[Laharia][Sprachentwicklung] Proto-Sicauisch (WiP) / Sicauanische Sprachfamilie

  • Was macht man, wenn man nicht weiss, ob was da ist? Das ist dialektabhängig, und das wissen wir, weil Nachfahrensprachen das verschieden machen. Manche betonen eher, dass etwas nicht da ist, andere bestehen darauf, dass man gar nicht wissen kann, ob etwas wirklich nicht da ist, man kann es ja auch übersehen.

    Alternativ schleichen sich halt Fehler ein. Bei mir auch, ein Satz da oben ist falsch: nicht-jmdjetzt bedeutet nicht niemand, sondern mehr so "jemand, aber jemand anderes", eventuell auch mal als "man" zu übersetzen. Niemand wäre [kein] jmdjetzt.


    Lautänderungen

    Davon ist in dieser Sprache eh schon was drin. Zwei Objektmarker hintereinander sind nämlich nicht haha, sondern haja, und das ist erst die geschriebene Form, also vermutlich etwas älter. In Lautschrift unterscheiden sich dann auch noch die beiden a: Das erste wird ein Schwa.

    Vermutlich wissen wir das wegen irgendwelcher Entlehnungen in andere Sprachen, oder wegen Schreibfehlern, oder wegen einer Entwicklung zu einer Tochtersprache.

    Bezüglich Lautänderungen für Tochtersprachen habe ich schon vage Ideen. Th könnte vielleicht englisch werden, oder zu einem ts-Laut. Der Unterschied zwischen ou und owu wird verschwinden, aber als Ton erhalten bleiben. Mindestens eine Tochtersprache wird also tonal.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • In irgendeinen der Sprachen in der Familie gibt es den folgenden Satz: Awatawa te mouen. Ich habe keine Ahnung, was er in besagter Sprache bedeutet, aber mein Kindergartenkind hat ihn gestern so lange wiederholt, bis ich ihn aus dem Kinderdeutschen übersetzen konnte: Aber dauert einen Moment.

    Vielleicht hat der Satz in der fraglichen Sprache der Sprachfamilie ja auch irgendwas mit Warten oder Langsamkeit zu tun ... wer weiss?

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Einmal live Sprachbasteln. Naja, live ... dieser Post ist das Werk von drei Tagen.


    *zufällige Romantextdatei öffne*

    *rauspick*


    "Niban, du hast doch ein Gästezimmer. Kann Keva, falls wir heute keine Wohnung für sie finden, dort schlafen?"


    Namen - okay, wir machen einen Unterschied zwischen Anrede und Nennung. -i bei Nennung.

    du - dujetzt in dem Fall. samet

    wir - jmdjetzt-[Plural], djinetsathi

    sie - jmddann, da das Schlafen ja zukünftig ist: djawai

    Gast - Indoeuropäische Sprachen haben ja diese Dualität Gast/Wirt, naja, bei Wirt grad nicht, aber im Englischen kommt es definitiv raus: host/guest. Das sollen die sicauanischen Sprachen, zumindest ererbt, auch haben. Ich werfe fürs Ursicauanische mal kinis und gjines in den Ring. (Feind (lat. hostis) soll nicht dazugehören, anders als im indoeuropäischen Fall.)

    Zimmer - Ein Zimmer ist abgetrennt, aber ein Teil von etwas. Ein Seitenfach in der Tasche hat die gleiche Wortwurzel. Ich postulier mal kiweth.

    Wohnung - Das ist auch abgetrennt, aber Teil von etwas, und zwar dem ganzen Haus. Nochmal die gleiche Wortwurzel. Ich sag mal gwia.

    Schlafen - was Grundlegendes. Nulwo. Wörter, die davon ableiten, sind tot/Tod (ein archaisches bzw. das für Tiere und Feinde ist vom Töten abgeleitet), müde, windstill, ausgegangenes Herdfeuer, und sicher noch einen Haufen mehr.

    finden - Erfolgsform von suchen. siw-gili, wobei siw der Erfolgsmarker ist.

    haben - ein Zugehörigkeitsmarker. gwona

    heute - das gehört da eigentlich gar nicht hin, das müsste im Romantext auch "vor der Nacht" heissen.

    Nacht - verwandt mit dunkel, blind, leer und noch ein paar Sachen. Vermutlich hat die Wurzel tatsächlich Nacht bedeutet. Also ... gennur. Oh, mein erstes R. Stimmhafter alveolarer Approximant, also englisch, aber kein Südstaaten-Gurgelenglisch. Der Laut ist nur am Silbenende erlaubt.

    vor - (zeitlich) nawako

    Können - In dem Fall eher dürfen. Konkret als (möglicherweise schon verschliffenen) Nebensatz "ist gestattet" gelöst. Also: nicht-jmdjetzt gestatten. Hinten dran dann ein Marker, den ich mal salopp als [undzwar] übertrage. gau-djinet ithau ... *verschleif* gainjet ithau oder sogar gainjethau - quasi "isokaydass"

    für - len, mit Schwa, als Suffix mit Bindestrich, gilt aber als eigenes Wort, als Postposition, nicht als ein Fallmarker.

    dort - deuli (da=deulor), wobei eu zwar ein Diphthong ist, aber definitiv kein deutsches oi.


    Jetzt kommen die knackigen Grammatikentscheidungen:

    doch - Frageerwartung ja, kriegt einen eigenen Fragemarker: guja - und da es sich um eine so rethorische Frage handelt, dass sie nicht mal ein Fragezeichen hat, pflanzen wir noch nanasi ans Satzende. Der normale Fragemarker geht gonsou.

    falls - hmhmhm ... *grins* Das wird interessant. Wir spendieren der Wohnungssuche einen Aspektmarker für eine Möglichkeit mit der Betonung der möglichen Unmöglichkeit (quasi "kann sein, aber vielleicht halt eben nicht"), und sparen uns eine Übersetzung für das Wörtchen falls. Und der Marker geht ... djumun


    Sooooo, die Bausteine sind fertig, jetzt zusammenbauen.


    Niban, guja-gwona-sameth kinissikiweth nanasi. Kevai, djinetsathi nawako gennur gwia-ha djinet-len djumun gau-siw-gili, gainjethau djawai gonsou-deuli nulwo?


    Aufgeschlüsselt:


    Niban, [ja?]-[zugehörig]-[dujetzt] Gästezimmer [totalrethorisch]. Keva[Nennung], [ichjetzt][Plural] vor Nacht Wohnung-[Objekt] [jmdjetzt]-[für] [vielleichtunmöglich] [nicht]-[Erfolg]-suchen, [isokaydass] [jmddann] [Frage]-dort schlafen?


    IPA:

    ˈɴɪbɑn ɡʊjɑ ɡwɔnə sɑˈmɛːtʰ ˌkɪnəsɪˈkɪwɛːtʰ ˈɴɑnɑsɪ

    ˈkɛʋɑɪ ɖʲɪˌnɛːtˈsɑtʰɪ ˈɴɑwɑkɔ ɡɛnːˈʊɹ ɡwɪɑçə ɖʲɪˈnɛːtlən ɖʲʊmʊn ɡɑʊˌsɪwˈɡɪlɪ ˈɡɑjnʲɛːtɑʊ ɖʲɑˈwɑj ɡɔnˈsoʊˌɖøylɪ ɴʊlwo


    Kein Link diesmal, der IPA Reader vermurkst den zweiten Satz allerübelst ... den ersten nicht ganz so, nur ein bisschen.


    (Vor zwei Stunden hab ich angefangen, Bausteine zusammenzustöpseln. Also, Muttersprachler können das sicher schneller. :lol: )

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    - Armin Maiwald

  • So, heute noch ein paar Korrekturen reingepflastert - es war gestern schon spät.

    1. Ich hatte verkehrterweise einen Vokativ eingebaut statt eines Suffixes bei Nennung.

    2. Das Pronomen Wir war nicht aufgeschlüsselt.

    3. IPA für eu war falsch.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Mir ist grad aufgefallen, dass ich "für" hinten angestöpselt habe, "vor" aber vorne steht. Das ist durchaus möglich (Deutsch hat ja auch einige Postpositionen), aber eine halb-halb-Aufteilung wäre äusserst ungewöhnlich.

    Regelhaft hat Ursicauanisch also Postpositionen, Präpositionen gibt es nur wenige, darunter aber sämtliche temporalen Relationen: vor, nach, während, ... - und die sind allesamt von (hinten stehenden) örtlichen Relationen abgeleitet. Wieder was gelernt. :)

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • So, ich mache dann mal ein etymologisches Fass auf. Wo kommen die Wörter her?


    Oben genannt habe ich schon kinis und gjines, in diese Familie gehören noch: lesikens (Verlobter, ursprünglich Hausgast), kintak (Festmahl), keneni (diverse Krabbeltierchen-Parasiten), kensile (Ladenöffnung), kinal (fremd/exotisch, ursprünglich "wie ein Gast von weit weg"), gjinalea (Hotel, Wirtshaus), jannot (Chef eines Betriebes oder einer Firma), jenal (nett, ursprünglich "wirtlich"), jejnu (Geschenk).

    Zweimal in der Gruppe taucht die Wurzel *le für Haus auf. Das Wort für Haus ist nilnati, wörtlich mehr so Gebäude, aber *le taucht an vielen Stellen auf.

    Etymologie darf ein bisschen Chaos sein, aber die meiste Wortentwicklung sollte halbwegs logisch sein. Ein Suffix -al für Eigenschaften sticht hier heraus (nicht nur in kinal und jenal, sondern auch, versteckt zwischen gjines und *le, in gjinalea!). Daher: nulwal - müde, genwal - dunkel, sowie gennuhal - nächtlich (r ist nur am Ende erlaubt, daher das h). Dazu noch weniger verschliffene Entwicklungen wie: kinisal - verwöhnt, gjinesal - luxuriös.


    So, genug für heute.

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    - Armin Maiwald

  • Flotter Wechsel woandershin. Ich hab einen, denke ich, halbwegs brauchbaren Sprachstammbaum:

    Ausgestorben sind Ost-Sicauanisch und Nepravetisch, alle anderen Blätter des Baumes werden weiterhin gesprochen. Dilnayatisch und Pan-Demer sind eigentlich dieselbe Sprache, aber während Dilnayatisch aktiv im Alltag gesprochen wird, ist Pan-Demer mehr so ein überhöhtes Ideal in den Köpfen von nichtdilnayatischen Demer-Spinnern, die gerne einen Demer-Staat mit reiner Demer-Sprache hätten - entsprechend ist die Aussprache konservativ, manchmal hyperkorrigierend, und Lehnwörter werden rausgeschmissen.

    Dann entwickeln wir mal das ein oder andere Wort, bei dem anzunehmen ist, dass es in der ein oder anderen Form in allen Nachfahrensprachen überlebt, ein bisschen weiter. Mal sehen, was passiert.

    Welche Wörter nehmen wir also? Definitiv lowu und kiou, ich habe ja schon gesagt, dass owu und ou irgendwo zusammenfällt und in Tönen mündet. Ausserdem gjines und kinis, um unbetontes -is und -es zu betrachten, ebenso -i- und -ji-, und überhaupt, mal sehen, was mit k und g passiert. Zusätzlich gennur, genwal und gennuhal.


    *schnipp*


    So, die linke Hälfte des Stammbaumes wurde mal abgearbeitet.


    Eben, owu und ou verlieren w als Unterscheidungsmerkmal und werden künftig anders unterschieden. Nepravetisch monophthongiert ou, dann hat owu neu Platz, Brudersicauisch macht zwei verschiedene O-Laute in den beiden Diphthongen, und darauf folgend werden die demerischen beiden Monophthonge auch verschiedene O-Laute (im Dilnayatischen schiebt einer dann Richtung A). Nevalisch geht dann den Nepravetischen Weg, nur genau andersrum.

    Eyamé ist deutlich interessanter: Rein von der Lautung fallen die Vokale zusammen, aber owu kriegt einen mittleren Ton, ou aber einen steigenden. Eyamé hat keineswegs für jede Silbe einen spezifischen Ton, noch lange nicht mal jedes Wort hat irgendwo einen Ton, aber manchmal ist der Ton bedeutungsunterscheidend.


    K am Wortanfang bleibt bis ins moderne Nevalisch und Eyamé erhalten, während es in den demerischen Sprachen zu ch wandelt (KJ im Eyamé auch, aber nicht genau der gleiche Laut). G, zumindest mal GJ am Wortanfang jedenfalls, verzieht sich und wird irgendwas J- oder SCH-artiges.


    So, jetzt zu kinis und gjines. Unbetonte -is und -es fallen mal bisher nicht zusammen, die Unterscheidung wird aber nicht mehr über den Vokal getroffen, so der Vokal überhaupt noch in beiden Wörtern da und zudem verschieden ist. Gesamt kann man sagen: Nach -e- wird das -s stimmhaft. Ausser im Nepravetisch, aber da ändert es sich auch.

    Meistens verzieht sich der unbetonte Vokal, oder zumindest fast, aber nicht -i- im Eyamé. Der kinis-Nachfahre im Eyamé verschluckt tatsächlich das betonte -i-, stattdessen gibt es ein betontes silbisches n.

    Und zuletzt: Dilnayatisch geht die französische, oder eher die portugiesische Route und nasalisiert den Vokal vor n, und lässt dann das n fallen. Nasalvokale gibt es im Pan-Demer keine, das ist mitunter der grösste Unterschied zwischen den beiden.


    Ich bin gespannt, was die andere Hälfte vom Stammbaum bringt.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Das sieht schon mal ganz gut aus. Das kann eine interessante und realistische Sprachfamilie werden!

  • Danke dir, das heisst einiges, grad von dir.


    Ich muss noch was zur zweiten Gruppe Wörter sagen, gennur, genwal und gennuhal hab ich noch gar nicht näher behandelt, sie sind nur auf dem dritten Bild kommentarlos drauf. Am interessantesten ist hier eigentlich, dass h Richtung j wandern kann, obwohl "eigentlich" die Wanderung lieber in die andere Richtung (d.h. von Approximant zu Frikativ, wie kjou=>cho) stattfindet. Ich denke mir, dass das an der Nähe vom n liegt, dass sich dann ja auch noch reinwurschtelt in manchen Entwicklungen.

    Interessant auch, dass sowohl r und l am Ende gerne verschwinden, gegebenenfalls halt ihre Spuren in den Vokalen hinterlassen.

    Ausserdem: Unbetontes -e- zwischen g und n verschwindet gern, das g wird k vor n, oder es haut ab, nachdem es das n zu einem n(g) gefärbt hat.

    Gesamt führt das zu mitunter gewaltigen Kürzungen und Wörtern, die man kaum wiedererkennt, vor allem zu sehen im nevalischen n(g)äl aus gennuhal. Und verwandte Wörter in modernen Sprachen sind da auch deutlich unterschiedlicher als oben die kinis/gjines-Wörter. Oder sehen n(g)äl und knjo(u) (Nevalisch und Demerisch) sich irgendwie ähnlich?


    Ich muss aufpassen, dass mir die Lautverschiebungen nicht zu willkürlich werden. Hier habe ich zwar eine Erklärung, aber ob die wirklich was taugt, weiss ich noch nicht. Vielleicht passe ich das noch an, dass gennur, genwal und gennuhal sich anders entwickeln. Wird sich zeigen.

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    - Armin Maiwald

  • Soooo, wir haben noch eine zweite Stammbaumhälfte. Ich hab mich in der Nacht noch schlaflos hingesetzt und da kurzerhand mal alle Wörter entwickelt. (Zum Glück sind die Nachbarn, die mir ins Fenster schauen können, nicht da. Was die wohl denken würden, wenn ich da in Unterwäsche im Dunkeln am Rechner sitze und laut vor mich hin brabbel.)


    Die rechte Hälfte des Stammbaumes verliert mehr Konsonanten und weniger Vokale als die linke Hälfte, das ist beabsichtigt, weil sowohl Liravisch als auch Mischannisch schon eher vokallastig etabliert sind. Die Wörter haben also auch mehr Silben.

    Markante Verschiebungen:

    ~ von Frühsicauisch auf Spätsicauisch wurde die ke-tsche-Verschiebung ähnlich vom Lateinischen ins Italienische fast nachgebaut. Von "tche" geht es weiter über ein behauchtes t zu einem englischen th, das dann einen der phonologischen Hauptunterschiede zwischen Liravisch und Mischannisch produziert: F im Liravischen entspricht S im Mischannischen, wenn es im Altliravischen TH war.

    ~ Sowohl Spät-Sicauisch als auch Nazete diphthongieren lange vordere Vokale (Nazete gründlicher, d.h. auch geschlossene, SpS nur offene). Nazete ist eine moderne Sprache, da geht es also noch nicht weiter, aber SpS ist natürlich eine alte Sprache. Im Keirukinischen werden diese Diphthonge des SpS dann wieder monophthongiert, und zwar als geschlossene Vokale - die alten geschlossenen Vokale sind aus dem Weg, sie wurden gerundet, und gerundete gab's vorher nicht. Hübsche Kettenreaktion, finde ich.

    ~ Nazete schmeisst mit Schwas in unbetonten Silben um sich, reduziert sie aber nicht. Vielleicht in der Zukunft.

    ~ Mischannisch geht den Dilnayatischen Weg und nasalisiert Zeug. Das ist also auch ein wichtiger Unterschied zwischen Liravisch und Mischannisch. (Für den Otto-Normalliravier, der sowohl Mischann als auch Demer mitunter als leicht lästige Minderheiten ansieht, klingen Nasalvokale, platt gesagt, total hässlich. Bei Französisch würde er sich total an den Kopf schlagen.)

    ~ w zu ʋ, sowohl beim Rätsel-Sicauanischen, als auch im Mischannischen (auch Liravisch, Nazete und Eyamé HABEN es, aber nicht bei diesen Beispielen). Ich liebe ʋ. Ein v fühlt sich für mich weniger natürlich an. (Zugegeben hört kaum jemand den Unterschied.)

    ~ Nazete setzt ohne Beachtung ererbter Akzente die Betonung strikt auf die erste lange Silbe, basta. Diphthonge gelten als lang, auch wenn sie es nicht immer wirklich sind. (Wenn alles kurze Silben sind, ist die Betonung auf der vorletzten.)

    ~ Und zuletzt: Metathese. Früh-Sicauisch stellt von lowu auf olwu (nicht im Bild, Zwischenstufe) auf olu um. Die genauen Bedingungen hab ich noch nicht ausklamüsert, eventuell schieben sich nur Liquida ( d.h. nur l, weil r nur am Wortende vorkommt) vor das verschwindende w. Vielleicht aber auch noch Nasalvokale. Mal sehen.


    So, Bilder, hier bitte:


    Soweit, so gut.

    Als nächstes formalisier ich die da drin vorkommenden Regeln und sehe zu, dass ich sie automatisiert anwenden lassen kann - es gibt ein paar Tools dafür, aber ich habe noch keines ausprobiert.

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Tja, das ist alles andere als trivial. :-/ Bisher kriege ich es nicht her, die Betonung zu berücksichtigen. - Dummerweise ist die aber wichtig.

    Also lassen wir das erst mal, bis ich mir da ein bisschen was ergrübelt habe.


    Ich habe aber eine Frage an Leute, die sich mit Sprachwandel auskennen. Wie wäre denn eure Schätzung für die Zeit, die dieser Sprachenstammbaum abdeckt? Und wie lang von Spätsicauisch bis Liravisch? Klar, Sprachen wandeln unterschiedlich schnell, aber so grob Pi mal Daumen. Wenn ich dann um Grössenordnungen anders bin, muss ich halt eine Erklärung finden oder was ändern, wird sich zeigen.


    *schnipp*


    Das empirische Sprachbasteln geht in die zweite Runde. Mein Sohn fängt an brabbeln. Heute hat er mich schon mit einem stimmlosen lateralen alveolaren Approximanten, einem stimmhaften dentalen Frikativ und einem stimmlosen alveolaren Vibranten beehrt. Ich finde das eine sehr schöne Auswahl, zumal meine Tochter mir weder r̥ noch l̥ spendiert hat - sind ja auch ziemlich ungewöhnlich und meine Tochter hat ja auch schon ein paar ungewöhnliche gebracht, können ja nicht immer dieselben sein.

    Okay, ð ist eher normal, aber wenn normal nicht vorkäme, wäre es ja auch nicht normal. ;D

    (Der bilabiale Trill ist für Babys glaube ich obligatorisch ... jedenfalls, den kann er auch.)


    *schnipp*


    Ich hab ein bisschen über Grammatik nachgedacht. Liravisch hat nämlich ein etabliertes Vokativ-Suffix - Ur-Sicauanisch hat das nicht, ganz im Gegenteil wird dort ja die Nennung einer Person suffigiert. Tja, was ist da passiert? Entweder Früh-Sicauisch oder Spät-Sicauisch (ich weiss nicht, ob Nazete die Nennung markiert) verliert den Nennungsmarker. Die Leute finden aber, dass die Unterscheidung wichtig ist, und fangen an, bei angesprochenen Leuten du dazuzusagen. "Anna-du, gib mir mal das Buch da." Da es aber davon zwei bis vier (bin mir noch nicht sicher) je nach Geschlecht des Angesprochenen gab, entwickelte sich dieses -du zum liravischen Vokativ, der, ja, nach Geschlechtern unterscheidet.

    Und das erklärt auch, warum der Vokativ länger ist als der Nominativ.

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    - Armin Maiwald

  • Ich habe aber eine Frage an Leute, die sich mit Sprachwandel auskennen. Wie wäre denn eure Schätzung für die Zeit, die dieser Sprachenstammbaum abdeckt? Und wie lang von Spätsicauisch bis Liravisch? Klar, Sprachen wandeln unterschiedlich schnell, aber so grob Pi mal Daumen. Wenn ich dann um Grössenordnungen anders bin, muss ich halt eine Erklärung finden oder was ändern, wird sich zeigen.

    Dafür kenne ich zu wenige Details. Wirklich abschätzen kann man so was erst, wenn man ein Gesamtbild der Sprachen hat.

  • Dann muss ich noch ein bisschen gesamtbilden.


    Zum Gesamtbild gehören natürlich auch die Namen der Sprachen:


    Dilnayatisch ist nach dem Staat Dilnaya und damit ultimativ nach dem Fluss Dilno benannt. Die Dilno hiess im Ursicauanischen ... *nach passenden Lautverschiebungen such* Tédinou. Damit heisst die Dilno dann auf Nevalisch in etwa Tilno und auf Eyamé Tlene, mit Betonung auf dem L. Nazete hat Télene, mit zwei Schwas, Liravisch und Mischannisch haben Díunou respektive Díũou. (Komplett IPA mag ich heute nicht.)


    Demerisch ist nach dem Volksstamm Demer benannt. Das zweite e ist lang und betont. Die Demer hatten ursprünglich keine Sicauanische Sprache und ausgerechnet der Volksname ist ein Überbleibsel der verdrängten früheren Sprache. Die Demer übernahmen damals Brudersicauisch und damals hiess der Volksstamm noch Dimir. (Wäre das früher gewesen, wäre das R inzwischen weg.) Damit dürften die Demer auf Nevalisch Demir heissen, auf Eyamé Dmer, mit Betonung auf dem M. Nazete hat Demeir, erste Silbe mit Schwa, und Liravisch und Mischannisch haben Ðemyr respektive Ðemye (Mischannisch wiederholt den deutschen R-Trick, den schon Frühsicauisch gemacht hat).


    Keirukin ist nach der Familie der Keiruker benannt. Keiner weiss, was das heissen soll. Keirukin wurde als Name in Demerisch, (Früh-)Nevalisch, Eyamé, Nazete und Keirukinisch importiert und hat bisher nur drei Lautwandel durchgemacht: Dilnayatisch wandelt ei in e, Nazete schwat das u, und Mischannisch nasaliert das i am Ende und lässt das N fallen. Alles relativ unbedeutend.


    Liravien kommt vom Ur-Sicauanischen Lattábai, und das heisst "Auwald". Lirave war der ererbte Name des Anassatals - bloss blöd, dass der Anassa ausgetrocknet ist. Auf Mischannisch Lirave, auf Nazete Lerave (mit zwei Schwa-E), auf Eyamé, Nevalisch und den demerischen Sprachen Lattav.


    Der Volksstamm Mischann hat seinen Namen vom Ur-Sicauanischen Moisamne, Bergvolk. Liravisch Misann, Nazete Muisam (ohne Schwa, erstaunlich), Eyamé Moechm (die haben es echt mit silbischen Konsonanten), Nevalisch Mesam (vielleicht mit Schwa) und in den demerischen Sprachen Meham, wobei das Alltagsdilnayatisch am Imbissstand gerne mal zu Mem tendiert.



    Denke ich jedenfalls mal.

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    - Armin Maiwald

  • Ich hab überlegt ... eventuell ist es ungünstig, in der Ursprache R nur so eingeschränkt auftreten zu lassen, wo ja alle modernen Sprachen bis auf Eyamé es an beliebiger Stelle etabliert haben. Für Liravisch habe ich zwar den Lautwandel TT>R (also das TT im Amerikanischen Englisch), aber das machen nicht alle Sprachen. Wie könnte sich denn sonst noch ein R entwickeln? Hat wer Ideen?

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    - Armin Maiwald

  • Zwei Ideen, die mir spontan kommen, sind die Bildung aus /d/ und /l/. Auch /n/ könnte vielleicht ne Möglichkeit sein... Manchmal entwickelt sich /r/ aber auch aus /s/ zum Beispiel. Ich denke man hat da ne ganze Menge Auswahl, mit der man spielen kann.

  • Um beurteilen zu können, in welcher Zeit sich Deine Sprachen entwickelt haben, muss man wissen, wie viele Lautwandel insgesamt dort stattfanden, also nicht nur die wichtigsten. Aber auch dann kann man nur grob schätzen, weil manche Sprachen sich schneller wandeln als andere. Wobei die geographisch isolierten Sprachen begreiflicherweise einem langsameren Wandel unterworfen sind als solche, die viel Kontakt mit anderen haben. Man kann da aber eben nur schätzen. Sind zwei Sprachen einander etwa so ähnlich wie Dänisch und Schwedisch, trennten sie sich vermutlich vor etwa 1000 Jahren; eine Ähnlichkeit wie Deutsch und Schwedisch spricht für eine Trennung vor ungefähr 2000 Jahren, usw.

  • Und wie immer nach Wochen erst komm ich drauf, wenn ich etwas genau verkehrt entwickelt hab. Ich hab den liravischen Vokativ und die liravische Namensnennung verwechselt. Also kein angehängtes Du. Zumindest mal nicht im Liravischen. (Vielleicht ein Demonstrativpronomen?)


    So.


    Das moderne R in den sicauanischen Sprachen hat sich teils aus S und teils aus G entwickelt. Für S gibt es ja im Latein ein hübsches Beispiel (im Konjunktiv Perfekt), und aus einem griechischen G mache zumindest ich gern mal versehentlich ein französisches R. Das wär mal geklärt.


    Und da ich oben von Demonstrativpronomen schreibe. Ich habe ja schon da und dort, und die Demonstrativpronomen könnten damit verwandt sein. Und ich denke, die Demonstrativpronomen haben keine Zeit eingebaut - wenn man die braucht, wirft man ein normales Pronomen dazu, die Grammatik schreibt das aber nicht vor. Dort und da sind ja deuli und deulor, eventuell ist deu- eine Art Dummy, um zu klären, dass es eben kein Pronomen ist. Dann gibt es also, ich postulier mal: salli, sallor. Also: jener, dieser. Plural nur via Marker. Und eben keine Zeit drin.

    Wenn die liravische Namensnennung sich daraus entwickeln soll, dann muss sich zwischenzeitlich aber noch was tun, denn da wird ja noch nicht nach Geschlechtern unterschieden. (Und es ähnelt den liravischen -ni und -su auch überhaupt nicht.)

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Einwurf leicht am Thema vorbei: Mein Sohn hat mir einen Laut vorgemacht, den ich in IPA nicht finde und auch nicht mit sprachwissenschaftlichen Wörtern beschreiben kann. Vielleicht kann mir wer sagen, ob ich das nur nicht finde/weiss, oder ob er eine Lücke gefunden hat.

    Also, man strecke die Zunge raus. Dann beisse man auf die Zunge und lege die Unterlippe an die Zunge. Dann blase man die Luft zwischen Unterlippe und Zunge durch und produziere einen Trill. Hat das einen Namen? Wie beschreibt man das wissenschaftlich?

    Man kann gar nicht so rundum stromlinienförmig sein, dass es nicht irgendeine Pappnase gibt, die irgendetwas auszusetzen hat.
    - Armin Maiwald

  • Ist er vielleicht hier mit dabei?


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