[Globaler Frühling] Meine Solarpunk-Welt

  • In diesem Thema will ich meine Solarpunk-Welt Globaler Frühling nach und nach vorstellen. Da habe ich in den letzten Tagen einiges herausgefunden, und finde immer mehr heraus. Auch habe ich jetzt konkret damit begonnen, den lange geplanten Roman zu schreiben. Mein Ziel ist, den im Laufe des Jahres fertig zu bekommen. Ich bin mit der Genrebezeichnung "Solarpunk" nicht so ganz glücklich, aber sie ist mittlerweile etabliert, und die alten Hasen hier erinnern sich vielleicht noch, dass das zu einer Zeit, als das noch kein Genrebegriff war, mal Arbeitstitel meiner Welt war, also sollte ich darüber nicht meckern ;)


    Ich fange mal an mit der weltpolitischen Situation, bzw. deren Entwicklung von jetzt (2024) bis zur Handlungszeit des Romans (2034). Zehn Jahre, in denen sich so einiges tut.


    Ich halte mir noch die Frage offen, wer die nächste US-Präsidentschaftswahl gewinnt. Nicht, dass es keinen Unterschied machen würde, aber ich weiß jetzt schon, dass die übernächste Wahl (2028) eine schmutzige Sache ist, aus der nach einer Gewaltwelle von rechts der Republikaner Albert J. Foxbury als Sieger hervorgeht, der, sofern das noch nicht schon unter Trump geschehen ist (falls der dieses Jahr gewinnt), die USA zu einer Diktatur von ähnlichem Zuschnitt wie Putins Russland umgestaltet.


    Jedenfalls kommt es nach einer Serie wechselseitiger Drohnenangriffe zwischen dem Iran und Israel, die wenig Schaden anrichten, 2026 zu einer Eskalation, die in den Großen Nahostkrieg mündet, als der Iran damit beginnt, Israel massiv zu bombardieren, mit dem erklärten Ziel, Israel komplett auszulöschen. Aus Moskau kommt das zynische Angebot an die Israelis, in das Jüdische Autonome Gebiet an der chinesischen Grenze umzusiedeln. Daraufhin starten die USA ein heftiges Bombardement des Irans, vor allem seiner Atomanlagen, wobei sie Stützpunkte in Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten nutzen. Diese werden dadurch in den Krieg hineingezogen. Dies beschwört die Gefahr eines Dritten Weltkrieges herauf, aber zum einen greift die Europäische Union vermittelnd ein, zum anderen wollen Russland und China keinen Krieg mit den USA, und lassen den Iran wie eine heiße Kartoffel fallen (sie haben ja auch beide mit Islamismus und der Auslöschung Israels nicht wirklich was am Hut). Im Iran kommt es zu einem Umsturz innerhalb des Regimes, und eine gemäßigtere Fraktion kommt ans Ruder, die alle Angriffe einstellt. Israel überlebt, muss die Besatzung des Westjordanlands und der Golanhöhen aber endgültig aufgeben. Es kehrt eine gespannte Ruhe ein.


    Foxbury geht schon kurz nach seiner Amtseinführung auf Konfrontationskurs zur Europäischen Union. Die NATO wird aufgelöst. Die USA gehen ein Bündnis mit Russland und China ein, wie das genau heißt, weiß ich noch nicht, aber es wird kurz die "Liga" genannt. Auf der anderen Seite formiert sich ein Bündnis von Demokratien unter Führung der Europäischen Union, die Allianz für Demokratie und Nachhaltige Entwicklung (Alliance for Democracy and Sustainable Development, ADSD), kurz "Allianz". Die "Allianz" und die "Liga" sind die beiden führenden Machtblöcke, die in den frühen 2030er Jahren die Weltpolitik bestimmen.

  • Das klingt schaurig realistisch ... :autsch:


    (Aber hattest du die Welt nicht letztens umbenannt, oder verwechsel ich das grad?)

    Bring me your soul, bring me your hate
    In my name you will create
    Bring me your fear, bring me your pain
    You will destroy in my name

    - Les Friction, Dark Matter

  • Die hatte ich umbenannt, aber diese Umbenennung wieder rückgängig gemacht, weil mir der alte Name doch besser gefiel.

  • Ich störe mich schon lange daran, dass viele SF-Autoren, die überhaupt lebenswerte Zukünfte konstruieren, diesen ein dunkles Zeitalter vorschalten, in dem erst einmal unsere Zivilisation über den Jordan geht, bevor - oft Jahrhunderte später - aus den Trümmern etwas Neues entsteht. Das möchte ich nicht. Aber ich sehe ganz realistisch, dass sich derzeit vieles (nicht alles!) in die falsche Richtung bewegt, und wahrscheinlich noch einiges geschehen muss, bevor mehr Leute "aufwachen". In meiner Welt gibt es immerhin keinen Dritten Weltkrieg, auch wenn die Welt im Großen Nahostkrieg dem nahe kommt, und auch nicht die große Klimakatastrophe mit Abschmelzen der gesamten Polkappen, Ausfall des Nordatlantikstroms und dergleichen mehr, sondern "nur" eine weitere Häufung von Extremwetterereignissen, die den Menschen bewusst machen, dass es so nicht länger weiter geht.


    Als ein Schlaglicht seien die deutschen Bundestagswahlergebnisse von 2025 und 2029 genannt. 2025 wird die CDU/CSU stärkste Partei und bildet mit der SPD eine Große Koalition (die aber gar nicht so groß ist, denn beide Parteien zusammen kommen nur einigermaßen knapp auf mehr als die Hälfte der Mandate). 2029 wird die AfD stärkste Partei, dicht gefolgt von - den Grünen. Die Letzteren formieren eine Koalition mit der SPD, die 2033 im Amt bestätigt wird. Generell ist in vielen Demokratien die Entwicklung zu beobachten, dass die bürgerlich-konservativen Parteien zwischen den progressiven Parteien auf der einen und den rechtspopulistischen und -extremistischen Parteien auf der anderen Seite immer mehr in die Defensive geraten. Es spürt eben jeder, dass es "so nicht mehr weiter geht": das Wetter spielt verrückt, die Wirtschaft steckt in einer Krise, Benzin und Gas werden immer teurer (zumal der Große Nahostkrieg zu einem Ausfall der Ölförderregion am Persischen Golf führt), und dergleichen mehr. Da stellt sich die Frage, ob man eine Partei wählt, die das Land mit neuen Ideen in eine bessere Zukunft führen will, oder eine, die die Wiederherstellung "alter Werte" verspricht. Auf jedem Fall aber keine, die weiter so wurschteln will wie gehabt.


    Es ist auch nicht so, dass in den Ländern der "Liga" und anderen Autokratien nichts für den Klimaschutz unternommen wird. Auch autoritäre Machthaber merken, dass was mit der Welt, vor allem mit dem Klima, nicht stimmt, und haben mit einem zunehmend unruhigen Volk zu tun. Vor allem aber setzt die Wirtschaft immer mehr auf Erneuerbare Energien, denn die sind mittlerweile günstiger als die fossilen, zumal es immer wieder Sabotageakte von Organisationen wie Killswitch oder Operation Cold Turkey gegen die Anlagen der fossilen Energiewirtschaft gibt, die neben dem Ausfall des Persischen Golfs als Ölförderregion zu Mehrkosten führen.

  • Oh wow, du bastelst ja sehr nahe an der Gegenwart. Wie machst du das dann in 2 Jahren, ist das jetzt quasi ein Fork unserer Geschichte, der 2024 beginnt, und ab dann parallel und getrennt weiterlaufen wird?


    Allianz und Liga, hmmm. Ich frage mich, was mit Afrika passiert, wo ja viele Länder (teilweise absurd) verschuldet sind, und immer noch mit Nachwirkungen von Kolonialismus zu kämpfen haben.

  • Da sind noch viele Fragen offen. In Afrika, denke ich, gibt es diverse Stellvertreterkonflikte zwischen der Allianz und der Liga (wobei es auf Seiten der Liga vor allem China ist, das sich in Afrika engagiert). Wie auch in Lateinamerika und Südostasien. Was den "Fork" betrifft, so lasse ich mir erst mal noch ein paar Fragen offen, etwa den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl im November. Natürlich wird das irgendwann veralten, aber das gilt auch für Geschichten, die in einer ferneren Zukunft spielen - wer in den 80er Jahren einen Science-Fiction-Roman schrieb, in dem die USA und die Sowjetunion zu den Keimzellen zweier rivalisierender interstellarer Imperien im Jahre zweitausendzweihundertundnochwas wurden, schaute in den 90ern auch schon in die Röhre. Die Science Fiction ist voll von nicht eingetretenen Szenarien! Ich habe jedenfalls angefangen, den Roman zu schreiben, und will den noch dieses Jahr fertig bekommen. Da ich derzeit (leider) wieder arbeitslos bin, habe ich dafür viel Zeit und Kraft frei.


    Ich habe schon darüber nachgedacht, die Romanhandlung weiter in die Zukunft zu schieben, aber ich denke, so viel Zeit ist nicht mehr, die Klimakrise zu lösen, ohne dass es zum Kollaps der Zivilisation kommt, und einen solchen will ich in meiner Welt definitiv nicht. Da muss schnell etwas geschehen, das können wir nicht erst in 50 Jahren angehen!


    Und ich bezweifle stark, dass autoritäre Regimes überhaupt in der Lage sind, eine Wende zur Nachhaltigkeit zu vollziehen, die Idee einer Ökodiktatur war für mich immer schon eine Schnapsidee, die Diktaturen müssen also möglichst bald verschwinden. Zwar können auch Diktaturen sinnvolle Maßnahmen ergreifen, sofern sie für sie wirtschaftlich oder geostrategisch günstig sind, aber sie sind grundsätzlich weniger lernfähig als Demokratien, und die viel diskutierte Fähigkeit autokratischer Regimes, unpopuläre Entscheidungen durchzusetzen, wird eben meistens dazu genutzt, die falschen Entscheidungen durchzusetzen - von Investitionen in umweltschädliche Technologien und Großprojekte bis hin zu Kriegen.


    Man schaue sich etwa an, wie die Chinesen zwar massenhaft Elektroautos bauen, die aber überwiegend mit Kohlestrom betreiben, so dass das Ganze genauso klimaschädlich ist wie Autos mit herkömmlichem Verbrennungsmotor. (Überhaupt wird das Thema "Mobilitätswende" auch hierzulande viel zu oft auf Elektromobilität verkürzt - Elektroautos sind für eine nachhaltige Mobilität zwar notwendig, aber nicht hinreichend. Die können nur Teil der Lösung sein, denn an der Stau-, Parkplatz- und Unfallproblematik ändern sie gar nichts.) Die Wende zur Nachhaltigkeit wird ja auch bei uns nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit durchgezogen, da müssen die Menschen ihre Sorgen öffentlich kundtun und untätige Regierungen verklagen, und beides geht eben nur in demokratischen Rechtsstaaten. Deswegen sind Nachhaltigkeit und Demokratie aus meiner Sicht nicht voneinander zu trennen.

  • Es gibt einige Staaten, die weder der Allianz noch der Liga angehören, sondern in einem Spannungsverhältnis zu beiden stehen. Dazu zählen diverse islamistische Staaten (wobei es in dem islamistischen Lager wiederum eine tiefe Kluft zwischen sunnitischen und schiitischen Regimes gibt), sowie die "narkokommunistischen" Regimes in einigen Ländern Lateinamerikas, die sich auf die Lehren von Marx und Lenin berufen und ihren Staatshaushalt im wesentlichen mit Kokainexport decken.

  • Die Technologie hat sich in den zehn Jahren, die zwischen heute und der Handlungszeit des Romans liegen, weiter entwickelt, aber nicht grundlegend verändert.


    Die Energieversorgung befindet sich im rapiden Übergang von fossilen Brennstoffen und Kernenergie zu erneuerbaren Energien. Letztere sind mittlerweile billiger als fossile Brennstoffe, von Kernenergie ganz zu schweigen, so dass auch dort in sie investiert wird, wo die Machthaber das Klimaproblem immer noch nicht ernst nehmen. Hinzu kommt, dass der Persische Golf als Erdölförderregion komplett ausgefallen ist, weil alle Anrainerstaaten von islamistischen Regimes regiert werden, wobei die sunnitischen und die schiitischen Regimes gegeneinander Krieg führen, und beide ein Ölembargo über sowohl die Allianz als auch die Liga verhängt haben. Biomasse spielt aber nur eine untergeordnete Rolle; die hauptsächliche Bioenergie ist Biogas aus Lebensmittelabfällen. Die anorganischen erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie haben sich als viel ausbaufähiger erwiesen, und die Speichertechnologien haben sich weiter entwickelt. Die Kernfusion ist immer noch Zukunftsmusik.


    Kraftfahrzeuge werden in immer größerem Maße elektrisch angetrieben. In vielen Ländern werden nur noch Elektroautos neu zugelassen, und in vielen Städten (v.a. in der Allianz) gibt es ganze Stadtviertel, wo Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nicht mehr verkehren dürfen. Tankstellen werden zunehmend rar, weil Erdöl sehr teuer und die Nachfrage nach Benzin und Diesel stark rückläufig ist, so dass man damit nicht mehr viel verdienen kann. Hinzu kommt, dass immer wieder Brandanschläge auf Tankstellen seitens Ökoterroristen (und Leuten, die sich dafür halten) verübt werden, und die meisten so zerstörten Tankstellen werden nicht wieder aufgebaut, weil das angesichts der geringen Rentabilität einfach zu kostspielig wäre. Vor allem in den Ländern der Allianz gibt es auch Anstrengungen, den Personenverkehr auf Busse und Bahnen und auch den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Zu letzterem Zweck werden an vielen, auch kleineren Bahnhöfen Container-Verladeanlagen errichtet.


    KIs haben Fortschritte gemacht, und Werbespots, Mainstream-Popsongs und viele andere kommerzielle Medienprodukte werden routinemäßig damit erzeugt; aber starke KIs, die so intelligent wie Menschen wären, gibt es noch nicht. Es gibt auch in vielen Ländern, vor allem denen der Allianz, strenge gesetzliche Regeln für den Einsatz dieser Technologie, und eine große Nachfrage nach Musik, Filmen und anderen Medienprodukten, die nicht von KIs erzeugt worden sind.


    Ein neuer Trend ist die Erweiterte Realität, die virtuelle Objekte in die Erfahrungswelt einblendet. Viele Leute tragen eine Brille, obwohl sie keine Sehschwäche haben. Diese Brille dient dazu, virtuelle Objekte ins Sichtfeld einzuspiegeln, und verfügt weiterhin über einen Eyetracker, der die Augenbewegungen verfolgt. Damit kann man beispielsweise ein Reklameschild eines Ladens anzwinkern und auf diesem Weg die Website des Geschäfts aufrufen.


    3D-Drucker sind in verschiedensten Ausführungen in der Industrie und in vielen Haushalten anzutreffen, und tragen in den hochentwickelten Ländern dazu bei, Produktionsaktivitäten wieder ins Inland zurück zu holen.


    Raumfahrt ist immer noch sehr teuer und nicht viel anders als heute, und Weltraumtourismus weitestgehend Zukunftsmusik. Es gibt eine Handvoll Raumstationen, die vor allem der wissenschaftlichen Forschung dienen, aber keine Mond- und Marsbasen oder dergleichen.

  • Natürlich gibt es in der Welt des Globalen Frühlings diverse Subkulturen. Da gibt es eigentlich alles noch, was es jetzt schon gibt, aber auch noch einiges neues.


    Es gibt beispielsweise drei Subkulturen, die zusammenfassend als "EDO-Subkulturen" bezeichnet werden. Das sind die Elben, die Zwerge und die Orks. Die Elben gab es zuerst. Die in den späten 2020er Jahren in England auf. Das fing damit an, dass eine Organisation namens "Elven Nation" an die Öffentlichkeit trat, die behauptete, die Nachfahren einer alten Hochkultur auf den Britischen Inseln der Bronzezeit zu sein, und Frieden, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Das fiel bei der "Generation Greta" und Hippie-Enkeln auf goldenen Boden. Die Elben haben eine Vorliebe für farbenfrohe wallende Gewänder und Prog-Rock, und engagieren sich für grüne Politik. Die Elben zogen wiederum zwei Antworten nach sich. Zum einen die Zwerge, die aus der Heavy-Metal- und Motorrad-Szene hervorging. Diese tragen Kutten (im Subkultursinn) und lange Bärte (soweit männlich), fahren schwere Motorräder und hören Heavy Metal. Zum anderen die Orks, die ihren Ursprung im Hardcore-Punk haben und politisch zumeist ziemlich weit links stehen. Die drei EDO-Subkulturen sind alles friedfertige Menschen, die zwar übereinander Witze reißen, aber nicht miteinander oder mit der Mehrheitsgesellschaft verfeindet sind.


    Gar nicht friedfertig oder gar lustig sind hingegen die Addy-Boys (Addy-Girls gibt es kaum). Die orientieren sich outfit- und frisurenmäßig an einem gewissen Postkartenmaler aus Braunau, und mit denen ist nicht zu spaßen, vor allem dann nicht, wenn man einen Migrationshintergrund hat oder einer der drei EDO-Subkukturen angehört.


    Ich denke, ich werde die Addy-Boys wieder streichen! Das Thema Rechtsextremismus ist mir zu ernst für solche Burlesken. Es mag den einen oder anderen Spinner geben, der das Outfit von Ihr-wisst-schon-wem nachmacht, aber eine relevante Subkultur muss nicht sein.

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