Dreiundsechzigstes Speedbasteln am 04. Oktober 2018: Farbbedeutungen

Bei den hier verwendeten Namen und Bezeichnungen kann es sich um Platzhalter handeln, die im Lauf der Zeit durch die echten Namen und Bezeichnungen ersetzt werden können.

Farbbedeutungen [00:58:41;08]

"Sehr geehrte Damen und Herren aus den Kreisen der Universität und auswärtige Interessierte, ich heiße Sie herzlich willkommen bei unserer öffentlichen Vortragsreihe. Wie Sie bereits wissen, wenn Sie schön von unserem Programm gehört haben, ist das Auditorium nicht nur für jeden Besucher offen, es wird auch im öffentlichen Fernsehen live übertragen. Ob wir auch schon im Radio zu hören sind, kann ich Ihnen leider nicht sagen, da weiß die Studienprogrammleitung sicher mehr.

Wir beginnen heute wieder einen neuen Themenbereich, der die Woche über bleibt, das heutige Tagesthema ist 'Farbbedeutungen'! Ein äußerst interessantes Thema, wie Sie sich sicher denken können, allerdings muss man sich deutlich damit beschäftigen, da es aufgrund seiner Komplexität zu Unverständlichkeiten kommen können.

Es haben sich in der Geschichte bereits unzählige Wissenschaftler, Philosophen und Gelehrte, darunter auch einige Berühmtheiten aus den Kreisen unserer Universität – Mahk Tamil, Pirol Saravan, Natish Xjevh – mit Farbbedeutungen auseinandergesetzt, und nicht selten selbst versucht, zu deuten. Aber wo besteht nun die Schwierigkeit? Was macht das Thema so interessant? Warum ist dieser Hörsaal so dicht besetzt? Beginnen wir einmal bei den Ursprüngen…

Wo ist die Folie“ – er sucht – „da! Wie Sie sehen können – oder auch nicht, wenn Sie in den hinteren Reihen sitzen – beschreibt die Inschrift dieser Steintafel, die die Archäologen … zwei, dreitausend Jahre in der Vergangenheit ansetzen, einen Pakt, oder einen Teil davon. Leider ist nur die erste Zeile lesbar, und davon auch nur die Mitte. Die Geschichte der Steintafel ist auch interessant, aber dafür kommen Sie am besten nächste Woche wieder, wenn Prof. Dr. Aritman über ‚Wandernde Relikte der Zeit‘ spricht.

Die Inschrift besagt nun Folgendes: ‚… IXY VAN MYTI E WANI …‘ – an sich ergeben diese Schriftzeichen keinen Sinn, und nur wenige Professoren wissen überhaupt, wie man sie ausspricht. Ich kann mich zu den glücklichen Zehn unserer Universität zählen. Frei übersetzt bedeutet dies etwa ‚nach dem Pakt von Farbbe‘ – und ist das einmal klar, sind wir schon einen großen Schritt weiter. Wir wissen schon einmal von Farbbe und einem Pakt, der allen Anscheins damit zu tun hat. Im Folgenden können wir, was den Ursprung betrifft, nur spekulieren, frühere Aufzeichnungen haben den Weg der Zeit nämlich nicht überlebt.

In den Jahrhunderten danach jedoch erschienen weitere Werke, diesmal auf Papier, die nicht nur besser erhalten, sondern auch in unsere Sprach übersetzt sind! Nun die nächste Folie … so! Hier sehen Sie ein Schriftstück aus dem 16. Jahrhundert. Die Handschrift ist vielleicht auch schwer zu lesen, aber das war nunmal der Stil der Zeit, dagegen kann der beste Historiker nichts tun!“

[Lachen]

„Oh, ich sehe gerade, uns läuft allmählich die Zeit aus. Dann lassen wir die anderen Folien einfach weg, das waren eh nur andere Beispiele, die dieses hier nur unterstützen sollten. Wir wollen doch nicht Allgemeines Recht aufhalten!“

[wenig Lachen]

„Nun denn, hier der Brief von Farbbe – den Titel dürfen Sie keinesfalls so verstehen, als habe Farbbe den Brief persönlich geschrieben. Genau gesagt gab jener Held der Zeit seinen Namen für einige Begriffe her, unter anderem auch diese Verschlüsselung, die er der Legende nach selbst erfunden haben soll (kürzlich entdeckten historischen Quellen zufolge soll die Verschlüsselung bis zu 300 Jahre vor seiner Zeit entstanden sein, er scheint sie jedoch entschlüsselt und neu entwickelt zu haben).

Das Besondere an der Farbbe-Verschlüsselung ist, dass sie – nicht wie die üblich verwendeten Kodierungen – die Nachricht umgestaltet wird, um durch den Schlüssel wieder lesbar gemacht zu werden, sondern dass die Botschaft durch die Art und Weise, wie der Text geschrieben wird, verschlüsselt ist. Ich weiß, ich weiß, das ist schwer zu verstehen. Leichter zu erklären ist es aber auch nicht, daher bieten wir auch die Seminare zu der Vorlesung an.

Kleiner Fakt am Rande: Die Farbbe-Verschlüsselung entstand zur gleichen Zeit wie die Redewendung ‚Die Antwort liegt in der Frage‘. Daher kann man sich das zeitgleiche Auftreten beider leicht merken: Die Lösung – der Schlüssel – der Farbbe-Verschlüsselung liegt im vorliegenden Text. Im verschlüsselten Text. Zudem muss man nur eine Nachricht entschlüsselt haben, und man kann alle dekodieren.

Das klingt jedoch leichter, als es ist, denn es gibt unzählige Ansatzpunkte, zahllose Deutungen der Farbbe-Texte. Der hier vorliegende ist einer davon. … Um, eine Viertelstunde, das sollte sich ausgehen. Lesen wir einige Passagen:

… könnte bei Zusammenarbeit die Arbeitskraft reduziert werden, jedoch, sollte der Arbeitsaufwand geringer werden, ward es nützlich, Sklaven zu erlassen …

Das ist ein besonders interessanter Auszug. Zusammenarbeit reduziert die Arbeitskraft, Sklaven zu erlassen verringert den Arbeitsaufwand. Zu ersterem gibt es drei Deutungsmöglichkeiten: Einerseits kann es sich um körperliche Arbeit handeln, bei der sich die Arbeitskräfte gegenseitig im Weg stehen, wenn es zu viele sind, andererseits könnte es auch nach dem Sprichwort ‚zu viele Druiden verderben den Trank‘ gemeint sein – wenn es sich eher um Denkarbeit handelt. Oder es könnte auch ein linguistischer Zungenverdreher sein, da müssten Sie jedoch in den Translationswissenschaften nachfragen.

Der zweite Teil – mit dem Erlassen der Sklaven – hat zwei mögliche Deutungsmöglichkeiten: Erstens, das Erlassen bedeutet, Sklaven zur Arbeit heranzuziehen, wodurch der Arbeitsaufwand pro Arbeitskraft geringer werden sollte. Zweitens, einen Sklaven zu erlassen bedeutet auch, ihn frei zu lassen, was jedoch dem Argument der ersten Deutung widerspricht.

Was kann es nun im Sinne der Verschlüsselung bedeuten? Natürlich müssen wir für das Gesamtbild auch den Kontext der ganzen Nachricht kennen, doch eine Deutung können wir aus diesem Ausschnitt auch ziehen: Ein Widerspruch, oder auch ein möglicher Widerspruch könnte mitgeteilt werden. Fünf Minuten. Wird knapp. Dies ist aber auch nur eine von drei oder vier gängigen Deutungen dieses Ausschnittes. Die anderen erklären kann ich in dieser Vorlesung nicht mehr, vielleicht komme ich im weiteren Verlauf der Woche dazu, oder wir sehen uns in einem Seminar.

Ich bedanke mihc noch einmal für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich, falls ich einen der Gäste zu einem Studium inspirieren konnte!“

[Klopfen]

(Öffentliche Vorlesung „Farbbedeutungen“ von Prof. Dr. Dr. Eratin)

Bei den hier verwendeten Namen und Bezeichnungen kann es sich um Platzhalter handeln, die im Lauf der Zeit durch die echten Namen und Bezeichnungen ersetzt werden können.

Symbolfarben [00:26:38;41][00:20:43;76]|[00:47:12;17]

[…]

„Nun kommen wir zum eigentlichen Thema, das nicht minder interessant ist: die Symbolfarben. Jeder kennt sie, jeder sieht sie, sie sind überall vertreten: Flaggen, Wappen, Banner, Kostüme, Tapeten, aber auch Uniformen – man kann praktisch alles einfärben, um auf etwas bestimmtes hinzuweisen. Wo liegt aber der Ursprung? Aus welchem Grund hat der AFB die Farbe Blau gewählt? Warum ist die Freiheitsfraktion Grün? Die Weißen weiß? Naja, letztere erklärten es selbst, mit Farbensymbolik hat das nicht mehr zu tun.

Warum das Königshaus vor Jahrhunderten von Blau-Weiß zu Rot-Weiß zu Grün-Weiß wechselte, kurzzeitig Rot-Blau-Grün war und dann wieder eine andere Farbkombination hatte, lässt sich auf den gleichen Grund zurückführen: Symbolik. Die Symbolik bezieht sich im Falle des Königshauses, wie es bei fast allen Fällen der Fall war, auf Farbkombinationen. Untersuchen wir zunächst, was die einzelnen Farben bedeuten.

Die Bezeichnungen unserer Farben – rot, gelb, grün, blau, schwarz, weiß, etc – gehen auf die alt-numerischen Vokabel zurück. Und wie die meisten von Ihnen bereits wissen sollten, hatten die Numerer für jede Silbe ein Schriftzeichen. Hier auf der Folie“ – er legt eine Folie ein – „sehen wir die 12 Grundfarben, die zur numerischen Blütezeit verwendet wurden: Ra für Rot, Dira für Orangerot, Dijs für Orange, Cis für Gelb, Ef für Grün, Yz für Türkis, Nul für Blau, Bun für Blau-lila, Hyc für Weiß, Gyk für grau, Pot für Schwarz, Wyr für Violett oder Dunkellila.

Auch lange nach dem Untergang des Großreichs von Numeria waren dies die Hauptfarben der Folgestaaten. Setzen wir die Schriftzeichen nun zusammen, um zu ergründen, weshalb das Königshaus diese Farben gewählt hat: Nulhyc, Rahyc, Efhyc, Ranulef. Erkennen Sie etwas wieder? Es ist kein Zufall, dass die Dynastien danach benannt sind. Das war alles die Farbensymbolik!

Wenn wir uns nun die Bedeutung der einzelnen Farben anschauen…“ – er legt die nächste Folie ein – „… haben wir folgendes: Rot steht für das Leben, die Emotion, Aufmerksamkeit. Orangerot steht für das Feuer, die Leidenschaft, Stärke. Orange … nun, darüber sind sich unsere Historiker etwas uneinig, die vorherrschende Meinung spricht aber von Teilung, Spaltung, Uneinigkeit. Gelb steht allgemein für die Hoffnung, oder auch Ausgeglichenheit.

Grün steht für die Familie, aber auch starken Willen, Durchsetzungsvermögen, Verbundenheit mit der Natur. Türkis ist wieder schwer zu definieren, da fehlen uns auch die historischen Quellen. Aufgrund jüngerer politischer Entwickungen unserer Nachbarn können wir aber darauf schließen, dass es Gleichheit oder Gleichstellung bedeuten könnte. Blau steht für Einheit, Intellekt, Wissen und Weisheit (wodurch die Bedeutung der Komplementärfarbe erklärt wäre), aber auch die Familie als Konzept. Blau-lila wird oft mit Schwierigkeiten oder Mühen gleichgesetzt.

Weiß ist die Farbe der Reinheit, Unschuld, Vollkommenheit, wird daher gern von Klerikern und Königshäusern verwendet. Grau ist die Farbe des Alltags, repräsentiert aber auch das Ergebnis harter Arbeit, einer langen Reise oder einer Katastrophe. Schwarz ist die Farbe der Nacht, der Dunkelheit, Stille und Verborgenheit. Geheimnisse, Verschwörungen und Ruhe werden ebenfalls damit in Verbindung gebracht. Und schließlich Violett, das als Kombination aus Rot und Schwarz gesehen wird, symbolisiert Verbrechen, Verschwörungen, unbekannte Lebensweisen und das Fremde.

Anhand der Kombinationen dieser Farben kann man viele alt-numerische Wörter ableiten, wenn man auch jene Silben hernimmt, die phonetisch mit den Farbvokabeln übereinstimmen, jedoch andere Schriftzeichen verwenden. So ist zu einem der Grund, weshalb die vierte Dynastie zugrunde ging, in einer Interpretation ihrer Farbwahl zu finden: Ranulef war zum einen ein numerischer Herrscher, der sein Reich imperialistisch expandierte, und sein Volk mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln unterdrückte, zum anderen war es das alt-numerische Wort für Landesverräter oder Volksverräter, was die Vermutung aufkommen ließ, dass entweder das Wort seine Bedeutung nach dem Herrscher erhielt, oder der Herrscher – im Nachhinein – so genannt wurde. Allerdings liegt das auch schon zu weit in der Vergangenheit, um noch genaueres darüber zu erfahren.

Genauere Diskussionen, welche Wörter mit welchen Farben dargestellt werden können, finden in unseren Seminaren statt, zu denen Sie sich gleich nach der Vorlesung anmelden können. Ich danke vielmals für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, viele Ihrer Gesichter weiterhin an der Universität sehen zu können!“

(Öffentliche Vorlesung „Symbolfarben“ von Prof. Dr. Dr. Eratin)