Fortsetzung der Adventskalendergeschichte: hier und hier
Zusammenfassung für die Faulen:
Der Schwarzoger Thorstein Valdklingsblut ist aus der Zentrale der Metaaggregation Schlaufe durch eine unglückliche Kartenkorrektur an einen Ort namens Siphon geraten, wo unfertige Ideen verschiedener Welten zusammen treffen und versickern. Außer einem sprechenden Igel namens Igor ist er dort allein und es sieht nicht so aus, als gäbe es einen Weg zurück.
Die Zeit floss dahin, gleichmäßig wie der Strom an Weltessenz zu meinen Füßen. Ich wollte gar nicht wissen, wie viel Zeit schon vergangen war. Zwei Wochen vielleicht? Oder drei? Schwierig zu sagen, denn in diesem dunklen Rohr gab es nichts, was sich veränderte. Igor summte die meiste Zeit vor sich hin oder machte sich über meine Fluchtpläne lustig. Ich schlief viel und säuberte in der restlichen Zeit meine Axt und meinen Helm. Ich hatte weder Hunger noch Durst und auch ansonsten schien mein Körper jegliche Funktionen eingestellt zu haben. Ich war froh, dass wenigstens das mit dem Schlafen funktionierte.
Und dann irgendwann, änderte sich etwas!
Das komische Flimmern fiel mir zuerst auf. Ich kannte das doch von den Weltenübergängen aus der Schlaufe! Ich trat von einem Moment auf den anderen vom Halbschlaf in den hellwachen Zustand über. Unruhig schritt ich den Vorsprung auf und ab um zu lokalisieren, woher, das kommen konnte. "Was hast du denn jetzt schon wieder vor?", stöhnte Igor aus seiner kleinen Höhle, doch ich achtete nicht auf ihn. Das Kribbeln war stärker geworden und jetzt wusste ich auch, woher es kam! Das rostige Metallgitter, dass knapp über der Wasseroberfläche des Rohrflusses angebracht war und bei dem ich schon Dutzende Male versucht hatte, es rauszureißen schien vor meinen Augen förmlich zu vibrieren. "Da!", rief ich, "da gehts raus."
Ich sprintete zu dem Gitter ung begann daran zu rütteln. Anders als die Male davor bewegt sich etwas und das Gitter ließ sich nach außen aufdrücken. Es schien mir auch größer als die Tage davor, quadratisch und vielleicht einen guten halben Meter im Durchmesser. Aus dem Loch hinaus blickte ich nur in flimmernde Schwärze, die ganz klar den Übergang zu einer anderen Welt darstellen musste. Ich wollte mich sofort Kopf voraus hindurchstürzen, doch dann hielt ich noch einmal inne und drehte mich zu Igor um: "Kommst du mit?", fragte ich ihn.
"Sicher nicht.", sagte Igor, "und ich würde es dir auch nicht raten. Durch so einen Meta-Übergang gibt es große Störungen, es ist nicht sicher, ob wir so etwas überleben. Ich habe keine Chance, zusammengesetzt, wie ich bin und bei dir bin ich auch nicht sicher. Du bist zwar doch nicht so lang hier aber das Siphon verändert einen."
"Ich muss da durch. Ich muss zurück in die Zentrale. Zu meiner Arbeit!" Zu Degor.
"Tu, was du nicht lassen kannst", sagte Igor und seine Stimme wirkte leicht traurig, "Es war schön, wieder etwas Gesellschaft zu haben. Dann bin ich eben wieder allein..."
"Ach Igor! Es war doch auch schön für mich, dich kennen gelernt zu haben. Aber ich muss weiter. Ich hoffe, du verstehst das. Willst du wirklich nicht raus hier?"
Igor schüttelte nur nochmals stumm den Kopf. Ich drehte mich zum Gitter und zog mich, diesmal vorsichtig und mit den Füßen voran, hinaus.
Für einen Bruchteil einer Sekunde sah ich nichts als schwarzen Nebel, dann landete ich in einem kleinen, aber sehr hohen, nach Zimt riechenden Raum. Die Wand, auf die ich blickte, war kahl und erdig, etwas Dämmerlicht schien von oben hineinzudringen. Ich richtete mich auf, drehte mich um und blickte auf die Wand, aus der ich gekommen war. Das Eisengitter war schwang geöffnet vor mir und beim Blick hinein konnte ich noch ansatzweise die Felsen des Siphons erkennen. "Igor!", rief ich, "Es ist sicher!", doch ich glaubt nicht, dass er mich hören konnte.
Dann bemerkte ich die Zahl auf der Wand direkt über dem Gitter. Aus dem selben Metall wie das Gitter war eine große Neun gegossen. Ich verstand nicht, was sie zu bedeuten haben könnte, doch als ich meinen Blick schweifen ließ, sah ich noch weitere kleine Türen auf der Wand, die ebenfalls alle eine Ziffer trugen. 17, 5, und 20 lagen direkt auf meiner höhe, die anderen Türen lagen höher, ich zählte insgesamt sechs Etagen. Ich war gerade große genug, um die Türen der zweiten Etage zu öffnen, in der die Nummern 11, 2, 21 und 23 lagen. Ich ging noch einmal ein paar Schritte zurück und stellte fest, dass alle Zahlen zwischen 1 und 24 vertreten waren und mir dämmerte, wo ich hier gelandet sein musste:
Ich hatte vollkommen verpasst, wie das dieses Jahr abgelaufen war und in welche Welten ich durch diese Geschichten gelangen könnte. Aber immerhin hatte ich nun eine Pespektive für den Weg zurück. Ich öffnete zuerst Tür 20, wo mir nur eine dicke rote Absperrfolie entgegen kam. "Geschichte noch nicht fertig " las ich darauf und ärgerte mich. Dasselbe kam mir bei den Türchen 17, 21 und 23 entgegen. Tür 11 hatte ebenfalls ein Absperrband, aber die obere, rechte Ecke war abgetrennt und ich konnte in ein gemütlich aussehendes Gasthaus werfen. Ich steckte meinen Kopf weiter hinein und vernahm plötzlich einen wohlvertrauten Geruch. "Irenäus!", rief ich, "Das ist die Weltwirtschaft!". Irenäus hatte mir immer gebratene Erdbärschnauze in die Zentrale geliefert und dieser Geruch hier kam unmissverständlich genau diesem Gericht!" Doch in der Küche war niemand. Ich überlegte. Wenn ich tatsächlich pünktlich aus meinem Türchen gekrochen war, dann müsste sich das Türchen zur Weltwirtschaft eigentlich in zwei Tagen öffnen. Das konnte ich doch tatsächlich ganz gut abwarten! Doch wer übernahm das Öffnen? Würde meine Anwesenheit den Ablauf so sehr, stören, dass es nicht dazu kam? Ich wollte das Erscheinen des Adventskalenders wirklich nicht aufs Spiel setzen. Ich überlegte kurz, ob ich die Zeit nicht einfach im Siphon abwarten sollte, doch das erschien mir ebenfalls riskant. Gerade jetzt dürfte das Türchen oft aufgerufen werden und meinem vergangenen Ich wollte ich auf gar keinen Fall begegnen, die Paradoxien würden wahrscheinlich den ganzen Kalender auseinander reißen.
Also blieben noch die Türchen 2 und 5. Durch Tür 2 erblickte ich einen schönen Sonnenaufgang an einem Hang, Tür 5 schien an einem ruhigem Waldrand zu liegen. Beides relativ ungefährlich und die meisten hatten vermutlich schon beides gelesen. Letztendlich aus dem Grund, weil ich zu faul war, mich in die zweite Etage hochzuziehen, schlüpfte ich in Tür Nummer 5 und trat auf die Lichtung am Waldrand. Der leise Ton einer Flöte war zu hören.