Limyaael's Fantasy Rants übersetzt

  • Nun, vielleicht ist meine Erfahrung nicht typisch, aber es ist absolut erstaunlich, wie viele "beschäftigte" Leute, die ich kenne - einschließlich Menschen mit Vollzeitjobs und Kommilitonen [Anm. d. Übs. Limyaael sagt „graduate students“, sic sic]-, die es immer noch schaffen, Zeit zu finden, um ins Kino zu gehen, Computerspiele zu spielen und stundenlang Fernsehen zu sehen. Sie finden in ihren Tagen Zeit für Dinge, die sie gerne tun. Wenn sie gerne schreiben, sollten sie nicht in der Lage sein, Zeit dafür zu finden?

    Das, und der Tipp "Schreib gern!" erinnert mich stark an "Hast du schon mal versucht, nicht traurig zu sein?" an Menschen mit Depression. :fluecht:
    Aber es ist ein wahrer Kern drin, nur sehr ungeschickt formuliert. Die Frage "Was ist konkret zu tun, damit das Schreiben Spaß macht?" wär ja eigentlich eher hinführend. Oder "Woran habe ich beim Schreiben am meisten Spaß?".


    ... schreibt eine Person, die fast nichts mehr schreibt. :pfeif: Aber gut, wenn ich denn wirklich wollte, würde ich mit den Fragen anfangen, ganz bestimmt. :engel:

  • Das zeigt jedenfalls, wie alt die Texte schon sind... damals war GRRM noch "nicht wirklich so groß" und heute gefühlt das Maß aller Dinge auf dem Fantasy-Sektor, auch wenn ich zugegebenermaßen die Entwicklungen auf dem Literatursektor nicht so genau verfolgt habe. Deine Einschätzung scheint den Eindruck aber zu bestätigen.

    Limyaael scheint sich aber spezifisch dran zu stören, wenn Brutalität ausgeblendet wird. Dass es in Fantasywelten brutal zugeht, war offenbar damals schon absolut normal, und sie will, dass es auch dargestellt wird, wie halt z.B. bei Martin.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • So viel auf einmal? Da kommt man ja kaum noch hinterher mit den Kommentaren.


    Die Schreibtipps sind für mich jetzt nicht sonderlich originell, sondern alle aus der Kategorie "schon oft an verschiedenen Stellen gehört". Ich finde nicht, dass man Hausarbeiten und Romane bei Themen wie Inspiration so richtig miteinander vergleichen kann. Bei ersteren gibt es ja Fakten, an denen man sich orientieren kann, sodass es auch geht, wenn man nicht wahnsinnig inspiriert und vom Thema begeistert ist. (Dürfte bei verpflichtenden Hausarbeiten öfter der Fall sein. ;)) Ein Roman ist da aber ein anderes Thema und da finde ich die Inspiration schon sehr hilfreich, auch wenn sie nicht unbedingt das ganze Buch lang immer anhält.
    Wie oft ich jetzt schreibe, oder was ich für Ausreden finde, geht meiner Meinung nach schlicht niemanden etwas an. Nennenswert Geld verdienen werde ich damit höchstwahrscheinlich nie und es schadet auch niemandem, wenn ich es mal bleiben lasse, deswegen sehe ich keinen Grund, mich da selbst unter Druck zu setzen, davon habe ich ansonsten genug.
    Trotzdem zähle ich meine Wörter und freue mich, wenn es im geplanten Rahmen bleibt.


    Zu den Fanfictions: Limyaael scheint irgendwie ein Fan von Inzest in FFs zu sein, meins ist das nicht, also lese ich entsprechende Geschichten nicht. Ob sie jemand schreibt, ist mir aber ziemlich egal.
    Die Meinung zu den Mary Sues ist halt auch so eine Standardmeinung, die man irgendwie haben muss(te), ich finde nichts Dramatisches dabei, wenn jemand etwas in die Richtung schreibt und ihre Freundinnen das toll finden.
    Überhaupt sehe ich keinen Sinn darin, mich bei Fanfictions als Oberlehrerin aufzuspielen und anderen deutlich zu machen, wie wenig sie doch noch können.


    Was die Brutalität in der Fantasy angeht, scheint sich da wie schon geschrieben wurde einiges in Limyaaels Richtung entwickelt zu haben. Meiner Meinung nach ist das reine Geschmackssache. Ich brauche keine, bis ins letzte blutige Detail beschriebene Folterszenen, sondern finde, dass gerade bei diesem Thema weniger oft mehr ist. Genauso finde ich Beschreibungen von spritzendem Blut und fliegenden Gedärmen meistens verzichtbar, oft hat das auch etwas Voyeuristisches. Wichtig finde ich das höchstens dann, wenn das, was passiert irgendwie ungewöhnlich oder selten beschrieben ist und man nicht erwarten kann, dass der Leser die passenden Bilder selbst parat hat. Gerade bei Folter ist aber weniger oft wirklich mehr und Andeutungen wirken deutlich besser, als lange, detaillierte Schilderungen.
    Grundsätzlich muss eine Fantasywelt für mich aber auch nicht vor Folter, sexualisierter Gewalt und Mord triefen, sondern ich ziehe es vor, wenn es auch helle, positive Aspekte gibt.

  • 2) Brutalität.


    ... kotzt mich langsam an. Was man derzeit an Fantasy vorgesetzt kriegt, badet in Brutalität, ergötzt sich daran. Kann eine Fantasywelt nicht einfach mal halbwegs zivilisiert sein? Ich will keine Fantasywelt, in der Krieg Alltag ist, den Eindruck, wie das ist, krieg ich leider schon aus den Nachrichten, vielen Dank.

    Vielleicht wurde es in diesem Thread bereits angesprochen, aber um zu verstehen, warum diese Brutalität von manchen Leuten (Limyaael eingeschlossen) gefordert wird, muss uns klar werden, dass Brutalität mit etwas anderem verwechselt wird und daher als Lösung eines Problem erscheint. In Limyaaels Fall ist dieses Problem, dieser nicht hinnehmbare status quo eng verbunden mit der Vorstellung von Entertainment, dass Konfrontation scheut.




    Konfrontationen finden in Geschichten jeder Art statt: ein Charakter muss einen Fehler eingestehen oder erkennen, ein Charakter muss sich nicht nur einem Gegner stellen sondern auch irgendwelchen persönlichen Schwächen oder Fehlern, usw. Geschichten konfrontieren indirekt (manchmal auch direkt) uns, das Publikum. In einem meiner ersten Kommentare stellte ich den Vergleich zwischen Geschichten und Fussball an. Wie im Fussballspiel ist der eigentliche Zweck der Geschichte nicht bloss der Sieg (das Tore schiessen, der Triumph der Romanfigur etc.) sondern im Gegenteil, es wird dadurch spannend, das Dinge schiefgehen und je mehr schiefgeht obwohl ein Erfolg irgendwie denkbar scheint, desto spannender ist es.
    Limyaael sieht Geschichten, die zu reibungslos verlaufen und sie spürt ja die Aufregung von Geschichten, in denen so richtig was los ist. Ich kann das deshalb mit Bestimmtheit sagen, weil mir kein Fall bekannt ist, wo dieses Gefühl nicht zumindest einer der Faktoren ist, der Leute dazu bringt, alle Geschichten grob und brutal haben zu wollen. Als die Batman-Filme von Christopher Nolan in die Kinos kamen, war die Werbung voll mit der Botschaft, nun sei endlich eine Adaption gekommen, die Batman von einer realistischen Seite zeige, mit aller Härte. Dabei wurde immer von den Machern unterstellt, dass Batman uns dadurch irgendwie näher geht. Klar war das Quatsch (Dark Knight war nicht deshalb gut, weil es so sehr der Realität ähnelt) aber trotzdem ist da eine Lücke, ein Bedürfnis, das viele Leute haben. Ich glaube nicht, dass Fantasy-Fans wie Limyaael wirklich blutdurstig sind. Ich denke, sie verwechseln einfach positive Erfahrungen mit Geschichten mit Qualität, weil sie spontan keine bessere Erklärung haben, warum die Erfahrung so positiv war als sie von Reisestrapazen, hartgesottenen Umfeldern, gepiesackten Heldenfiguren und Folter lesen mussten. Sie assoziieren quasi das Adrenalin, dass ihnen bei spannenden Geschichten durch die Adern floss mit dieser Abstraktion "oh, das wird die Brutalität der Szene gewesen sein".





    Das zeigt jedenfalls, wie alt die Texte schon sind... damals war GRRM noch "nicht wirklich so groß" und heute gefühlt das Maß aller Dinge auf dem Fantasy-Sektor, auch wenn ich zugegebenermaßen die Entwicklungen auf dem Literatursektor nicht so genau verfolgt habe. Deine Einschätzung scheint den Eindruck aber zu bestätigen.

    So viele alte Gesichter! Hey hey! :wink:



    Das, und der Tipp "Schreib gern!" erinnert mich stark an "Hast du schon mal versucht, nicht traurig zu sein?" an Menschen mit Depression.
    Aber es ist ein wahrer Kern drin, nur sehr ungeschickt formuliert. Die Frage "Was ist konkret zu tun, damit das Schreiben Spaß macht?" wär ja eigentlich eher hinführend. Oder "Woran habe ich beim Schreiben am meisten Spaß?".

    Verflixt. Ich war zu sehr in mein Zeug vertieft und habe gar nicht hallo gesagt! HI :wink:



    So viel auf einmal? Da kommt man ja kaum noch hinterher mit den Kommentaren.

    Und ich dachte, ich tu euch was Gutes und mach drei Rants auf einmal. :fluecht:

    Grundsätzlich muss eine Fantasywelt für mich aber auch nicht vor Folter, sexualisierter Gewalt und Mord triefen, sondern ich ziehe es vor, wenn es auch helle, positive Aspekte gibt.

    :klatsch: :klatsch: :klatsch:

  • So viele alte Gesichter! Hey hey! :wink:

    Ach, jetzt weiß ich erst, wer du früher warst hier im Forum. :D Hab erst gar nicht auf deine exorbitante Beitragszahl geachtet, und musste dann trotzdem in ein paar alten Threads nachforschen. ;D

  • Charakterschwächen in Profilen



    Womit ich Probleme hab:


    • Fehler, die keine Fehler sind. Entweder sind das die Dinge, die weder dir noch deinem Publikum als Fehler vorkommen – also nicht wirklich Fehler: "Sie ist zu nett!" oder "Er ist zu bescheiden!" - oder Dinge wie: "Nun, sie kaut auf ihren Nägeln rum!" Die erste Sorte „Fehler“ sind umformulierte Vorteile. Die zweite Sorte sind schlechte Gewohnheiten, die überwunden werden können. Und das bringt mich zu
    • Fehler, die weggebürstet werden können. Ich habe aufgehört zu zählen, wieviele Male ich in einem Charakterprofil Dinge wie "Zurückhaltend, lernt aber, am Ende der Geschichte mutig zu sein" gelesen habe. Und wenn ihr Fehler nicht mehr da ist, was passiert dann mit ihrer Menschlichkeit? Einige veröffentlichte Romane kommen dem nah, indem ihre Charaktere anscheinend durch ihr Leiden Dinge verdienen, aber der Autor ist klug genug, das Buch danach zu beenden, da es bedeuten würde, über eine Figur schreiben zu müssen, die fast perfekt war. Perfekte Menschen, oder diejenigen, die so werden, sind langweilig.
    • Fehler, die den Charakter keinerlei Unannehmlichkeiten bereiten. Wenn sie nicht gut tanzen kann, aber nie tanzen muss... Tja, was war daran nochmal die Schwäche?
    • Fehler, die immer als Stärken gespielt werden. Es liesse sich viel faszinierenden zu Dingen wie einem gewitzten Charakter, einem schnellen Temperament oder schnellen Verstand sagen, weil diese Dinge sowohl als Fehler als auch als Stärken funktionieren könnten, aber zu oft hat der Charakter sie nur als Stärken. Mir sind beim Lesen schon Charaktere untergekommen, die ich gerade wegen ihrer gewitzten Wortwahl schlagen wollte, aber alle anderen standen um sie herum und gafften vor Ehrfurcht. In ähnlicher Weise geraten die Charaktere mit schnellen Temperamenten oft nicht in Schwierigkeiten, wo sie die Beherrschung verlieren und die Charaktere mit schnellem Verstand ziehen niemals falsche Schlüsse.

    Was ich empfehle:


    Lasse Deine Charaktere Fehler machen. Das ist etwas, wovor die meisten Amateurautoren und sogar einige veröffentlichte Autoren wirklich Angst zu haben scheinen. Alles, was mit ihrem Charakter geschieht, ist das Verschulden der Eltern, das Verschulden der Geschwister oder ein Fremdverschulden. Die Menschen machen auch selbst Fehler, weisst Du? Lass Deinen Charakter als Ergebnis dessen ändern, was er oder sie tut und auch was in der Außenwelt passiert.


    Gib dem Charakter einige echte Fehler. Ich habe Leute gehört, die sich Sorgen machen, den Charakter unsympathisch zu machen, aber das Publikum hat unterschiedliche Geschmäcker. Manche Menschen sympathisieren wirklich mit Menschen, die über die gewöhnlichen Probleme des Lebens jammern. Ich nicht, aber das bin ich. Und wenn du gut genug schreibst, werden dir die Leute so gut wie alles verzeihen. Einige Fehler, die nicht so einfach in Darstellungen der Tugend zu verwandeln sind, sind:


    • Heuchelei
    • Sorglosigkeit mit Geld
    • Wichtige Dinge vergessen (Geburtstagsdaten, Orte wichtiger Objekte)
    • aggressiv und übermäßiger Schutzinstinkt
    • Herablassend gegenüber Anderen
    • das Gespräch ständig in eins über sich selbst verwandeln
    • hinterm Rücken Anderer beschweren, aber von Angesicht zu Angesicht nett und süß sein
    • darauf bestehen, dass andere ihre Obsessionen teilen
    • Faulheit
    • setzt voraus, dass die Regeln nicht für sie gelten und schreien, wenn sie es doch tun
    • Selbstgerechtigkeit
    • Fanatismus zu einem bestimmten Thema


    All dies ist schwieriger, sich zum Vorteil zu wenden, und natürlich haben die meisten Menschen irgendwie Angst, dass ihre Charaktere magisch unsympathisch werden, wenn sie sie benutzen. Nein, sie klingen wie echte Menschen.


    Manche dieser ich-bin-so-perfekt-Profile funktionieren vielleicht tatsächlich beim Schreiben der Geschichte, aber die meiste Zeit verdreh ich die Augen nur davon, dass ich das Profil selbst lese.

  • Das ist wieder so ein Rant, wo ich grundsätzlich verstehe, worauf Limyaael hinauswill, den ich aber in dieser Absolutheit nicht stehenlassen würde. (Bitte nimm's mir nicht übel, aber ich glaube "(Charakter)-Schwächen" wäre hier auf Deutsch ein passenderes Wort als "Fehler.")
    Jedenfalls hat sie recht, dass manche unerfahrene Autoren das Problem haben, dass sie ihren Charakteren nur gute Eigenschaften und "Pseudoschwächen" geben, die eigentlich auch versteckte Stärken sind.
    Ich selber bin aber grundsätzlich kein Fan davon Listen mit Stärken und Schwächen auszufüllen, sondern habe es lieber, wenn sich das organisch entwickelt (oder sich zumindest so liest) und sich dann anhand der Reaktionen der Charaktere auf die Handlung zeigt, wie sie so drauf sind. Und da kann sich dann durchaus dieselbe Eigenschaft in manchen Situationen als positiv und in anderen als negativ erweisen.
    Die von Limyaael aufgezählten Eigenschaften sind allesamt welche, die die Figur doch sehr unsympathisch machen. Das kann man natürlich machen, Antihelden sind ja auch recht beliebt, ich halte es aber für falsch zu behaupten, dass man es machen muss, um eine gute und interessante Geschichte zu schreiben. Es spricht überhaupt nichts gegen tapfere, ehrenhafte und uneigennützige Protagonisten, wenn die Geschichte dazu passt und es nicht zu dick aufgetragen wirkt. Letzteres ist dann wieder eine Frage der schriftstellerischen Fähigkeiten.

  • Bitte nimm's mir nicht übel, aber ich glaube "(Charakter)-Schwächen" wäre hier auf Deutsch ein passenderes Wort als "Fehler."

    Oh, danke!

    Es spricht überhaupt nichts gegen tapfere, ehrenhafte und uneigennützige Protagonisten, wenn die Geschichte dazu passt und es nicht zu dick aufgetragen wirkt. Letzteres ist dann wieder eine Frage der schriftstellerischen Fähigkeiten.

    Eben.

  • Anfänge


    1. Absatz mit Action oder Dialog, dann endlose Absätze mit Beschreibung/Exposition.


    Sagen wir, deine Geschichte beginnt so: "Komm her, Beldeira!" rief Syelli leise. "Ich glaube nicht, dass wir gehört werden sollten, wenn wir nicht wollen, dass sie uns die Finger brechen." Ich möchte bitte wissen, was zum Henker Syelli und Beldeira da tun. Ich möchte keine endlosen Beschreibungen des Raumes, in dem sie stehen, wie schön die Charaktere sind, wie der Blick aus dem Fenster so ist und dieser Wandteppich hier, der zeigt, wie die Schlacht von Rockingroll vor zehntausend Jahren gekämpft und von König Avediwhoop gewonnen wurde. Streue kleine Expositions- und Beschreibungskrümel in die Geschichte, anstatt sie alle aufeinander zu stapeln. Nichts ist besser geeignet, um die Action zu bremsen.


    2. Gleich mit einer Szene anzufangen, die uns dazu bringen soll, "awww!" zu sagen.


    Charaktere müssen in der Regel meine Sympathie verdienen. Eine Szene zu konstruieren, in der die Hauptfigur als Kind missbraucht, vergewaltigt oder von anderen Charakteren ohne jeden Grund verachtet wird, ist reine emotionale Manipulation. Beispiel: Siehe Mercedes Lackey‘s Magic‘s Pawn. Der Charakter Vanyel beginnt tatsächlich einen Kampf zu gewinnen, wird sofort niedergeschlagen, ihm wird der Arm gebrochen, und er wird von all seinen Geschwistern verachtet. Das zweite Kapitel besteht ausschließlich aus Jammerei. Keine gute Idee. Sobald die Leserin herausfindet, dass sie emotional manipuliert wird, ist sie viel weniger sympathisch. Auch eine andere schlechte Sache, die dies tut, ist den Helden oder die Heldin als Opfer zu präsentieren, und obwohl es ein einfacher Trick sein kann, um Aufmerksamkeit zu gewinnen, ist es schwierig, den Charakter danach überzeugend in einen Helden zu verwandeln.


    3. Anhand einer Rückblende die Gesamte jüngere Geschichte der Figur rekapitulieren.


    Ja, richtig. Zeig uns das mit späteren Erwähnungen in der Geschichte, bitte. Um zu sehen wie solche Erwähnungen GUT funktionieren, seht euch Lois McMaster Bujolds Der Fluch des Chalion an. Der Charakter wird zu Anfang gezeigt, wie er eine Straße entlanggeht, offensichtlich unter Schmerzen für das, was in seiner Vergangenheit passiert ist, aber Bujold geht nicht sofort in eine Rückblende über, um die Vergangenheit und alles was daran grausam und schrecklich ohmeingott war darzustellen. Sie gibt zuerst andeutende Details und erzählt uns, dass Cazaril ein Galeerensklave war, und erst später sehen wir, wie schrecklich es war, wenn andere Charaktere, die die Geschichte nicht kennen, nachfragen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Sympathie des Lesers (oder zumindest meine) für Cazaril engagiert, so wie es nicht bei einer Figur ist, die einen Schritt macht und sofort anfängt, über ihre neun Brüder und Schwestern nachzudenken und darüber nachzudenken, wie sie als Prostituierte für sie malochen muss.


    4. Einen mythologischen Prolog zu haben, der anscheinend nichts mit der darauf folgenden Geschichte zu tun hat.


    Das war originell (denke ich), als David Eddings es tat und Legenden aufstellte, die Relevanz für seine Quest-Objekte haben sollten. Nun scheint es, dass jeder Amateur-Fantasy-Autor mit einer Art Prophezeiung oder Mythos der Götter beginnt. Ich mache eine Checkliste. Sind die Götter die Hauptfiguren der Geschichte? Nein? Dann beginn bitte mit dem Charakter. Ist der Schriftsteller gut im Umgang mit mythologischer Sprache? Nein (meistens die Antwort?) Dann hör auf mit den Versuchen, etwas zu tun, was Du nicht gut kannst. Verwendet der Autor dies als Infodump? Ja (so wie es die meiste Zeit geschieht?) Hör auf.


    5. Keine erkennbarer Blickwinkel.


    Dieser Blickwinkel schwebt von Charakterkopf zu Charakterkopf oder beschreibt sogar Dinge, die kein Charakter wissen könnte, etwa wie oft die Monde seit Beginn der Welt aufgestiegen sind oder wie das Meer die Form des Landes über Tausende von Jahren verändert hat. Laang-weeilig. Dies hat die Probleme der Exposition vervielfacht, da es nicht einmal einen Absatz des Dialogs oder der Action gibt, um uns anzufixen. Einige Autoren streben einen "Film"-Ansatz an, bei dem sie sich zuerst wie eine Kamera einem Schloss oder einer Szene nähern und dann den Charakter auswählen, dessen Wahrnehmung sie teilen. Ich glaube nicht, dass dies sehr gut funktioniert, denn wenn die Techniken aus Büchern sich oft nicht auf den Bildschirm übersetzen, ist das gleiche im auch umgekehrt wahr. Filme sind im Wesentlichen dramatische Medien; Sie zeigen dir visuelle Bilder, so wie Drama die Schauspieler zeigt, und sie zeigen dir, was die Charaktere tun und sagen, anstatt was in ihren Köpfen vor sich geht. Bücher müssen eine gewisse Innerlichkeit haben, oder es ist wirklich schwer zu erzählen, und die Innerlichkeit muss zumindest teilweise konstant bleiben. Ich habe Geschichten gelesen, die alle paar Absätze abprallen lassen oder zwischen Kapiteln springen und dann nie zu bestimmten Charakteren zurückkehren, und es ist wirklich, wirklich ärgerlich. Ich denke, viele Amateur-Fantasy-Autoren versuchen, mehrere Standpunkt-Charaktere zu haben und, dass dies die Art und Weise sei, die sie beim Schreiben wählen müssen, weil sie Epen schreiben. Die meisten Autoren sollten aber wahrscheinlich warten, bis sie einige Übungen mit einzelnen Blickwinkeln gemacht haben und sich in ihnen verwurzeln, bevor sie versuchen, diese Vielfalt zu suchen.

  • Anfänge


    5. Keine erkennbarer Blickwinkel.

    Das Gegenargument hier ist eigentlich nur entweder "du kannst das nicht, lass es" oder "das geht nur im Film gut".
    Klar sollte man es nicht übertreiben - aber ein bisschen kann man das schon machen.


    Filme sind im Wesentlichen dramatische Medien; Sie zeigen dir visuelle Bilder, so wie Drama die Schauspieler zeigt, und sie zeigen dir, was die Charaktere tun und sagen, anstatt was in ihren Köpfen vor sich geht. Bücher müssen eine gewisse Innerlichkeit haben, oder es ist wirklich schwer zu erzählen, und die Innerlichkeit muss zumindest teilweise konstant bleiben.

    Das ist vermutlich das Häufigste. Aber mir kann keiner erzählen, ein Film könne partout nicht rüberbringen, was diversen Köpfen vorgeht. Und Texte können andersrum durchaus bestens darauf aufbauen, was sichtbar passiert. Meistens ist es ohnehin ein Zwischending. Und es variiert innerhalb eines Werkes, das ist keineswegs konstant.
    Beispiel aus sehr viel SF, u.a. meinem Teil: Die Raumschlacht enthält nur sehr wenig, was in Köpfen vorgeht, dafür verdammt viel, was sichtbar passiert - beim Wundenlecken danach ist es andersrum.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Okay, jetzt fange ich wieder mit Limyaael-Übersetzungen an.
    Diesmal sollten sie lesbarer sein. Und hoffentlich unterhaltsamer. Der Original-Rant sieht in Zukunft etwas anders aus als die Übersetzung – ich bleibe weniger dicht am Original und gebe mir Mühe, dass da nicht ständig „Würg“ oder „ich falle vor Langeweile um“ usw. vorkommt. Ich finde, wir sind alle erwachsen und wissen inzwischen, wann Lim irgendetwas langweilig findet oder wütend ist...der Text ist meistens sehr direkt. Ich behalte solche Lautmalereien und Kommentare nur dann bei, wenn es wirklich den Text verständlicher macht.
    Spezifisch beim heutigen Rant habe ich fast alle fett gedruckten Textstellen nicht fett gedruckt, statt wie im Original. Ich finde den Text so schon übersichtlich genug und zweitens habe ich die hervorheben wollen, wo Limyaael Neues sagt.


    Die Kindheit der Helden


    Einige Aspekte von Amateur-Fantasy-Fiktion jagen mich kreischend in mein Versteck.


    Fantasy-Romane sind oft im Herzen Bildungsromane, also letztlich Geschichten von der Erwachsenwerdung. Ein Kind wächst auf, wird zum ängstlichen Teenager, erbt magische, königliche oder prophetische Macht (manchmal alle drei zugleich) und rettet oder regiert zum Schluss die Welt.


    Dieser Ablauf ist so grundlegend, dass ich mir meine Einwände sparen kann. Genauso gut könnte ich Fantasyliteratur mit Drachen oder Geschichten mit Ehepaaren ablehnen. Falls ich je Hass auf solche Inhalte habe, fallen mir Bücher ein, wo diese Konzepte gut umgesetzt wurden. Also beschränke ich mich bei folgender Kritik des Bildungsromans auf folgende Bemerkungen:


    1) Ich hasse schlecht gemachte Bildungsromane mehr als jede andere Form von Fantasy.


    2) Die Zahl professioneller Autoren, die meiner Meinung nach Fantasy-Bildungsromane gut schreiben, ist winzig. Guy Gavriel Kay (wenn er ab und zu Teenager schreibt) und George R. R. Martin sind gut darin, aber dann sind sie sowieso Götter. Tad Williams und Dave Duncan sind die einzigen anderen, auf dich ich sonst käme. Lois McMaster Bujold und Carol Berg begleiten ihre erwachsenen Helden durch glaubwürdige Veränderungen und Entwicklungen. Angesichts dessen könnt ihr euch bestimmt vorstellen, wie selten ich Amateur-Fantasy finde, wo dieser Plot gelingt.


    Was also sollte getan werden (natürlich laut der ganz großen Limyaael, die keine Zustimmung erwartet, der Zustimmung aber nicht wirklich wichtig ist)?


    Erstens sollte Missbrauch, falls er Thema wird, ein subtiler Schrecken sein. Inzwischen falle ich vor Langeweile um, wenn der Familienvater aus Trunkenheit die Kinder schlägt und ihnen beide Arme bricht. Aber viele Schriftsteller übersehen, dass Vernachlässigung, Gleichgültigkeit dem Kind gegenüber und emotionaler Missbrauch genauso viel in einem Charakter anrichten können. Wenn du wirklich sexuellen und/oder körperlichen Missbrauch schreibst, reichen meist subtile Hinweise. Wenn ich weiß, dass in der Kindheit der Heldin etwas Schlimmes passiert ist, aber ich nicht genau weiß was, bin ich viel beunruhigter, als wenn mir mit einem 10-Seiten-Monolog „eine Freude“ gemacht wird, wo die Heldin vergewaltigt, geschlagen, bespuckt und niedergeschlagen wurde.


    Zweitens keine selbstmitleidigen Monologe.


    "Und bleib draußen!"


    Sarah schluchzte, als der Vater die Tür hinter ihr zuschlug. Warum war er ihr gegenüber so grausam? Jeden Tag sagte er ihr, er habe einen Sohn statt einer Tochter gewollt, und jeden Tag ließ er sie in das Brombeerenfeld gehen und Beeren pflücken, nur weil er wollte, dass sie leidet.


    Zumindest einige Charaktere würden wahrscheinlich unter Schock stehen oder ihren Zorn in sich hinein fressen oder komplett passiv werden und sich denken, dass die Strafe verdienen. Tränenangst und Trübsal blasen muss nicht sein. "Weh mir, denn meine Eltern hassen mich und ich habe keine Freunde" ist weder originell noch einprägsam.


    Drittens: beginne mit etwas anderem als der Geburt des Helden. Du hast wahrscheinlich mindestens ein Fantasy-Buch gelesen, das damit beginnt, dass ein Kind geboren wird und verschiedene Menschen - Hebammen sind dafür erstklassige Kandidaten - erzählen, wie das Kind aufwachsen und König Avediwhoop besiegen wird. Armer König Avediwhoop.


    Warum soetwas tun?


    Prophezeiungen sind idealerweise knifflig oder vage, nicht ultra-konkret. Auch Geburten sind nicht wirklich so interessant, vor allem wenn jede Beschreibung einer Geburt nach Schema F prophetische Muttermale, Unmengen Blut und den Tod der Mutter beinhaltet und ich genau merke, dass die Autoren dazu zwingen wollen, das Kind sympathisch zu finden. Zeigt mir doch lieber, warum ich dieser Person Erfolg wünschen sollte. Ich will genauer wissen, warum Menschen sterben, damit das Neugeborene in Sicherheit ist oder warum sich Leute opfern, damit sich die Prophezeihung erfüllen kann (oder generell warum sie ihr Leben lassen, damit das Baby eines Tages die Welt rettet, Prophezeihung hin oder her).


    Weinende Babys unterscheiden sich nicht unbedingt von anderen weinenden Babys und ich wüsste nicht, weshalb ein Kaul (oder Muttermal) oder ein prophetisches Leuchten bei mir Schutzinstinkte auslösen sollte.


    Viertens: Bei den Göttern eures weltspezifischen Pantheons, BITTE macht die Kinder nicht zu Gruselpropheten! Diese 6 oder 7 Jahre alten Kinder, "klüger als seine/ihre Jahre", die kryptisch daherreden und alles was aus ihrem Mund kommt, wird auf unheimliche Weise wahr. Das sind keine Kinder. Das sind Ausreden für den Autor, Prophezeiungen in die Geschichte einzufügen. Oft haben diese Figuren nichtmal eine eigenständige Persönlichkeit.


    Fünftens: Beschränkt die magischen Kräfte eurer Kinderhelden! Begreift ihr denn nicht, was für ein Monster ein 8-Jähriger mit übermächtigen Feuerzaubern wäre?! Amateur-Fantasy-Autoren geben so oft ihren Kindsfiguren Superkräfte, die nie ausser Kontrolle geraten, oft nicht einmal drohen, ausser Kontrolle zu geraten.


    Das gilt auch generell für die Fähigkeiten bei der Jagd, im Schwertkampf und Bogenschießen und so weiter. Ich würde von mittelalterlichen Kindern erwarten, dass sie einigermaßen gut darin sind, Nahrung zu finden, sich um andere Kinder zu kümmern und Tiere zu hüten. Das sind die Aufgaben, die kaum körperliche Kraft erfordern und jung unterrichtet werden können. Ein Kind könnte anfangen, mit einem Holzschwert zu lernen, aber wenn es einen Ritter im Erwachsenenalter besiegt, weiss ich nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll.


    Sechstens: Denkt denn bitte jemand an die Eltern?! Wie viele Helden und Heldinnen sind so geschrieben, dass ihre Eltern noch leben.


    Das stimmt. Fast keine.


    Und wahrlich sage ich euch, meine Jünger: Warum der Fick nicht?


    Mütter starben im Mittelalter oft bei der Geburt. Das entspricht so weit ich weiß den historischen Fakten. Aber in Fantasygeschichten ist auffallend, wenn die Mütter aller anderen Kinder im Dorf oder in der Stadt noch am Leben sind und anscheinend nur der Protagonist die leidende Ausnahme bildet. Noch absurder scheint es mir, wenn sich in der Nähe erfahrene Heiler oder Hebammen befinden. Gibt es in diesen Fantasy-Welten immer eine Sonderkommission, die die Mütter des Weltenretters sterben lassen, damit die Retter in ihrer Jugend Verlust durchmachen müssen?


    Der Vater ist oft sowohl mysteriös als auch vermisst oder er starb auf heroisch edle Weise. Die Protagonisten haben im 1. Fall dann z.B. die Angst, als Bastard behandelt zu werden (aber das scheint sonst niemanden in zu kümmern). Es gibt fast nie Väter, die Unfällen aus dem Dorfleben erlegen sind, etwa beim Bäume fällen. Oder das der Vater vor Jahren an mangelnder Gesundheit starb, vielleicht an einer Krankheit und der Protagonist möglicherweise das verwunden hat. Protagonisten die stets Tränen darüber weinen können, wie sehr sie ihre Mamas und Papas vermissen und wie schrecklich ihr Leben als Waisen oder Halbwaisen ist, sind scheinbar das einzige, was zugelassen ist.


    Siebtens: wie wär’s mit vage normalen Beziehungen zu den Geschwistern? Haben Deine Geschwister Dich vergöttert? Bestimmt nicht die ganze Zeit. War eure Beziehung geprägt von permanentem Hass auf Dich? Haben sie dein Leben nur zur Hölle gemacht? Wohl auch nicht immer.


    Es ist nichts falsch daran, einige dieser Extreme zu bestimmten Zeitpunkten zu streifen. Aber wie oft kannst Du die Geschichte von Aschenputtel und wie ihre Stiefschwestern und Stiefmutter sie hassen nacherzählen? Oder die Geschichte vom Großen Bruder, der nur der Liebling seiner Geschwister ist?


    Achstens: (Für weibliche Protagonisten). Überdenke die rebellische Prinzessin/pseudofeministische Verschwörung. Mädchen will Schwertspiel lernen. Mädchen kann es nicht. Prinzessin will nicht damenhaft sein. Prinzessin wird gesagt, sich dem zu beugen. Gefolgt von "Sie hassen mich, weil ich ein Mädchen bin!". Ich gähne oder es regt mich auf, je nachdem, wie schlecht es gemacht ist.


    Das sind seichte Erzählungen, keine wirklich feministische Fantasy. Ich kann mich nicht an ein Buch erinnern, dass nicht irgendwann versucht, mir eine Frau zu verkaufen, die auzieht, um die Welt für andere Frauen zu ändern. Sie ist elend, sie will keine Kleider tragen, sie will aber nicht ausgehen, sie will aber mit dem Breitschwert kämpfen (das normale Menschen-Frauen nicht heben könnten) und sie, sie, sie wird sich quer stellen und ihre Verantwortungen alle in den Wind schlagen und weglaufen. Egal wie narzisstisch sie ist, egal wie viele Seiten innere Jammer-Monologe sind, natürlich ist sie ein leuchtendes Vorbild an Wahrheit und Licht und ihre Widersacher, ob Mann oder Frau, sind alle eindimensional und unsympathisch.


    Ich denke, es ist möglich, echte feministische Fantasy zu schreiben, aber nicht, indem die weibliche Protagonistin in Klischees spricht, klischeehafte Probleme hat, die nichts im Vergleich zu dem sind, was einige der ärmeren Frauen in einer mittelalterlich anmutenden Gesellschaft durchleben mussten, und irgendwie stets auf ein Gemisch von Menschen treffen, die sie entweder dafür verspotten, eine Frau zu sein oder sie als das Größte aller Zeiten zu verehren und sie anzubeten. Nervt.


    Rant auf Fantasy-Teenager als nächstes.




  • Fantasy-Teenager


    Erwachsene Protagonisten haben viele Vorteile und für Teenage-Protas gibt es zahlreiche Schreib-Fallen. Wie bei den Bildungsromanen ist es eine Herausforderung, die Geschichten gut zu machen, wenn so viele Menschen von sehr ähnlichen Geschichten beeinflusst wurden.


    Die erste Falle sind imho junge Charaktere, deren Wahrnehmungen mit der Realität identisch sind.


    Charaktere die dieser Falle entgehen haben eine subjektive Erfahrung ihrer Fantasy-Welt. Sie können sich z.B. in der Schlechtigkeit oder Gutheit ihrer Mitmenschen täuschen (so wie in G.R.R. Martins „Lied von Eis und Feuer“) oder sie lernen schockiert von der entsetzlichen Grundlage der Magie, die sie benutzten (wie in Dave Duncans „Pandemia-Saga“).


    Wenn Charaktere aber in diese Falle tappen, mögen sie sachliche Fehler machen, aber sie machen niemals Wahrnehmungsfehler. Wenn sie etwas betrachten, selbst wenn sie etwas zum ersten Mal begegnen, entspricht der wahren Natur der Sache. Das raubt viel Spannung.


    Was hat das mit Teenagern zu tun? Teenager sind unerfahren. Oft sind sie sogar behütet, wuchsen geschützt von der Welt auf und müssen viel erklärt bekommen.


    Allerdings erleben die meisten dieser Teenager keine Veränderung im Inneren. Wenn sie in einer Gruppe von Menschen reisen und vermuten, dass etwas mit jemandem nicht stimmt, stellt sich diese Person immer als verräterisch heraus. Wenn sie jemanden respektieren und ihm vertrauen, ist diese Person immer gut und freundlich und verdient ihr Vertrauen, auch wenn andere Gründe haben, ihn oder sie zu verdächtigen. Anstatt sich als durch Kontakt mit der Außenwelt zu ändern, haben diese Figuren im Wesentlichen in allem Recht, noch bevor sie das Haus verlassen.


    Eine zweite Falle ist Bildung, oder deren Fehlen, zu romantisieren.


    Wenn jugendliche Helden gebildet sind, scheinen sie sich kaum Mühe geben zu müssen, scheinen in jedem Fach Überflieger zu sein, sind ihren Tutoren gegenüber ungeduldig, weil die es mal wieder versäumt haben, die wichtigen Dinge, die unsere Hauptfigur wirklich wissen muss, zu präsentieren. Aus der Wirklichkeit kenne ich eine Reihe Menschen, die nicht nur in manchen Fächern schwächeln, sondern auch die die Chance haben, zu lernen, was sie wissen müssen und die Gelegenheit nicht ergreifen. Das umgekehrte Szenario sind die ungebildeten Protagonisten, deren Bildungsmangel nicht als Benachteiligung oder Makel dargestellt wird, sondern eben als Zeichen ihrer Unschuld oder Bodenständigkeit und nichts weiter.


    Klar ist das Nerd-Stereotyp (wo die Figur ständig Bücher büffelt) auch nicht realistisch, aber ein Kindergenie (Jugendgenie), dass gar Bildung nicht einmal erarbeiten muss, liest sich auch nicht wie ein fehlbarer Teenager (siehe Falle Nr. 1). Warum sollte ein Charakter im Unterricht auf Geographie pfeifen und das Thema hassen und daraufhin in der Lage sein, sich einwandfrei Landkarten zu merken?


    Falle 3: Die sehen nicht aus wie Teenager.


    Wieviele Teenager-Mädchen in Fantasy haben eigentlich Pickel oder Akne oder fettige Haut? Wie viele haben nach einer Waldwanderung schmutzige oder strubbelige Haare oder Wunden, die tatsächlich Narben hinterlassen, oder Prellungen, die mehr als einmal erwähnt werden?


    Die Zahl kann nicht sehr hoch sein. Es gibt keinen Supermarkt mit Hautcreme, keine moderne medizinische Formeln (von Dermatologen getestet) und kein Shampoo in den meisten Fantasy-Welten. Erstaunlich!


    Teenager-Jungs in Fantasy erscheinen manchmal realistischer, da Autoren sie gerne als "schlaksig", "unbeholfen", "ausgelassen" beschreiben und manchmal von einem pickelgesichtigen Jungen sprechen, der in Ehrfurcht auf unsere Heldin starrt. Allerdings sind diese Charaktere fast nie die Helden. Die Helden werden aus der gleichen Fabrik für makellose Haut und Haare exportiert wie die Teenager-Mädchen.


    Nun, einige Leute könnten argumentieren: "Wer will über Akne lesen?" Darauf würde ich antworten: "Ich würde lieber von Akne lesen als von der makellosen Haut einer 16-Jährigen."


    Falle 4: Unreife.


    Jammern, beißen, stöhnen, jammern, klagen, beschweren.


    Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Teenager, die unter harten Bedingungen aufgewachsen sind (im ärmsten Teil vieler Fantasystädte, als Leibeigene, als arme Kinder auf einem Bauernhof), die Anforderungen nicht gewohnt sind, die ihnen dieses Leben auferlegt, bis sie fünfzehn oder sechzehn Jahre alt werden. Sie mögen es immer noch nicht, bestimmte Aufgaben zu erledigen, wie das Melken von Kühen, aber ich glaube wirklich nicht, dass sie im Geheimen schimpfen würden, dass ihre Eltern sie wie Sklavenmeister ausnutzen.


    Das Gegenteil ist auch wahr. Wenn in einer traditionell männerdominierten Welt von Frauen erwartet wird, einen von ihren Eltern ausgesuchten Mann zu heiraten oder feine Dame zu spielen, wie wahrscheinlich ist es wirklich, dass ein sechzehnjähriges adliges Mädchen bei sich selbst darüber jammern würde, Kleider tragen zu müssen oder eine arrangierte Ehe zu haben? Vor allem, wenn jedes andere Mädchen oder jede andere Frau um sie herum es akzeptiert? Eine plötzliche Änderung des Lebensstils, ja, würde solches Verhalten erklären; ein Mädchen, das seit vierzehn Jahren wild laufen darf und dann in ein Kleid gezwungen wird, ist anders als eines, das seit der Wiege daran gewohnt ist wird. Aber wie viele Adlige in mittelalterlichen Fantasywelten werden es ihren Töchtern wirklich erlauben, das zu tun? Die Autoren machen sich in der Regel nicht die Mühe, einen Hintergrund zu entwickeln, der diese Art von Wehklage realistisch erscheinen lässt. "Alle anderen wollen nur Kleider tragen und albern handeln, aber nicht Krystalynne! Sie ist anders, stark und schlau!" Obwohl Krystalynne die gleiche Ausbildung in Sprachen und Musik und Nähen hatte wie der Rest der edlen Damen, und obwohl Krystalynnes Art, stark und schlau zu sein, anscheinend darin besteht, darüber zu schimpfen, wie dumm alle um sie herum sind.


    Und wie viel Stöhnen und Jammern muss das Publikum wirklich hinnehmen? Erwachsene Figuren haben oft unrealistische Geduld mit Teenager-Klagen, verwöhnen den Charakter die ganze Zeit hindurch oder missbrauchen den Charakter ohne Anlass. Nach einem Leben voller Missbrauch ist offenes Jammern wohl eher unwahrscheinlich. Nach einem Leben voll Hätschelei hätten die meisten Eltern wohl entweder eine Alkohol- oder Opiumsucht, oder zumindest hätten sie sich damit abgefunden, dass niemand einen so jammernden verwöhnten Menschen heiraten wollte.


    Ich verstehe nicht, warum die Verwöhntheit von Mimosen als Zeichen von Stärke gesehen wird.


    Falle 5: Teenager, die sich höchstens durch plötzlichen Gewinn magischer Kräfte oder körperliches Alter verändern.


    Diese oben im Detail angesprochene Tendenz zum Jammern zeigt sich prominent in Robert Jordans „Rad der Zeit“. Im Verlauf von 10 Büchern, Dutzenden Schlachten mit Toten und einem Feind, dessen Welteroberung weiter voranschreitet machen sich die Figuren in erster Linie sorgen über kleinliche Beleidigungen und wer mit wem schlafen wird. Das sind im Leben von Teenagern oft tatsächlich die wichtigsten Anliegen! Aber bei Jordan übernehmen sie die gesamte Fantasywelt. In einem High School Drama oder Reality TV kann ich nachvollziehen, dass wir uns auf solche Sachen konzentrieren. Bei Fantasy geht etwas schief, wenn diese Sachen so wichtig werden.


    Neue Fähigkeiten sind nicht automatisch neue Erleuchtungen! Wenn ein Teenager plötzlich die Aufgabe hat, die Welt zu retten oder einen mächtigen Magier zu befreien...dann ist das aus meiner Sicht ein Prozess, auf den sich eine Person einstellen muss. Aber in vielen Stories akzeptieren sie es einfach und gewinnen automatisch an Verantwortung.


    In Wirklichkeit machen die meisten Menschen mit großer Macht Fehler, manchmal verheerende, und werden gegenüber anderen Menschen misstrauisch. Ich kann nur davon abraten, aus Teenagern Gurus zu machen, nur weil sie Teil einer Prophezeihung sind.


    Falle 6: Moderne Themen


    Eine Fantasywelt, in der Hunger und Plagen und dunkle Magie katastrophale Probleme auslösen sollte eine Welt sein, in der auch Jugendliche ernstere Sorgen haben als wie sie gerade aussehen oder das ihre Eltern einfach nicht verstehen oder das sie keine Kleider tragen wollen. Diese Jugendlichen müssen um ihr Überleben kämpfen, werden von Feinden verfolgt, werden von Prophezeihungen überschattet und eventuell droht Magie in ihnen, aus ihnen herauszubrechen und sie zu töten. Und am Ende der Geschichte ist unser Hauptanliegen, dass die Eltern gedemütigt in die Knie fallen uns sich entschuldigen, ihren Kindern den Pfad in die Berge verboten zu haben, wo es angeblich spukte. Das Maß an Bitterkeit, dass Elternfiguren in Fantasy entgegengebracht wird, erstaunt mich immer.

  • Schön, dass es hier weitergeht. :D
    Bei den beiden letzten Rants habe ich wieder den Eindruck, dass es vor allem um die Verhinderung der berühmten "Mary Sue" geht. Ich verstehe auch den Unmut über die pseudofeministischen Plots, wo die eine besondere Heldin anders ist als alle anderen Frauen und Mädchen und deswegen auch zurecht in einem "männlichen" Feld respektiert wird, während alle anderen wirklich so dämlich sind, wie ihnen vorgeworfen wird. Trotzdem ist das wie von dir schon gesagt auch wieder ein Thema, wo es auf die Qualität der Ausführung der Ausführung ankommt.
    Ich bin auch kein großer Fan von der mysteriösen Geburt des prophezeiten Retters, aber andererseits hat es durchaus seine Gründe, warum das ein traditionelles Element bestimmter Erzählungen ist und manchmal passt es auch einfach, das so zu beschreiben.


    Teenager, die sich verhalten wie in den USA oder Europa des 21. Jahrhunderts, obwohl ihre Lebensumstände ganz anders sind, sind sicherlich ein Hinweis auf schlechte Recherche bzw. wenig weiterdenken beim Schreiben. Ehrlich gesagt finde ich aber überhaupt nichts Schlimmes dabei, wenn Teenies Fanfiction schreiben, wo sie sich in ihr Lieblingssetting träumen ohne mega viel nachzudenken. Wenn man mit einem anderen Anspruch an das Thema herangeht, steht keiner mit einer Pistole neben einem und zwingt einem, diese Geschichten zu lesen. Manche der Teenies lassen das dann irgendwann wieder bleiben und andere entwickeln sich beim Schreiben weiter und betreiben das irgendwann auch ernsthafter und beides finde ich völlig in Ordnung und kein Grund sich aufzuregen.
    Fanfiction ist schließlich keine Leistung, für die ich Geld bezahle, da brauche ich auch nicht mit diesem Anspruchsdenken anzukommen. Wenn's mich nervt wegklicken, Problem gelöst.


    Die Vergötterung von GRR Martin verstehe ich nach wie vor nicht und sehe auch nicht, wo diese Bücher so viel besser sind als andere, in denen die Protas mit Leid und Elend zugeworfen werden. Ich reagiere aber auch recht allergisch auf die ständige Verwendung von Sexismus und sexualisierter Gewalt als Dekoelement, vor allem, wenn das dann noch als "superrealistisch" normalisiert wird.
    Wenn man (verständlicherweise) keine Lust hat Geschichten über Protagonistinnen zu schreiben, deren Lebensinhalt nur im Vorzeigen schöner Kleider und dem Heiraten des von den Eltern ausgewählt Ehemanns besteht, kann man (Schock, ungläubiges Staunen) auch eine Fantasywelt basteln, in denen Frauen mehr Möglichkeiten haben als in der Oberschicht des viktorianischen Großbritanniens. Wobei es selbst in diesem Setting wesentlich interessantere Optionen gibt wie Jane Eyre beispielsweise.

  • Was hat Lim nur dagegen, keine Akne zu schreiben? Vielleicht gibt es in dieser dank Magie eben NICHT mittelalterlichen Welt ja einen praktischen Zauber dagegen ... :weissnicht:

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Trägt Akne zur Handlung bei? Ich denke nicht, also wäre es lediglich Dekor. Kann man drfauf verzichten.

    - "To make an apple pie from scratch you must first invent the universe." Carl Sagan

    - "Mehr pseudo als Mary geht nicht."

  • Bei den beiden letzten Rants habe ich wieder den Eindruck, dass es vor allem um die Verhinderung der berühmten "Mary Sue" geht.

    Der Begriff Mary Sue / Marty Stu ist sogar in einem der Original-Rants gefallen. Inzwischen gebe ich die Rants aber als Kurzfassung wieder, weil Lim ja so oft etwas gegen Mary Sues sagt, dass ich den Eindruck habe, euch allen damit nichts Gutes zu tun, wenn ihr dass lesen müsst. ;)

    Ehrlich gesagt finde ich aber überhaupt nichts Schlimmes dabei, wenn Teenies Fanfiction schreiben, wo sie sich in ihr Lieblingssetting träumen ohne mega viel nachzudenken.

    Ja, eben!
    Vor ein paar Monaten wurde das auch schon angesprochen: die Verfasserin dieser Rants scheint eben sehr viele, sehr ähnliche Fantasy-Fanfiction gelesen zu haben. Und war wohl frustriert deshalb. Aber in gewisser Weise kann ich nur sagen: selber Schuld? Ist ja nicht notwendig, sich immer wieder Teenie-Fanfic durchzulesen oder in der Buchhandlung YA-Fantasy zu bestellen. Es soll ja auch Anderes geben.

    Was hat Lim nur dagegen, keine Akne zu schreiben? Vielleicht gibt es in dieser dank Magie eben NICHT mittelalterlichen Welt ja einen praktischen Zauber dagegen ... :weissnicht:

    Alles schwer zu sagen, zumal wir keine echten Textstellen haben, auf die sich die Kritik bezieht. Wenn wir genau wüssten, welches Buch und welche Textstelle, liesse sich ja z.B. argumentieren, dass konkret diese Figur sich keinen Anti-Akne-Zauber leisten kann...oder doch. Oder das die Zauber in einem anderen Erdteil verbreitet sind aber nicht im Dorf des Protagonisten.
    Das Beispiel vom männlichen Protagonisten, der keine Akne hat und alle um ihn herum haben Akne demonstriert aber, dass sich Limyaael, einfach weil sie total besessen von "Realismus" als Ideal ist, halt wirklich an Dingen festfrisst, die fast keine Auswirkungen auf die Lese-Erfahrung eines Textes haben.



    Ich muss der Ehrlichkeit halber aber anmerken, dass Limyaael hier rhetorische Mittel nutzt die ihr teilweise wichtiger sind als Argumente. Ich kann mir gut vorstellen, dass es ihr eigentlich gar nicht um Akne geht. Was sie mit dem Essay grossteils sagt ist "diese Jungs und Mädels haben kein Problem in ihrem Leben" und das ist beim Lesen ja tatsächlich langweilig! Zur Betonung, wie weit das geht wird dann eben sogar die problemlose (makellose) Haut, das perfekte Aussehen der Figuren angesprochen.


    Trägt Akne zur Handlung bei? Ich denke nicht, also wäre es lediglich Dekor. Kann man drfauf verzichten.

    Wenn ich einen weiblichen Charakter hätte, der auf einer einsamen Insel strandet, hätte sie aus meiner Sicht halt schon Achselhaare und ein wildes Gesicht, nachdem sie Robinson Crusoe-Style dort Monate oder Jahre ohne Pflegeprodukte verbringen musste. Ich meine, es gibt Geschichten wo es total sinnvoll ist, die Figuren nicht wie Supermodels aussehen zu lassen, einfach damit die Ereignisse oder Verhältnisse den Lesern klar gemacht werden.


    Aber bei Akne fällt mir auch kein passendes Beispiel ein, wo es notwendig wäre. :)

  • Sprachen


    Abgesehen von C. S. Lewis war Tolkiens Herr der Ringe die erste echte Fantasy, die ich las. Er weckte in mir nicht nur eine Faszination für Nicht-Menschen, sondern infizierte mich auch mit dem Sprach-Fimmel. Ich denke, selbst professionelle Autoren sollten in ihren Fantasy-Romanen mehr Aufmerksamkeit auf Sprachen legen, aber ein wenig Aufmerksamkeit ist in jedem Fall besser als das Durcheinander, das bei manchen zustande kommt, die ihre eigene Sprache bilden wollen.


    1) Sag Nein zu Großbuchstaben oder Apostrophen in der Wortmitte.


    Das liest sich komisch und die armen Leser verbringen mehr Zeit damit, sich die Aussprache im Kopf vorzustellen, als die Geschichte zu lesen. Wird LImya anders gesprochen als Limya oder lImya? Wie wäre es mit Li'mya? Manchmal schreiben Autoren Hinweise an den Anfang der Geschichte wie "Ein Apostroph sollte als Glottalstopp ausgesprochen werden", aber das wird schnell alt. Die Apostrophe und Großbuchstaben sollen der Sprache angeblich einen exotischen Geschmack verleihen, aber hier kreuzt Exotik die Grenze in seltsame und ablenkende.


    2) Sag Nein zu sinnlosen Buchstabenketten.


    Sicher, es kann "fremd" aussehen, einen Drachen Jwxgchiblwz zu nennen. Aber es stiftet nur verwirrend für Leser, die eigentlich hofften, eine Fantasy zu lesen und kein Buch, in dem die Finger des Autors offenbar gelegentlich eine Eigeninitiative auf der Tastatur unternahmen. Um einen exotischen Geschmack durch Namen zu vermitteln, ist es empfehlenswerter die Namen jeder Kultur nach einer strengen Regel zu konstruieren.


    3) Sag Nein zum unüberlegten Gebrauch der Sapir-Whorf-Hypothese.


    In einfacher Form (die Form, in der die meisten Menschen sie kennen), besagt die Sapir-Whorf-Hypothese, dass Sprache das Denken strukturiert. So kann jemand, der nur zwei farbige Wörter in seiner Sprache hat, wie die Wörter für helle und dunkle Farben, angeblich dunkelrot und dunkelblau nicht als eigenständige Farben erkennen. Dies hat sich in einfachen Experimenten mit Menschen, die diese Art von Sprachen sprechen, als offensichtlich unwahr erwiesen, wo sie die verschiedenen Farben als unterschiedlich erkennen konnten und die Wörter für sie in anderen Sprachen mit Leichtigkeit lernten.


    Sprache ist keine eiserne Kette des Denkens, und viel Denken findet ohne Sprache statt. Orwells Neusprech wäre gescheitert. Ebenso würde eine Fantasysprache, die angeblich die "Sprache des Bösen" oder die "Sprache des Guten" ist, aus strengen sprachlichen Gründen scheitern. Die Leute, die diese Sprache sprachen, wären immer noch in der Lage, außerhalb dieser Sprache zu denken.


    Natürlich verstößt Tolkien selbst gegen diese Regel mit der Schwarzen Sprache Mordors, aber Tolkien hatte ein feines Ohr für sprachliche Unterschiede (für ihn war Walisisch erfreulich, Gälisch nicht, und er mag ein paar Worte der Schwarzen Rede auf Gälisch modelliert haben - also nazg ("Ring"), ähnelt nasc, Gälisch für "Ring") und kommt damit davon. Er stellte auch nicht die Sprache als Quelle des Bösen dar; sondern die Sprache war widerlich, wegen denen, die sie schufen.


    4) Sag Nein zur sofortigen Ausbreitung von Sprachen


    Auch hier scheint Tolkiens Schwarze Rede die Ausnahme zu sein - etwas ironischerweise ist sie die einzige vollständig konstruierte Sprache in Mittelerde; Sauron ist die einzige Figur in Mittelerde, die das Lieblingshobby seines Schöpfers teilt - aber sein Schöpfer war unsterblich, und es entwickelte sich natürlich, nachdem es sozusagen in die "Wildnis" entlassen wurde und sich in viele orkische Zungen aufspaltete. (Wie vieles über Tolkiens Sprachen, kommt diese Information aus dem Ardalambion, oder den Zungen von Arda, der besten Seite zu Tolkiens Sprachen, die ich nur empfehlen kann).


    Die meisten Amateur-Versuche sind nicht annähernd so vorsichtig. Es wimmelt vor statischen Sprachen, die sich nie historisch wandeln. Die "Hauptsprachen" von Welten sind ein besonders extremes Beispiel dafür. Selten haben sie eine natürliche Geschichte, eine Herkunft oder einen historischen Kontext für ihre Verbreitung. Sind sie ein Pidgin und später Kreol aus verschiedenen Ursprungssprachen? Die meisten Rassen sprechen zusätzlich zu ihrer eigenen diese Hauptsprache. Aber warum? Woher kam sie? Die Autoren machen sich nicht die Mühe zu erklären.


    Das führt mich zu...


    5) Sag JA zu sprachlichen Unterschieden in einer weiten Welt!


    Robert Jordan ist wirklich, wirklich schlecht darin. Er hat Kulturen, die sich über einen großen Kontinent ausbreiten, und sogar eine Kultur, die Hunderte von Jahren auf der anderen Seite des Ozeans verbracht hat, und doch sprechen alle die gleiche Sprache, mit nur einem leichten Akzent.


    Fantasy-Welten sollten eigentlich entweder keine globale Kommunikation haben, oder sie nur bei begrenzten Spezies oder begrenzten Technologien haben (für wirklich wichtige Botschaften könnte Telepathie verwendet werden, wie es auf Marion Zimmer Bradleys Darkover ist, aber selbst dort ist es nur möglich, weil die mentale "Sprache" allen Telepathen gemeinsam ist und sich von der normalen Sprache unterscheidet). Es macht keinen Sinn, wenn jemand, der am anderen Ende der Welt lebt, dieselbe Sprache spricht wie jemand, der auf der nahen Seite lebt, auch wenn es eine "gemeinsame Hauptsprache" ist. Es gäbe zumindest regionale Unterschiede und wahrscheinlich viel mehr Differenzierung als etwa zwischen britischem Englisch und amerikanischem Englisch.


    Solche Welten haben scheinbar geheime Mittel der globalen Kommunikation oder ihre Bewohner treffen rein zufällig immer mit einer Person zusammen, die ihre Sprache sprechen kann, oder es schaffen, die neue Sprache in wenigen Tagen oder Wochen auf wundersame Weise zu lernen. Nicht möglich, weil...


    6) Sprachenlernen nimmt im Alter ab.


    Kinder sind die besten Sprachlerner und können gleich nach zwei oder mehr Jahren mit Leichtigkeit fließend sprechen, solange ihre Eltern darauf bestehen. Sprachliche Fähigkeiten wie diese nehmen etwa im 10. Lebensjahr ab, mit Ausnahme außer in seltenen Fällen, wo wir von polyglotten Genies sprechen. Eine Protagonistin, die sechzehn Jahre alt ist und ihr ganzes Leben lang nur die Gemeinsame Zunge gesprochen hat, wird nicht in der Lage sein, die Sprache des Stammes zu lernen, der sie vor dem Tod in der Kälte gerettet hat, vor allem, wenn es keinen Übersetzer gibt, der sie führt. Namen von Objekten und einige konkrete Aktionen könnten leicht kommen, aber stellen Sie sich vor, sie versuchen, die Begriffe "sein", "nein", "ja", "gestern", "morgen" oder "rot" ohne gebräuchliche Begriffe zu erklären. Die Heldin würde nie wissen, wenn jemand sie anbrüllte, weil sie einen Topf berührte, ob die Worte wirklich bedeuteten: "Nein!" oder einfach nur "Berühren Sie das nicht!" Es würde mehrere Male dauern, um sicher zu sein. Inzwischen versucht sie, mit mehreren Beispielen wie diesem und all den nicht-sprachlichen Problemen umzugehen.


    Es ist leicht zu verstehen, warum Autoren eine schnelle Lösung für dieses Problem wollen, aber leider schneidet es einen der Grundpfeiler der Realität in einer mittelalterlichen Welt auseinander, vor allem eine, die mit mehreren verschiedenen Kulturen und Sprachen gefüllt ist. Wer Komplexität in der eigenen Welt will, sollte die dafür erforderlichen Kosten akzeptieren.


    7) Die meisten Fantasywelten haben keinen Buchdruck mit beweglichen Lettern und Alphabetisierung ist nicht obligatorisch.


    Wenn es keine Eklärung gibt, wie die Protagonisten lesen gelernt haben, bleibt der durchschnittliche Leser wohl skeptisch. Der Adel hat die beste Ausrede. Andere Male kann etwas erfunden werden (siehe Julie V. Jones' "Das Buch der Worte"-Trilogie, wo der Held Jack über einen Zeitraum von fünf Jahren lesen lernt, indem er Bilder- und Wörterbücher kopiert, wobei er ursprünglich für das Kopieren angeheuert wurde, gerade weil er nicht lesen konnte). Aber oft können Helden oder Heldinnen, die mitten im Nirgendwo auf einer nicht besonders wohlhabenden Farm aufgewachsen sind, immer noch lesen und schreiben?!


    Ein weiteres Problem ist die breite Verfügbarkeit von Büchern in vielen Fantasywelten außerhalb von Akademien, reichen Adelshäusern oder Klöstern, von denen man vernünftigerweise erwarten kann, dass sie sie enthalten. Wenn diese Welt die Druckmaschine hat, in Ordnung. Aber irgendwie bekommen die Protagonisten immer Zugang zu Büchern in Welten, wo diese Technologie nicht existiert. Dies scheint vor allem dann zu geschehen, wenn die Bücher älter sind, wenn man denkt, dass es schwieriger wäre.


    Es gibt nie einen Zweifel, dass die Informationen in Büchern korrekt sind, trotz der Neigung der Schreiber, Fehler beim Kopieren zu machen, kleine Notizen einzufügen oder zu versuchen, "Verbesserungen" am Originaltext vorzunehmen. Nur einmal möchte ich einen Helden sehen, der die Antwort in einem alten Buch lesen muss, um sich einen Moment über seine Genauigkeit zu wundern.


    Die Ursache dieses Problems, denke ich, ist der Komfort der meisten Fantasy-Autoren mit Büchern und Wörtern im Allgemeinen in unserer Zeit. Wir können überall Bücher lesen und finden, also glauben wir nicht, dass es eine große Sache ist. Aber es ist ein großes Problem, wenn man einen Bauernhelden hat, der nie gelernt haben sollte, fließend in den philosophischen Texten seiner Welt zu lesen. (Manchmal verstoßen Autoren sogar gegen ihre eigenen Regeln, da ich in einigen Geschichten, die ich gelesen habe, feststellte, dass Mädchen in ihren Welten nicht das Lesen beigebracht werden und dann so leidenschaftlich zeigen, wie ihre Heldinnen geheime Botschaften entschlüsseln, ohne zu erklären, wie das bitte sein kann).


    8 ) Bitte, keine englischabhängigen Wortspiele.


    Das hat mir schon ein paar ansonsten gute Bücher ruiniert. Wenn ein Buch nicht speziell auf der modernen Erde stattfindet oder historische Fantasy ist, ist es eine gute Wette, dass die Charaktere kein Englisch sprechen. Rätsel oder Witze, wo die Antwort von der englischen Wort- oder schlimmer, der tatsächlichen Schreibweise des englischen Wortes abhängt sind gräuslig. Es zerstört auch die sorgfältig aufgebaute Suspension of Disbelief („Aussetzung des Unglaubens“) (vorausgesetzt, der Autor hat dies geschafft).


    9) Sag JA zu konsistenten Namen.


    Wenn alle Namen für ein Land aus Spanien kommen, und in Nachbarland aus Italien, in Ordnung. Wenn die meisten weiblichen Charaktere Namen mit -ian enden und die meisten männlichen mit -er, gut. Die Vermischung von Namen geht mir aber auf den Keks, besonders wenn moderne Erdnamen mit sich mit historischen irdischen Namen und frei erfundenen Namen vermischen.


    Natürlich gibt es Tolkien an einem Ende der Skala, der nicht nur seine Hobbit-Namen aus altenglischen Quellen oder englischen Wörtern spezifisch adaptiert hat, sondern auch schrieb, was einige dieser Namen in Westron gewesen wären. Nicht jede von uns muss so sein wie er. Aber bitte, bitte vermeidet das (unabsichtlich) humorvolle Beispiel von Sara Douglass' Im Zeichen der Sterne, die fröhlich biblische Namen, portugiesische Namen und Namen wie StarDrifter verwendet. Und die Heldin heißt Faraday.


    Die meisten Fantasy-Autoren können sich irgendwo in der Mitte niederlassen.


    Wahrscheinlich unnötig detailliert, aber ich bin wirklich, wirklich sensibel für Sprache.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!