WB-Adventskalender 2020

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    Adventskalender 2020
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    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [01. Türchen] Der Kodex der Sterne . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Nemedon
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [03. Türchen] Der Uhrwerkvogel . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º° von Vinni
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [05. Türchen] Im Schatten des Mondpalastes . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von PolliMatrix
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [06. Türchen] Der Grelch . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [08. Türchen] Der Affe mit der goldenen Maske . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Vinni
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [10. Türchen] Die Prinzessin und der vierköpfige Hai - ein Haimärchen . . . ¸,ø¤º°°º¤ø, von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [12. Türchen] Protokoll 452, Teil 1 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Alpha Centauri
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [13. Türchen] Protokoll 452, Teil 2 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Alpha Centauri
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [14. Türchen] Protokoll 452, Teil 3 . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤ von Alpha Centauri
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [16. Türchen] Die Riesin . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø von PolliMatrix
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [18. Türchen] Die Kainomazische Hainachtsspinne . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [20. Türchen] Ein Blick ins Versengte Tal . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ von PolliMatrix
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [22. Türchen] Die Fleischfressende Sonne . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°° von Skelch I.
    ¸,ø¤º°°º¤ø, . . . [24. Türchen] Raue Nacht . . . ¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸,ø¤º°°º¤ø,¸, von Skelch I.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das erste Türchen riecht nach Lavendel und es klingt auch gut. Sonderlich künstlerisch mutet es aber nicht an. Es ist breit, stabil und aus hochwertigen, modernen Materialien und genügt allen Vorschriften eines medizinischen Therapiezentrums, denn in einen Raum eines solchen führt es uns.


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    Der Kodex der Sterne


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    Leise Musik lullte Arthurs Verstand ein, während er auf der Behandlungsliege lag. Der beruhigende Duft von Lavendel lag in der Luft und linderte zusammen mit der Melodie ein wenig das Pieken, Kribbeln und Ziehen im ganzen Körper.
    „Hallo Mister Bratt.“ Arthur öffnete die Augen und drehte den Kopf zur eintretenden Therapeutin. Verschiedene Schläuche und Sensoren zogen sich von seinem Körper zurück, die seine Muskeln und Nerven gerade noch stimuliert hatten. Die zuvor dunkle Panoramascheibe klarte auf und entließ helles Tageslicht in das Weiß des Behandlungsraums. Arthur zwinkerte unwillkürlich bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten.
    „Guten Tag, Miss Suffield.“ Arthur setzte sich vorsichtig auf und griff nach einem kurzen Bademantel.
    „Sie machen körperlich gute Fortschritte, wie ich sehe.“ Sie hielt inne, bis er mit Ankleiden fertig war. „Und wie fühlen sie sich heute? Psychisch meine ich.“
    Arthur blickte kurz zu Boden. „Ich glaube, ich versuche nicht daran zu denken, dass alle, die ich kannte, schon lange tot sind. Doch nachts träume ich von ihnen. Seltsamerweise von jenen, die bereits vor meinem eigenen … Ableben verstorben sind.“ Er blickte wieder auf. „Ist das normal?“
    „Normal. Unnormal.“ Miss Suffield schüttelte leicht den Kopf. „Diese Worte verlieren ihre Bedeutung, wenn man nach hundertachtundsechzig Jahren unerwartet wiedererwacht. Und sie gehören zu den Ersten, bei denen uns das Wiederbeleben aus der Kryostase gelang.“ Die Therapeutin tippte kurz auf ihr Tablett und setzte sich auf einen Stuhl neben der Tür.
    „Wie war das gestrige Treffen mit ihren Verwandten?“, fuhr sie fort.
    Arthur runzelte kurz die Stirn. Es irritierte ihn noch immer, dass man in dieser Zeit nun auf recht melodische Art sprach. „Mein … Nachfahre hat mich gestern besucht. Zusammen mit seiner Frau und Kindern. Er war … recht förmlich.“ Arthur schob seine Füße in die bereitgestellten weißen Hausschuhe. „Doch es gibt ein paar Ähnlichkeiten. Die Ohren. Und er ist Grundschullehrer.“
    „Nun, nicht jeder kann ein Professor für englische Literatur wie sie sein.“
    Arthur versuchte das Gespräch in eine für ihn angenehmere Richtung zu lenken. „Was ist eigentlich in den vergangen hundertsechzig Jahren passiert?“ Als die Therapeutin nicht sofort antwortete, fuhr er fort. „Ich weiß, ich weiß. Ich sollte mich erst einmal körperlich stabilisieren, bevor ich mich dabei überanstrenge all das zu lernen, was mich da draußen später erwartet.“ Arthur nickte dabei mit seinem Kopf in Richtung Fenster, wo gerade so etwas wie ein Auto am Hochhaus vorbeischwebte.
    Miss Suffield kontrollierte etwas auf ihr Tablett, woraufhin ihr ein leises „Mischtrad!“ entfuhr. Sie blickte wieder auf. „Gestern hätte eigentlich ein Trainer für praxisnahes Wissen für die erste Einführung bei ihnen sein sollen. Ich werde mich da nach unserem Gespräch direkt drum kümmern.“
    „Nur die Ruhe.“ Arthur hob beschwichtigend die Hände. Ihm kam eine andere Idee. „Was war das gerade für ein Wort, was sie verwendeten. Misch-irgendwas.“
    „Mischtrad?“ Sie kniff etwas verlegen die Lippen zusammen. „Entschuldigen sie. Ich habe versehentlich ein Schimpfwort aus dem normalen Sprachgebrauch verwendet.“
    Neugierig geworden hakte Arthur nach. „Wissen sie, woher dieser Ausdruck stammt? Ist er eine Abwandlung eines Begriffes? Oder stammt er aus einer anderen Sprachfamilie?“
    Die Frau brauchte eine Sekunde, bevor sie nickte. „Mischtrad dürfte aus Ditra sein.“ Als sie seinen fragenden Blick sah, erklärte sie es ihm. „Ditra ist die Kurzform von Diplomacy and Trade, der irdischen Allgemeinsprache.“
    „Esperanto?“, hakte Bratt nach.
    Miss Suffields überlegte nicht lange. „Esperanto sagt mir nichts.“ Doch dann weiteten sich plötzlich ihre Augen, als sie eine Erkenntnis überkam. „Kann es sein, dass …“ Sie überprüfte etwas an ihrem Tablett, woraufhin sie ihm einen Blick zwischen Skepsis und Mitleid zuwarf.
    „Für uns ist es so … selbstverständlich, deshalb hatte ich gar nicht daran gedacht.“ Sie zögerte kurz. „Nun, ich denke eine große Neuigkeit dürften sie schon verkraften.“ Ein Lächeln stahl sich wieder auf ihr Gesicht. „Nur wenige Jahre nachdem sie in der Kryonik landeten, gab es den Erstkontakt. Die Klentoi entdeckten uns und landeten auf der Erde.“
    „Außerirdische?“, entfuhr es Arthur ungläubig.
    Miss Suffield nickte. „Ganz genau.“
    Er brauchte einen Moment bis ein einzelnes Wort über seine Lippen kam. „Wow.“ Arthur erinnerte sich an die albernen Science-Fiction Filme, die er nach Möglichkeit vermied. Damals vermied, korrigierte er sich im Gedanken. Nun ist es scheinbar Realität geworden. „Wow“, wiederholte er.
    „Verdauen sie das erst einmal in Ruhe“, meinte sie schmunzelnd. „Morgen werden sie dann mehr erfahren.“
    Arthur hob bereits protestierend die Hand, doch gab dann von sich aus nach. „Ich hätte sowieso zu viele Fragen. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sollte.“ Er schüttelte den Kopf, leicht benommen von der Neuigkeit. Dann atmete er tief durch. „Ach, was soll’s. Ich werde noch genug Zeit haben, all das nachzulesen. Und erst recht die Sprache der Aliens zu lernen.“
    „Die Sprache der …?“ Die Therapeutin entgleisten die Gesichtszüge. Sie begann zu prusten, hielt sich an den Armlehnen des Stuhls fest, sichtlich um Selbstbeherrschung bemüht – und verlor. Fast explosionsartig verfiel sie in einen Lachanfall. Arthur blieb nichts anderes übrig, als sie perplex anzuschauen und darauf zu warten, dass sie sich beruhigte. Was deutlich länger dauerte, als er dachte.
    Als sich Miss Suffield endlich wieder fasste, wischte sie sich eine Träne aus dem Gesicht. „Entschuldigen sie.“ Noch immer grinsend atmete sie tief durch. Dann begann sie zu erzählen.
    „Als die Klentoi uns entdeckten, wollten sie den ersten Kontakt herstellen“, hob die Therapeutin an. „Sie wussten zwar von unseren Funkübertragungen, doch sie verstanden nichts, da ihr Übersetzungsgerät überfordert war mit dem Wust an Sprachen. Zudem entzieht es sich dem Verständnis der Klentoi, dass eine weit fortgeschrittene Spezies unterschiedliche Sprachen und Dialekte spricht. Somit landeten sie eines Nachts in der Nähe eines wenig besuchten Campingplatzes. Sie verbargen sich und belauschten ein paar Heranwachsende und deren Jugendgruppenleiter, die um ein Feuer saßen. Endlich arbeitete ihr Übersetzungsgerät einwandfrei und ein einzelner Klentoi grüßte aus der Dunkelheit heraus die Gruppe in ihrer Sprache, worauf sich die Menschen verwundert um schauten. Dann erst trat der Klentoi an den Rand des Feuerscheins, öffnete vorsichtig seinen Tarnumhang und offenbarte seinen leicht luminierenden Körper. Natürlich rannte die halbe Gruppe erschrocken weg, doch zwischen den verbliebenen Jugendlichen und dem Außerirdischen entstand das erste Gespräch. Es verlief, wie von den Aliens beabsichtigt, friedlich. Danach verließen die Klentoi die Erde wieder und bauten aus sicherer Entfernung langsam einen offiziellen Kontakt über Radiowellen auf. Es gab zwar immer wieder Probleme, die im Laufe der Zeit aber alle überwunden wurden. Alle bis auf Eins. Egal was wir versuchten, die Aliens weigerten sich, in einer anderen Sprache zu kommunizieren als in jener, die sie bereits aus ihrem Landegebiet kennengelernt hatten. Das lag zum einen an einem uns damals unbekannten ‘intergalaktischem Kodex‘, der das schlicht nicht verlangte. Und die Klentoi sind zwar eine freundliche, aber zugleich auch eine recht bürokratische Spezies. Deshalb nahmen sie den Wortlaut des Kodex recht genau.“ Arthur wartete geduldig, bis Miss Suffield fortfuhr.
    „Zu unser aller Leidwesen hatten die Klentoi einer Gruppe von Nerds zugehört, die eine sogenannte LARP-Runde veranstalteten. Dabei gingen diese so weit, dass sie die Kunstsprache eines lange verstorbenen Schriftstellers verwendeten. Die Konsequenz aus all dem war, dass plötzlich Dolmetscher und Diplomaten eine ihnen völlig ungewohnte Sprache erlernen mussten. Dies weitere sich noch weiter aus, als es zu interstellaren Handelsbeziehungen kam. Und als die Kunde vom Entdecken einer neuen Spezies in der Galaxis ihre Runde zog, gingen auch die anderen raumfahrenden Spezies davon aus, dass alle Menschen diese eine Sprache sprechen - Elbisch.“
    Miss Suffield blickte auf. „Der Name des Schriftstellers ist mir leider entfallen, doch wir nennen ihn in der Regel nur den Herrn der Sprachen. Keine Ahnung warum.“ Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
    Arthur schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Leise entfuhr ihm: „John Ronald Tolkien, was hast du da nur angerichtet.“


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    Feedback zu den Adventskalendertexten könnt ihr HIER geben. Die Texte sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das dritte Türchen öffnet sich mit metallischen Klicken und Rasseln, als würde ein kompliziertes Schloss entriegelt. Das Klackern und Ticken von Zahnrädern und feiner Mechanik bleibt ständiges Hintergrundgeräusch, auch als sich der Blick in den Raum öffnet.


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    Der Uhrwerkvogel


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das fünfte Türchen ist eine stabile metallene Luke, abgedichtet selbst gegenüber dem Vakuum des Weltalls. Unter allen Vorsichtsmaßnahmen wird es nun geöffnet und erlaubt uns, hinaus in eine fremdartige und gefährliche Landschaft zu treten.


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    Im Schatten des Mondpalastes


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    Der längste Schritt der Reise war geschafft. Lexis war sicher auf dem Mond Lynna gelandet. Wohin man sah, fand man rötlichen Staub und Geröll, aber auch eine Vielzahl an fremdartigen Sträuchern und anderen Pflanzen.
    Manche von ihnen wirkten so, als sollte man ihnen besser nicht zu nahe kommen, wenn man nicht am eigenen Leib herausfinden wollte, ob es sich um riesenhafte, fleischfressende Exemplare oder nur um geschickte Mimikry handelte.


    Was Lexis jedoch mehr als alles andere hierher trieb, lag am Ende des steinigen Pfades, der nicht weit von der Landekapsel entfernt war: Wenn die Gerüchte wahr waren, würde in dem steinernen Stachel, der in den violett schimmernden Himmel ragte, der Palast einer Mondprinzessin zu finden sein - und damit hoffentlich der Beweis, dass Mondnymphen weit mehr waren als einfache Tiere.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das siebte Türchen führt in ein Loch, das ...


    "CUUUUT!"
    "Was? Die Einleitung ist doch noch gar nicht fertig!"
    "Du hast 'siebte' gesagt."
    Die Sprecherin drehte das Mikrofon nach unten und zeigte auf den Plan, der in der Soundkabine an der Wand hing. "Ja. Ist doch das siebte. Wir machen dieses Jahr nur die ungeraden Türchen, weil das Material sonst nicht reicht."
    "Neinneinnein, das stimmt so nicht." Die Regisseurin ging zu einem Tisch und schob einige Zettel beiseite. "Von wann ist dein Plan?"
    "Da steht kein Datum drauf. Nur ein Hinweis, dass ich nicht ohne Maske aus der Kabine raus soll, wegen Corona."
    Die Regisseurin rollte ausgiebig mit den Augen. "Die spinnen doch. Corona betrifft Metawelten doch gar nicht." Sie fand den Zettel, den sie suchte, und hielt ihn triumphierend hoch. "Da! Das sechste Türchen führt in ein Loch, das keine Höhle ist, sondern wirklich nur ein Loch in der Erde. Das sechste Türchen, hörst du?"
    "Geht sich das denn dann aus, so vom Material her?", fragte die Sprecherin besorgt.
    "Steht da, ja. Und überhaupt hat die Produzentin ja wohl recht! Nikolaus und zweiter Adventsonntag, da muss es doch ein Türchen geben, sonst sind die Kunden enttäuscht." Die Regisseurin machte kurz die Tür zur Soundkabine auf, reichte den aktuellen Plan hinein und kehrte dann zu ihrem Platz zurück.
    Die Sprecherin überflog den Plan mit gerunzelter Stirn. "He, das geht sich ja echt aus! Super!" Sie drehte das Mikrofon wieder nach oben und setzte sich gerade hin.


    Das sechste Türchen führt in ein Loch, das keine Höhle ist, sondern wirklich nur ein Loch in der Erde. Es ist auch ein bisschen feucht hinter dem Türchen, und schmierig, aber den Grelch stört das nicht.


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    Der Grelch


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    In einem Loch im Boden lebte ein Grelch.
    Es war wirklich nur ein Loch. Ein Loch in der Erde, feucht, schmierig und nicht groß, denn es war keine Höhle sondern wirklich nur ein Loch.
    Nun war das normal für Grelche, denn Grelche waren große, braune Salamander, die es gerne feucht hatten.
    Dieser spezielle Grelch lebte in der moorigen Gegend im Südwesten von Kainomaz. Hier gab es kein großes Land, nur kleine Dörfer, die sich selbst verwalteten. Und wenn es im Winter einmal kalt wurde, da zündeten die Dorfbewohner große Feuer an, an denen sie sich wärmten. Und dann kam auch der Grelch aus seinem Loch und legte sich in die Nähe des Feuers (nicht zu nahe, um nicht auszutrocknen) um dem Eis zu entkommen.


    Nun geschah es aber, dass die Dorfbewohner anfingen, über den Grelch zu reden.
    „Der hat gar kein Holz gesammelt“, sagten sie.
    „Der hat keinen Torf gestochen.“
    „Der hat nicht zum Hammerhai gebetet.“
    „Der hat gar nichts zum Feuer beigetragen. Wieso darf er da liegen?“
    Und so vertrieben sie den Grelch.


    In diesem Winter fror nun die Erde fest und der Grelch lag hart und kalt und schließlich auch trocken. Und so gefror der Grelch selbst. Und er lag gefroren, bis es wärmer wurde.
    Nun ist es aber so, dass Grelche zwar überleben können, wenn sie gefroren werden, doch sich dabei sehr verändern. Und so war es eigentlich ein anderer Grelch, der erwachte.


    Im nächsten Jahr, als es Winter wurde, da sammelte der Grelch Holz und brachte es ins Dorf. Er stahl einen Spaten, stach Torf, so gut er es konnte, und brachte es ins Dorf (und gab den Spaten zurück). Und er betete zum Hammerhai, so gut seine gurgelnde Sprache es ihm erlaubte.
    Und die Dorfbewohner freuten sich und glaubten, der Grelch sei ihrer Meinung, dass er sich den Platz am Feuer verdienen müsse.
    Dann aber kam der Grelch nicht zum Feuer. Und einige der Dorfbewohner gingen zu seinem Loch und fragten ihn, warum er nicht käme.
    Und der Grelch versuchte, es zu erklären, aber sie verstanden ihn nicht.


    Es verhielt sich nämlich so, dass der Grelch in seinem gefrorenen Zustand die letzten Worte verinnerlicht hatte, die er gehört hatte. Er musste zum Feuer beitragen, um daran liegen zu dürfen. Und er hatte sich oft vom Feuer wärmen lassen, ohne dazu beigetragen zu haben. Und so musste er nun all die Winter abbezahlen, ehe er wieder am Feuer liegen konnte.
    Doch während der Grelch die Sprache der Dorfbewohner verstand, war er nicht fähig, sie verständlich zu sprechen, konnte mit seinen kurzen Vorderbeinen nicht gut gestikulieren und war der Schrift nicht nur nicht mächtig sondern kannte ein solches Konzept gar nicht.


    Der Grelch gefror erneut in diesem Winter und es bestärkte nur seinen Wahn. Im nächsten Winter zog er weit durch das Land und sammelte alles Holz, das er finden konnte, machte keine Pause um zu jagen oder zu schlafen. Er nahm einen Spaten, den ihm die Dorfbewohner gerne gaben, und obwohl er ihn in seinem Maul nur waagerecht halten konnte, trug er mehr und mehr Torf ab und trug es ins Dorf.
    Und schließlich betete er in seiner gurgelnden Sprache zum Hammerhai, bis er heiser war.
    Und die Dorfbewohner sahen ihn, übermüdet, abgemagert und krächzend und lobten ihn für seinen Fleiß.
    Doch wieder kam der Grelch nicht zum Feuer und wieder gefror er.


    Und im nächsten Winter sammelte der Grelch wieder Holz und schleppte mit viel Mühe ganze Stämme heran, grub tiefe Kanäle ins Meer und betete drei Tage am Stück.
    Und dieses Mal schaffte er so viel Holz und Torf heran, dass die Dorfbewohner nichts mehr tun mussten und sie freuten sich sehr.
    Aber auch dieses Jahr kam er nicht zum Feuer.
    So ging es auch im folgenden Jahr und im folgenden. Und die Dorfbewohner gewöhnten sich daran, dass der Grelch alles heranschaffte, das sie brauchten, und dann nicht selbst am Feuer sein wollte.


    Dann aber, eines Jahres, blieb der Grelch, als er alles herangeschafft hatte. Er war nun mager, ein Auge war durch das gefrieren blind geworden und er konnte keinen Laut mehr hervorbringen.
    Doch kaum war das Feuer entzündet, da sprang der Grelch herum und zischte die Dorfbewohner heiser an, und als sie nicht weichen wollten, schubste und biss er sie, bis sie sich in ihre Häuser zurückzogen.
    Denn er hatte seine Schuld schon im letzten Jahr bezahlt und dies war nun sein Feuer.


    Doch die Dorfbewohner verstanden ihn nicht und als ihnen kalt wurde in ihren Häusern, da kamen sie heraus und warfen Steine nach ihm, um ihn zu vertreiben. Doch der Grelch blieb und verteidigte sein Feuer, bis er, zu nahe an den Flammen, ausgetrocknet war und das Bewusstsein verlor.
    Da hielten die Dorfbewohner den Grelch für tot und begruben ihn im aufgetauten Boden.


    Im Boden aber war es genau richtig warm und feucht und so erholte sich der Grelch und brach wieder ins Freie. Ohne Erinnerung an die letzten Jahre legte er sich in die Nähe des Feuers (nicht zu nahe, um nicht auszutrocknen) und schlief.
    Den Dorfbewohnern war das alles ein Rätsel, doch sie kamen bald zu dem Schluss, dass der Hammerhai selbst den Grelch zurück ins Leben geholt haben musste.
    Und obgleich der Grelch nie wieder etwas zum Feuer beitrug und die Dorfbewohner absolut nichts verstanden hatten, ließen sie ihn wieder jeden Winter beim Feuer liegen.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das achte Türchen besteht aus umeinander gewundenen halbverdorrten Zweigen, ist aber hinter aufgewirbeltem Staub dennoch kaum zu erkennen. Hitze dringt heraus und wilde Tierstimmen künden von Aufregung. Als sich der Staub endlich legt, öffnet sich der Blick in eine trockene Steppenlandschaft.


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    Der Affe mit der goldenen Maske


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    Shizou war der größte der Raubkatzen. Mit seinem Rudel beherrschte er die Steppe, beherrschte das Wasserloch, das in der Trockenheit klein wurde. Viele kamen hierher. Die schnellen Hornträger, die flinken Nasenhasen, die Streifenpferde, Sandbüffel und all die anderen. Auch die Jäger kamen zum Wasser, Steppenhunde und Schleichkatzen, Nachtgreifer und Schattenwölfe. Das Wasserloch war gefährlich, doch der Durst groß.
    Am Rande des Wassers, in dornigen Bäumen, lebten Kikiku, die langschwänzigen Affen. Ihre Familie war stets auf der Hut, ihre Schreie gellten Alarm, wenn ein Jäger nahte. Dann rasten die Herden davon, dann flohen die Affen in die Bäume. Und die Jäger mussten auf Schnelligkeit zählen, nicht auf Überraschung. Wenn aber Shizou jagte und sein Rudel mit ihm, dann schwiegen die Affen.
    Eines Tages, als die Trockenheit schon lange währte und das Wasserloch klein wurde, da schickten die Herden eine Abordnung zu den Kikiku. Das war Tiay, der Büffel, Ylkunja, die schlanke Gazelle und Imzu, das Streifenpferd.
    „Wir alle brauchen Wasser“, sagten sie, „und wir alle fürchten die Räuber, die nach unserem Fleisch hungern. Ihr warnt vor den Jägern, um euch zu schützen. Ihr warnt auch uns, so dass wir unser Heil in der Flucht suchen können. Doch warum warnt ihr nicht, wenn Shizou jagt und sein Rudel mit ihm?“
    Kikiku, die langschwänzigen Affen kreischten nur und lachten.
    Die Boten der Herden fragten: „Seid ihr Shizou und seinem Rudel untertan, dass ihr nicht vor ihnen warnt? Seid ihr auf Seiten der Jäger, obwohl ihr keine Jäger seid?“
    Kikiku, die langschwänzigen Affen, lachten. „Wir sind niemandes Untertan und auf niemandes Seite.“
    Die Boten der Herden fragten wieder: „Warum warnt ihr nicht, wenn Shizou jagt? Das Wasser wird klein, auch ihr seid bedroht von den Räubern.“
    Kikiku, die langschwänzigen Affen turnten in den Bäumen. Sie lachten und kreischten. Doch einer, der älteste der Familie, ließ sich an seinem langen Schwanz zu den Boten der Herden herab. „Räuber kommen und gehen. Aber Shizou und sein Rudel leben hier als Herrscher am Wasserloch. Wir sind ihm nicht untertan, wir sind nicht auf seiner Seite. Aber wenn der Herrscher satt ist, dann haben wir Frieden.“
    „Wir sind es, die seinen Hunger stillen“, sagten die Boten der Herden. „Wir sind der Preis eures Friedens.“
    Kikiku, die langschwänzigen Affen lachten und schwatzten in den Bäumen und antworteten nicht mehr. Da senkten die Boten der Herden die Häupter.
    „Frage nicht die Affen nach Recht und Gerechtigkeit“, sagte Tiay.
    „Frage nicht die Räuber nach Gnade“, sagte Ylkunja.
    „Frage nicht die Trockenzeit nach Regen“, sagte Imzu. „Wir werden aushalten müssen.“ So zogen sie davon. Kikiku, die langschwänzigen Affen, lachten. Und auch Shizou lachte, als er davon hörte. Er fühlte sich mehr denn je als Herrscher der Steppe.
    Die Trockenzeit hielt an. Die Herden mieden das Wasserloch, so gut sie konnten. Und doch wurden Tiere von Shizou und seinem Rudel gerissen. So mächtig und groß fühlten sich die Raubkatzen, dass sie mehr jagten, als sie fressen konnten. Dass sie töteten aus Grausamkeit und böser Lust. Sie jagten auch die langschwänzigen Affen und bald lachte niemand mehr von den Kikiku. Nur Shizou lachte noch. Er aalte sich vor dem Wasserloch und freute sich an dem Schrecken, den er verbreitete.
    Die Tiere der Steppe weinten und klagten. Sie waren in Not und konnten doch nicht fort. Kein anderes Wasser bot Ausweg, bis zur Regenzeit waren sie der Grausamkeit Shizous preisgegeben. Die Regenzeit aber kam nicht. Das Wasserloch wurde kleiner und größer die Not. In einer Nacht, als alle Vollmonde am Himmel standen, trafen sich die Tiere am Wasser und weinten. Auch Kikiku, die langschwänzigen Affen, waren von ihren Bäumen gestiegen und weinten. Da plötzlich trat aus dem Schimmer der Monde und dem Schatten der Nacht eine Gestalt hervor. Sie trug den Pelz und den langen Schwanz der Kikiku, ging aber aufrecht wie ein Mensch. Und wie ein Mensch trug sie eine Waffe in den Händen, einen langen Speer mit glänzender Spitze. All die Tiere am Wasserloch erstarrten. Der Fremde sah sie an – doch sein Antlitz blieb verborgen von einer goldenen Maske. Drei goldene Scheiben waren das, mit schmalen Schlitzen für die Augen. Drei goldene Scheiben zusammengefügt zu einer, die das Gesicht verbarg.
    Er nahm seinen Speer und ging zu Shizou und dem Rudel der Raubkatzen.
    Auch die erschraken beim Anblick der Menschengestalt. Shizou aber zeigte keine Furcht. „Wer bist du und was willst du?“ fauchte er.
    „Ich bin ein Wächter und ein Bote“, antwortete der Fremde mit klingender Stimme. „Ich schütze die, die unter deiner Grausamkeit leiden.“
    Shizou erhob sich drohend. „Ich bin der Herr“, brüllte er, „es ist mein Recht, Leben zu nehmen, wie es mir beliebt. Niemand soll es wagen, mich in Frage zu stellen. Ich bin der Herr der Steppe!“
    „Du bist ein schlechter Herr, wenn du ohne Hunger tötest. Du zerstörst das Gleichgewicht von Jäger und Wild. Du zerstörst das, über das du herrschen willst. Du brichst das Recht der Steppe.“
    Shizou fauchte wieder. „Was kümmert es dich? Was weißt du Affe von Recht und Gerechtigkeit?“
    „Ich bin ein Wächter und ein Bote“, wiederholte der Fremde kalt. „Und das ist die Botschaft: Du bist nicht mehr Herr der Steppe. Deine Macht ist zu Ende.“
    Shizou fletschte die Zähne und sprang. Mit Klauen und Zähnen stürzte er sich auf die maskierte Gestalt, mit entfesseltem Blutdurst und wilder Wut. Und siehe! Der Fremde hielt stand. Er schwang seinen Speer, wich aus, wehrte Hiebe ab und setzte eigene Hiebe dagegen. Es war ein wilder Kampf, dessen Toben ringsum alle in Schreck erstarren ließ. Dann war es still. Und als der Staub sich legte, hockte da der Affe mit der goldenen Maske über dem leblosen Körper von Shizou. Blut troff von der Spitze seines Speeres.
    Die Tiere am Wasserloch atmeten auf. Die Raubkatzen des Rudels grollten.
    Der Fremde erhob sich. Mondlicht glänzte kalt auf dem Gold seiner Maske. Er hob eine Hand und wies auf die größte der Raubkatzen. „Du bist Shizou und du sollst Herrscher der Steppe sein, solange du das Recht von Jäger und Wild achtest.“
    Damit verschwand er und ward nicht mehr gesehen. Shizou und sein Rudel beherrschten die Steppe und das Wasserloch. Die Herdentiere kamen zum Trinken. Jäger und Wild waren im Gleichgewicht. Und Kikiku, die langschwänzigen Affen, erzählten jedem, der es wissen wollte: „Wenn der Herrscher satt ist, herrscht Frieden. Und wenn Frieden herrscht und das Recht der Steppe, wird der Herrscher satt und alle mit ihm.“


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das zehnte Türchen ist ... nass und salzig und besteht aus verwittertem Gestein, das von Algen und Moosen bewachsen ist. Es führt ans felsige Ufer einer Insel, wo gerade zwei dunkel gekleidete Gestalten eine leblose Person ins Wasser werfen.


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    Die Prinzessin und der vierköpfige Hai – Ein Haimärchen


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    Es war einmal ein Inselkönig, der wollte seine Tochter mit dem König einer Nachbarinsel verheiraten. Die Prinzessin hatte aber einen Liebhaber, der von niederem Stand war und an dem sie sehr hing. Da der König wusste, dass sie sich nicht von ihm trennen würde, ließ er den Liebhaber heimlich umbringen und ins Meer werfen.
    Es ging aber kein Jahr ins Land, da nahm sich die Prinzessin einen neuen Liebhaber. Erneut schickte der König einen gedungenen Mörder, der den jungen Mann beseitigte.
    Dies geschah noch zwei weitere Male, ehe die Prinzessin erkannte, dass es kein Zufall sein konnte, dass ihre Liebhaber stets verschwanden und sich keinen neuen mehr nahm.
    So konnte der König nun endlich die Ehe arrangieren. Der Nachbarkönig nahm das Angebot an und schickte ein Boot, um die Prinzessin zu holen. Auf Befehl ihres Vaters stieg die Prinzessin in das Boot und ließ sich aufs Meer hinaus rudern.
    Da aber geschah es, dass ein gewaltiger Weißer Hai das Boot rammte und zum Kentern brachte. Er hatte vier Köpfe und packte die Prinzessin, indem er sie zwischen zwei davon einklemmte, und trug sie davon.
    Der Hai tauchte aber nicht tief, sondern sorgte dafür, dass der Kopf der Prinzessin immer über Wasser blieb. An einem Strand ihrer Heimatinsel setzte er sie ab.
    „Hab Dank, Hai, dass du mich von diesem Boot gerettet hast. Doch hast du mir nur einen Aufschub verschafft, denn wenn mein Vater es befiehlt, muss ich den Nachbarkönig doch heiraten.“
    Und sie kehrte nach Hause zurück.
    Der König schickte ein Entschuldigungsschreiben an seinen Nachbarn und der schickte ein zweites Boot um die Prinzessin abzuholen. Wieder stieg sie ein, doch auch dieses Mal rammte der vierköpfige Hai das Boot und trug die Prinzessin davon.
    Dies geschah noch zweimal, da glaubte der König der Nachbarinsel, die Prinzessin sei verflucht und wollte sie nicht mehr.
    Außer sich und ohne zu denken stand der König am Strand und sprach: „So habe ich denn die Liebhaber meiner Tochter umsonst umbringen lassen!“
    Das hörte aber nicht nur die Prinzessin, sondern auch der vierköpfige Hai. Und so tauchte er aus dem Meer auf, packte mit zwei Mäulern den König und zog ihn hinab in die Tiefe.
    Die Prinzessin lief selbst ins Meer und schon bald tauchte der Hai wieder auf.
    „Warum hast du das getan?“, fragte sie und sah in die acht Augen des Hais.
    Und da sah sie etwas Vertrautes in diesen Augen und begriff, dass es ihre vier Liebhaber waren, die als Hai zurückgekehrt waren aus Liebe zu ihr. Und da vergab sie dem vierköpfigen Hai den Tod ihres Vaters.


    Die Prinzessin heiratete den vierköpfigen Hai und sie lebten glücklich bis an ihr Ende. Oder länger.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das zwölfte Türchen öffnet sich in die Dunkelheit und kalte, feuchte Luft weht uns entgegen. Als sich unsere Augen etwas gewöhnt haben, sehen wir einen schmalen Felspfad, der in eine Höhle führt. Drei Getsalten kommen am Türchen vorbei. Sie scheinen einen Plan zu haben.


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    Protokoll 452, Teil 1


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    Der Weg hinunter zur Höhle von Embas zu Ercelberch war schmal und glitschig. Daywar ging voran. Es war dunkel und neblig und weder Daywar noch Thorstein noch Degor sagten ein Wort. Sie hatten sich nach ihrem Dienst in der Zentrale in Daywars Garten getroffen und alles nötige für ihre Reise eingepackt. Hausschnecke Jörn würde auf den Garten aufpassen.


    Degors Gedanken kreisten darum, ob ihr doch etwas voreilig erscheinender Aufbruch auf der Suche nach Olivius Coch die richtige Entscheidung war. Aber es war wohl tatsächlich besser, alles mal für einige Zeit alleine zu lassen und das Problem der abbrechenden Verbindungen anzugehen, ohne zu großes Aufsehen zu erregen. Fähnrich Wurm hatte ihnen beim Gespräch gar nicht so richtig zugehört, wie es schien. Als sie Olivius erwähnt hatten, hatte er nur was von „Ja, ja würd mich freuen ihn mal wieder zu sehen!“ gesagt, ohne wirklich zu begreifen, dass die Suche nach ihm eine längere Abwesenheit bedeuten könnte. Von den anderen Zentralenmitgliedern hatte wohl keiner etwas mitbekommen. Nur Quir war Degor auf dem Weg zu ihrem Bau begegnet. Degor hatte ihr kurz erzählt, was sie vorhatten. Quir hatte verschwörerisch gegrinst und gesagt, das wäre wohl schon richtig so. Degor zog aus ihrer Reaktion zum einen Mut und zum anderen Verwirrung. Sie hatte keine Ahnung, ob Quir einen tieferen Eindruck in die Geschehnisse um die Schlaufe hatte, als sie normalerweise preisgab. Mehr war auf jeden Fall nicht aus ihr herauszubekommen gewesen.


    Sie bogen um eine Ecke und die Höhle von Embas tat sich vor ihnen auf. Degor war schon ein paar Mal da gewesen. Embas war eine große, massige Frau mit lehmfarbener Haut, die fast die ganze Zeit in ätherische Sprache komplexe, mehrstimmige Lieder sang. Sie wurde, wie Daywar einmal erzählt hatte, auf mindestens vier Welten als Göttin verehrt und kommunizierte durch ihre Gesänge mit den Gläubigen. Daywar unterhielt sich in einer Gebärdensprache mit ihr, aber weder Degor noch Thorstein beherrschten diese.


    Embas saß auch heute wie gewohnt auf ihrem Steinkreis und sang. Daywar begrüßte sie herzlich und erklärte dann mit einigen schnellen Gesten, warum die drei heute hier waren. Embas unterbrach zwar ihren Gesang nicht, stand aber in einer Vehemenz auf, die durchaus Überraschung andeutete. Sie verschwand kurz in einem Seitengang der Höhle und kam kurz darauf mit vier Steinbottichen zurück, die mit dunkelbrauner Flüssigkeit gefüllt waren: Tee.


    „Embas meint, ohne Tee schaffen wir das nie.“, sagte Daywar „Trinkt nicht zu viel davon, ihr zwei, sonst könnt ihr nachher gar nicht mehr rechts und links schauen“. Der Tee enthielt einige bewusstseinsberuhigende Substanzen, das wusste Degor von früheren Besuchen. Sie wurde dadurch fokussiert, allerdings auch etwas stoisch. Sie nippte an der Flüssigkeit, die sichweder heiß, noch kalt anfühlte. „Kannst du uns etwas mehr über Olivius Coch erzählen, Daywar?“, fragte sie schließlich.


    „Hm ja… Er hat ganz früher mal in der Schlaufe gearbeitet, gemeinsam mit Igor, der heute als Igel im Siphon lebt und noch einigen anderen, die ihr nicht mehr kennt. Er hat mich damals hergeholt. Olivius war ein sehr aktiver Typ, wollte immer etwas bewegen. Ein bisschen einer von der alten Schule, der auch mal was alleine durchgezogen hat, was sich dann lange Zeit später als nicht so hilfreich herausgestellt hat. Aber wenn er helfen konnte, hat er das immer gemacht.Er war Experte für Schnittstellen und Kommunikationsformen aller Art und war damals dabei, als das Standard-Weltenkommunikationsprotokoll für alle Welten der Klassen DV1 bis DV8 ausgearbeitet wurde. Er hat für diese Standards gekämpft zu seiner besten Zeit. Ist alles leider etwas in Vergessenheit geraten. Welan wusste da noch ein bisschen was dazu. Mein Plan hier ist übrigens, über eines dieser Protokolle zu ihm durchzukommen. Denn ich glaube, er ist am ehesten auf seiner Stammwelt zu finden und die ist hoffentlich immer noch durch das Protokoll 452 angebunden. Wenn ich Olivius richtig einschätze hat er schon dafür gesorgt, dass diese Verbindung bestehen bleibt.“


    „Warum hat er die Schlaufe verlassen?“, fragte Degor.


    „Er ist unter etwas seltsamen Umständen gegangen, ist schon mehrere Jahre her.Bei den meisten Zentralen-Mitgliedern, die gehen wollten, hat man das ja immer früh gemerkt, dass sie bereit für die nächste Stufe sind. So wie Burga zurzeit. Bei Olivius war das anders, er war von einem Tag auf den anderen einfach weg. Könnte ähnlich wie bei dir gewesen sein Thorstein, eine Art Meta-Dimensionsunfall, aber dafür war die Schlaufe zu der Zeit eigentlich nicht so anfällig. Im Siphon ist er ziemlich sicher nicht vorbeigekommen. Es war möglicherweise eine Vampirin namens Nesteria involviert in sein Verschwinden, es war vielleicht hässlicher, als ich wissen will.“


    Irgendwannwar der Tee leer und sie standen auf. Daywar verabschiedete sich noch von Embas und die drei gingen hinein in die Dunkelheit. Embas hatte ihnen eine grünlich schillernde Lichtblase gegeben, die Thorstein, der in der Mitte ging, vor sich hielt. Links und rechts von ihnen gingen Durchgänge ab, manche schmal und rechteckig, manche unregelmäßig gezackt und andere kreisrund. Der Gang führte in fast hypnotisch gleichmäßigen Wellen immer weiter nach unten.Daywar hielt an vor einem runden Durchgang, der rechts von dem Gang abzweigte, den sie gerade gingen. Der Rand des Durchgangs war aus hellblauem, glattem Gestein, das den Schein von Thorsteins Lampe hell reflektierte. Die kreisrunde Kante war klar herausgeschliffen und spitz. Oben waren die Zahlen 4, 5 und 2 eingraviert.


    „Hier sind wir richtig.“, sagte Daywar, „Da rein. Ich habe eine ungefähre Ahnung, was uns erwartet, aber wir müssen uns auch auf Überraschungen gefasst machen. Ob wir bis zum Ende durchkommen, kann ich euch nicht sagen.“


    „Also los!“


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    Das dreizehnte Türchen glänz in einem ähnlich schummrigen Licht wie das vorherige. Wir erkennen dieselben drei entschlossenen Gestalten in der Höhle dahinter.


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    Protokoll 452, Teil 2


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    Sie stiegen durch das Portal, Thorstein voran, dahinter Daywar und Degor. Drinnen erwartete sie ein Raum, der ein wenig wie eine Aufzugkabine aussah, nur etwa drei Mal so groß. Und alle vier Wände waren mit Knöpfen und Hebeln gepflastert. Einige Knöpfe blinkten und überall standen kleine Beschriftungen. Thorstein und Degor stand der Mund offen. Daywar schmunzelte.


    „Hier sieht es noch ziemlich genauso aus wie früher. Aus dieser Kabine und aus ähnlich aussehenden sind wir damals in alle möglichen Welten gereist. Olivius hat eine Menge an Optionen eingebaut, um möglichst viele Welten durch das Protokoll anzubinden. An diesem Rädchen hier oben kann man die Zielwelt einstellen. Dadurch, dass das Ganze schon so lange nicht mehr gewartet wird, gehe ich davon aus, dass nicht mehr viele Welten funktionieren. Dieses Portal hier hat unter anderem für Mittelerde und Westeros funktioniert, auch für deine Welt Karesha, Degor. Mittelerde könnte sogar heute noch klappen. Meine Hoffnung ist wie gesagt, dass Olivius für seine Heimatwelt sichergestellt hat, dass sie weiterhin angebunden ist. Wisst ihr, wenn sich am Elementarsystem oder an der grundsätzlichen Geographie oder an wer weiß noch was einer Welt etwas ändert, müssen auch die Schnittstellen angepasst werden. Und wenn man weiß, wie ungerne sich Weltenbastler an Standards halten und wie oft sie ihre Welten umbauen, könnt ihr euch denken, wie aufwändig das ist. Früher haben wir alle diese Anpassungen selber gemacht, Olivius kannte da Leute, die das sehr schnell und zuverlässig erledigen konnten.Wir hatten auch eigene Portale zu manchen, spezielleren Welten, Esper, Laharia, sogar Lacerta! Nicht alles natürlich, Welten wie Lym oder Rhingon hat nie jemand versucht, aber wir hatten damals ganz schön viel.


    Aber seit Olivius weg ist, ist alles ein bisschen verfallen. Das Portal nach Lacerta kann zum Beispiel immer noch nur Illusionsmagie, die seitdem hinzugekommenen Magieformen wurden nie nachgezogen. Aus diesem Grund verwenden wir diese Portale nicht mehr und die neue Generation an Zentralenmitgliedern so wie ihr kennt sie gar nicht. In die Welten, in denen wir zurzeit unterwegs sind,kommen wir eine andere Schnittstellenform, die „flache Kopie“, das funktioniert für fast alle Welten. Hat die euch bekannten Nachteile, dass man je nach Welt kaum oder gar nicht mit den Bewohnern der Welt interagieren kann. Manche Welten bieten selbst Schnittstellen an, mit dem Weltennetz zum Beispiel klappt das seit Thorsteins Eskapaden ganz gut oder auch Irenäus Weg zu uns ist so ein Beispiel. Da ist dann sehr klar eingegrenzt wer wie und wohin zwischen Welten reisen darf und aus meiner Sicht ist das gut so. Der Fähnrich kennt sich damit so gut aus, dass ihr gar nicht merkt, was da an Technik dahinter steckt. Ist aber auch viel Intuition dabei, ich versteh das auch nicht, aber ich frage auch nicht nach.“


    Thorstein und Degor hatten Daywars Monolog aufmerksam zugehört und wirkten immer noch eingeschüchtert von der Fülle an Knöpfen. Degor stellte sich auf die Zehenspitzen und las die Beschriftung einiger der Knöpfe vor:


    „Überzählige Extremitäten importieren, maximales Fingernagelwachstum pro Sekunde, Kleidung nach Webmuster transformieren, was soll das alles sein?“


    „Alle Optionen kenne ich auch nicht. Das mit den Webmustern sollte man auf jeden Fall anhaken, wenn man gewebte Kleidung trägt, sonst kann es wegen Unschärfe bei der Transformation dazu kommen, dass sich die Fäden auftrennen und dann ist die Kleidung schneller weg, als man schauen kann. Hier bei der Körpergröße müssen wir auch aufpassen, sonst fehlt Thorstein am Ende der halbe Kopf.“


    Daywar begann, durch den Raum zu eilen und an Knöpfen und Hebeln zu drehen. Thorstein und Degor standen etwas verloren da.


    „Ich glaube, wir können jetzt den ersten Versuch machen. Ich gehe nicht davon aus, dass es klappt, aber zumindest sehen wir hoffentlich, woran es scheitert. Ich habe eingestellt, dass wir in den ersten drei Minuten nach Transformation auf eine lokale Kopie von uns hier zurückspringen können, falls etwas schief geht. Die Box hier unten, das ist der wichtigste Haken, das solltet ihr euch merken!“


    „Und was ist, wenn wir das erst später bemerken?“, fragte Degor alarmiert.


    „Deswegen habe ich Jörn in der Schlaufe gelassen. Er ist unser gemeinsamer Anker. Sein Gedächtnis an uns ist so gut, dass er uns, sobald ich mich mit ihm verbinde, wieder in den Zustand versetzen kann, in dem er uns zuletzt gesehen hat. Dann vergessen wir eventuell ein paar Erlebnisse, aber ich versuche, alles Wichtige zu protokollieren. Ich speichere grade noch die Transformationseinstellungen in diesem Speicherchip hier. Thorstein, drück bitte den großen, blauen Knopf da unten links, wo ‚Transformation starten‘ steht.“


    Thorstein bückte sich und drückte langsam den großen blauen Startknopf. Einen Moment lang passierte nichts. Dann gab es einen Ruck und eine Wand der Kabine öffnete sich. Der Boden verwandelte sich in ein Fließband und die drei Reisenden wurden nach vorne gezogen.


    „Jetzt kommt der Parser“, sagte Daywar, „hier wird erstmal geprüft, ob wir die Anforderungen für eine Transformation erfüllen. Nicht zu sehr bewegen!“


    Das Fließband führte einen Gang mit vielen Abzweigen entlang, eine Art Labyrinth. Mehrmals bogen sie scharf ab. Surrende Laserstrahlen nährten sich ihnen und zeichneten ihre Form auf. Von oben nach unten, von rechts nach links, von vorne nach hinten und im Kreis. Als der kreisförmige Laserstrahl Thorstein erreichte, gab es sofort eine dröhnende Sirene und grellrote Lampen leuchteten um sie. Das Fließband kehrte seine Richtung um und innerhalb von fünf Sekunden waren sie wieder an ihrem Anfangspunkt.


    „Wär ja auch zu schön gewesen, wenns schon beim ersten Mal geklappt hätte“, meinte Thorstein. Degor besah sich das Protokoll „Hier: Unbekanntes Material! Zum Objekt zentriert an Koordinate (4,2293; 5,009; 13,0808) konnte im Zielelementarsystem keine Entsprechung gefunden werden. Der Vorgang wird abgebrochen!“


    „Hm, schwierig. Diese Koordinatenangeben sind leider komplett unbrauchbar, weil wir gar nicht an die Informationen zum Referenzsystem rankommen.“, sagte Daywar, „ Aber wir wissen immerhin, dass wir noch irgendein Element an uns dran haben, was er nicht erkennt. Thorstein, besteht irgendwas von deiner Ausrüstung aus einem besonderen Material. Vielleicht etwas, was es nur auf deiner Welt gibt?“



    „Schwarzorkzähne sind aus Kyrobaston! Das ist das härteste Material, dass es auf allen Welten gibt. Ich reiß mir jetzt sicher nicht meine Zähne aus!“


    „Hm, das ist wirklich schwierig… Lass mich mal in der Datenbank für Elementtransformation nachsehen, ob wir das irgendwie übersetzen können. Keine Angst, solche Sachen werden im Protokoll gespeichert und bei der Rückreise wieder richtig zurück transformiert. Ich muss das Ding nur in der Datenbank finden…“


    Daywar wischte ein paar Minuten lang über die Bildschirme und besah sich Dateien und Tabellen. Schließlich schüttelte sie nachdenklich den Kopf.


    „Das ist nicht drin. Wir müssen das selber einspielen. Ist riskant, aber anders geht es nicht. Thorstein, geh mal an den Scanner da unten. Und Mund auf!“


    Der Schwarzork bückte sich und hielt seinen geöffneten Mund in eine kleine Ausbuchtung in der Wand. Daywar betätigte einen Hebel und ein knarzender Lichtstrahl durchleuchtete das Innnere des Mundes. Aus einem Spalt wurde ein langer Zettel gedruckt und Daywar musterte diesen genau.


    „So, das kloppen wir jetzt rein in die Datenbank. Olivius wäre stolz auf uns.“ Daywar nahm sich eine Schere aus ihrer Tasche und schnitt präzise den Zettel zurecht. Dann hielt sie ihn vor einen Bildschirm und löste einen weiteren Knopf aus.


    „Glaubst du echt das funktioniert?“ Degor zweifelte noch.


    „Werden wir gleich sehen. Nächster Versuch!“


    Wieder ging es hinein in den Parser. Als der kreisförmige Lichtstrahl Thorstein erreichte, hielten sie den Atem an. Aber wieder wurden sie durch die roten Sirenen unterbrochen und zurückgezogen.


    Daywar krallte sich das Protokoll. „Aaaah, da habe ich noch einen Fehler gemacht. Ich muss noch ein Update durchlaufen lassen. Lasst mich mal machen!“


    Und nur wenige Sekunden später fanden sie sich wieder im Parser. Diesmal zog der Lichtstrahl vorbei. Als Degor jubelnd die Faust in die Höhe reckte, gab es allerdings sofort den direkten Abbruch.


    „Ich hab doch gesagt, nicht zu schnell bewegen! Kommt, nochmal…“


    In der nächsten Runde hielten sie alle still und endlich drangen sie tiefer in das Labyrinth ein. Auch nach oben und nach unten ging es jetzt. Der Boden teilte sich und die drei wurden auf getrennten Inseln an drei massive metallische Tore gebracht. Daywar blickte ihre Begleiter an.


    „Wir sind durch den Parser durch. Jetzt kommen die Modelltransformationen. Dieser Teil ist parallelisiert. Wir sehen uns hoffentlich auf der anderen Seite. Viel Glück!“


    Die Tore öffneten sich und die drei Inseln sausten in blau ausgeleuchtete Tunnel. Degor konnte Thorstein und Daywar nicht mehr sehen. Stattdessen umgab sie von allen Seiten gedämpftes blaues Licht. Sie konnte nicht entscheiden, ob ihre kleine Insel sich noch bewegte. Dann breitete sich ein seltsames Gefühl in ihrem Körper aus. Nacheinander bekam sie das Gefühl, dass jeder ihrer Finger schwerer wurde. Dann die ganze Hand. Irgendwann fühlte sich der ganze Körper schwerer an. Dann begann sich etwas ihrer Farbwahrnehmung zu verändern. Nacheinander wurde das Licht im Tunnel heller und dunkler. Es wirkte als würden an jedem ihrer Sinne ein paar Rädchen gedreht. Obwohl es im Tunnel ganz still war, war sie sich sicher, dass auch ihre Geräuschwahrnehmung sich während dieses Prozesses geändert hatte. Die Luft fühlte sich auf einmal kalt, dann wieder normal warm an. Ihr wurde in kurzen Abständen hintereinander übel und schwindlig, dann wurde sie verkrampft, müde, außer Atem und erregt. Jedes dieser Gefühle hielt nur wenige Sekunden an. Manche konnte sie gar nicht zuordnen.


    Auf einmal war alles vorbei und es wurde dunkel. Degor fühlte sich eigentlich wieder wie vorher, zumindest, soweit sie das beurteilen konnte. Neben sich vernahm sie ein Sausen. „Wir haben die Transformation geschafft. Seid ihr da?“, hörte sie die willkommene Stimme von Kapitänin Daywar. „Ja“, sagte Degor zitternd. „Das war echt komisch.“


    „Oh ja“, tönte nun auch Thorsteins Stimme aus der Dunkelheit. „Das brauche ich echt nicht nochmal. Was kommt jetzt?“


    Einen Moment war es still. Dann sagte Kapitänin Daywar langsam:


    „Jetzt kommt der Teil, den ich auch nicht kenne. Wir sind in der API.“


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Hinter dem vierzehnten Türchen ist alles schwarz, es führt uns ... ja wohin eigentlich? Wir werden wohl hindurchgehen müssen, um es herauszufinden.


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    Protokoll 452, Teil 3


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    Um sie herum herrschte immer noch vollkommene Schwärze. Ganz entfernt war ein Surren zu hören.


    „Was ist die API?“, fragte Thorstein.


    „Irgendwann ist ja entschieden worden, dass wir selbst Anpassungen an einzelnen Weltenportalen nicht mehr auf eigene Faust machen wollen und die Weltenbewohner uns selbst Anknüpfpunkte zur Verfügung stellen müssen, wenn sie angebunden werden wollen. Anknüpffläche zur Panweltlichen Integration wird das genannt, kurz API. Olivius war damals nicht glücklich mit dieser Entscheidung, aber wir haben ihn überstimmt. Es war einfach zu gefährlich, möglicherweise fehlerhafte Objekte durch veraltete Welteninfos zu importieren und in einem Fall hat das zu einem ganz schlimmen Krieg auf einer Welt geführt. Da Olivius aber sehr an seinen Portalen hing, besonders an diesem hier, hat er mit ein paar anderen einen Plan ausgeheckt, die Portale umzustellen. Das hat wohl zumindest teilweise geklappt, also mit der Heimatwelt von Olivius. sonst wären wir jetzt nicht hier. Ich habe von der ganzen Sache allerdings nicht mehr viel mitbekommen und die neue Version noch nie benutzt. Es gab große Pläne, alle anderen Portale auch umzustellen. Ziemlich genau zu diesem Zeitpunkt ist Olivius dann verschwunden. Seitdem ist nicht mehr viel passiert.“


    Das Surren kam näher. Der Untergrund, auf dem sie standen, schien sich aufzulösen, aber sie fielen auch nicht. Sie bekamen unrhythmische Erschütterungen zu spüren, in die eine, in die andere Richtung. Degor fühlte sich wie auf einer unsichtbaren Achterbahn. Sie wurde gegen Thorstein geschleudert und krallte sich, um nicht weg zu driften an seinem Arm fest.


    „Puh, echt düstere Angelegenheit das“, kam Daywars Stimme von Thorsteins anderer Seite. „Ich hoffe echt, es dauert nicht mehr allzu lang.“


    Jetzt ging es im fast freien Fall nach unten, schwerelos tauchten sie durch die Schwärze. Degor bemerkte, dass es senkrecht unter ihnen heller zu werden schien, wie wenn eine entfernte Sonne sich durch die schwarze Nebeldecke fressen würde. Hoffnungsvoll fixierte sie diesen Punkt. Auch Daywar und Thorstein hatten es bemerkt. „Könnte das die Welt sein, wo wir hinwollen?“, fragte Thorstein. „Ich hoffe es“, sagte Daywar.


    Der Fleck war nun größer geworden und es war eine himmelblaue Färbung zu erkennen. Thorstein begann, sich um seine eigene Achse zu drehen und auch Degorwurde mitgerissen.


    Und dann kam die Wand. Der Sog, in dem sie sich befunden hatten, stand von einem Moment auf den anderen still. Sie froren so plötzlich ein, dass es fast schmerzhaft war. Um sie herum begann es rot zu blinken und ihre Umgebung verschwand.


    Zwanzig Sekunden später waren sie wieder in der Startkabine des Protokolls 452. Sie waren etwas unsortiert auf dem Boden aufgekommen und rappelten sich jetzt wieder hoch.


    „Verdammt, verdammt!“, sagte Daywar. Sie ging zum Protokollbildschirm und betrachtete hektisch die Meldungen.


    „Genau das hatte ich befürchtet.“, sagte sie schließlich, „Mit Irgendetwas, was wir tun oder an uns haben, kommt die API nicht zurecht. Nicht mal eine gescheite Fehlermeldung gibt es, das ist alles technisches Kauderwelsch, das ich nicht verstehe. Ich habe absolut keine Ahnung, was da falschgelaufen ist.“


    „Also ist es vorbei?“, fragte Degor.


    „Ich weiß nicht. Wir könnten versuchen, einzeln durch das Portal zu reisen. Wenn das Problem bei nur einem von uns drei auftritt, kommen die anderen zwei vielleicht durch. Aber eigentlich würde ich mich ungern trennen von euch. Es gibt auch noch das alte Tick-Kommunikationssystem, auch noch eine Erfindung von Olivius, mit dem wir früher Fehler in Weltenportalen kommuniziert, dokumentiert und behoben haben. Uff, ob da am anderen Ende noch jemand rangeht …“


    „Versuchen können wir's ja.“


    „Ich denke, wir müssen den Spaß noch einmal durchlaufen, damit wir uns sicher sind, dass das Ganze nicht einfach zufällig aufgetreten ist.“


    Beim zweiten Mal waren der Parser und die Modelltransformation fast schon langweilig. In der API fühlte sich die Reise wieder ähnlich an, auch wenn Degor es diesmal schaffte, alleine aufrecht stehen zu bleiben. Doch ziemlich zum selben Zeitpunkt wie bei ihrem ersten Versuch wurden sie wieder blockiert und zurückgeschleudert.


    Daywar hatte sich alle ihr zugänglichen Informationen notiert und führte Thorstein und Degor heraus aus dem Portal zurück in die Höhle. Sie gingen den Gang nach oben bis zu dem Punkt, wo sie fast wieder bei Embas waren. An der Seite des Ganges stand ein rostig aussehendes Gerät, das ein wenig wie ein Fahrscheinautomat aussah. Daywar drehte an einer Kurbel und er knirschte gewaltig. Als die Kurbel feststeckte, musste Thorstein mit seiner Kraft helfen, sie wieder in Gang zu bringen. Aber tatsächlich schafften sie es, ein dunkelgrünes Stück von sehr dickem Papier aus der Maschine herauszubekommen.


    Daywar nahm sich einen Locher, der mit einer Schnur an dem Automaten befestigt war,und begann in regelmäßigen Abständen, Löcher in die Pappe zu stanzen. „Das ist Bibinärschrift. Nie vergessen, wie das geht, das hat Igor mir damals beigebracht. Ich wusste, dass ich das irgendwann mal wieder brauchen würde.“, sagte Daywar mit stolzer Miene. Sie markierte nun mit einem Filzstift die Löcher des Tickets in verschiedenen Farben. Schließlich war sie fertig und drehte noch an ein paar Rädchen des Automaten. Dann musste Thorstein wieder kurbeln, diesmal in die andere Richtung. Es knirschte ohrenbetäubend, Zahnräder knarzten, doch schließlich löste sich mit einem lauten Plopp ein Schalter und auf dem flackernden Bildschirm wurde in heller Schrift eine Meldung angezeigt: „Ihre Anfrage wurde als Tick mit der ID AB32$ aufgenommen. Es wurde Welt Arkheros zugewiesen“


    „Jetzt müssen wir warten.“


    Sie waren wieder bei Embas in der Höhle. Embas hatte glücklicherweise auch Tee aufgetrieben, der nicht allzu sehr auf die Sinne einwirkte. Sie saßen zu viert in der Runde und Embas und Daywar brachten Thorstein und Degor ein wenig Gebärdensprache bei. Immer wieder ging Daywar zum Tickautomaten, um zu sehen, ob schon irgendeine Reaktion auf ihre Anfrage gekommen war.


    „Sollten wir nicht vielleicht doch mal in der Zentrale vorbeischauen?“, meinte Degor, „ich hoffe echt, die anderen kommen klar.“


    „Wir müssen dem Ganzen Zeit geben.“, sagte Thorstein. „Ich will eigentlich nicht hoch im Moment. Das kann zu Diskussionen führen, die wir nicht wollen. Je nachdem, wer grade da ist.“


    „Wenn, dann musst du das machen, Degor.“, sagte Daywar.


    Degor sagte nichts. Sie hatte keine Lust, mit Simon oder Martin zu reden. Und noch viel weniger mit Frau Juspels.


    Also warteten sie weiter. Thorstein schlief ein wenig. Degor schaffte das nicht. Die ätherischen Gesänge von Embas ließen sie jedes Zeitgefühl verlieren. Und so merkte sie gar nicht, dass Daywar wieder einen Kontrollgang zum Tickautomaten gemacht hatte und wurde durch ein „Es hat sich jemand gemeldet!“ aus ihren Gedanken gerissen.


    „Jemand mit dem Kürzel ‚hei‘ hat unsere Anfrage beantwortet und geschrieben, dass das Problem vermutlich daran liegt, dass die API bisher nicht darauf ausgelegt war, Leute ohne festgelegte Nahkampfwerte zu importieren. In Protokoll 452 ist das eigentlich ein optionaler Wert, das hat früher auch keine Probleme gemacht. Nach Arkheros haben sich wohl bisher hauptsächlich Rollenspielcharaktere importiert, deswegen ist das nie aufgefallen.“


    „Und wird das jetzt repariert?“, fragte Degor.


    „Hei hat geschrieben, dass die API dafür einmal durchgebaut werden muss. Dauert wohl noch ein paar Stunden. Sie gibt Bescheid, wenn es so weit ist.“


    „Nicht festgelegter Nahkampfwert“, grummelte Thorstein, „Ich werd‘ denen schon zeigen, wie das ist mit Nahkampf.“


    „Arkheros ist eine recht kampfbasierte Welt. Ich hoffe, wir können Olivius auftreiben, ohne da in allzu viel verwickelt zu werden.“


    Sie warteten weiter, doch jetzt herrschte eine andere Stimmung, gelöster und hoffnungsvoller. Degor machte einen Spaziergang aus der Höhle heraus und folgte ihren Early-Installment-Markierungen zu ihrem Heimatpunkt. Unter dem Baum, der in ihrer Welt magisch gewesen war, konnte sie endlich ein wenig schlafen.


    Auf dem Rückweg begegnete Degor wieder Quir, was sie so gar nicht überraschte. Sie erzählte ihr kurz, woran sie gerade waren und Quir meinte nur, dass sie sich in Acht vor den Wasserböcken nehmen sollte. Degor war manchmal etwas frustriert, dass die Straßenkehrerin immer mehr zu wissen schien, als sie preisgab, aber hielt sich dann nicht lange mit ihr auf.


    Als sie wieder in Embas‘ Höhle zurückkam, winkte Daywar sie schon ungeduldig zu sich.


    „Komm, wir warten schon. Das Ding ist angeblich repariert. Wir können wieder einen Versuch starten.“


    Sie gingen wieder hinein in die hinteren Höhlengänge, an all den Portalen vorbei, bis zu Protokoll 452. Daywar prüfte in Windeseile die Einstellungen und rammte ihre Faust auf den Startknopf.


    Blitzschnell sausten sie los, doch in ihren Köpfen dauerten Parser und Modelltransformationen quälend lange. Auch die ersten Abschnitte der API wollten und wollten nicht enden. Der helle Punkt erschien und wurde größer. Degor war sich nicht sicher, ob er bei ihren vorherigen Versuchen schon so groß gewesen war. Mit jeder Sekunde stieg ihre Hoffnung. Als das hellblaue Leuchten sie fast zur Hälfte umgab und ihre Drehung um die eigene Achse ein fast elegantes Pirouettenkreiseln geworden war, breitete sich ein Gefühl des Triumphs bei ihnen aus. Majestätisch, fast sanft, setzten sie auf einer von tropischen Pflanzen begrünten Waldlichtung auf. Vogelgezwitscher war zu hören, zuerst gedämpft, dann klar. Ein Tier, das aussah wie ein riesiges sechsbeiniges Okapi mit orangenem Bauch stand ihnen gegenüber und nickte zufrieden:


    „Ja, das scheint geklappt zu haben. Darf ich vorstellen: Heidi Jiroskop, ich mach hier die API. Über die 452 hat schon lange keiner mehr versucht, zu uns zu kommen.“


    „Vielen Dank für ihre Hilfe.“, ergriff Daywar sofort das Wort, „Mein Name ist Kapitänin Daywar und dies sind Thorstein Valdklingsblut und Degor ZXP. Wir kommen aus der Schlaufe und sind auf der Suche nach Olivius Coch“


    „Na, das ist ja eine Ehre“, sagte Heidi und wirkte dabei ein wenig reserviert, „von der Schlaufe hat man schon lange nichts mehr gehört.“


    „Kennen Sie also Olivius?“, fragte Degor hoffnungsvoll.


    „Persönlich nicht, nein“, sagte Heidi, „warum wollt ihr ihn finden?“


    „Wir hoffen, dass er uns bei einem Problem helfen kann, das wir in der Schlaufe haben.“


    „Hm, hm, hm“, sagte Heidi und ließ dabei ihre lange Zunge mehrmals aus ihrem Mund schnellen. „Nein, ich weiß nicht, ob und wo ihr ihn finden könnt. Ich mach hier nur die Schnittstellen, mehr darf ich euch hier eigentlich nicht sagen.“


    Degor und Daywar sahen sich an. Wenn Degor den Blick der Kapitänin richtig deutete, wusste Heidi hier mehr, als sie zugab.


    „Könnten wir dann vielleicht eine Karte der Gegend hier bekommen?“, fragte Thorstein.


    „Wenn ihr von hier Richtung Süden geht, kommt ihr in ein kleines Dorf. Dort könnt ihr mal fragen. Aber nehmt euch in Acht vor den Wasserböcken!“


    „Besten Dank, Frau Jiroskop“, sagte Daywar, „Kommt los geht’s!“


    Und sie begannen, sich auf einem kleinen Trampelpfad nach Süden durch den Wald zu schlagen. Sie hatten es ganz schön weit geschafft jetzt. Sie mussten nur noch Olivius finden.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das sechzehnte Türchen besteht aus Holz und schwingt knarrend in einer aus Steinen gemauerten Hütte. Der Weg zum Türchen ist frei, aber links und rechts sehen wir diverse Sumpfpflanzen. Gehen wir hindurch.


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    Die Riesin


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    Es heißt, in den Sümpfen nahe der Festung Eisenheiz würde eine Riesin leben - eine blutdürstige noch dazu. Aber manchmal lässt die Furcht vor dem "Blutfluch" Dinge größer und gefährlicher erscheinen als sie wirklich sind:
    Als Großfee der Mücken ist Nevyyna zwar eine wahre Gigantin ihrer Art, aber man könnte auch genau so gut sagen, sie wäre nicht einmal halb so groß wie ein Zwerg.
    Was ihren angeblichen Blutdurst betrifft, bevorzugt sie - wie auch ihre Feengeschwister und selbst ihre tierischen Verwandten - pflanzliche Säfte... zumindest die meiste Zeit.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das achtzehnte Türchen ist nur halbhoch und darüber ist ein Sims angebracht, auf dem ein rot-grünes Gesteck aus getrockneten Pflanzenteilen steht. Hinter dem Türchen ist es sehr heiß, es lodern sogar kleine Flammen.


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    Die Kainomazische Hainachtsspinne


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    Die kainomazische Hainachtsspinne gehört zu den nordkainomazischen Riesenspinnen und wird bis zu 1,5 Meter lang. Sie ist vor allem zu erkennen an ihrem kräftig rot gefärbten Rücken mit weißem Rand und ihrem farbigen Horn, das an eine Bommelmütze erinnert.
    Wegen dieses Kopfschmucks wurde die Hainachtsspinne lange für eine Verwandte der Harlekinspinne gehalten, neuere Untersuchungen widerlegen dies jedoch eindeutig.


    Wie die meisten Spinnen hält sich auch die Hainachtsspinne im Winter gern in beheizten Behausungen zivilisierter Wesen auf. Anders als die meisten Spinnen, kann sie aber nicht durch Türspalte und Fensterritzen eindringen und muss sich einen größeren Durchgang aussuchen.
    Aus diesem Grund findet man die Hainachtsspinne oft im Kaminschacht vor. Sie ist resistent gegen Rauch und verträgt hohe Temperaturen, weshalb auch ein brennender Kamin sie nicht abschreckt.


    Tagsüber geht sie zumeist außerhalb des Hauses auf die Jagd und fängt Kleintiere, die sie in ihre Seide einspinnt. Ist es aber auch während des Tages zu kalt für sie, dann wartet sie oft bis zur Nacht, wenn es ruhig ist, um im Haus selbst auf die Jagd zu gehen. Findet sie kein lebendes Futter, was oft der Fall ist, da sich Haustiere und kleine Kinder meist hinter geschlossenen Türen befinden, dann spinnt sie allerlei Gegenstände ein und versucht, sie mit ihren Verdauungssäften zu verflüssigen. Dies gelingt immer dann, wenn die Gegenstände tierisches Eiweiß enthalten, etwa aus Leder bestehen oder die Spinne tatsächlich mal einen Schinken erwischt hat.
    Der Rest bleibt eingesponnen aber unbeschädigt liegen und ist ein deutliches Zeichen für die Anwesenheit der Spinne.


    Da eine Hainachtsspinne nur über den Winter bleibt und schwer aus einem Kamin zu vertreiben ist, wird sie meist geduldet. Auch lieben es viele Kinder, die bunten Seidenpäckchen aufzureißen und vertraute Gegenstände darin zu finden.
    (Weniger lustig ist es, wenn sie die Knochen eines Haustieres finden, das über Nacht im Kaminzimmer war, aber das geschieht, wie gesagt, nur sehr selten.)


    Bei den Maskenlöwen gilt es als gutes Omen, eine Hainachtsspinne im Haus zu haben. Maskenlöwen legen oft eine Spur unverdaulicher Gegenstände vom Kamin bis zur Küche, wo eine tatsächlich essbare Mahlzeit auf die Spinne wartet, um sicherzustellen, dass möglichst viel eingesponnen wird und die Spinne gleichzeitig durch den Winter kommt.


    Benannt ist die Spinne natürlich nach der in Nordkainomaz gefeierten Hainacht, die gerne auf eine der kältesten Winternächte fällt. Zu dieser Gelegenheit hat schon manche Hainachtsspinne die Überreste des Hainachtsfestmahls verspeist.


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    Das zwanzigste Türchen ist aus verwittertem Stein, es wachsen einige Pflanzen daran, darunter sind Ruß und verkohlte Pflanzenreste zu sehen. Gehen wir hindurch.


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    Ein Blick ins Versengte Tal


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    Bodghal und Nammagog schauten andächtig aus einem Fenster, neben dem der "Tag der Entscheidung" in den Stein gemeißelt war. Die Abendsonne färbte den Himmel feuerrot, als wollte sie die Zwergenarchäologen an das flammende Inferno vor vielen hundert Jahren erinnern.
    So weit lag der große Drachenkrieg lag bereits zurück. Gräser und Sträucher hatten sich sich das Versengte Tal zurückerobert, wenn auch mit Mühe und Not. Gerade in der Trockenzeit, in der sich die Ebene in eine verdorrte Steppe verwandelte, war noch immer zu spüren, dass der Fluch der verlorenen Festung noch nicht vollends in die Vergangenheit verbannt war.
    Nach und nach eroberten die Pflanzen das verlassene Bollwerk zurück und die Zwerge hofften, dass die Wunden, die ihre Ahnen dem Land zugefügt hatten, weiter verheilen würden. Sie hofften, dass die Berge und Täler den Wahnsinn ihrer Ahnen irgendwann verzeihen würden.
    Als Archäologen würden Bodghal und Nammagog im Gegenzug dafür sorgen, dass der Wahnsinn nicht vergessen wird und sich hoffentlich niemals wiederholen wird.


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    Das zweiundzwanzigste Türchen ist mehr ein Riss. Und es ist ... hungrig ...


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    Die Fleischfressende Sonne


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    „Es war vor langer Zeit, als das, was wir heute Kainomaz nennen nur der höchste Teil des sagenhaften Kontinents Otakaz war. Wo heute das Binnenmeer liegt, war damals die Wüste des Schwarzen Sandes.
    In dieser Wüste lebte das Volk der H'ai. Die H'ai waren in der Tat Haie, die in Städten an Flüssen und Oasen lebten oder als Nomaden durch die schwarzen Dünen zogen.“
    „Ähm, halt mal. Haie? In der Wüste?“
    „Nun, sie hatten natürlich keine Kiemen. Und ihre Haut war nicht so wasserdurchlässig. Und sie gingen aufrecht und hatten Arme und Beine und einen Hals, sodass sie den Kopf drehen konnten … also, man könnte sie als eine Art Haimenschen bezeichnen, aber … nun, das sind immer noch Haie, oder?“
    „Na gut. Erzähl weiter.“
    „Die Haie verehrten eine einzige Gottheit, die Leben spendete und nahm, die geliebt und gefürchtet war. Und sie nannten sie die Fleischfressende Sonne. Die H'ai richteten all ihr Tun aus nach dem Zyklus der Sonne und zur Wintersonnenwende feierten sie ein großes Fest mit Gelagen und Pilzrausch.
    Und mit der Geschichte. Der Geschichte von der Geburt der Fleischfressenden Sonne.“
    „Moment. Du erzählst und jetzt eine Geschichte in der Geschichte?“
    „Ja, tu ich. Was dagegen?“
    „Nein, mach nur weiter.“
    „Nun, obwohl ich sie nicht so lebendig darbieten kann, wie es die großen Geschichtenerzähler der H'ai konnten, will ich die Geschichte nun erzählen.
    Es war in einer Zeit bevor die Fleischfressende Sonne am Himmel stand, bevor der Wüstensand glühte, bevor die Flüsse flossen und die Pilze wucherten. Zu dieser Zeit lebten die H'ai nur an den Schwarzen Zähnen, wärmten sich an ihrem flüssigen Inneren und stiegen zu den Gipfeln um sich am Gletschereis zu laben.
    Zu diesem Zeitpunkt gab es nur wenige H'ai und es wurden stetig weniger.“
    „Moment mal. Wie konnten es denn weniger werden? Wurde es noch kälter? Ich meine, wenn es erst mehr waren und dann weniger wurden, muss die Situation sich doch durch irgendetwas verschlechtert haben.“
    „Was weiß ich denn. Es ist eine Legende. Lass mich doch einfach erzählen.“
    „Na gut.“
    „Königin Fahrma Ismir beschloss, dass etwas getan werden musste und sie befragte die Sterne. Und die Sterne antworteten ihr: der größte von uns, der Schöpfer von allem, die Sonne, muss und wird geboren werden. Doch jemand muss über die Schwarzen Zähne steigen, an den Ort, von dem sie kommen wird, und ihr helfen. Erst dann kann es Leben geben auf der Erde.“
    „Aber es gab doch schon Leben.“
    „Das ist auch nicht chronologisch zu verstehen sondern ursächlich.“
    „Weil die Sonne geboren wird gibt es die H'ai und weil es die H'ai gibt kann einer von ihnen der Sonne helfen, geboren zu werden?“
    „Nein. Also, ja. Ja, eigentlich schon.“
    „Na gut. Erzähl weiter.“
    „Die beste Bergsteigerin unter den H'ai war Iwi Ajel, die Tochter der Königin. Und da sie keinen anderen Ausweg sah, schickte Fahrma Ismir sie los, um bei der Geburt der Sonne zu helfen.
    Iwi Ajel stieg die Schwarzen Zähne hinauf.“
    „Moment. Kann man von da aus nicht durch die Höhlen gehen?“
    „Heute kann man das. Damals noch nicht.
    Iwi Ajel stieg also die Berge hinauf, höher als je ein H'ai gestiegen war, bis weit in die Gletscher hinein. Beinahe erfror sie, doch sie wusste, wie wichtig ihre Mission war und die Sterne wussten es auch und wachten über sie.
    Von den höchsten Gipfeln sah sie hinab und erkannte, dass sich die Berge auf beiden Seiten bis zum gefrorenen Meer erstreckten, dazwischen aber eine schwarze Ebene lag.“
    „Da, wo heute die Schwarzsteinstadt steht?“
    „Ja, genau da.
    Iwi Ajel stieg hinab und als sie auf die schwarze Ebene kam, da war der Boden warm und weich, fast wie das innere der Schwarzen Zähne. Je näher sie aber dem Zentrum kam, desto wärmer wurde es. Bald konnte sie nicht mehr gehen sondern musste auf dem Bauch kriechen um nicht in der schwarzen Masse zu versinken. Und so kam sie schließlich an einen breiten Riss, der sich durch das Land zog, und aus dem Licht und Hitze strömten, wie sie sie noch nie erlebt hatte.
    'Bist du die Sonne?', fragte Iwi Ajel.
    'Ja', sprach der Riss, denn er war das Maul der Sonne, deren Zähne groß wie Berge waren.
    'Ich will dir helfen, geboren zu werden. Was muss ich tun?'
    Und die Sonne sprach:
    'Fütter mich!'
    Und so zog Iwi Ajel aus um zu jagen.
    Sie fing Kaninchen, doch davon wurde die Sonne nicht satt. Sie fing Bergziegen, doch davon wurde die Sonne nicht satt. Schließlich ging sie auf das Eis und erlegte die großen Walkamele, doch auch die reichten nicht aus. Sie jagte die gefährlichen Wolfakondas und die alles verschlingenden Wollkröten und schließlich gab in der ganzen Gegend nichts mehr zu jagen.
    'Fütter mich!', verlangte die Sonne, und Iwi Ajel tat das einzige, das ihr noch blieb.
    Sie sprang selbst in den Spalt.
    Und da, endlich, hatte die Sonne genug Kraft um geboren zu werden. Sie brach durch die schwarze Masse der Ebene und stieg hinauf in den Himmel.
    Und die Gletscher schmolzen und speisten Flüsse, die Pflanzen wuchsen und die Wüste wurde erst warm und dann glühend heiß. Und die H'ai waren dankbar und beteten zur Sonne.
    Die Sonne aber sprach: 'Ich will euch Leben schenken, doch ich muss auch essen. Ich werde die Wüste heiß und trocken machen und alle die darin verdursten, sollen meine Beute sein.'
    Und so nannten die H'ai sie die Fleischfressende Sonne.“
    „Also, da hätte ich noch ein paar Fragen.“
    „Und ich habe Hunger. Also gehe ich jetzt was essen, Fragen stellen könnt ihr nächstes Jahr. Blöde Besserwisserkinder.“


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    Feedback zu den Adventskalendertexten (und -bildern) könnt ihr HIER geben. Die Texte (und Bilder) sind wie jedes Jahr zunächst anonym, damit ihr - wenn ihr wollt - Autoren raten könnt. Wenige Tage nach Weihnachten wird aufgelöst, welcher Text (und welches Bild) von wem stammt, dann können die Autoren dort im Thread gesammelt auf das Feedback antworten.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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    Das vierundzwanzigste Türchen führt zu einem Zimmer, aus dem geschäftige Stimmen von Jugendlichen erklingen.


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    Raue Nacht


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    Nach dem Aufstehen tat ich, was ich zu dieser Zeit immer tat. Ich ging zu meinem Raunächtekalender und öffnete ein Türchen.
    Wie ich erwartet hatte, befand sich dahinter Schokolade. Wie ich nicht erwartet hatte, zeigte das Schokoladenrelief vier Figuren, die mir sehr bekannt vorkamen.
    Es waren Freunde von mir und der Vorstand des ersten Katastrophen-Clubs. Der Boss, ein großer Kerl mit schiefer Nase, Yamato mit den schwarz gefärbten Haaren (auch wenn das in der Schokolade nicht zu sehen war, war es immer das erste, was mir zu ihr einfiel), der hagere Zero und der etwas beleibtere Rincewind.
    Alles Spitznamen natürlich.
    Sicherlich waren sie es nicht wirklich. Eine Gruppe von Jugendlichen bestehend aus drei Jungs und einem Mädchen war ja schon geradezu ein Klischee. Die Aufteilung der Jungs in den mit den Muskeln, den Großen und den Dicken auch. Fehlte nur noch der kleine Schlaukopf mit Brille.
    Den gab es nicht wirklich. Norman, der Clubwissenschaftler, war nicht klein, kein Brillenträger und kein Vorstandsmitglied. Ringo, das fünfte Vorstandsmitglied, war klein und ziemlich clever aber sicher kein Genie und außerdem auch kein Brillenträger. Allerdings war es wieder ganz logisch, dass er fehlte, denn er versäumte Vorstandssitzungen meistens.
    Vor allem aber waren das natürlich nicht meine Freunde, weil kein Hersteller von Schokoladenraunächtekalendern einen Grund hatte, ein Relief von meinen Freunden herzustellen und in einen Kalender zu stecken.
    Zeigen musste ich ihnen diese Kuriosität trotzdem mal. Der große hatte sogar Zeros ins Gesicht hängende Haare.
    Wenn ich mich nicht täuschte, hatten sie am Abend vorher ihre Besprechung für die Club-Silvesterfeier gehabt. Ich fragte mich, wie die wohl gelaufen war.


    Yamato legte auf.
    „Ringo schafft es nicht“, sagte sie. „Wie üblich.“
    Der Boss, der mit den anderen auf dem Fernsehsofa saß, zuckte mit den Schultern.
    „Wir brauchten ihn sonst nie, wir werden ihn auch diesmal nicht brauchen.“
    Yamato legte das Telefon weg und setzte sich in einen Sessel.
    „Wieso muss eigentlich immer ich ans Telefon gehen, egal wo wir sind?“, fragte sie plötzlich. „Bei mir, bei Neutro, beim Boss, sogar hier bei Zero.“
    „Warum is' es bei mir 'sogar'?“, wunderte sich Zero.
    „Musst du nicht, aber du tust es sowieso“, erklärte der Boss. „Also, wie viel Geld haben wir?“
    Yamato sah in ein kleines, schwarzes Notizbuch.
    „Miete und Catering sind schon verrechnet, bleiben 253,78 Eier.“
    „Dafür müssten wir doch Feuerwerk und ne ordentliche Deko hinkriegen“, fand der Boss.
    „Oder wir nehmen einfach Zeros Deko“, schlug Rincewind vor und knabberte an einem Keks in Haiform.
    „Erstens: Finger ausser Keksdose“, sagte Zero. „Ich hab euch nen Teller hingestellt.“
    „Der ist aber leer“, wandte Rincewind ein.
    „Weil du ihn leer gefressen has'. Mehr Kekse kriegt ihr jedenfalls nich'.“
    „Schon gut, schon gut.“
    Rincewind verschloss die Dose wieder und stellte zurück auf den Tisch. Dann knabberte er weiter an dem Keks, den er noch in der Hand hatte.
    „Und was ist zweitens?“, fragte der Boss.
    „Ach ja“, fiel Zero wieder ein. „Zweitens brauchen wir das Zeug selber, das kommt nich' weg.“
    „Schade. Der ausgestopfte Hai an der Wand sähe richtig cool über dem Kamin im Gemeindehaus aus.“
    „Wir dürfen übrigen den Kamin nicht anzünden“, erklärte Yamato. „Feuerversicherung hätte extra gekostet.“
    „Der Hai muss hierbleim um die Kalikanzari fernzuhalten“, sagte Zero.
    „Die was?“, fragte Rincewind.
    „Kalikanzari, böse Kobolde, die in der Unterwelt leben und versuchen, den Weltenbaum abzusägen“, ratterte Yamato herunter. „Während der Raunächte kommen sie nach oben und stellen Blödsinn an.“
    Alle sahen sie an.
    „Was? Ich habe mich vorbereitet. Immerhin bin ich dieses Jahr mit der Gruselgeschichte dran.“
    „Und du erzählst was über böse Klinkenzare?“, fragte Rincewind verwirrt.
    „Kalinkanzari. Und nein. Ich hab alles im Monstrokon gelesen, das mit den Raunächten zu tun hat, aber ich verwende das nicht alles.“
    „Aber die Kalinkanzari gibt’s doch gar nicht, oder?“, fragte Rincewind.
    „Natürlich nicht.“
    „Na, dann können wir doch den Hai nehmen.“
    „Ne“, widersprach Zero. „Erstens gehört der mein'n Eltern und zweitens ham wir so viel beklopptes Zeug erlebt, da geh ich lieber auf Nummer sicher mit den Kobolden.“
    „Ich glaub ja immer noch, dass wir das geträumt haben“, sagte Yamato.
    „Glaub mir, das wissen wir“, erwiderte der Boss.
    „Was soll das nun heißen?“
    „Dass du es jedes Mal erwähnst, wenn wir über unsere seltsamen Erlebnisse sprechen.“
    „Als wolltest du dich selbst überzeugen“, fand Rincewind, der immer noch an einem Keks knabberte.
    „Will ich nicht“, machte Yamato klar. „Ich will euch überzeugen. Weil ihr offenbar immer noch glaubt, dass wir in fremden Träumen, in der Hölle und auf fernen Planeten waren.“
    „Nicht zu vergess'n in der Vergangenheit und geschrumpft“, ergänzte Zero.
    „Und in diesem ultrarealistischen VR-Porno-Spiel“, fiel Rincewind ein. „Oder zählt das nicht, weil das nur ein Spiel war?“
    „Wir sind der Ente aus dem Spiel in der Hölle wirklich begegnet“, gab Zero zu bedenken. „Ich seh' nich', warum das nich' zählen sollte.“
    „Ich sag's ja: die Haare“, witzelte Rincewind.
    „Die hängen gar nicht mehr bis über die Augen“, wehrte sich Zero.
    „Im Geiste schon. Im Geiste schon.“
    „Können wir uns wieder um die Vorbereitungen kümmern?“, fragte der Boss.
    „Auf den Inseln des Heiligen Berges – was übrigens eine richtig schlechte Übersetzung ist, es müsste 'Inseln des Unsterblichen Berges' heißen – gibt es an Silvester immer einen Gesangswettbewerb.“
    „Abgelehnt“, sagte der Boss sofort. „Zu viele, die gerne singen und dann nur krächzen.“
    „Wie Kra“, meinte Rincewind.
    Alle mussten wenigstens ein bisschen lachen.
    „Aber Spaß beiseite, Kra singt eigentlich gut“, ruderte Rincewind zurück. „Ich musste den Witz nur machen, weil … na ja, ist klar, oder? Benannt nach einer Krähe und so.“
    „Ja, ist klar“, sagte der Boss seufzend. „Aber er ist leider auch der einzige, der gut singt.“
    „Also kein Wettbewerb“, kam Yamato auf das Thema zurück. „Damit haben wir arg wenig Programm. Meine Gruselgeschichte und die Übergabe der Geschenke, das ist alles.“
    „Und das Feuerwerk“, ergänzte Rincewind.
    „Ja, das auch. Wusstet ihr, dass es dazu da ist, Geister zu vertreiben, damit sie nicht mit ins neue Jahr kommen? Ist doch irgendwie schräg. Ich meine, die Raunächte gehen ja danach noch weiter, man sollte meinen, dass die Geister wiederkommen. Aber sie können es nicht, denn sie sind vor Angst im alten Jahr geblieben. Man vertreibt sie nicht aus dem Raum sondern aus der Zeit. Was für ein schräges Konzept.“
    „Handelt deine Geschichte davon?“, fragte Zero.
    „Ne, aber Geister kommen vor.“
    „Es ist die Wilde Jagd, oder?“, fragte Rincewind.
    „Och. Jetzt hast du's erraten.“
    „Ist das das mit dem alten Gott un' seiner Armee von toten Helden?“, fragte Zero.
    „Ich kenne das als verfluchter Jäger mit seinem Gefolge“, erzählte Rincewind.
    „Ich hab' gehört, es sind bloß jugendliche Elfen, die sich besaufen und dann randalieren“, ergänzte der Boss. „Apropos besaufen, wir brauchen Flüschpisch, schreib das auf.“
    „Flüschpisch?“, fragte Yamato.
    „Ja. Kennt ihr den nicht? Das ist ein Schnaps aus Zwetschgen, den trinkt man zu Silvester. Dazu gibt’s ne Peperoni. Im Vergleich zum Flüschpisch ist die dann total mild.“
    „Deine Familie macht seltsame Sachen zu Silvester“, fand Zero.
    „Deine Familie hat Haie in der Wohnung“, gab der Boss zurück. „Ach, genau, schreib noch nen Hai für den Kamin auf. Wenn ein ausgestopfter zu teuer ist, dann kauf einen aus Stoff oder so.“
    „Ist notiert“, sagte Yamato seufzend. „Soll ich auch gleich Peperoni aufschreiben?“
    „Klar, ohne ist es kein Silvesterböller.“
    „Ich frag gar nicht. Sonst noch jemand einen bizarren Silvesterbrauch, der da sein muss?“
    „Du hast einen Gesangswettbewerb vorgeschlagen“, wehrte sich der Boss.
    „Bleigießen“, rief Rincewind. „Das gehört doch nun wirklich dazu.“
    „Hab ich nie gemacht, aber ich hab gehört, dass man das macht“, stimmte der Boss zu.
    „Wir ham das auch nie gemacht, aber man macht das wohl“, sagte auch Zero.
    Yamato schrieb auf.
    „Gut, damit haben wir unsere vierte Veranstaltung. Ich kaufe also ein paar Flaschen Flüschpisch …“
    „Eine“, widersprach der Boss. „Mehr werden wir nicht brauchen. Das Zeug ist wirklich so scharf.“
    „Eine Flasche Flüschpisch, zwei Gläser eingelegte Peperoni – ich suche nicht nach frischen –, einen großen Hai für die Wand, echt oder aus Stoff – er wird aus Stoff sein – und … drei Bleigießsets? Ja, drei sollten reichen. Außerdem Luftschlagen, Ballons, Girlanden – wollt ihr Konfetti? Müsstet ihr dann aber auffegen. Nein? - und natürlich ein paar immergrüne Zweige, schließlich sind immer noch Raunächte. Samt Schmuck, also Kugeln, Barockkäfer, Kerzen, kein Lametta, das ist mir zu fisselig.“
    „Findet ihr das nicht auch komisch, dass wir in den Raunächten große Partys feiern?“, fragte Rincewind. „Ich meine, man soll ja in dieser Zeit eben gerade nicht nach Sonnenuntergang rausgehen. Die Familien treffen sich vorher bei jemandem und bleiben dann dort, bis die Sache im Januar vorbei ist. Daher ja auch die Geschenke am letzten Tag davor, damit man alles hat, um über die Raunächte isoliert bleiben zu können.“
    „Wegen der Kalinkanzari“, bestätigte Zero.
    „Ne. Wegen der Wilden Jagd“, widersprach Rincewind.
    „Ich dachte, wegen der Seehunde vom Zwergplaneten Sedna“, warf der Boss ein.
    „Wegen der – nicht fragen, nicht fragen“, ermahnte sich Yamato selbst. „Die Raunächte sind ein Phänomen des Mondkalenders. Der hat nämlich weniger Tage als der Sonnenkalender und deshalb gibt es zwischen dem Ende des einen und dem Anfang des anderen eine Lücke. Tage und Nächte, die zu keinem Jahr gehören. Und da haben sich die Leute halt vorgestellt, dass da alles mögliche auftauchen kann, was es im normalen Jahr nicht gibt. Kobolde, Geister, betrunkene Elfen, meinetwegen auch Seehunde vom Planeten Zetna.“
    „Sedna. Und es ist ein Zwergplanet. Schlag's nach, den gibt es.“
    „Ja ja. Und dann brauchen wir noch Feuerwerk. Wollt ihr Böller, Raketen, Fontänen, Kreisel?“
    „Auf jeden Fall Raketen“, fand Rincewind. „Und Fontänen braucht man eigentlich auch.“
    „Keine Böller“, entschied der Boss. „Die sind langweilig.“
    „Is' mir eingtlich wurscht“, gab Zero zu. „Ich bin zum Feuerwerk eh nich' mehr da.“
    „Wieso das denn?“, fragte der Boss.
    Yamato wusste es sofort: „Wegen Sasa.“
    Zero grinste.
    „Wir kommen natürlich zusammen und dann gehen wir später zu ihrem Club rüber. Da macht Katastropha das beste Feuerwerk weit und breit.“
    „Sie lassen Katastropha an Sprengstoff?“, fragte Yamato. „Ich wusste doch, dass die alle ein paar Schrauben locker haben.“
    „He. Wenn meine Schwester Katastropha an Sprengstoff lässt, dann hat sie sich das gut überlegt“, mischte sich der Boss ein.
    „Und wenn meine Freundin sagt, dass das Feuerwerk toll ist, dann isses toll“, ergänzte Zero.
    „Trotzdem, du kannst nicht einfach mitten drin abhauen“, fand der Boss. „Du gehörst zum Vorstand.“
    „Zur Eröffnung bin ich ja da. Ich seh nich', wo da das Problem ist.“
    „Ich sag's ja: die Haare“, meldete sich Rincewind.
    „Okay, Einkaufsliste ist fertig“, verkündete Yamato. „Damit ist meine Pflicht als Schatzmeisterin erfüllt, den Rest müsst ihr hinkriegen.“
    „Welchen Rest?“, fragte Rincewind und biss in einen Haikeks.
    „Wo has' du den denn her?“, fragte Zero.
    „Öh …“
    Die Türklingel meldete sich.
    „Ich mach auf!“, bot Rincewind hastig an und stand auf.
    „Warte mal!“, rief Zero, aber Rincewind wartete nicht sondern verschwand in den Flur.
    „Wer kann denn das um diese Zeit sein?“, wunderte sich der Boss.
    „Keine Ahnung. Keiner, der meine Eltern kennt, die wissen alle, dass die inner Raunacht keinen reinlassen.“
    „Deine Eltern nehmen das aber echt ernst“, fand Yamato.
    „Is' halt Tradition. Ich hätt' euch nach Sonnenuntergang auch nich' reinlassen sollen, aber natürlich mach ich's und das wissen meine Eltern auch, die sin' ja nich' doof.“
    „Also haben sie nicht wirklich Angst vor bösen Kobolden, benehmen sich aber so, weil das Tradition ist.“
    „So in etwa, ja.“
    Yamato schüttelte den Kopf.
    „Die spinnen, die Anguren.“
    Zero wollte dazu offensichtlich etwas sagen, wurde aber von Rincewind unterbrochen, der wieder in den Raum kam.
    „Leute, das glaubt uns wiedermal keiner.“



    Die drei Besucher saßen mit den Teenagern am Wohnzimmertisch. Wobei der Alligator eigentlich nicht saß, sondern ungefähr dreißig Zentimeter über einem Hocker schwebte.
    „Ihr müsst wissen, der Tod hat uns eure Namen gegeben“, sagte Goldflamme. Sie war der einzige Mensch in der Gruppe, ein blondes Mädchen, das nicht älter aussah als die vier Clubvorstände. In ihrem goldbeschichteten Kleid sah sie aus wie ein Rauschgoldengel und über ihrem Kopf schwebte eine Flamme.
    „War eigentlich klar“, fand der Boss. „Wenn das komische Zeug zu uns kommt, steckt meistens der Tod dahinter.“
    „Er sagte, ihr könntet uns mit unserem Schokoladenproblem helfen“, erklärte Armand.
    Er war der schwebende Alligator. Er war tannengrün (oder vielleicht hatte auch nur der ihn bedeckende Schleim diese Farbe), seine Zähne waren vergoldet und er trug einen dichten, weißen Bart. Für einen Alligator war er klein, nur etwa einen Meter lang.
    „Schokoladenproblem“, sagte Yamato tonlos.
    „Seht nicht mich an“, sagte der Teufelsfisch von Nord-Bagdad defensiv. „Ich habe kein Problem, ich bin nur hier, weil sie jemanden brauchten, der sich hier auskennt.“
    Der Teufelsfisch von Nord-Bagdad war nur eine ganz gewöhnlich Hauskatze aus der Gegend (wenn man davon absah, dass Katzen mit Schildpattmuster doch recht selten waren), weshalb die Teenager nicht schlecht darüber staunten, dass sie jetzt sprach.
    „Ich habe über sprechende Tiere in den Raunächten gelesen“, sagte Yamato. „Aber das ist doch alter Aberglaube.“
    „Natürlich“, bestätigte der Teufelsfisch von Nord-Bagdad. „Tiere fangen in den Raunächten nicht plötzlich an zu sprechen, das wäre ja albern. Geister in Tiergestalt aber schon. Wer krault mich?“
    Als es sonst niemand tat, streckte Goldflamme die Hand aus und der Teufelsfisch von Nord-Bagdad nahm sie an, indem sie ihren Kopf dagegen stemmte und schnurrte.
    „Also gut, du bist ein Geist, der die anderen beiden zu uns geführt hat. Und du bist Armand, der Alligator, der drüben in Averoigne die Geschenke vor den Raunächten verteilt …“
    „In derAveroigne“, korrigierte Armand. „Aber sonst stimmt es.“
    „Und wer bist dann du? Von einem Mädchen namens Goldflamme habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört.“
    Goldflamme lachte.
    „Das wundert mich nicht. Aber du wirst von meinem Vater gehört haben. Dem Zauberer des Nordens.“
    „Das ist der, der hier die Geschenke bringt“, wusste Rincewind. „Den kennt ja jeder.“
    „Er war es. Er ist schon vor Jahrzehnten gestorben.“
    „Aber woher kamen dann meine Geschenke?“, wunderte sich Rincewind.
    „Die haben deine Eltern gekauft, du Depp“, rief Yamato. „Wie bei uns allen. Wie wir alle genau wissen. Niemand glaubt heutzutage noch an den Zauberer des Nordens.“
    „Hab ich ja bisher auch nicht, aber jetzt sitzt seine Tochter hier.“
    „Seine überaus attraktive Tochter“, ergänzte der Boss.
    „Lass es“, verlangte Yamato.
    „Was denn?“
    „Unsere übernatürliche Begegnung auf absichtlich ungeschickte Art anzuflirten, damit sie sich zwar nicht in dich verliebt, aber weiß, dass du Interesse hast und sich an dich wendet, wenn sie bloß ein kleines Abenteuer sucht, damit du einen wegstecken kannst ohne dich irgendwie zu binden.“
    „Mach ich ja gar nicht.“
    „Machst du doch. Hat auch oft genug funktioniert.“
    „Angeblich sind all diese übernatürlichen Dinge doch gar nicht wirklich passiert.“
    „Sind sie auch nicht, aber du glaubst es. Und ich sage dir, hör auf, im richtigen Leben wird das niemals funktionieren.“
    „Du findest mich auch attraktiv, willst aber keine Beziehung mit mir.“
    „Ja, weil die Anziehung rein oberflächlich ist. Und ich will auch nicht mit dir schlafen, weil du danach noch nerviger wärst und ich dich so schätze, wie du bist.“
    „Oh, danke. Womit habe ich das verdient?“
    „Es sind die Raunächte, da ist man nett zueinander. Bilde dir nichts ein. Ich finde einige Jungs scharf, nicht nur dich. Und einige Mädchen.“
    „Ja, ich weiß. Hast du Gos eigentlich in den Ferien schon gesehen?“
    „Noch nicht. Ich glaube auch nicht, dass Hexen die Raunächte so feiern wie wir.“
    „Ähäm“, meldete sich Goldflamme zu Wort. „Ich will ja euer tiefsinniges Gespräch nicht stören, aber wie schon gesagt wollen wir euch um Hilfe bitten.“
    „Ach ja. Braucht ihr jemanden, der an einen Ort gehen kann, den ihr nicht betreten dürft?“, fragte der Boss.
    Der Teufelsfisch von Nord-Bagdad sah überrascht auf.
    „Dafür brauchte uns der Tod auch schon“, erklärte Rincewind. „Hat uns in die Hölle geschickt, war gar nicht schlecht da.“
    „Da hat's zwischen mir und Sasa gefunkt“, erinnerte sich Zero.
    „Also, ja, es geht um das Schlaraffenland“, kam Goldflamme zum Thema zurück.
    „Bin dabei“, sagte Zero.
    Auch Rincewind nickte eifrig.
    „Was sollen wir besorgen?“, fragte Zero. „Schokolade?“
    „Den Schokoladenkern“, erklärte Armand. „Den brauchen wir, um günstig gute Schokolade zu machen. Unsere Vorräte gehen nämlich zur Neige und was wäre Vorraunacht ohne Schokolade?“
    „Es gibt noch Zimtkies“, wandte Rincewind ein. „Der ist auch toll, das sind so Zuckerbrocken mit viel Zimt drin. Und alle sind unterschiedlich, weil man die macht indem man die ausgehärtete Zuckermasse aus zehn Metern Höhe auf einen Metallboden fallen lässt.“
    „Und dann muss der Zimtkiesmanager die brauchbaren Brocken raussortieren und der Rest muss weiter zerkleinert werden“, erinnerte sich Zero. „Das ham sie mal in der Maus gezeigt.“
    „Das habe ich auch gesehen und hab schon vom Anblick Karies gekriegt“, behauptete Yamato. „Ich mag diese kleinen Blätterteigtaschen mit Käse von Schokokäseglitzerkram. Das ist so praktisch, dass sie zwischen dem ganzen Süßkram auch die haben, das braucht es einfach zwischendurch.“
    „Bei Shiegra“, stöhnte Armand. „Warum labert ihr so viel?“
    „Das ist irgendwie unser Ding“, entschuldigte sich der Boss.
    „Also, wollt ihr es tun?“, fragte Goldflamme.
    „Aber sicher doch“, antwortete der Boss für alle. „Also, wenn es nicht gefährlich ist.“
    „Gut. Also, wir können da nicht hin, denn wir würden sofort auffallen. Ihr hingegen seid gewöhnliche Besucher. Besucher sollen dort sein, denen tut niemand was. Jemand muss sich diesen Knopf ins Ohr stecken, um mit mir in Kontakt zu bleiben.“
    Sie legte einen goldenen Knopf auf den Tisch. Der Boss griff danach, aber Yamato war schneller.
    „Damit kannst du mich hören und ich höre alles“, erklärte Goldflamme. „Ich dirigiere euch damit zum Kern, ihr müsst mir nur beschreiben, wo ihr seid. Es sollte auch nicht gefährlich sein, man wird euch einfach als Gäste sehen.“
    Armand schwebte durch den Raum bis zum Rauchnachtsimmergrün, einer geschmückten Odanne.
    „Warum ist der mit Haien geschmückt?“, fragte er. „Ich kenne das mit Krokodilen.“
    „Das machen wir halt so“, sagte Zero angestrengt. „Kann das niemand einfach mal akzeptieren?“
    „Wieso denn Krokodile?“, fragte Rincewind. „Du bist doch ein Alligator.“
    „Ja, aber als ich zum ersten Mal Geschenke in die Averoigne gebracht habe, kannte da noch niemand den Unterschied. Und inzwischen sind Krokodile eben Tradition – jetzt labere ich auch schon rum, wir haben doch zu tun!“
    Der Baum verformte sich und wurde zu einem begrünten und mit Haien geschmückten Tor.
    „Bittesehr, ein Portal zur Venus.“
    „Zur Venus?“, fragte Yamato.
    „Das Schlaraffenland liegt auf der Venus“, sagte der Teufelsfisch von Nord-Bagdad. „Weiß doch jeder.“
    „Das weiß niemand“, widersprach der Boss.
    „Bei Shiegra, jetzt geht schon!“, klagte Armand.
    Das Tor schwang auf und gab den Blick auf einen wortwörtlichen Berg von Kuchen frei.
    Die vier Teenager sahen sich an. Dann liefen sie los.



    Es war schon fast der nächste Morgen, als die vier wieder herauskamen. Der Boss trug einen großen Schokoladenstern, Rincewind torkelte etwas orientierunglos und alle waren mit verschiedenfarbiger Eiscreme bedeckt.
    „Du hättest wirklich schneller ausweichen können“, fand der Boss.
    „Das war doch nicht meine Schuld“, erwiderte Yamato. „Der Anblick hat mich halt überrascht, als Zero 'Eisspinne' gerufen hat, hab ich halt nicht mit einer Riesenspinne aus Eiscremekugeln gerechnet.“
    „Versuch du mal, schnell 'Riesenspinne aus Eiscremekugeln' zu rufen“, verteidigte sich Zero. „ich seh' nicht, wieso das mein Fehler sein soll.“
    „Ich sacksja: die Haaaaare“, gluckste Rincewind.
    „Und ich sag ihm noch, das ist keine Limonade in dem Brunnen …“, murmelte Yamato.
    Goldflamme nahm den Stern entgegen.
    „Ja, das ist der Schokoladenkern. Nächstes Jahr wird kein Mangel an Schokolade herrschen.“
    „Erst nächstes Jahr?“, fragte Yamato. „Warum mussten wir ihn dann jetzt schon holen?“
    „Weil es in den Raunächten einfacher ist, Portale zu anderen Planeten zu öffnen“, erklärte Armand. „So kommen auch die Seehunde von Sedna hierher.“
    „Sag ich doch“, meinte der Boss.
    „Aber wir könnten schon irgendwas mit Schokolade machen, oder?“, fragte Goldflamme. „Wir können ja mit dem Kern auch existierende Schokolade verformen. Und es gibt hier doch diese Raunächtekalender. Ich habe eine lustige Idee für die, wird euch gefallen.“
    Sie flüsterte Armand etwas zu. Der musste lachen.
    „Stumme Versionen dieser Labertaschen klingen gut. Gib mir den Kern, ich kümmere mich darum. Dann kannst du … du weißt schon, wir haben ja alles gehört.“
    Goldflamme gab den Kern Armand, der ihn in seinen kleinen Vorderpfoten hielt.
    „Genau“, sagte Goldflamme. „Ich wollte ja feiern.“
    Der Boss sah selbstbewusst zu ihr herüber. Sie sah zu Yamato. Yamato trat zu ihr und küsste sie auf den Mund.
    „Wann ist denn das passiert?“, fragte der Boss verwirrt.
    „Unterwegs“, erklärte Yamato, als sie kurz Luft holte. „Stellte sich heraus, ich konnte auch ganz leise mit ihr sprechen, sodass ihr nichts davon hört.“
    Und die beiden küssten sich weiter.
    „Das Schlafzimmer meiner Eltern ist am Ende des Flurs, Bett is' frisch bezogen“, sagte Zero.
    „Danke“, erwiderte Yamato und immer noch knutschend verschwanden die Mädchen aus dem Wohnzimmer.
    „Aber kokelt nix an!“, rief Zero ihnen hinterher, als sei es ihm gerade eingefallen.
    „Die Flamme ist kalt!“, rief Goldflamme zurück.
    Dann war der Knall einer zugeworfenen Tür zu hören.
    „Und nun?“, fragte der Boss.
    „Ich bin müde“, sagte Zero. „Ich geh schlafen.“
    Rincewind schnarchte bereits auf dem Sofa. Armand verwandelte gerade das Tor zurück in einen Baum.
    „Ich muss dann mal los. Mich um die Schokolade kümmern.“
    „Natürlich.“
    Und ohne sich zu verabschieden schwebte Armand durchs Fenster, das der Boss schnell hinter ihm schloss. Zero verließ auch schon das Zimmer. Der Boss setzte sich in den Fernsehsessel und sah den Teufelsfisch von Nord-Bagdad an.
    „Nur kraulen“, sagte die Katze.
    „Klar“, antwortete der Boss.
    Und so ging eine raue Nacht zu Ende.


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    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

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