Sechzehnter Tag: Angel
Sylz hat hauptsächlich einzeln stehende Häuser und ein paar Dörfer. Das einzige, was als Stadt durchgehen könnte, ist der Ort Neunkirchen, der so heißt, weil er ganze neun Kirchen des Hammerhais hat.
Jede dieser Kirchen ist anders und absolut sehenswert. Die Eiskirche an der Westküste etwa besteht nicht ganz aus Eis, hat aber einen von Eis bedeckten Boden, der trotz akuter Rutschgefahr immer glatt gehalten wird und niemals tauen darf. Sünder können Buße tun indem sie mit dem bloßen Hintern auf dem Boden sitzen. Die so entstehenden Abdrücke, die ihre Sünden symbolisieren, verschwinden wenn der Eisboden mit Wasser aufgefüllt und glatt poliert wird.
Die Knochenkirche ist nicht wirklich aus Knochen gebaut, aber alle Bögen sind in Knochenform gemeißelt und die Wasserspeier auf dem Dach sind wie Skelette gestaltet.
Die Farbenkirche ist vermutlich das einzige Gebäude auf Sylz, das außen mehr Farben als braun, grau, schwarz oder weiß aufweist. Dank ihrer Prismafenster ist sie innen sogar noch bunter.
Die Hölzerne Kirche wurde komplett aus Treibholz und alten Schiffswracks errichtet. Ursprünglich jedenfalls, natürlich ist wenig davon heute noch das Originalmaterial.
Die Kugelfischkirche wirkt tatsächlich etwas rundlich und man kann ihre kleinen Mauervorsprünge für Stacheln halten. Tatsächlich hat sie ihren Namen aber daher, dass ihre Orgel mit präparierten Kugelfischen als Pumpen arbeitet.
Die Zwergenkirche ist etwas kleiner als die übrigen und alles darin ist für kleinere Inselbewohner eingerichtet. Sie wird allerdings in erster Linie nicht von Zwergen sondern von Halblingen besucht. Nur sehr wenige Zwerge gehören zur Kirche des Hammerhais.
Die Riesenkirche ist das Gegenteil davon, besonders groß und an besonders große Kirchgänger angepasst. Davon gibt es auf Sylz allerdings meist überhaupt keine.
Die Ringkirche ist von ringförmigen Mauern umgeben, die ihre Durchgänge auf unterschiedlichen Seiten haben, sodass es eine Weile dauert, das eigentliche Gebäude zu erreichen. Der Grundriss dieses Ringsystems ist auch als Symbol überall in der Kirche zu sehen und ein Modell steht auf dem Altar.
Schließlich ist da die Grabkirche, die vielleicht normalste der neun. Mitten darin steht allerdings ein großer Sarkophag, in dem der Heilige Kamirco beigesetzt sein soll.
Die Legende sagt, dass Kamirco, ein Missionar vom Festland, alle neun Kirchen bauen ließ, um die vielen alten Kultplätze der Insel umzuweihen. Dass acht der Kirchen genau angeordnet sind wie die Durchgänge der Ringemauern um die Ringkirche und die Grabkirche in der Mitte, hat zu einigen Spekulationen geführt.
Es gibt Gerüchte über einen bösen Gott, der im Eisboden der Eiskirche eingeschlossen ist.
Über die Knochen von Untoten Monstern, die in der Knochenkirche zwischen falschen Knochen versteckt und fixiert wurden.
Über ein Schattenmonster, das durch das Licht der Farbenkirche gebannt wird.
Über die Geister ertrunkener Seeleute, die an das Holz der Hölzernen Kirche gebunden sind.
Über ein schlafendes Seeungeheuer, das erwacht, wenn es nicht regelmäßig den Klang einer Kugelfischorgel hört.
Über Zwerge und Riesen, die sich gegenseitig in Blutgruben opferten.
Über einen ruhelosen Wanderer, der nur durch ein Labyrinth aus Ringen eingesperrt werden kann.
Manche sagen auch, damals in Otakaz habe anstelle der Grabkirche ein Kloster des Abgrundes gestanden. Ein leibhaftiger Engel des Abgrundes sei dort von den Mönchen verehrt worden und habe sie mit heiliger Magie beschenkt.
Dieser Engel solle heute noch dort ruhen, direkt unter dem Sarkophag des Heiligen Kamirco.
All das mag wahr sein oder auch nicht. Besuchen Sie die Kirchen und machen Sie sich selbst ein Bild.