[Asgliar] Literarische Straßenkarte

  • Die Tote Achse


    Diese Straße wird deswegen als tot bezeichnet, weil sich hier kein einziges Geschäft, kein Restaurant, keine Bank, kein Brunnen befindet. Geht man auf ihr entlang, sieht man nur die kalten, grauen Fassaden der geduckten Häuser und die gehetzten Fabrikarbeiter, die auf ihr voranhasten. Niemand kommt hierher, um Zeit zu verbringen. Alle sind auf dem Weg irgendwo anders hin.

    Es ist eine der wenigen Straßen Asgliars, an deren einer Seite eine Schienenspur gelegt wurde. Hier können schwere Frachten auf Schienenkarren gezogen oder mithilfe einer der neuartigen, magisch betriebenen Lokomotiven bewegt werden.

    Die Tote Achse verbindet das Portal mit einem leicht außerhalb Khums liegenden Komplex, der

  • Essenzraffinerie


    Niemand versteht bisher so richtig, was genau Essenz eigentlich ist. Die verschiedenen Schulen der Naturalisten streiten sich seit der Entdeckung dieser Substanz mit den Magietheoretikern, ob sie ihre Eigenschaften auf physikalischem oder magischem Weg bekommt. Selbst ihre physische Form ist schwer zu kategorisieren. Essenz gelingt es, gleichzeitig fest, flüssig und gasförmig zu sein. Sie missachtet zahlreiche Naturgesetze nach Belieben, hält sich an andere dafür wieder sehr genau und lässt so selbst jahrelang studierte Experten ratlos, worum genau es sich eigentlich handelt.

    Sicher ist man sich nur über ihr gewaltiges Potential. Viele neue Erfindungen nutzen Essenz als Energiequelle. Manche Apparaturen werden durch sie erst möglich. Und so ist sie ein wertvoller Rohstoff der modernen Ökonomie geworden.

    Die Fabrik hebt sich wie eine kalte Festung über die umliegenden Flächen,

  • Aus was wird diese Essenz gemacht, gibt es das Rohprodukt in der Nähe der Fabrik?

    Und muss man die Essenz in einem bestimmten Gefäß aufbewahren oder kann sie (wenn erstmal raffineriert) einfach so "gehalten" werden?

    Am Abend wird man klug für den vergangenen Tag,
    doch niemals klug für den, der kommen mag.

  • Aus was wird diese Essenz gemacht, gibt es das Rohprodukt in der Nähe der Fabrik?

    Und muss man die Essenz in einem bestimmten Gefäß aufbewahren oder kann sie (wenn erstmal raffineriert) einfach so "gehalten" werden?

    Hi :)

    Das sind sehr gute Fragen ...


    Ich weiß nicht genau, woraus Essenz hergestellt wird. Ich weiß aber, dass das Ausgangsprodukt nicht der entscheidende Punkt ist. Das ist nicht der aufwändige und teure Teil der Essenzraffinerie. Vielleicht wird die sogar aus Wasser/Luft oder sonst irgendetwas viel verfügbarem hergestellt.

    Der Herstellungsprozess hingegen erfordert ein extrem hohes Maß an Präzision, mehrere aufeinanderfolgende Stufen von magietechnischer Verarbeitung und das Ganze bei relativ geringer Ausbeute. Vielleicht wird das irgendwann noch optimiert werden, wenn die Forschung mehr über Essenz in Erfahrung gebracht hat. Vielleicht wird Essenz in ferner Zukunft sogar in jedem Haushalt zu finden sein. Aber davon ist Asgliar aktuell noch meilenweit entfernt. Nur wirklich wichtig Projekte mit hohem Budget können sich leisten, Essenz im größeren Maßstab zu verwenden.


    Ich denke schon, dass man Essenz in der Hand halten könnte, aber es wird trotzdem eigentlich immer in Gefäßen aufbewahrt. Ich denke ein bisschen an Flüssigkeiten in Schwerelosigkeit. Sie halten mehr oder weniger zusammen, könnten aber trotzdem jeder Zeit irgendwo hinschweben, wenn man nicht vorsichtig ist. Und wie beschrieben wabert Essenz ein bisschen zwischen all diesen Zuständen und man ist wohl gut beraten, sie einfach in ein Gefäß zu tun. Das hingegen kann ein beliebiger, verschlussfähiger Behälter sein.

  • Die Alten Äcker


    Hier, etwas außerhalb der Großstadt, wirkt es fast, als hätte man die neueren gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen überhaupt nicht mitbekommen. Es fällt hier sehr leicht, zu vergessen, dass die dreckigen, hektischen, lauten und bunt überfüllten Straßen Asgliars überhaupt existieren.

    Hier sieht man noch wie auch Khum war, wie die Felder waren, bevor der rasante Bevölkerungsanstieg der letzten Jahrzehnte die Landwirtschaft immer weiter nach Norden gedrängt hat. Die Alten Äcker sehen noch genauso aus wie vor hundert Jahren. Und Tradition wird hier sehr wertgeschätzt. Kräftige Frauen in dreckigen Hosen treiben Kuhherden in ihre Ställe, beleibte Hausmänner stehen an rußigen Feuerstellen und bereiten lokale Gerichte für ihre Familien zu, ein Kind spielt mit einem Huhn, Handwerker reparieren die gebrochene Achse eines Lastkarrens auf der festgetrampelten Straße.

    Es ist wie eine andere Welt, bis man an die Grenze kommt, die diese ländliche Ruhe von den urbanen Regionen Khums trennt

  • Der Fluss Nejd


    Breit und mächtig wälzt sich das Wasser des Nejd durch Khum. Es grenzt eigentlich an ein Wunder, wie kristallklar und hellblau es ist, bei all den Fabriken und Haushalten, die ihre Abwässer in den Fluss leiten. Nicht wenige vermuten auch tatsächlich einen Zauber, der den Fluss schön aussehen lässt, immerhin ist er ein wichtiger Teil des Stadtbilds. Er windet sich in mehreren Kurven zwischen den Hütten und Prachtbauten der Felder hindurch. Aber er ist kaum für mehr als zehn Meter am Stück wirklich zu sehen, denn er wird durch hunderte Brücken verdeckt. Einige groß und prunkvoll, andere kaum mehr als verbundene Holzbretter, deren Überquerung sehr gefährlich scheint. Nicht wenige sind wieder untereinander mit Querbalken oder Treppen verbunden oder führen mit Leitern hinab zu im Strom verankerten, schwimmenden Inseln, die als Bootsanlegestellen verwendet werden. Heruntergekommene Kähne verkehren auf dem Fluss als öffentliche Verkehrsmittel. Ihre Benutzung kostet nichts, dafür teilt man sie sich mit etlichen anderen Passagieren, die sich meist gegenseitig auf den Füßen oder anderen Extremitäten stehen. Die Sonne hat sich mittlerweile schon orange gefärbt und die Wellen des Flusses schwappen gegen die rostige Außenwand des Bootes, da beginnt der kleine Stein wie besessen gegen das Glas des Fadenkompass’ zu schlagen, als würde er unbedingt entkommen wollen. Die Fähre hat gerade die zentrale Anlaufstelle Khums erreicht, den

  • Flusshafen Qrynt


    Hier legen nicht nur die kleinen Kähne an, die für die Fortbewegung innerhalb der Stadt verwendet werden, sondern auch größere Schiffe, die vorhaben, den Fluss entlang zur Küste zu segeln, vielleicht noch weiter, um mit den Meermenschen oder anderen großen Städten Handel zu treiben. Um ihnen die Durchfahrt zu ermöglichen, gibt es von hier aus flussabwärts nur noch wenige Brücken und sie sind entweder sehr hoch oder lassen sich öffnen. Es ist nicht so, als würden hier hunderte Schiffe täglich an- und ablegen. Zu jeder Zeit liegen hier eigentlich maximal zwei oder drei Schiffe vor Anker, aber der Hafen ist trotzdem eine wichtige Verbindung Asgliars zur Welt umher. Er ist nicht weit vom Portal gelegen. Das Boot kracht dumpf gegen eine schlammige Mauer und sofort beginnen die zahlreichen Passagiere von Bord auf den Steg zu springen und davonzuhasten. Der kleine Stein im Fadenkompass versucht immer noch wie wild, seinem Gefäß zu entkommen. Er zappelt in Richtung der Stadtmitte, genau auf das Portal zu.

    Auf der anderen Seite liegt Theledar, in die Dämmerung gehüllt. Der Fadenkompass führt direkt zu einem der am besten bewachten Orte der Stadt

  • Das vergitterte Oval


    Das Gefängnis von Asgliar liegt etwas weiter unten am Hang der Kuppe. Wie der Name vermuten lässt, sieht es aus wie ein großer Zylinder, der in die Form eines Ovals plattgedrückt wurde. Hier werden sowohl Kleinganoven eingesperrt, wie auch Schwerverbrecher. Nur die gefährlichsten Kriminellen von allen werden, so munkelt man, noch an einen anderen Ort gebracht, der geheim gehalten wird. Parallel zur Außenwand des vergitterten Ovals läuft noch eine Mauer um das Gebäude, an der Wachen mit Schwertern und Rüstungen patrouillieren. Der kleine Stein will zu einem kleinen, windschiefen Haus gegenüber dieser Mauer. Die Adresse steht auf einem vergilbten Schild an der Ziegelwand:

  • Eisengasse 7


    Das Haus sieht aus, als würde es sich vor dem furchteinflößenden Gefängniskomplex verstecken wollen. Es wirkt fast, als würde es sich zusammenkauern, als könnte es jeden Moment einstürzen, um sich noch kleiner zu machen. Es wäre leicht zu übersehen, wenn der Fadenkompass nicht immer stärker zappeln würde, je dichter er ihm kommt. Das Klopfen an der dunklen Tür hallt zwischen den Häusern der Gasse und der gegenüberliegenden Mauer wider. Eine Ratte späht durch den Spalt und dann öffnet sich die Tür komplett. Von innen wirkt das Haus noch kleiner als von außen. Eher wie eine Hütte. Es gibt einen einzigen Raum, keine Möbel, nur eine Falltür im Boden, die geöffnet ist und hinter der ein gewundener Gang im Dunkeln verschwindet. Um sie hat sich eine seltsame kleine Gruppe versammelt. Die meisten sind Ratten, die sich alle mit ernster Miene um Talya scharen. Sie hat eine Taschenuhr in der Pfote und starrt sie konzentriert an. Kenda ist natürlich auch da. Sie hat ein dunkles Tuch über ihre Haare geworfen und trägt eine schmale Klinge am Gürtel. In der Nähe der Ratten und von ähnlicher Größe wie sie steht eine extrem dünne Gestalt. Ein Gnips. Er trägt einen Metallring mit Werkzeugen über der Schulter. Es sieht aus wie ein Schlüsselbund und ist fast so groß wie er selbst. Scheinbar unbeteiligt mitten im Raum schwebt eine unförmige Masse. Ein Dilai. Die Wahrnehmung dieser Wesen ist komplett entkoppelt von Materie. Statt sehen, fühlen oder hören zu können, nehmen sie die Präsenz naher Lebewesen als einzigartige Signaturen wahr. Dooferweise sind sie im alltäglichen Leben stark eingeschränkt, da sie banale materielle Dinge wie zum Beispiel eine Wand zwar nicht wahrnehmen können, aber immer noch voll dagegen schweben können. Die meisten von ihnen nutzen deshalb spezielle Dilai-Hörgeräte, die akustische Signale in für sie begreifbare, höhere Magie übersetzen. Ein anderes Gerät übersetzt die von ihnen ausgehenden, abstrakten Schwingungen in hörbare Worte. So können sie mit anderen Wesen kommunizieren und sich zumindest von jemand anderem lotsen lassen, um Hindernissen auszuweichen. An Übersetzungen anderer Sinne in für sie verständliche Magie wird geforscht.

    Plötzlich steckt Talya die Taschenuhr ein.

    Es ist soweit. Gleich ist Wachablösung. Also los geht’s Leute. Lasst uns Aelivius da rausholen!

    Die kleine Gruppe setzt sich in Bewegung. Durch die Falltür, in die Dunkelheit. Eine der Ratten hält sich immer kurz vor dem Dilai und erzeugt Klickgeräusche, damit er weiß, wo er hinschweben muss.

    Nach einer Weile endet der Gang vor einer Wand. Mit einer Kette daneben lässt sie sich zur Seite ziehen. Es kommt ein modriger Geruch aus dem

  • Kerker


    Sofort teilen sich die Ratten auf. Sie machen das hier offensichtlich nicht zum ersten Mal.

    Wie sieht’s aus?“, fragt Kenda den Dilai.

    Keine Wachen in diesem oder dem benachbarten Gang. Ein paar Kriminelle in den Zellen, aber Aelivius spüre ich nicht.“, kommt die Antwort aus einem kleinen Lautsprecher, der an ihm festgebunden ist.

    Die kleine Gruppe bewegt sich so leise wie möglich durch die Gänge. Die Türen der Zellen haben die verschiedensten Größen. An jeder von ihnen steht mit weißer Kreide eine Zahl.

    756, 757, 758.

    Drei Wachen voraus!“, zischt der Dilai.

    Kenda zieht ihre Klinge und duckt sich hinter eine Ecke. Doch die Ratten um Talya sind schneller. Sie wuseln davon und nur wenig später kommt eine von ihnen zurück.

    Wir haben sie erledigt. Die sind ne Weile außer Gefecht.

    Im Gang liegen, fein sauber nebeneinander, drei Wachen.

    Eine von ihnen trägt ein tiefschwarzes Band um die Stirn.

    Talya und Kenda tauschen einen vielsagenden Blick aus.

    Der Gnips spricht aus, was sie wohl beide denken: Was hat ein Nejoad bei den Wachen des vergitterten Ovals zu suchen? Wenn überhaupt gehört der in eine der Zellen hier.

    Talya nickt.

    1020, 1021, 1022.

    Das letzte Mal, als wir jemanden hier rausgeholt haben, hat es hier vor Wachen gewimmelt.“, flüstert Kenda. „Heute ist es ja fast ein Spaziergang. Wo sind die alle?

    Nicht nur die Wachen fehlen hier.“, sagt der Dilai.

    Dann bleibt Talya an der Spitze der Gruppe plötzlich stehen. Die Tür Nummer 1287 steht offen. Die daneben auch. Jede einzelne Zelle in diesem Gang ist leer, sperrangelweit offen zurückgelassen.

    1293, 1294, 1295.

    Die Tür mit der Nummer 1296 ist verschlossen. Als einzige.

    Das ist sie.“, sagt der Dilai.

    Das ist

  • Genau, der letzte Satz ist immer dafür da, zum Titel des nächsten Kapitels überzuleiten. Ich habe vor, das Ganze als Hörspiel aufzubereiten, dann ist das noch deutlich flüssiger denk ich.

    Und du musst ja nicht alle Beiträge lesen :) Die meisten sollten sehr gut allein funktionieren, wenn man einfach den letzten Satz weglässt.

  • Aelivius’ Zelle


    Der Gnips geht ans Werk.

    Das Schloss an der Tür von Aelivius’ Zelle ist kein Kinderspiel. Aber es braucht nicht viel Erfahrung, um zu sehen, das hier ein Profi am Werk ist.

    Er schiebt nacheinander verschiedene Metallstäbe in das Schloss, wispert Beschwörungen, klopft die Tür ab. Als es klickt, klickt es so laut, dass man meinen könnte, die schwere Metalltür sei in der Mitte auseinandergesprungen. Doch sie ist robust und massiv, wie zuvor auch, und schwingt mit einem leisen Quietschen auf.

    Die Nyhle sitzt auf einem Steinklotz. Er ist noch dünner, als für Nyhlen üblich. Das dreckige Tuch, das um seinen Körper geschlungen ist, kann kaum die Rippen verstecken, die sich deutlich auf seinem Brustkorb abzeichnen. Er starrt ängstlich in Richtung der Tür, doch als er erkennt, wer vor ihm steht, fällt die Anspannung von ihm ab und Tränen der Erleichterung füllen seine riesigen Augen. Er springt auf und wirft seine Arme um Kendas Hals, sodass seine kurzen Beine in der Luft hängen.

    Kenda! Ich bin so froh dich zu sehen. Ich dachte schon, die lassen mich hier drin verrotten.

    Aelivius! Es ist schön zu sehen, dass es dir gut geht! Auch wenn du eindeutig einige Portionen von Iekys berühmter Quistelsuppe vertragen könntest.

    Da hast du recht. Das Essen hier drin ist abscheulich.

    Ich freu mich auch total, dich wiederzusehen, aber das hier ist nicht der beste Ort, um sich zu unterhalten.“, schaltet sich Talya in die Konversation ein. „Es ist zwar anscheinend niemand hier, aber wer weiß, ob das so bleibt.

    Die kleine Gruppe schleicht zurück durch die Korridore zur der kleinen Hütte, in der die Mission begonnen hat. Nachdem sich dort alle auf den Boden gesetzt haben, vom Dilai abgesehen, beginnt Aelivius zu erzählen, was ihm widerfahren ist.

    Ich war spazieren. In der Nähe von Kendas Haus, im verfallenen Viertel. Da gibt es eine hübsche kleine Kirche. Also früher war es mal eine. Heute ist sie natürlich eine Ruine wie alles da. Aber man sieht immer noch Bruchstücke der Buntglasfenster. Und ich war neugierig und wollte mal hineinsehen. Da drinnen waren Leute. Aus Nejoad. Und sie haben mit irgendetwas experimentiert. Sie haben mich nicht bemerkt und ich bin so schnell wie möglich wieder verschwunden, aber das hat mir gereicht, damit mir klar war, dass die dort etwas Ungutes vorhaben. Es hat mich nicht losgelassen. Also habe ich beschlossen, zur Polizei zu gehen und es anzuzeigen. Als ich dem wachhabenden Uniformierten meine Beobachtung erzählte, wurde er ganz seltsam still und ging dann aus dem Raum, um seine Vorgesetzte zu holen. Eine Offizierin, die ist ein hohes Tier in der Ratspolizei. Und sie meinte zu mir, dass ich einfach vergessen sollte, was ich gesehen habe. Und auf keinem Fall jemandem davon erzählen durfte. Sie haben mir Geld dafür bezahlt. Viel Geld. Es ging mir nicht gut damit, aber ich habe geschwiegen. Und dann bin ich mit Min ins Rathaus gegangen, um ihn anzumelden. Dort haben sie mich verhaftet. Den Rest kennt ihr ja.

    Einige Sekunden Stille folgen Aelivius’ Ausführungen. Talya spricht als Erste.

    Ich muss den Goldenen Bescheid geben. Was immer die da machen im verfallenen Viertel, ich bin mir sicher, dass wir das lieber verhindern. Wir sollten diesen Ort hier einzeln oder in Zweiergruppen verlassen, damit wir nicht so auffallen. Kenda, nimmst du Aelivius mit zu dir? Oder besser, bringe ihn und Ieky vom verfallenen Viertel weg, ich weiß nicht, was dort passieren wird.

    Kenda nickt. Dann wird die Gruppe Stück für Stück kleiner. Die frische Sonne scheint morgenrot auf das vergitterte Oval. Sie hängt groß und rund dicht über der Stadtmauer von Theledar, auch bekannt unter dem Namen

  • Der Halbhohe Halbkreis


    Der Wall windet sich auf der Höhe des großen Sees um die Kuppe. Er ist nicht komplett geschlossen, da der See selbst ihn unterbricht. Er endet jeweils an zwei großen hohe Wachtürmen am Ufer. Deshalb heißt er Halbkreis. Das unschmeichelhafte Attribut „halbhoch“ hat sich im Volksmund durchgesetzt, da er einem durchschnittlichen Toej nur bis zum Bauchnabel reicht. Er ist niedriger als manche Stadthäuser. Er stellt damit für die meisten potentiellen Eindringlinge immer noch ein ausreichendes Hindernis dar, aber es fällt schwer, ihn als beeindruckendes Bollwerk wahrzunehmen, nachdem man beobachtet hat, wie ein Toej sich für eine kleine Rast auf ihm niederlässt. An einigen Stellen sind in die Innenseite der Mauer dicke Metallringe eingearbeitet. Die gleichen Ringe finden sich an vielen Gebäuden der Stadthälfte. An ihnen sind Winden und Dicke Seile befestigt. Es sind

  • Die Seilzüge von Theledar


    Wer auf einem Berg wohnt, versucht mit einigen Tricks, sich seinen Alltag so unbeschwerlich wie möglich zu machen. Die Seilzüge von Theledar begannen vermutlich als die geniale Idee eines einzelnen Bewohners, der sich das Tragen von Einkäufen durch seine steile Straße erleichtern wollte. Auf jeden Fall fingen sehr schnell Andere an, sein Konzept zu kopieren, und bald hingen Rollen und Schnüre in fast jeder etwas steileren Straße der Kuppe. Der Stadtrat musste einige Regulierungen durchsetzen, damit sich nicht ständig Passanten in den Strippen verhedderten, aber das Konzept blieb und bewährte sich. Kleinere Bürger benutzen sie sogar manchmal als Seilbahnen für ihre alltäglichen Wege. Selbst die Mauern bedeutender Wahrzeichen der Stadt sind in das Netz eingebunden. So zum Beispiel

  • Das Sehende Theater


    Dieses Theater besteht aus zwei sich gegenüberliegenden Tribünen, die zusammen eine Art Auge formen. Da, wo die Iris sein müsste, befindet sich die Bühne, ein paar Meter in den Boden eingelassen. Die Eingänge befinden sich auf beiden Seiten zwischen den Tribünen, die aus hellen Steinen gemauert und kunstvoll mit Mustern verziert sind. Durch große, geschwungene Marmorbögen kann man das Theater betreten und einer der Vorstellungen beiwohnen. Der Gründer des Theaters, Mede Madas, verfolgte die Theorie, dass man mit einem der Sinne Kunst besser wahrnehmen kann, wenn alle anderen Sinne so wenig wie möglich genutzt werden. Deshalb sind die Darbietungen im Sehenden Theater allesamt vollkommen stumm. Den Zuschauern sind außerdem Gespräche während der Vorführung streng untersagt und sie sind angehalten, auch durch Umherrutschen oder Sonstiges nicht zu viele Geräusche zu erzeugen. Das Dargebotene ist meist eine Mischung aus stumm erzählter Handlung und anmutiger Choreografie. Nicht jeder kann etwas mit der Kunstidee Mede Madas’ anfangen, aber die Reichen und Mächtigen der Stadt zeigen gern ihren guten Geschmack durch einen gelegentlichen Besuch. Gerade findet hier keine Vorstellung statt. Die Ränge sind verwaist, selbst die Straßen Theledars sind fast leer, als würde die Stadt spüren, dass sich gerade etwas Bedrohliches in ihr abspielt. Eine Gruppe Söldner mit golden glänzenden Helmen hastet am nördlichen Eingang des Theaters vorbei in Richtung des Portals. Ihr Weg führt nach Khum und dann direkt vorbei an der

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