da, ebenso wie deren Kinder, die aus irgendeinem Grund zusammen mit den Makakenkindern Tomaten gegen die Badezimmerwand warfen.

    Diese Tätigkeit unterbrachen sie jedoch, um mit einem lauten „Oma“ auf Iriyana zuzulaufen. Die drei Affenkinder folgten bald.

    Iriyana umarmte ihre Enkelkinder Ilamina und Makaranio (die anderen hatten zu viele Tomatenflecken), musste dann aber doch nachfragen:

    „Warum werft ihr hier Tomaten an die Wand?“

    „Weil wir in den anderen Zimmern nicht dürfen“, erklärte Ilamina ehrlich.

    „Aber warum werft ihr überhaupt Tomaten an die Wand?“

    „Das ist ein alter Vierhandmakakenbrauch!“, rief Kelp, der einzige Makakenjunge, und seine beiden Schwestern nickten eifrig.

    „Sieh an, sieh an.“

    „Haben wir Hexendämonen auch alte Bräuche zu Hainachten?“, wollte Makaranio wissen. „Also, außer fürs nächste Jahr die Zukunft vorhersagen, das kennen wir ja schon.“

    „Oh, da gibt es viele. Nicht speziell für Hainachten, aber für die Sommersonnenwende allgemein. Oder für die Wintersonnenwende, für die wenigen, die auf der Nordhalbkugel leben. Tatsächlich hat jede kleine Gemeinde von Hexendämoninnen ihre eigenen, bis hin zum kleinsten Zirkel.“

    „Erzähl! Erzähl!“

    Iriyana setzte sich auf den Rand der Badewanne. Das neumodische Ding war tatsächlich fest eingebaut. Konnte man gar nicht richtig auskippen.

    „Ich erinnere mich da an ein Jahr, in dem wir richtig viel Spaß hatten.“


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    8.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*_______Dämonenstreiche, Teil 2_______*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Wenn man in der Schwarzsteinstadt Spaß haben wollte, war das offensichtliche Ziel die Tats-tsanil-talai, die Hauptstraße, die die meisten Leute als Tatsata abkürzen. Geschäfte, Museen, Restaurants, Theater und Vergnügungsetablissements aller Art reihten sich dort aneinander und eigentlich immer war wenigstens ein Drittel von ihnen geöffnet, meist mehr als die Hälfte.

    Natürlich gab es aber noch andere Orte für Freizeitvergnügen. Sportplätze, Wirtshäuser, kleine Bühnen und anderes gab es so ziemlich in jedem Stadtteil.

    So auch im Schlangenfingerviertel. Zu den Beliebtesten Etablissements dieses Stadtteils gehörte der Schuppenschuppen, ein recht exklusiver Nachtclub. Man muss dazu wissen, dass das Schlangenfingerviertel zu diesem Zeitpunkt neben einigen Hexendämoninnen in der Hauptsache weitere Dämonen, Kupferwarane und natürlich Krokodilwürmer beheimatete, die alle schuppige Haut hatten und auch zu schätzen wussten.

    Der Schuppenschuppen wurde betrieben von einem kleinen Zirkel aus drei Hexendämoninnen. Die kleine, alte, potthässliche Izamina Zanamini rührte hinter der Theke in dem Kessel in dem sämtliche Getränke zubereitet wurden, die eher mittelgroße und nicht ganz so hässliche Inulina Zaunelai regelte die Finanzen und die große, junge und wunderschöne Iriyana Anamiraya tanzte, sang und prophezeite auf der Bühne.

    Ja, das war natürlich ich.

    In der Nacht der Sonnenwende gab es bei uns immer eine große Feier mit Vorhersage für das nächste Jahr und allem. Und am nächsten Tag waren wir deshalb alle furchtbar müde und hatten Kopfschmerzen und plötzliche, kurze Visionen von ausnahmslos unangenehmen Dingen wie dem nächsten Zahnarztbesuch oder Durchfall.

    Am nächsten Abend ging es aber meist wieder, also öffneten wir auch da wieder.

    Einmal geschah es, dass ich gerade auf der Bühne eine Prophezeiung sang (Nachwirkungen der vorigen Nacht führten zu einem etwas seltsamen Text über das Treten in den Kot irgendeines Haustieres), als mir ein auffällig schuppenfreies Gesicht unter den Gästen … nun, auffiel.

    Das Gesicht gehörte einem vierarmigen Affen mit grünem Fell, ja, einem Vierhandmakaken, und nachdem es meine Darbietung durchaus interessiert verfolgt hatte, begab es sich, gemeinsam mit dem restlichen Affenkörper, an die Bar, um meine Kollegin Izamina zuzutexten.

    Da ich nun eine Pause hatte, beschloss ich, ihr zu Hilfe zu kommen und begab mich ebenfalls zur Bar, wo ich mich neben den Fremden setzte.

    „Gibt es etwas zu besprechen?“, fragte ich.

    „Womöglich“, bestätigte der Makak. „Ich bin Blek Sarka, Privatdetektiv. Ich ermittle in einem eher kuriosen Fall und eine vage Spur führt mich hierher.“

    „Die Haistatuen der Magnetitgnome wurden vertauscht“, fasste Izamina zusammen, was er ihr schon erzählt hatte.

    Magnetitgnome gibt es einige in der Schwarzsteinstadt. Ich weiß nicht, ob ihr mal welche gesehen habt, hier sind sie ja nicht so häufig. Wie die meisten Gnome sehen sie aus wie Zwerge, aber sie sind so tiefschwarz wie Zwerge nie sein könnten. Und manchmal magnetisch. In der Schwarzsteinstadt betreiben sie viele kleine Cafés in denen sie unter anderem ihren wirklich sehr effektiven Salzkaffee ausschenken.

    „Inwiefern, vertauscht?“, fragte ich.

    „Der Salzgold-Klan entdeckte am gestrigen Morgen, dass in seiner Hauptfiliale anstelle des bestellten Hornhais ein Hammerhai stand.“

    „Klingt nach Verwechslung.“

    „Nur dass am Abend definitiv ein Hornhai geliefert wurde. Ich erkundigte mich beim Bildhauereibetrieb aus dem die Statue kam und erfuhr, dass der andere große Magnetitgnom-Klan der Stadt, der Rotkohle-Klan, einen Hammerhai bestellt hatte. Und tatsächlich fand ich in deren größtem Café einen Hornhai vor, obwohl die Gnome darauf beharrten, es sei ein Hammerhai geliefert worden. Spuren eines Einbruchs gab es in beiden Fällen nicht und die Statuen sind auch ziemlich schwer und daher nicht leicht unbemerkt auszutauschen.“

    „Das ist schon sehr ungewöhnlich, aber warum bist du ausgerechnet hier?“, fragte ich.

    „In der Bildhauerei erfuhr ich auch, dass sich am Vortag eine Hexendämonin dort umgesehen hatte. Und ich habe gehört, die wenigen Hexendämonen, die es in der Schwarzsteinstadt gibt, kommen hierher.“

    „Das ist aber ziemlich dünn.“

    „Wie gesagt, eine vage Spur.“

    „Nun, ich kann dazu eine Geschichte erzählen … oder auch zwei … oder drei.“

    „Nur raus damit. Ich höre dir gerne zu.“

    „Das tun hier alle. Also …“


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    9.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*_______Dämonenstreiche, Teil 3_______*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    „Nur raus damit, ich höre dir gerne zu“, sagte der Vierhandmakakdetektiv.

    „Das tun alle hier“, stellte ich bescheiden fest. „Also …

    Es gibt hier in der Schwarzsteinstadt einen kleinen Zirkel von drei Hexendämoninnen, der einen besonderen Brauch zur Jahreswende hat. Jede der drei Dämoninnen spielt am Tag vor der Sommersonnenwende jemandem einen großen Streich.

    Die erste Dämonin hatte in den vorangehenden Wochen einen Geschäftsmann namens Nazoda Kiem im Auge behalten und ihn zu ihrem Opfer auserkoren. Kiem ist, du wirst von ihm gehört haben, eine Zahnlarve. Bei den Zahnlarven ist es üblich, zur Sommersonnenwende Geschenke anzunehmen. Nur anzunehmen, nicht zu machen. Die Geschenke kommen von Bewunderern, die keine Zahnlarven sind. All die Geschenke werden unter einem großen Korallenbaum – einem Baum, der wie Koralle aussieht, aber wirklich ein Baum ist, wahrscheinlich hast du so einen noch nie gesehen – gelagert, bis es bei Sonnenaufgang Zeit ist, sie zu öffnen. Kiem ist reich und mächtig, daher bekommt er jedes Jahr sehr viele Geschenke. Er hat auch viele Feinde, daher lässt er jedes Geschenk, das für ihn abgegeben wird, von einem Alchimisten auf Gift und Sprengstoff prüfen. Um ganz sicher zu gehen, öffnet er sie auch nie selbst. Die Dämonin besorgte sich nun die völlig ungiftige Große Scheintarantel und verpackte sie in eine Schachtel, die, präzise angeordnet, acht Löcher im Boden hatte. Die Schachtel ging problemlos durch die Überprüfung und während der Nacht erlebte Kiem eine Überraschung …“

    „Das ist zwar eine schöne Geschichte, aber sie hilft mir nicht wirklich weiter“, erklärte Sarka.

    „Nur Geduld. Wir kommen zur zweiten Dämonin. Dieser war aufgefallen, dass in jedem Jahr die Nyken jedes Stadtteils dieselbe Zeremonie durchführten, die darin bestand, dass die Verwaltungsbeamten des Stadtteils alle zusammen die Erklärung unterschrieben, dass die Zeremonie stattgefunden hatte, während die übrigen Nyken des Stadtteils zusahen. Am Morgen nach der Sommersonnenwende gab es eine zweite Zeremonie, bei der das Dokument öffentlich archiviert wurde. Die Dämonin besuchte nun unter einem Vorwand die Büros der beteiligten Verwaltungsbeamten und tauschte ihre Tinte gegen spezielle Tinkturen aus.

    Die erste Zeremonie verlief vorschriftsmäßig, doch als man heute Morgen das Dokument archivieren wollte, da – hatten die Unterschriften völlig unvorschriftsmäßige leuchtende Farben!“

    „Ach das war das Theater heute Morgen im Viertelrathaus. Auch das hilft mir aber nicht weiter. Ich nehme an, die Geschichte der dritten Dämonin wird ergiebiger sein.“

    „Das nehme ich doch an. Die dritte Hexendämonin war nämlich durch Zufall darauf gestoßen, dass die zwei Klans von Magnetitgnomen in Schwarzsteinstadt schon lange keinen Kontakt mehr miteinander hatten. Es gab keinen besonderen Grund dafür, sie waren einfach die ganze Zeit mit sich selbst beschäftigt gewesen. Und natürlich Konkurrenten im Salzkaffeegeschäft, aber das war nicht so wichtig. Also forschte sie nach und entdeckte, dass die Haistatuen beider Klans aus derselben Bildhauerwerkstatt kommen sollten, einem Betrieb der Bergwerkszwerge, der Figuren wie am Fließband herstellte. Und auch, dass die fertigen Statuen, verhüllt aber unbewacht, auf dem Platz hinter der Werkstatt gelagert wurden. Sie schlich sich in der Nacht vor der Auslieferung der Haie dorthin und in einem komplexen erdalchimistischen Prozess gab sie jeder Statue das Aussehen der anderen, sodass sie verwechselt werden mussten. Wie geplant verflog die Wirkung in der nächsten Nacht, wie jede alchimistische Verformung nicht von Dauer ist, und jeder Klan hatte nun den falschen Hai. Um das Problem zu lösen war es unvermeidlich, dass sie miteinander sprachen. Die Folgen sind noch abzuwarten.“

    „Und du weißt nicht zufällig, wer diese Hexendämoninnen genau sind?“

    „Darüber könnte ich nur spekulieren. Am liebsten bei etwas zu trinken?“

    „Also den Umsatz hier ankurbeln; lässt sich machen.“

    „Eigentlich habe ich schon genug Visionen von überraschend verdorbener Milch. Ich könnte eher einen Salzkaffee gebrauchen.“

    „Oh, das trifft sich gut. Ich trinke umsonst in den meisten Cafés, die Salzkaffee haben.“

    „Obwohl der Fall noch nicht gelöst ist?“

    „Die Magnetitgnome sind bereits zufrieden, weil ich ihren Hai gefunden habe. Ich will die Sache mehr für mich klären.“

    „Na, dann gehen wir doch, ehe sie schließen.“


    Hier beendete Iriyana ihre Geschichte. Die Kinder sahen sie nur staunend an. Die jüngeren schienen nicht alles verstanden zu haben.

    „Aber die dritte Hexendämonin warst du doch selber, oder?“, fragte hingegen Ilamina.

    Iriyana überlegte noch, was sie dazu sagen sollte, als sie die Stimme ihrer Makakentochter hörte.

    „Mama! Einem der Geschenke, die du mitgebracht hast, sind Beine gewachsen und jetzt krabbelt es an der Decke herum!“

    Die Akustik im Badezimmer erwies sich als perfekt für ein irres Lachen.


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    10.png


    Es war der Morgen nach der Sommersonnenwende, als die berühmte Hexendämonin Iriyana Anamiraya ins Wohnzimmer ihrer Tochter kam. Die Enkelkinder waren bereits hellwach (was angeblich nur in den Ferien vorkam, aber Iriyana traf sie auch nie an Schultagen, daher wusste sie es nicht mit Sicherheit) und hatten sie offenbar erwartet.

    „Oma, was ist das?“, fragte Nela.

    Sie war eines der beiden Vierhandmakakenmädchen.

    Und sie hatte ihre Reisetasche durchsucht. Nun, dazu hatte Iriyana die ja im Wohnzimmer stehen lassen.

    Was Nela da in der Hand hielt war ein aus Holz gebautes Häuschen mit nummerierten Türen an allen Seiten.

    „Das ist ein Sommersonnenwenderwartungskalender der Ameisendrachen“, erklärte Iriyana. „Natürlich ist er längst leer. Der ist ja Jahrzehnte alt.“

    „Was war denn drin?“, fragte der junge Hexendämon Makaranio.

    „Och ein paar Sachen. Aber das seltsamste war damals hinter Tür 23. Die öffnet man am Morgen nach der Sommersonnenwende, so wie heute.“

    Schon hatten sich alle fünf Kinder um ihre Großmutter versammelt.

    „Haben die Ameisendrachen viele davon gemacht?“

    „Was war denn nun drin?“

    „Sehen die alle so aus?“

    „Was war hinter Türchen siebzehn?“

    „Am besten erzähle ich das von Anfang an …“


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*___ ____Ameisenkalender__ __ ___*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Das war damals einige Tage vor der Sommersonnenwende. Ich war mit meinem Hexendämoninnenzirkel schon dabei, die Streiche für dieses Jahr zu planen. Ich persönlich hatte mir als Ziel einen Amulettverkäufer ausgesucht, dem ich eine Nachtmahrheimsuchung vorgaukeln wollte.

    Euer Großvater untersuchte zu dieser Zeit den Diebstahl eines Werkes des nicht sonderlich berühmten Künstlers Momang Teflon. Er hieß nicht wirklich so, das war sein Künstlername. Seine Spezialität waren Skulpturen, die aussahen, wie zufällige Ansammlungen von Krempel und er stellte sie bevorzugt am Straßenrand aus.

    Dass ihm bisher keine abhanden gekommen war, lag wohl daran, dass die meisten Leute sie für zufällige Ansammlungen von Krempel hielten und nicht haben wollten.

    Nun war es eben doch passiert und der große Detektiv Blek Sarka ermittelte.

    Es war kein schwerer Fall. Nachdem euer Großvater begriffen hatte, dass absolut niemand Teflons Skulpturen haben wollte, fragte er einfach die Gruppe Ameisendrachen, die am Tatort die Straße sauber hielt und natürlich hatte genau die das Kunstwerk für Müll gehalten und mitgenommen.

    Um das Werk wiederzufinden begab sich euer Großvater selbst in eines der seltsam zusammengeklebten Häuser in denen diese Drachen leben. Zum Glück war es noch nicht verarbeitet worden und so konnte er dem Künstler seine Skulptur zurückbringen.

    Im Turm entdeckte er jedoch noch etwas anderes, das er sehr interessant fand. Tatsächlich bauen die Ameisendrachen jedes Jahr aus gefundenen Holzresten die Sommersonnenwenderwartungskalender, die sie sich gegenseitig schenken. Diese haben je ein Türchen für die zweiundzwanzig Tage vor der Sommersonnenwende und ein besonders großes für den Morgen danach.

    Sie schenkten eurem Großvater sogar eins und als ich nach Hause kam, schenkte er es mir.


    Nun waren es nur noch zwölf Tage bis zur Sommersonnenwende. Die Türchen eins bis zehn waren also schon geöffnet. Ich freute mich trotzdem.

    Hinter Türchen elf, das ich am nächsten Morgen öffnete, befand sich ein Würfel. So einer zum Spielen, mit Zahlen drauf.

    Hinter Türchen zwölf befand sich eine Walnuss.

    Hinter Türchen dreizehn fand ich einen kleinen, silbernen Anhänger in Form eines Huhns, der sicher mal einem Feuerwerksdrachen gehört hatte.

    Spätestens da war mir klar, dass die Ameisendrachen natürlich auch den Inhalt ihres Sommersonnenwenderwartungskalenders irgendwo auf der Straße gefunden hatten.

    Hinter Türchen vierzehn lag eine leicht verschlissene Fingerpuppe.

    Hinter Türchen fünfzehn eine glänzend polierte Schraube.

    Hinter Türchen sechzehn ein aus Papier gefalteter Greif.

    Hinter Türchen siebzehn eine Kastanie mit aufgemaltem Gesicht.

    Hinter Türchen achtzehn ein zweiter Würfel.

    Hinter Türchen neunzehn ein Silvesterknaller.

    Hinter Türchen zwanzig eine kleine Spielfigur in grün.

    Hinter Türchen zweiundzwanzig eine Praline, die ich vorsichtshalber nicht aß.

    Und dann, am Morgen nach der Sommersonnenwende öffnete ich das Türchen Nummer dreiundzwanzig. Da auf dem Dach ist es.

    In der kleinen Dachkammer lag ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Oder so sah es aus. Beim auseinander falten bemerkte ich, dass es mehrere waren. Und auf ihnen stand die folgende Geschichte:


    Das war damals einige Tage vor der Sommersonnenwende. Ich war mit meinem Hexendämoninnenzirkel schon dabei, die Streiche für dieses Jahr zu planen. Ich persönlich hatte mir als Ziel einen Amulettverkäufer ausgesucht, dem ich eine Nachtmahrheimsuchung vorgaukeln wollte.

    Euer Großvater untersuchte zu dieser Zeit den Diebstahl eines Werkes des nicht sonderlich berühmten Künstlers Momang Teflon. Er hieß nicht wirklich so, das war sein Künstlername. Seine Spezialität waren Skulpturen, die aussahen, wie zufällige Ansammlungen von Krempel und er stellte sie bevorzugt am Straßenrand aus.

    Dass ihm bisher keine abhanden gekommen war, lag wohl daran, dass die meisten Leute sie für zufällige Ansammlungen von Krempel hielten und nicht haben wollten.

    Nun war es eben doch passiert und der große Detektiv Blek Sarka ermittelte.

    Es war kein schwerer Fall. Nachdem euer Großvater begriffen hatte, dass absolut niemand Teflons Skulpturen haben wollte, fragte er einfach die Gruppe Ameisendrachen, die am Tatort die Straße sauber hielt und natürlich hatte genau die das Kunstwerk für Müll gehalten und mitgenommen.

    Um das Werk wiederzufinden begab sich euer Großvater selbst in eines der seltsam zusammengeklebten Häuser in denen diese Drachen leben. Zum Glück war es noch nicht verarbeitet worden und so konnte er dem Künstler seine Skulptur zurückbringen.

    Im Turm entdeckte er jedoch noch etwas anderes, das er sehr interessant fand. Tatsächlich bauen die Ameisendrachen jedes Jahr aus gefundenen Holzresten die Sommersonnenwenderwartungskalender, die sie sich gegenseitig schenken. Diese haben je ein Türchen für die zweiundzwanzig Tage vor der Sommersonnenwende und ein besonders großes für den Morgen danach.

    Sie schenkten eurem Großvater sogar eins und als ich nach Hause kam, schenkte er es mir.


    Nun waren es nur noch zwölf Tage bis zur Sommersonnenwende. Die Türchen eins bis zehn waren also schon geöffnet. Ich freute mich trotzdem.

    Hinter Türchen elf, das ich am nächsten Morgen öffnete, befand sich ein Würfel. So einer zum Spielen, mit Zahlen drauf.

    Hinter Türchen zwölf befand sich eine Walnuss.

    Hinter Türchen dreizehn fand ich einen kleinen, silbernen Anhänger in Form eines Huhns, der sicher mal einem Feuerwerksdrachen gehört hatte.

    Spätestens da war mir klar, dass die Ameisendrachen natürlich auch den Inhalt ihres Sommersonnenwenderwartungskalenders irgendwo auf der Straße gefunden hatten.

    Hinter Türchen vierzehn lag eine leicht verschlissene Fingerpuppe.

    Hinter Türchen fünfzehn eine glänzend polierte Schraube.

    Hinter Türchen sechzehn ein aus Papier gefalteter Greif.

    Hinter Türchen siebzehn eine Kastanie mit aufgemaltem Gesicht.

    Hinter Türchen achtzehn ein zweiter Würfel.

    Hinter Türchen neunzehn ein Silvesterknaller.

    Hinter Türchen zwanzig eine kleine Spielfigur in grün.

    Hinter Türchen zweiundzwanzig eine Praline, die ich vorsichtshalber nicht aß.

    Und dann, am Morgen nach der Sommersonnenwende öffnete ich das Türchen Nummer dreiundzwanzig. Da auf dem Dach ist es.

    In der kleinen Dachkammer lag ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Oder so sah es aus. Beim auseinander falten bemerkte ich, dass es mehrere waren. Und auf ihnen stand die folgende Geschichte:


    Das war damals einige Tage vor der Sommersonnenwende. Ich war mit meinem Hexendämoninnenzirkel schon dabei, die Streiche …


    „Oma!“, rief Nela. „Das stimmt doch nicht. Das kann da gar nicht gestanden haben!“

    „Ach nein? Ich hab die Zettel zurück in den Kalender gelegt. Seht doch mal nach.“

    Anka, Nelas Schwester, öffnete das Türchen auf dem „23“ stand.

    „Das ist nur eine Papiertüte“, sagte sie und nahm sie heraus um hineinzusehen. „Mit Knisterhonigbonbons!“

    „Gib her!“, rief Ilamina.

    „Ich will auch!“, rief Nela.

    „Bonbons kriegt nur, wer meine Geschichte glaubt!“, bestimmte Iriyana.

    Aber natürlich hörten die Kinder schon gar nicht mehr zu.


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    11.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Hänsel und Gretel__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Hänsel und Gretel verliefen sich am Meer.

    Es war so heiß dort und auch so furchtbar leer.

    Die Gretel sah die Muschel im Sand so weiß wie Schnee.

    Dem Hänsel entging sie und er stieß sich den Zeh.


    Au, au, entfährt's ihm, es tropft herab das Blut.

    Ein Sandgeist erhebt sich, die Muschel ist sein Hut.

    Er fragt nach ihren Wünschen, doch ist er auch fast taub.

    Drum hat die Gretel statt Reichtum bald viel Laub.


    Hänsel, sei achtsam, sprich deutlich jedes Wort!

    Doch kommt auch Wind auf an diesem kargen Ort.

    Dem Hans gelingt's nicht besser, der Geist verhört sich ganz.

    Hänsel erstrahlt nun in wiesenrotem Glanz.



    Sandgeister sind auf den Gaurmagit-Inseln auf dem Planeten Nestrev Teil vieler Sagen und Märchen. Seit ein terranischer Einwanderer vor einigen Jahrzehnten dort lebte, begegnen ihnen auch Hänsel und Gretel.


    Dies ist die Version für Erwachsene. In der jugendfreien Version ist Hänsel am Ende glücklich, denn statt des erbetenen Pflasters (für den Zeh) erhält er einen Laster, mit dem die Geschwister dann auch nach Hause fahren.


    Die dominante Grasart auf den Gaurmagit-Inseln ist übrigens rostrot gefärbt.


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    12.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Der Sketch, Teil 1__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Theaterdirektorin und Regisseurin Karintilla Negrita ließ das Skript fallen, als sie die Nachricht bekam.

    „Was soll das heißen, wir haben keinen Gast?“

    „Es gab ein Problem bei der Kommunikation“, erklärte Melli.

    Karin versuchte, sich zu erinnern, warum sie der kleinen, blauhäutigen Zyklopin die Verantwortung für den Gast übertragen hatte. Eigentlich war sie ja Ärztin.

    „Was für ein Problem?“, fragte sie, während sie weiter überlegte. „Haben wir doch keine Genehmigung bekommen? Klappt was mit der Schlaufe nicht?“

    Mellis Auge blinkte nervös. Nein, das ist kein Übersetzungsfehler. Ihr Auge blinkte wie eine Warnleuchte. Das tat es manchmal.

    „Nein, es ist nur … wir verstehen nicht, was er sagt.“

    Richtig! Das war es gewesen! Melli und Klaus-Herbert hatten als einzige die Fachsprache verstanden. Und Klaus-Herbert hatte sich wie üblich mit sich selbst über die Feinheiten gestritten.

    „Bist du jetzt doch überfordert?“

    „Nein, nein, die Schlaufenfachbegriffe sind im Wesentlichen Programmiersprache, das kann ich. Aber unser geplanter Gast spricht … na ja, seine Muttersprache, was immer das sein soll.“

    „Haben wir dafür nicht Translation Convention?“

    „Die funktioniert bei ihm nicht, weil die Sprache ein wichtiger Bestandteil der Figur ist. Oder so.“

    „Und wo ist er jetzt?“

    „Hatte die Nase voll und ist wieder abgereist.“

    „JA UND WAS SOLLEN WIR JETZT OHNE GAST MACHEN?“

    Mellis Auge blinkte im Takt von Sekundenbruchteilen.

    Karin atmete tief durch.

    „Entschuldige, wahrscheinlich ist es nicht deine Schuld.“

    Sie hob ihr Skript wieder auf und sah hinein.

    Den Namen „Franz Xaver Korbinian Huber“ konnte sie schon mal streichen.

    „Ich muss mit Daniel sprechen, er muss den Sketch so umschreiben, dass wir den Gast nicht brauchen …“

    Karin lief hinaus auf die Bühne. Das weihnachtliche Bühnenbild wurde bereits für die Generalprobe aufgebaut und die Kameras standen auf den Logen des Theaters. Thomas, der Moderator, dessen Dauergrinsen auf einen Nervenschaden zurückging, war auch bereits da und in seinem besten Anzug – und mit einem Plüschhai unter dem Arm?

    „Thomas?“, fragte Karin.

    „Ja?“

    „Warum trägst du einen Hai unter dem Arm?“

    „Ich weiß noch nicht, wo er am besten aussieht.“

    „Lass mich anders fragen. Warum brauchen wir einen Hai?“

    „Jetzt wo du fragst … ich bin mir nicht sicher. Ich hatte das Gefühl, dass Haie dazugehören.“

    „Schaff den raus.“

    „Dann kriege ich die Rolle doch nicht?“, fragte der Hai.

    Thomas zuckte nur mit den Schultern während Karin die Bühne schon auf der anderen Seite wieder verließ.

    „Karin! Da bist du ja!“

    Rosa, das Ghulmädchen, trug Schwarz statt des üblichen Grün und statt Käfern zierten Spinnen das Kleid.

    „Ich kann mich nicht für einen Hexenhut entscheiden. Soll ich Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft nehmen?“

    „Zukunft“, sagte Karin, weil es ihr egal war. „Aber das Spinnenorchester muss zurück in den Orchestergraben, das brauchen wir für die Musik.“

    Die Spinnen auf dem Kleid salutierten und krabbelten geschlossen Richtung Bühne.


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    13.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Der Sketch, Teil 2__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Karin betrat Daniels Zweitbüro und vermied es knapp, in das Loch im Boden zu fallen.

    „Warum ist das nicht umzäunt wie sonst?“

    Daniel, der gerade in seinem Hauptbüro im Keller war, streckte den Kopf durch das Loch.

    „Hi, Tilla. Die Kordel haben Quirli als Weihnachtsbaumschmuck mitgenommen“, erklärte der grau geschuppte Sauropode.

    „Karin, bitte. Und wir haben ein Problem.“

    „Soweit nichts Neues.“

    „Unser Gast konnte nicht mit Melli kommunizieren und hat sich wieder verkrümelt.“

    „Oh.“

    „Du müsstest also den Sketch etwas umschreiben.“

    „Na ja, das wäre nicht weiter schwierig, aber wozu? Der Sketch ist für den Gast geschrieben, ohne ihn ist er sinnlos.“

    „Na gut, dann füll die Zeit mit irgendwas neuem.“

    „Ich bin bereit!“

    Karin drehte sich um und sah in der Tür Diana, aka U-Null-Drei, die Sicherheitschefin des Theaters. Das Wiesel trug deutlich knappere Kleidung als sonst, die außerdem zumindest wie Pelz aussah, und eine große Axt.

    „… was sollst du denn darstellen?“

    „Die Jägerin.“

    Karin wusste darauf nichts zu antworten.

    „Aus Kn“, präzisierte U-Null-Drei.

    „Oh, die!“, rief Daniel. „Ist die denn noch aktuell?“

    „Ich habe zumindest nichts Gegenteiliges gehört.“

    Karin erinnerte sich dunkel, von dieser Jägerin gehört zu haben.

    „Ist das die, die wahllos Leute umbringt? Und teilweise isst?“

    „So ungefähr …“

    „Damit könnte ich arbeiten“, sagte Daniel.

    Karin überlegte. Konnte das funktionieren?

    „Na gut. Daniel, schreib einen Sketch mit der Jägerin. Aber nichts zu Blutiges, wir machen Familienprogramm. Bei uns werden Leute höchstens am Stück verschlungen.“

    „Mir fällt schon was ein. Aber bis zur Generalprobe wird das natürlich nichts mehr.“

    „Dann muss es wieder einmal ohne gehen. Machen wir es wie immer, wenn alles im Chaos endet tun wir so, als wäre es Absicht gewesen.“

    „Das kann ich am besten!“, versprach U-Null-Drei.

    „Oh, und kannst du einen Hai reinschreiben?“, fragte Karin Daniel noch. „Thomas hat einen angeschleppt und der braucht jetzt eine Rolle.“

    „Geht klar.“


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    14.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*__________Der Sketch, Teil 3__________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Karin stand neben der Bühne und sah schräg hinaus zum Publikum. Bisher war die Show planmäßig gelaufen, aber bisher war auch alles geprobt gewesen. Jetzt kam der neue Sketch.

    Er war harmlos genug. U-Null-Drei als Jägerin jagt Melli, Melli erreicht das Meer und glaubt sich sicher, überraschender Hai. Kein unnötiges Gemetzel.


    Zuerst lief es gut. Dann schnappte der Hai nach Melli und alles wurde rot. Eindeutig eine Kunstblutbombe, die Karin nicht genehmigt hatte.

    Jetzt tauchte U-Null-Drei als Jägerin wieder auf und schlug auf Mellis falschen Arm ein …

    „Abspann!“, rief Karin und rannte auf die Bühne. „Abspann!“


    Daniel benutzte die Falltür auf der Bühne, damit sein Kopf auf Höhe der sitzenden Karin war.

    „Tut mir leid, ich konnte nicht ahnen, dass sie improvisieren würden.“

    „Ich schon“, sagte Karin. „Ich hätte es wissen müssen. Ach, ich lasse die beiden zur Strafe einfach die Bühne schrubben. Und den Hai auch gleich.“

    „Vielleicht sollte ich aufhören zu schreiben. Es hält sich eh niemand ans Skript.“

    „Nein, die Darsteller brauchen Skripts. Woher sollen sie sonst wissen, wovon sie abweichen sollen?“

    „Jedenfalls schreibe ich keinen Gastsketch mehr, wenn der Gast nicht definitiv da ist.“

    „Vielleicht kriegen wir den Huber ja nächstes Jahr. Dann wäre der Sketch schon geschrieben.“

    „Hm. Frohe Weihnachten.“

    „Frohe Weihnachten.“


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    15.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*_____________Rapunzilla_____________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Es war einmal eine Frau, die wünschte sich sehnlichst eine Tochter. Sie hatte bereits zwei gesunde Söhne geboren, doch ihr Wunsch nach einer Tochter schien vergebens. Denn ihre Großmutter, welche sie um Rat gebeten hatte, hatte ihr verkündet, dass sie nie eine Tochter haben würde. Die Großmutter war eine weise Frau und so stellte ihre Enkelin das Gesagte nicht in Frage.


    Die Frau schaute tagein, tagaus aus dem Fenster ihrer Hütte. Von dort konnte sie nämlich in einen wunderschönen Garten schauen, der sie mit seiner Vielfalt an Kräutern und Düften von ihrem Kummer ablenkte. Der Garten, so hieß es, gehörte einer Hexe, und die ließ niemanden dort hinein. Er war von einer Mauer und stacheligen Dornbüschen umgeben. Selbst wenn die Mauer und die Dornen nicht gewesen wären – niemand wollte sich mit dieser Hexe anlegen.


    Eines Tages jedoch, mitten im Winter, entdeckte die Frau etwas im fremden Garten, was ihr Interesse und ihre Gier weckte. Frischer, grüner Rapunzel keimte dort auf einem Beet. Die Frau hielt es ein paar Tage aus, den Wuchs des Salats aus der Ferne zu beobachten. Aber bald träumte sie davon, ihn zu essen, und konnte an nichts anderes mehr denken. Ihren Wunsch, eine Tochter zu haben, hatte sie darüber ganz vergessen.


    Sie beschloss, dass sie nichts zu verlieren hatte und dass der Rapunzel ein erreichbares Ziel sei und sie endlich wieder glücklich machen würde. Immerhin hatte sie die böse Hexe noch nie im Garten gesehen. Und da war so viel Salat, dass sie ein paar Handvoll gewiss nicht vermissen würde.


    So kletterte die Frau in der Abenddämmerung über die Mauer. Die Dornen zwickten dabei ihre Arme und Beine, aber das kümmerte sie nicht. Sie schlich zum Beet und pflückte mal hier, mal da, um im Beet keine auffällige Lücke zu schaffen, ihren Beutel voll und kehrte zurück nach Hause.


    Dort bereitete sie noch am Abend den Salat zu und aß ihn auf. Er schmeckte so köstlich, wie sie erhofft hatte. In dieser Nacht schlief sie so gut wie lange nicht.


    Doch am nächsten Tag erwachte sie erneut mit dem Wunsch, noch mehr von diesem Salat zu essen. Da es am vorherigen Tag gut gegangen war, konnte sie es doch bestimmt noch einmal versuchen. Es gelang, unbehelligt füllte sie ihren Beutel. Wieder konnte sie nach dem Genuss des Salats friedlich schlafen.


    Am dritten Tag beschloss sie, es noch ein letztes Mal zu versuchen. Danach würde sie sich ganz bestimmt zusammenreißen und den Hexengarten in Ruhe lassen.


    Wieder kletterte sie in der Abenddämmerung in den Garten der Hexe. Diesmal aber war sie dort nicht allein. Eine Gestalt bewegte sich im Dämmerschatten drohend auf sie zu. „Du dreistes Ding!“, fauchte die Hexe. „Wie kannst du es wagen, von mir zu stehlen? Na warte, dir geb ich, was einer Diebin gebührt.“ Sie reckte ihren knotigen Besen in die Höhe und gab ein furchteinflößendes Gezischel von sich. „So habt doch Gnade mit mir!“, rief da die Frau. „Ich war so schrecklich traurig, weil ich nie eine Tochter haben werde, und nur der Rapunzel konnte mich trösten.“ Die Hexe hielt inne. „Nun denn. Ich werde dir ausnahmsweise gestatten, von meinem Rapunzel zu pflücken. Es gibt jedoch eine Bedingung: Du wirst bald ein Kind bekommen. Dieses Kind wird mir gehören. Sorge dich nicht, es wird ihm bei mir gut gehen. Weigerst du dich jedoch, werde ich dich töten.“


    Die Frau stimmte eifrig zu. Sollte die Hexe doch ihren dritten Sohn bekommen.


    Die Monate vergingen, und tatsächlich bekam die Frau ihr drittes Kind. Es war kein Sohn, aber es war auch keine Tochter. Die Hexe war sofort zur Stelle, und wie vereinbart verabschiedete die Mutter sich von ihrem andersartigen Kind und übergab es der Hexe.


    Die Hexe nahm es mit sich fort und sie lebten fortan zusammen in einem Turm mitten im Wald. Der Turm hatte keine Tür und keine Treppe. Nur ganz oben gab es Fenster, aus denen die beiden über den Wald schauten. Die Hexe, deren Name Luzilla lautete, brauchte keine Treppe, um den Turm zu verlassen. Sie flog einfach auf ihrem Besen ein und aus.


    Das Kind hingegen interessierte sich lange gar nicht für die Welt da draußen und war im Turm zufrieden. Erst zum zwölften Geburtstag erhielt es einen Namen: Rapunzilla. Der Name sollte es an seine Herkunft und an die Hexe erinnern, bei der es nun aufwuchs.


    Wenn Luzilla Vorräte brachte, bat sie aber das Kind, seinen geflochtenen Zopf herabzulassen, damit sie ihn als Seil nutzen konnte, um die Vorräte heraufzuziehen. Die waren nämlich für ihren Besen zu schwer. „Rapunzilla, Rapunzilla, Speis und Trank sind für uns da“ rief sie dann von unten.


    So schafften sie die Vorräte gemeinsam nach oben und mussten nie hungern. Manchmal legte Luzilla auch ein Buch für Rapunzilla in den Korb.



    Eines Tages kam ein Königssohn des Weges, und er hörte die Hexe rufen. Er folgte ihrer Stimme und beobachtete heimlich Rapunzilla oben am Fenster. Sogleich verliebte er sich in sie und wollte sie unbedingt aus der Nähe sehen.


    Er wartete ab, bis die Alte wieder verschwunden war, und suchte nach einer Tür. Vergebens. Rings um den Turm wuchsen nur dornige Büsche. Vielleicht konnte er es mit dem Spruch versuchen, den er gehört hatte? Er rief also zum Turm hinauf „Rapunzilla, Rapunzilla, Speis und Trank sind für uns da!“


    Wenig später kam von oben ein aus Haaren geflochtenes Seil herab. Ohne zu zögern, griff der Prinz danach und stieg den Turm hinauf.


    Gerade oben angekommen, blickte ihm jedoch eine sehr zornige Rapunzilla entgegen.


    „Wer auch immer du bist - du hast hier nichts zu suchen! Verschwinde gefälligst!“


    Der Prinz versuchte stammelnd, sich zu erklären. „Aber … du bist so schön, ich sah dich aus der Ferne. Möchtest du nicht meine Frau werden?“


    Rapunzilla lachte. „Wo denkst du hin? Was soll ich denn mit einem wie dir? Ich lebe hier mein Leben, wie es mir gefällt. Für dich gibt es hier keinen Platz!“


    Mit diesen Worten schubste sie den Prinzen vom Sims. Er stürzte kopfüber hinab, fiel in die Dornen und stach sich dabei die Augen aus.


    Rapunzilla oben im Turm stieß ein lautes Geheul aus, womit sie Wölfe anlockte, die den erblindeten Prinzen aus dem Wald hetzten.


    Auch Luzilla wurde auf den Lärm aufmerksam und kehrte zum Turm zurück. Darin fand sie Rapunzilla, die es sich vor dem Kamin mit einem Buch gemütlich gemacht hatte. Das Kind erzählte der Hexe, was geschehen war.


    Luzilla war stolz auf ihren Zögling. „Das hast du gut gemacht! Ich denke, deine Zeit ist gekommen. Wenn du einverstanden bist, mache ich von jetzt an eine richtige Hexe aus dir.“


    Das Kind war außer sich vor Freude. Aber sie hatte schon genug von Luzilla gelernt, um zu wissen, dass alles seinen Preis hatte. „Gut, so soll es sein. Ich werde deine Schülerin. Aber unter einer Bedingung: Sobald ich eine richtige Hexe bin, will ich meinen eigenen Turm haben. Mit Blick aufs Meer!“



    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    16.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*Die Prinzessin und der Nordwind, Teil 1*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Es war einmal ein kleines Königreich, in dem Friede herrschte. Die Königin war schon vor Jahren verstorben, doch dem König standen sein Sohn und seine Tochter zur Seite. Prinz Ardar war ein tapferer junger Held, der das Land verteidigte und mit dem König für Recht und Ordnung sorgte. Prinzessin Wynna war ein hübsches, kluges Mädchen, das sich um das Wohl des Volkes sorgte und Armen und Kranken beistand. So war es ein gutes Leben in dem Land, bis eines Tages ein fahrender Zauberer des Weges kam. Trumtur war sein Name und weithin war er berüchtigt für sein finsteres Tun. Manch einer hatte versucht, seinem Treiben ein Ende zu setzen, doch alle waren gescheitert. Denn es hieß, dass Trumtur sieben Leben hatte wie eine Katze. Und weil sechs dieser Leben schon vergangen waren, hatte er das letzte verborgen, fern von seinem Leib. Keine Klinge, kein Schlag, kein Gift konnte ihm nun etwas zu leide tun.

    Trumtur kam nun in die Burg und verhöhnte den König. Er verlangte allerlei Schätze, bedrohte die Menschen, bedrängte die Prinzessin. Prinz Ardar griff nach dem Schwert, rief seine Wachen zusammen, um den Bösen zu vertreiben und den König und das Land zu schützen. Trumtur aber lachte. Keine Waffe konnte ihm schaden. Er riß die Arme empor und beschwor den Nordwind herbei. Eisig rauschte der Wind durch die Burg, raste durch die Gänge. Trumtur lachte und der Nordwind ließ den König, den Prinzen und all die Wachen zu Eis erstarren. Dann setze sich der Zauberer auf den Thron und wollte selbst König sein. Zur Prinzessin sagte er: „Ich lasse dir die Wahl: Sei mir zu Willen und du kannst an meiner Seite herrschen. Oder verweigere dich, dann wirst du zu Eis so wie die anderen!“


    Prinzessin Wynna weinte. Und in der Nacht, die Trumtur ihr als Bedenkzeit gab, da floh sie aus der Burg. Allein und verzweifelt durchquerte sie das Land. Sie scheute die Menschen, den die mochten ihren Weg verraten. Sie wandte sich nach Norden, dahin, wo das Eis hergekommen war, das Vater und Bruder bannte.


    Sie wanderte durch einen dunklen Wald, da kam sie an eine eiserne Falle, in der ein Wolf gefangen war. Seine Pfote hing zwischen den eisernen Zähnen, Blut troff von dem grauen Fell. „Befreie mich“, rief der Wolf die Prinzessin an. „Hilf mir aus meiner Not.“


    Dem weichherzigen Mädchen schmerzte die Qual des Tieres, doch fürchtete sie sich auch vor ihm. „Du wirst mich fressen, wenn ich dich befreie.“


    „Nein“, versprach der Wolf. „Befreie mich und es soll dein Schaden nicht sein.“


    So nahm das Mädchen einen festen Stock und klemmte den zwischen die Zähne der eisernen Falle. Sie mühte sich und schließlich löste sich die Klammer.


    „Ich danke dir“, rief der Wolf und hinkte davon.


    Prinzessin Wynna lief weiter. Sie durchquerte den dunklen Wald und kam an ein felsiges Gebirge. Dort, zwischen spitzen Steinen, da lag ein Falke mit verrenktem Flügel. „Hilf mir“, rief der das Mädchen an. „Rette mich, es soll dein Schade nicht sein.“


    Da richtete das Mädchen den Flügel des Falken. Sie riss sich einen Streifen Stoff aus dem Kleid, um den Flügel zu verbinden. Sie holte ihm Wasser und erfrischte ihn, so dass er bald wieder gesund sein mochte.


    „Ich danke dir“, rief der Falke und zog sich zurück.


    Prinzessin Wynna lief weiter. Sie durchquerte das Gebirge, kletterte durch Schluchten und über Berge und kam schließlich an ein weites kaltes Meer. Dort am Strand lag ein Hecht. „Hilf mir“, rief der das Mädchen an, „bring mich ins Wasser zurück, es soll dein Schade nicht sein.“


    Auch hier half das Mädchen. Sie hob den Hecht zurück ins Wasser.


    „Ich danke dir“, rief der Hecht, als er in die nassen Tiefen tauchte.


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    17.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*Die Prinzessin und der Nordwind, Teil 2*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Prinzessin Wynna folgte dem Strand, wanderte weiter nach Norden. Dann wurde das Wasser zu Eis, erst zu Schollen, die gegen den Strand spülten, dann zu einer weißen festen Fläche. Wynna wagte sich darauf und wanderte weiter und so kam sie schließlich an den Palast des Nordwindes. Durchsichtiges Eis bildete die Wände, Schnee zierte den Boden und über allem heulte die Stimme des Nordwindes. Wynna erschauderte vor Kälte und Furcht, doch sie ging weiter. Dann stand der Nordwind vor ihr, ein Jüngling weiß an Haut und Haar mit kalten blauen Augen. „Was willst du“, rief er sie an.


    Wynna legte flehentlich die Hände aneinander. „Ich will für meinen Vater bitten, für meinen Bruder und seine Wache. Du hast sie zu Eis gefroren, weil Trumtur, der Zauberer, dich beschworen hat. Lass sie frei, ich bitte dich.“


    „Das kann ich nicht“, antwortete der Nordwind. „Solange Trumtur lebt, bleibt der Bann bestehen und die Gefangenen gehören dem Eis.“


    „Kannst du denn gar nichts für sie tun?“


    „Ich bin der Nordwind“, sagte er, „ich kann beißen und reißen, zerstören und töten. Ich kann nicht sanft sein und weich, ich kann nicht helfen aus Mildtätigkeit. Und ich kann kein Versprechen brechen.“ Er schnaubte und das war wie ein eisiger Hauch. „Du wagst viel, hierherzukommen, ein Wink von mir und du bist Eis wie die anderen. Ich kann dich töten mit einem Wort.“


    „Aber du musst es nicht.“ Wynna nahm seine kalten Hände zwischen ihre warmen Finger. Sie sah ihn an, vertrauensvoll und bittend. „Du musst nicht grausam sein.“


    Da war es, als schmelze ihre Wärme einen Teil seiner kalten Wut. Er atmete auf und es war wie Windhauch an einem sonnigen Wintertag. „Du bist tapfer und klug“, sagte er dann. „Und du bist schön. Willst du nicht hier bei mir bleiben, anstatt dein Leben wegzuwerfen? Mein Palast kann auch wohnlich sein, mit weichen Pelzen und strahlendem Licht. Ich will dafür sorgen, dass es dir gutgeht hier.“ Er strich über ihre Wange, es war kalt, aber es schmerzte nicht, und Wynna wusste, sie hätte hier ein gutes Leben.


    „Aber was wird dann mit meinem Vater und den anderen? Was soll aus dem Königreich werden, wenn Trumtur es als sein Spielzeug missbraucht?“


    „Kann es dem Reich nicht gleich sein, wer darüber herrscht? Es ist gefährlich, willst du dich gegen den Zauberer stellen und ich sage dir, am Ende wird es dir keiner danken, sie werden vergessen, was du für sie tun willst.“


    „Es geht nicht um mich“, sagte Wynna fest. „Ich muss es wenigstens versuchen. Ich kann nicht zusehen und ein leichtes Leben leben, wenn sie leiden.“


    Da seufzte der Nordwind. „Du wärst eine Windsbraut nach meinem Herzen, aber ich will dich nicht halten gegen deinen Willen. Geh aus meinem Palast und versuche dein Glück. Ich will dir sagen, wo du das letzte Leben des Zauberers findest, vielleicht gelingt es dir, ihn zu besiegen.“


    Da freute sich die Prinzessin so sehr, dass sie die Arme um ihn schlang und heiße Tränen der Freude weinte. Der Nordwind grollte und machte sich los. „Geh“, sagte er noch einmal. „Das letzte Leben des Zauberers ist in einem Ei, das in einer Ente ist, die in einem Hasen ist. Der Hase versteckt sich auf einer Insel im See hinter dem Himmelsberg. Mehr kann ich nicht für dich tun.“


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    18.png


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*Die Prinzessin und der Nordwind, Teil 3*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    Prinzessin Wynna dankte ihm von ganzen Herzen. Und dann ging sie hinaus aus seinem Palast. Sie ging über das gefrorene Meer zurück. Sie suchte den Himmelsberg und den See. Ein Fährmann brachte sie zur Insel und dort fand sie schließlich nach langer Mühe den Hasen, der das Leben des Zauberers barg. Als der sich entdeckt sah, floh er in rasendem Lauf. Da kam der graue Wolf, setzte ihm nach und riss ihn nieder. Aus dem Hasen brach eine Ente, die sich eilig in den Himmel erhob. Da kam der Falke und stürzte der Ente nach. Er schlug sie und aus der Ente fiel ein Ei. Es fiel hinab in den See und verschwand im Wasser. Prinzessin Wynna eilte ans Ufer und da war der Hecht, der das Ei vom Grunde des Sees geholt hatte. Sie nahm es und dankte den treuen Tieren.


    Frohen Mutes machte sich die Prinzessin auf den Heimweg.


    Keiner weiß, wieviel Zeit vergangen war auf Wynnas Reise. Als sie zurückkehrte in ihr Königreich, da herrschte große Not. Der Zauberer Trumtur war ein grausamer Herrscher, der die Leute zum Vergnügen quälte und ihnen kaum das Nötigste zum Leben ließ.


    Die Prinzessin schritt schaudernd durch das Tor der Burg. Hier war ihre glückliche Heimat gewesen, jetzt war es ein düsterer schrecklicher Ort. Sie fand den Zauberer im Thronsaal, wo er bei Wein seinen finsteren Plänen nachhing. Der König, der Prinz und die Wachen waren als grausige Dekoration um ihn aufgereiht. Der Zauberer fuhr auf, als er die Prinzessin bemerkte.


    „Ich bin zurück“, sagte sie. „Jetzt wird dein Zauber enden.“


    Trumtur lachte nur. „Du bist von Sinnen. – Doch ich werde schon einen Platz für ich finden in meiner Sammlung!“


    Da zog Wynna das Ei aus der Tasche, das sie mit so großer Mühe errungen hatte. Der Zauberer erschrak. Er hob die Hände für einen letzten Fluch, da schmetterte sie das Ei auf den Boden. Es zerbrach. Der Zauberer schrie auf und zerstob ins Nichts. Und als er vergangen war, da regten sich die eisigen Statuen wieder. Der König, der Prinz und die Wachen fanden zurück ins Leben. Es wurde ein Fest gefeiert und alle dankten der tapferen Prinzessin. Nun herrschte im Reich wieder Frieden, der König kehrte auf den Thron zurück und ordnete, was der Zauberer zerstört hatte. Das Volk atmete auf und alle lebten glücklich. Übers Jahr da fand Prinz Ardar eine hübsche Prinzessin, die er zur Frau nahm. Wieder wurde ein großes Fest gefeiert und alle waren froh.


    Doch dann kam, wie es der Nordwind vorhergesagt hatte. Als alles wieder im Reinen war, alle glücklich und zufrieden, da vergaßen sie, was Prinzessin Wynna getan hatte. Die Gattin des Prinzen war jetzt die erste Frau bei Hof und man fand, dass Wynna ihrerseits heiraten sollte, um einen eigenen Platz zu finden. Der König sandte ihre Bilder an die benachbarten Reiche, um sie den hochadeligen Prinzen als Braut anzubieten. Was die Prinzessin wollte, danach hatte keiner gefragt. Mitnichten wollte sie an einen fremden Prinzen vergeben werden. Sie wollte nicht warten, bis andere ihr Schicksal entschieden. Und so stieg sie in kalter Winternacht auf den obersten Turm der Burg. Sie hob die Hände und rief nach dem Nordwind. „Nimm mich mit“, rief sie, „Nordwind, bitte nimm mich mit.“


    Da rauschte es und grollte und dann stand der weißhaarige Jüngling vor ihr. Er lachte, dass der Frost in den Bäumen klirrte. „Jetzt willst du mit mir kommen?“ fragte er voller kaltem Spott. „Jetzt bin ich gut genug?“


    Wynna ließ die Hände sinken. „Jetzt geht es um mich“, sagte sie leise. „Ich habe alles für die anderen getan, jetzt denke ich an mich – und an dich, wenn du mich noch willst.“


    Der Nordwind sah sie lange an, kalt und ausdruckslos, wie es seine Art war. Wynna hielt den Blicken stand, sah ihn an, warm und lebendig, so wie sie war.


    „Hast du keine Angst vor mir?“ fragte der Nordwind schließlich. „Du weißt, ich kann hart und grausam sein.“


    Wynna lächelte und es war wie Sonnenschein an einem klaren Wintertag. „Aber du musst es nicht sein.“ Sie bot ihm eine Hand. „Ich habe keine Angst vor dir.“


    Da lachte der Nordwind wieder. Er nahm ihre Hand und nahm sie mit in sein eisiges Reich. Dort lebte sie ein langes und glückliches Leben. Es mangelte ihr an nichts und oft streifte sie mit dem Nordwind durch die Welt. Und manchmal, in eisigen Winternächten, da stürmte sie mit ihm auch um die Burg ihrer alten Heimat. Dann verriegelten die Menschen Fenster und Türen und glaubten, zwei Stimmen im Windesheulen lachen zu hören.


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • o,____,o

    '.\'/.'

    o->-:->@<-:-<-o

    ,'/.\',

    o'____'o


    19.png


    Blek Sarka, der große Detektiv (im Ruhestand) saß im Kreis seiner Enkelkinder und hub an, zu erzählen:


    ,:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:,

    ,*____________________________________*,

    ,*______________Der Fleck______________*,

    *,___________________________________,*

    ':._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:'


    „Es waren wieder die Tage vor der Sommersonnenwende, ein Jahr … zwei Jahre? Nein, es war eins. Ein Jahr nachdem ich eure Großmutter kennengelernt hatte. Ich wollte sie für den Abend der Sonnenwende (nicht den ganzen Abend, sie musste ja auch zu ihrem Zirkel) zu einem romantischen Essen in meinem Büro (in dem ich zu der Zeit notgedrungen auch wohnte) einladen.


    Als ich das Büro zu diesem Zweck aufräumte, fiel mir aber auf, dass die Wände einige unschöne Flecken hatten und ihre blassgelbe Farbe generell eher unattraktiv war.


    Ich besorgte mir also einen Eimer weiße Wandfarbe vom Farbendruiden und begann, zu streichen. Als ich mit dem Ergebnis zufrieden war, da meine Wohnung ein ganzes Stück heller und freundlicher wirkte, dachte ich über den nächsten Schritt nach: Das Essen.


    Natürlich konnte ich kochen. Alle Vierhandmakaken lernen das von Kindesbeinen an. Aber ich wollte für eure Großmutter etwas Besonderes machen, also probierte ich es vorher aus.


    Spaghetti mit Schoko-Muskat-Soße und dazu einen Schwarzsteinstadt-Sommersalat aus Stadtpflanzen (wild gepflückt).


    Ich machte also erst einmal einen Teller. Als ich diesen von der (Wasch)küche ins Wohn-/Arbeitszimmer brachte, um ihn genüsslich und gründlich prüfend zu leeren, trat ich leider auf einen achtlos liegen gelassenen Pinsel und geriet ins Wanken. Ich konnte mich fangen, doch die Spaghetti landeten an der noch nicht ganz trockenen Wohnzimmerwand.


    Die Nudeln zu entfernen war einfach, zurück blieb jedoch ein großer, brauner Soßenfleck.


    Meine ersten Versuche ihn abzuwischen vermischten leider nur die Soße mit der Wandfarbe. Ich beschloss also, die Wand erst einmal trocknen zu lassen, um den Fleck dann zu übermalen.


    Außerdem räumte ich den Pinsel weg.


    Als ich schließlich damit fertig war, hungrig Farbe beim Trocknen zuzusehen, hatte der Fleck die Form eines nicht eben schönen Gesichts angenommen, dass mich grinsend anzuglotzen schien.


    Ich übermalte ihn hastig, musste aber feststellen, dass die Farbe nicht ausreichend deckte. Das braune Soßengesicht blieb sichtbar.


    Nach mehreren Schichten, beschloss ich, eine neue Strategie anzuwenden. Ich würde einfach ein Bild über den Fleck hängen.


    Einfach. Ein Bild an die Wand zu hängen war damals eine langwierige Prozedur. Zunächst musste man ein kleines Loch in die Wand meißeln. Dann passte man ein Stück Holz ein und verfugte mit Gips. Dort konnte man nun einen Nagel einschlagen oder eine Schraube eindrehen.


    Ich entschied mich für eine Schraube. Das sollte sich als Fehler erweisen, denn hungrig wie ich war, begann ich beim Anblick der Schraube, von den Schraubennudeln der Krokodilwürmer zu träumen.


    So in Gedanken, schraubte ich die Schraube zu tief ein. (Mit dem Handschraubenzieher übrigens, den Schraubendreher mit alchemistischem Motor gab es noch nicht.) Das Holz hielt nicht stand, ein Spalt ging mitten hindurch und die Schraube rutschte heraus und fiel zu Boden.


    Der Fleck grinste mich an.


    Frustriert kittete ich den Spalt mit dem restlichen Gips, schlug einen Nagel in das Holz ein und hängte daran das Bild auf.


    Es war kein besonders beeindruckendes Bild, das Geschenk eines Klienten. Es zeigte einen H’ai, den niemand kannte, in einer Gasse, die wohl im antiken Arschai sein sollte, im Sonnenuntergang. Kitsch.


    Immerhin sah ich den Fleck nicht mehr.


    Ich nahm ein kaltes Abendessen zu mir und ging endlich schlafen.



    Lange schlief ich nicht, da mich mitten in der Nacht ein pfeifender Wind weckte. Das war nicht ungewöhnlich, waren die Bürofenster doch unverglast und das Büro ziemlich hoch oben. Ich machte mich im Dunkeln auf den Weg, um die Laden zu schließen, als ich erneut auf etwas trat.


    Es handelte sich um die heruntergefallene Schraube. Und da schrauben nun einmal gut rollen, glitt ich aus und prallte gegen die Wohnzimmerwand, woraufhin mir erst ein Bild, dann ein Klumpen aus Holz und Gips auf den Kopf fiel.


    Ich rutschte zu Boden und jeder Versuch, wieder aufzustehen, wurde durch heftige Schmerzen im ganzen Körper vereitelt. Der Wind pfiff immer noch und obwohl ich es nicht sehen konnte, war ich mir sicher, dass der Fleck mich angrinste. So schlief ich schließlich ein.


    Am nächsten Tag erwachte ich mit mehr Schmerzen und lag noch eine Weile herum, ehe eure Großmutter kam.


    Das Essen zur Sommersonnenwende fand dann im Krankenhaus statt (und Krankenhausessen war selbst in der Schwarzsteinstadt nicht toll). Den Fleck fand eure Großmutter übrigens um einiges weniger scheußlich, als das Gemälde.


    Und was lernen wir daraus, Kinder? Lieber die Fratze an der Wand als die Schraube in der Nacht.“


    _.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._


    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


    ~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~*:._.:*~

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!