[2020-09] Die lange Reise des Entdeckers und Kartographen Mas Magsu vom Zivilisierten Reich bis nach Grachadan über Ctonia, diverse Meere, die Schwarzsteinstadt und Deltaland und wieder zurück mit detaillierten Schilderungen aller Stationen und einem Anha

  • Langeweile!!




    Welche Gegenden sind in euren Welten richtig langweilig? Welche Personen haben absolut nicht Spannendes an sich? In welchen Epochen war sehr wenig los?


    Die Strunzöde ist nur öde, wenn man nicht dort ist und Langweilige Geschichten enthält gar keine langweiligen Geschichten. Also was ist tatsächlich langweilig?
    Ich muss an Ahmad ibn Fadlān ibn al-'Abbās ibn Rāschid ibn Hammād denken, dessen Reisebericht historisch bedeutend und detailliert ist, aber auch als sehr langweilig gilt.
    Eine Idee ist also da. Da ein Seefahrer eine Rolle spielt und das im Zivilisierten Reich oft Igel sind (kein Seeigel-Wortspiel beabsichtigt), passt dieses alte Ergebnis aus dem Fursona-Generator:
    tiny white hedgehog. it works at an adorable tiny bakery. it works out.
    Soweit gut, die Route ergibt sich anhand der Weltkarte und alle Namen, die mir noch fehlen, kann ich aus meinen Notizdateien nehmen, die sind voll davon.
    Also los:
    Die lange Reise des Entdeckers und Kartographen Mas Magsu vom Zivilisierten Reich bis nach Grachadan über Ctonia, diverse Meere, die Schwarzsteinstadt und Deltaland und wieder zurück mit detaillierten Schilderungen aller Stationen und einem Anhang bestehend aus ausführlichen Karten


    Geboren im vierten Jahrhundert vor Ende der Dunkelheit in Schuh auf der Augenlidinsel war Mas Magsu ein Albino-Igel und ungewöhnlich klein. Sein Vater war Bäcker und auch er erlernte dieses Handwerk und führte es eine Zeit lang aus. Sein Ziel war aber immer, zur See zu fahren und unbekannte Länder zu erforschen. Er trainierte hart um die körperlichen Anforderungen für einen Seemann zu erfüllen, wurde jedoch von jedem Kapitän aufgrund seiner geringen Körpergröße abgelehnt und blieb in der winzigen Bäckerei seines Vaters.


    Eine überraschende Möglichkeit kam zustande durch einen Kunden aus Ctonia, den Fürsten von Mankai, Graf Jesccia den Sechsten. Graf Jesccia, ein Brillenkaiman, entdeckte bei einem Besuch in Schuh zufällig die „niedliche kleine Bäckerei“ (so laut Magsu Jesccias genaue Worte) und fand darin den „niedlichen, winzigen, weißen Igel“ (ebenso). Auf Nachfrage erzählte Mas Magsu von seinen Wünschen und Jesccia bezahlte ihm ein Studium an der Universität von Schuh.


    Nach Abschluss seines Studiums (Schwerpunkte Geografie und Nautik), erhielt Mas Magsu eine Einladung von Graf Jesccia, auf einem seiner Schiffe als Kartograf mitzufahren. Magsu machte sich auf den Weg durch das Zivilisierte Reich und Ctonia bis zur ctonischen Küstenstadt Mankai. Schon auf dem Weg hielt er die Strecke und jede Begegnung akribisch fest.


    In Mankai lebte Magsu eine Woche lang im Palast des Fürsten, dann brach er mit der Lia'sch in Richtung Kainomaz auf.
    Die Lia'sch durchquerte das Umringte Meer, fuhr zwischen den Ringinseln Lekitrauq und Lipeli ins Keltiquarische Meer, durchquerte das Kraußenkater-Fünfeck und erreichte das Goldene Meer. Dort legte das Schiff wie geplant in der Schwarzsteinstadt auf Kainomaz an.


    Mas Magsu ging hier von Bord und lebte etwa einen Monat in der Schwarzsteinstadt, die er ausgiebig erkundete. Danach durchquerte er die nördlichen Schwarzen Zähne durch den Skelmmel-Pass und erkundete Deltaland von Süden nach Norden. Von dort überquerte er die Grenze nach Grachadan und studierte auch dieses Land. Er trat in den Dienst des grachadanischen Königs Nigelan Knigel und half bei der vollständigen Kartografierung Grachadans.


    Nach mehreren Jahren beschloss Magsu, nach Hause zurückzukehren. Seinen Plan, das Innenmeer zu überqueren und über Torll in die Schwarzsteinstadt zurückzukehren, musste er aufgeben, weil in Torll Krieg herrschte, also nahm er weitestgehend denselben Weg zurück, auf dem er gekommen war.


    In der Schwarzsteinstadt trat er der Mannschaft eines Freihandelsschiffs unter George Tentakeö bei, das über das Goldene Meer und die Erwarzsee (mit kurzem Zwischenhalt an dergefürchteten Höllenmordinsel mit dem Vulkan Blutaffenberg) zwischen den Ringinseln Rinhalt und Abenteu das Umringte Meer erreichte. Mas Magsu stieg aus auf Thaine und nahm eine Fähre zum Festland um dann zur Augenlidinsel überzusetzen und nach Schuh zurückzukehren.


    Da sein Vater inzwischen alt war, auch weil während der Zeitlosen Dunkelheit die Zeit auf dem Umringten Kontinent noch schneller verging als auf Kainomaz, übernahm Mas Magsu die Bäckerei. Gleichzeitig fügte er seine Reisenotizen zu einem ausführlichen Bericht zusammen.


    Dieser Bericht galt damals als informativ aber extrem trocken und einschläfernd. Magsu wurde als Kartograf geschätzt, als Autor aber verlacht, weshalb er nie wieder ein Buch schrieb.


    Nun hat der Maremgik-Verlag das Buch neu herausgebracht.


    Leider muss ich der zeitgenössischen Beurteilung vorbehaltlos zustimmen. Von den drei (eigentlich vier mit dem separaten Anhang) Bänden, in die der Maremgik-Verlag das Buch aufteilen musste, hat schon der erste 704 Seiten und erst am Ende sticht Magsu erstmals in See. Der zweite Band beschreibt eine Begegnung mit einem Haselerdwal, die eigentlich spannend sein sollte, aber so langsam und voller unnötiger Details erzählt wird, dass man unmöglich mitfiebern kann. Seitenweise spricht Magsu davon, wie er ein Flusstal vermessen oder eine Insel umrundet hat. Selbst die gefürchtete Höllenmordinsel, von der ich mir ein Highlight der Erzählung erhofft hatte, wird auf eine Weise beschrieben, die ihr alle Bedrohlichkeit nimmt.


    Als Beispiel sei hier eine Begegnung auf dem Skelmmel-Pass aus dem zweiten Band zitiert:
    Um etwa 10:51 Uhr kam uns an einer besonders dunklen Stelle ein Tier entgegen, bei dem es sich vermutlich um eine Art Wolf handelte. Es war, wie ich später messen konnte, ohne Schwanz 1,92 Meter lang und hatte ein Fell, in dem verschiedene schmutzige Grau- und Brauntöne ineinander übergingen. Dabei waren die dunkleren Töne dem Rücken vorbehalten, mit einem fast schwarzen Braun an den Schultern, das nach hinten hin in unregelmäßigen Strähnen heller wurde und im Grau am Schwanzansatz endete. Der Bauch war eher hellbraun mit einer leichten Neigung zum Orange in der Mitte. Die Pfoten hatten ein dreckiges Schlammbraun, bis auf die etwas hellere linke Hinterpfote, deren Farbe ich eher als Safrangelb beschreiben würde. Das Tier hatte gelbe Augen, farblich irgendwo zwischen Bernstein und Gold, mehr in Richtung Bernstein. Sein linker oberer Eckzahn stand vor, der rechte fehlte. Dieser vorstehende Zahn war deutlich vergilbter als das restliche Gebiss in dem zwei vordere obere Zähne an der Spitze abgebrochen waren.
    Das ganze Tier wirkte mager und sein Fell war stumpf, was auf einen schlechten Gesundheitszustand schließen lässt. Zeichen von Tollwut konnte ich aber nicht entdecken. Trotz seiner ausgehungerten Erscheinung sind die Muskeln offenbar sehr kräftig.
    Das Tier bewegte sich zunächst langsam auf uns zu und beschleunigte dann sehr plötzlich auf eine für Wölfe ungewöhnliche Geschwindigkeit, wahrscheinlich in der Absicht, einen unserer Lastkrapfs zu reißen. Einer unserer Karawanenwächter erlegte es mit einem Schuss. Die Kugel drang seitlich von vorne durch die Schulter in den Brustkorb ein und verfehlte das Herz selbst, durchbohrt aber mehrere Arterien. Das Tier kam dadurch zum Stehen und verendete innerhalb von 4 Minuten und etwa 43 Sekunden aufgrund der inneren Blutungen.
    Bislang haben wir kein weiteres solches Tier angetroffen. Aufgrund unserer eingeschränkten Lastkapazitäten mussten wir das Exemplar nach einer kurzen Untersuchung zurücklassen. Der genaue Punkt der Begegnung ist in der im Anhang zu findenden Karte des Skelmmel-Passes mit einem W markiert.


    Im dritten Band hat Magsu auf dem Rückweg eine weitere Begegnung mit einem dieser Tiere (es ist ein Vampirischer Pseudowerwolf, wie ich leicht nachschlagen konnte), die nahezu identisch abläuft und die er genauso detailliert beschreibt.


    Der einzige Teil, der zur Zeit der ersten Erscheinung gelobt wurde, die Information, ist leider auch nicht mehr interessant, da es sich heute entweder um Allgemeinwissen handelt, oder in jedem Atlas oder Lexikon nachgeschlagen werden kann.


    Teilweise ist sie auch einfach unnötig. Wen interessiert, wie die Kaninchenpopulation von Lekitrauq im vierten Jahrhundert vor Ende der Dunkelheit aussah?


    Das vernichtende Urteil lautet: Die lange Reise des Entdeckers und Kartographen Mas Magsu vom Zivilisierten Reich bis nach Grachadan über Ctonia, diverse Meere, die Schwarzsteinstadt und Deltaland und wieder zurück mit detaillierten Schilderungen aller Stationen und einem Anhang bestehend aus ausführlichen Karten ist das wahrscheinlich langweiligste Buch der Welt.

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