Weltenbastler-Interview: Yrda

Nickname im Forum: Yrda

Name der Welt: Yrdanea

Setting/Genre/Thema (Schwerpunkt): Retro-Nostalgie und Hexerei

Format: planetengroßes Raumschiff in Form einer trigonalen Bipyramide (dreiseitige Oberfläche)

Entstehungsjahr: 2000



Wie bist du auf die Idee gekommen, dir eine Welt auszudenken?

Es fing damit an, dass ich in der Schule Kreaturen gezeichnet habe und mir irgendwann dachte: Wäre doch schön, wenn die einen Ort hätten, wo sie "leben" können. Außerdem habe ich kleine Fantasy-Geschichten geschrieben und fand, die sollten eine eigene Welt haben, in der sie spielen. Ich bin einfach nie auf die Idee gekommen, stattdessen Fanfiction zu einer bereits existierenden Welt zu schreiben, die jemand anders sich ausgedacht hat.


Was inspiriert dich beim Weltenbau?

Mich inspirieren vor allem Computerspiele und Bücher, die ich konsumiere. Anfänglich war das sicher "Das Schwarze Auge", welches ich zunächst in Form der "Nordlandtrilogie" als Computerspiel kennen lernte (Mitte der 90er). Außerdem WarCraft 2. Ich fand die Orks und vor allem Goblins einfach cool. Im Laufe der Zeit hat sich die Art meiner Inspiration gewandelt - mittlerweile lasse ich mich von eigenen Kindheitserinnerungen inspirieren, aber beispielsweise auch von kleinen oder großen Problemen der Gegenwart. Diese verarbeite ich gelegentlich zu kleinen Weltverbesserungsideen, welche ich dann in Yrdanea anwende.


Was sind deine Motivationen und Ziele bei der Erschaffung deiner Welt?

Es ist mir mittlerweile wichtig, neben der manchmal auch kreativen Lohnarbeit ein eigenes Langzeitprojekt zu haben, dem ich mich jederzeit widmen kann. Vor allem ein persönliches Projekt, bei dem mir niemand reinredet und vorschreibt, wie es sein soll oder mit welchem Aspekt ich mich beschäftige. Meine Welt soll ein Ort für die Sammlung meiner Ideen sein, die sich wie Teile eines Puzzles nach und nach zusammenfügen. Meine Welt ist mein kreatives Lebenswerk, in dem ich mich selbst verwirkliche.


Was ist für dich das Besondere an deiner Welt?

Meine Welt besteht aus drei Zeitzonen: "die Vergangenheit", "die Gegenwart" und "die Zukunft", die gleichzeitig stattfinden. Die dreigeteilte Oberfläche der Welt hat die Form eines Labyrinths. Im Weltinneren wiederum befindet sich eine Steampunk-Roboter-Metropole. Yrdanea hat also kein einheitliches Genre oder Setting, was es manchmal etwas kompliziert macht, die Welt kurz und knapp zu beschreiben und vorzustellen.


Kannst du mehr über die Stimmung deiner Welt erzählen?

Die Stimmung der Welt hängt davon ab, in welcher Zeitzone man sich befindet. Die Vergangenheit ist urig und verhext. Ein magisches Fantasy-Setting.

Die Gegenwart riecht und schmeckt nach einer Kindheit in den 80er-Jahren, ist vermüllt und von brutalistischer Plastik-Klemmbaustein-Architektur dominiert.

Die Zukunft ist giftig vernebelt und düster digitalisiert.

Das Innere mit seinen komplizierten Mechanismen, Hebeln, Rohren, Schienen und Rädern ist einfach nur verwirrend für Menschen wie uns.


Soll deine Welt realistisch sein, und ist dir Realismus beim Weltenbau generell wichtig?

Nein, es geht mir bei meiner Welt definitiv nicht um Realismus. Ich freue mich aber, wenn es mir gelingt, mit einer Beschreibung ein Gefühl zu vermitteln. Das muss auch gar nicht mit dem übereinstimmen, wie ich es selbst empfinde. Jeder wird von anderen Erfahrungen und Erinnerungen gespeist. Ich kann mit Realismus im Weltenbau generell nicht soviel anfangen. Mir wäre das einfach zu mühsam, alles zu recherchieren und ich hätte keine Freude daran.

Aber das bedeutet zugleich nicht, dass in meiner Welt alles absurd sein soll. So ein bisschen Glaubwürdigkeit darf schon sein.


Was macht dir beim Weltenbau besonders Spaß?

Mittlerweile fange ich besonders gern spontane Ideen in Form von kürzeren Textschnipseln ein. Beispielsweise wenn mir ein neues Detail zu den Hexen einfällt, die auf Yrdanea leben. Wenn sich dann das Detail auch noch perfekt in ein (beschriebenes) Bild einfügt, obwohl ich es vorher gar nicht geplant hatte - das ist einfach toll.


Wovor drückst du dich beim Weltenbau?

Ich drücke mich generell davor, in irgendeiner Weise strukturiert ans Weltenbasteln heranzugehen, schätze ich. Vieles, was Leser möglicherweise standardmäßig von einer Welt erwarten würden (diverse Landkarten, Geschichte, Zeitleiste, Geografie, Politik ...) gibt es für Yrdanea so nicht. Und ich kann auch nicht versprechen, dass es das jemals geben wird. Ich drücke mich beim Weltenbau nämlich vor allem, was mir gerade keinen Spaß macht und mich selbst beim Basteln jetzt gerade nicht so interessiert.


Welche Herausforderungen bereiten dir Schwierigkeiten?

Ich betrachte selbst gern Illustrationen zu anderen Welten und würde meine Welt gerne auch wieder visuell darstellen, wie früher, als alles angefangen hat. Aber insbesondere die Entwicklung von computergenerierten Bildern im Allgemeinen in jüngster Zeit hat den Teppich unter meinen Füßen weggezogen. Ich will meine Welt nicht mit derart generischen Bildern darstellen, die nicht meinem Hirn entsprungen sind. Aber es kostet einfach Zeit, eine Idee zeichnerisch umzusetzen. Und wenn man dann zusätzlich noch von ständigem Zweifel und Unzufriedenheit mit dem Ergebnis geplagt ist, dauert es mit etlichen Iterationen gleich noch länger. Und dann sind da so viele Ideen, die illustriert werden könnten ... welche ist wichtiger?


Zeichnest du Weltkarten für deine Welt? Wenn ja, wie gehst du dabei vor?

Ich habe im Laufe der Zeit verschiedene Weltkarten für meine Welt (die nicht immer Yrdanea hieß) gezeichnet. Zuletzt 2016. In keine andere Weltkarte zuvor habe ich soviel Zeit investiert wie in diese - und ich bin immer noch recht zufrieden damit. Ich habe die Form des Kontinents auf Papier vorgezeichnet, erstmal sehr undetailliert, und mit Wasserfarbe herumgekleckst. Ich wusste bei dieser neuen Karte aber gleich, dass die Oberfläche der Welt die Form eines Labyrinths haben soll, und so musste ich einen Weg finden, dieses darzustellen. Da habe ich auch mit 3D-Werkzeugen herumexperimentiert, um die strukturierte Labyrinth-Oberfläche grob vorzuformen, dann wiederum ging es weiter in Photoshop für die eigentliche Reinzeichnung. Ich habe erste Namen eingefügt und festgestellt, dass die viel zu groß sind und die Welt dadurch sehr klein wirkt. Eine Verkleinerung der Schriftgröße bewirkte also Wunder, was das betrifft.


Regionskarten gibt es nicht, aber ich habe Jahre später die Welt zumindest endlich mal in Regionen unterteilt, also Grenzen gezogen (immer nicht-destruktiv für eine alternative Kartendarstellung). Das ist aber immer noch eine riesige Baustelle.


Entwickelst du Sprachen und Schriften?

In den Anfangszeiten meiner Welt habe ich mal eher halbherzig ein paar "Sprachen" gebastelt, die bestanden aber aus nichts weiter als ein paar Vokabeln zur Benutzung mit deutscher oder englischer oder lateinischer Grammatik. Eben Sprachen, die ich selbst gelernt habe. Dazu ein paar Schriftzeichen, eher wilde Kringel ohne System und Substanz. Nein, ein Sprachen-Bastler bin ich definitiv nicht. Aber vielleicht habe ich irgendwann mal wieder Lust, mich mit Schriftzeichen zu beschäftigen. Bei einem Weltenbastlertreffen hat "Weltraumschlange" einen tollen Sprachenbastelworkshop veranstaltet, der mich auf jeden Fall inspiriert hat, zumindest mal über den Zusammenhang von Sprache mit der zugehörigen Kultur nachzudenken. Auch im Forum gab es mal einen Workshop für den Aufbau einer Sprache basierend auf Lauten. Aber ich habe festgestellt, dass letztere Herangehensweise für mich nichts ist, weil mir nicht wichtig ist, dass eine fiktive Sprache meiner Welt tatsächlich "sprechbar" ist. Ich wollte es aber zumindest mal ausprobieren.


Schreibst du Geschichten oder gar Rollenspielabenteuer, die in deiner Welt spielen?

Ich schreibe gelegentlich kurze Geschichten oder Märchen. Außerdem habe ich um 2011 herum mal angefangen, zusammen mit einem Kollegen einen Roman zu schreiben, der auf Yrdanea spielt. Aber natürlich ist das so eine Sache, wenn jemand anders sozusagen in der eigenen Welt mitmischt. Der eigentlich so gut wie fertige Roman liegt schon seit Jahren auf Eis, aber ich würde mich freuen, wenn wir ihn doch irgendwann mal gedruckt in den Händen halten. Die Welt hat sich seitdem einfach weiterentwickelt und ich müsste bei Gelegenheit prüfen, ob es größere Probleme mit dem Hintergrund der Welt gibt, oder der Roman noch einigermaßen dazu passt.


Integrierst du Vorschläge von anderen in deine Welt?

Früher habe ich das gemacht, als ich mit einer Freundin in den Anfangszeiten an der Welt gebastelt habe. Innerhalb des Romans dann später auch. Aber mittlerweile eigentlich nicht mehr. Zumindest keine ungebetenen Vorschläge. Wenn ich wirklich mal nicht weiterwissen sollte und um Rat frage, wie ich ein Problem lösen könnte, und jemand macht einen Vorschlag, der einfach passt - warum nicht. Mittlerweile kenne ich aber nun meine Welt besser als früher und bin wählerischer damit, was ich wie einbauen möchte.


Wie sieht dein Prozess beim Weltenbasteln aus?

Die meiste Zeit habe ich einfach plötzlich eine Idee (egal welche Tageszeit, aber oft spät nachts). Die notiere ich schnell (Notiz an mich selbst, beispielsweise via Discord), damit ich sie nicht vergesse. Später, wenn ich dann Zeit habe - meist abends oder eben am Wochenende - setze ich mich hin und formuliere die Idee aus. Direkt im Weltenbastlerforum in meiner "Kramkiste" zu Yrdanea. Dieser Bastelmodus funktioniert für mich mittlerweile wirklich gut.


Es kommt gelegentlich auch vor, dass ich mich hinsetze und beschließe, mich einem bestimmten Thema zu widmen. Beispiel: Ich möchte die einzelnen Regionen der Welt definieren. Da habe ich auch schon erste Notizen gemacht. Vor ein paar Monaten. Zwischendurch wieder hundert andere Schnipseltexte geschrieben, die damit nichts zu tun haben. Meist irgendwas mit Hexen. So läuft das bei mir.


Welche Werkzeuge (und ggf. Methoden) nutzt du für den Weltenbau?

Zum Schreiben den einfachsten Windows Editor (oder direkt das Weltenbastlerforum) oder, wenn es um eine Geschichte geht, Word. Ich nehme mir immer vor, mal Autorentools wie beispielsweise Scribus auszuprobieren, bin aber noch nicht dazu gekommen. Für eventuelle Illustrationen nutze ich nach wie vor Photoshop, aus Gewohnheit. Mit meinem Grafiktablett (ohne Display). Früher habe ich auch gelegentlich etwas in Notizbüchern notiert, aber mittlerweile mag ich die Wiederauffindbarkeit (und Lesbarkeit) digital getippter Ideen einfach nicht mehr missen.


Vor einiger Zeit ist für mich noch "Miro" hinzugekommen, ein digitales Whiteboard mit nahezu unbegrenzter Fläche, auf dem man auch kooperativ mit anderen gleichzeitig arbeiten kann. Das nutze ich beispielsweise für Brainstormings, Moodboards, Planung von Geschichten oder Computerspielideen oder eben für die Beschreibung meiner Regionen basierend auf meiner Weltkarte.


Zu möglichen Bastel-Methoden wie Würfelbasteln, Generatoren, Speedbasteln und Weltenbastel-Olympiaden erzählen hoffentlich mal andere etwas, denn mir liegen die leider nicht so.


Gibt es einen Schnipsel nützlichen oder unnützen Wissens über deine Welt oder zum Thema Weltenbasteln, den du den Leser:innen dieses Interviews mitgeben möchtest?


Eigentlich habe ich schon viel zu viel geschrieben. Ich habe diese letzte Frage dem Interview nur hinzugefügt in der Hoffnung, dass noch ein paar Weltenbastler:innen Lust haben, die Interviewfragen zu beantworten - und in der Annahme, dass ich bestimmt irgendeine ganz wichtige oder coole Frage vergessen habe.


Wenn du ebenfalls an diesem Interview teilnehmen möchtest, dann schau doch mal hier vorbei: Weltenbastler-Interview