Ngianas Vorgänger - eine Bestandsaufnahme
(mehr Lebensreflektion)
Die frühesten Bestandteile sind extrem bruchstückhaft. Balianas* war vielleicht eine Art Superheld, da wurden alle möglichen Sachen von Fernsehen und Computerspielen zusammengeworfen, wie es ein Kleinkind halt tut. Ich konnte in der Zeit zwar afaik flüssig lesen, aber nicht schreiben - mit der Hand schreiben hab ich erst in der Schule gelernt - und hab maximal was mit einer Schreibmaschine getippt. Da gibt es maximal noch Wortfetzen, weil nach einem Satz die Tinte aus war oder ich abgelenkt wurde, ...
Als ich dann (hand)schreiben konnte, hab ich ein "Opernlibretto" verfasst - unter Einfluss vom Ring-Zyklus - mit so wunderbaren Szenenbeschreibungen wie "Nix passiert. 2 Scene: Nix passiert, aber Publikum wird unruhig" (nicht in diesen Worten, weniger sprachlich korrekt).
Das ganze Ding ist voller Neologismen, die ich später in mehreren Anläufen versucht habe, zu entziffern. Mit so 11 hab ich anscheinend den alten Text abgeschrieben und kommentiert (und teilweise zu den Neologismen neue Bedeutungen erfunden). Mit 15 bin ich da nochmal ran, und hab versucht, zu spekulieren, wo die Worte tatsächlich herkamen. Bzw. nicht, wo sie herkamen, das ist oft relativ klar - aufgeschnappte Wortfetzen, vor allem Englisch, das ich halt lesen, aber nicht verstehen konnte. (Englisch und Französisch sind für mich deshalb Teil der Ästhetik von Ngiana, was ich im Gebiet Tortiniens noch besser einbauen muss.)
Ich habe keine Ahnung, wie alt Sirena, die Stadt, selbst ist. Wahrscheinlich etwas jünger als Balianas*. Das Wahrzeichen der Stadt, der Blacksmith-Turm, existiert in Zeichnungen aus der Grundschulzeit. Es ist vom Aussehen her von Warcraft 1 inspiriert (und daher auch der Name - den muss ich so aus dem Spiel abgelesen haben. Es hat noch 10 Jahre gedauert, bis ich gecheckt hab, dass Blacksmith nicht "Schwarze Schmiede" sondern einfach "Schmiede" heißt.^^) Ich weiß ehrlich gesagt aber nicht, wie ich den Turm damals selbst meist genannt habe.
Während der Volkschulzeit gab es einen Bruch, in dem ich die alten Ideen weghaben wollte. Sie waren zu magisch und neuzeitlich, und das kam in meinem Umfeld nicht so gut an. Also wurden Länder umbenannt, um Bezüge zu verstecken. Existierten davor noch magische Helden, Zauberschwerter, Flugzeuge, Bomben und Granaten nebeneinander, so wurde die Welt - und ab hier kann eigentlich von einer Welt gesprochen werden - eher historisch angelegt. Der Kontinent, wie er heute aussieht, entstand in dieser Zeit; mal kam hier ein Land dazu, mal verschwand dort ein anderes. Die Westküste und der Süden wurden durch Landkarten erforscht; all das Gebiet, das irgendwie arabisch oder ägyptisch ist. Im Norden hatte ich viele Freiflächen, wo ich im Wesentlichen einfach umbenannte Orte aus Niederösterreich und Oberösterreich hingepflanzt habe, außerdem den Garten, in dem ich aufgewachsen bin. Linz a.d. Donau und Lunz am See wurden wohl irgendwie zusammengefasst (?) und die Metropole Lound gibt es heute noch auf der Karte. "Katzenland" habe ich herausgenommen, das hat eh nie so ganz dazugehört.^^
Das generelle Flair dieser Ära ist ... Anpassung. Teilweise positiv (in dem Sinn, dass ich mit meinem Gebastel nicht mehr allein war), teilweise aber auch ein absichtliches Verstecken von Sachen, wo ich wusste, dass sie bei Freunden und/oder Erwachsenen nicht gut ankommen. Ich hab liebe Kindergeschichten geschrieben für die Erwachsenen, die sich sowas erwartet haben, und dann geheim halt die brutaleren, wichtigen, Sachen.
Dann wurde ich aus dem bisherigen Leben gerissen, und war fremd in einer Großstadt. Ich hab versucht, an alte Sachen anzuknüpfen. Balianas* (den ich zuvor wirklich gründlich aus der Welt gerissen hatte) wurde wieder interessant. Einige Texte aus den St.Pöltner Jahren sind verloren; eine lange Geschichte hab ich als Fortsetzungsgeschichte per E-Mail an meine Schwester geschickt. Die fehlt mir heute besonders, denn darin ist jede Menge Geschichte der Westküste drin; ich schreibe immer von den Seefahrervölkern, und von König Sirias/Serie, aber ich hab die verdammten Geschichten nicht mehr. Ebenso verloren ist Urban Fantasy, die zwischen unserer Welt und Siréna spielt; einige Träume, die ich nicht aufschreiben konnte. (Auch, weil ich nicht wollte, dass sie jemand anderes liest.) Was davon bleibt, sind oft einfach nur Listen von Namen.
Allmählich hab ich mich aber an die neue Umgebung angepasst und mein Weltenbasteln wurde neuerlich komplett ent-magisiert, u.a. weil einige meiner Schulfreunde Eltern hatten, die ihnen mehr oder weniger implizit verboten haben, sich mit heidnischem Kram zu beschäftigen, Magie ist ganz böse. Ganz rausgenommen hab ich es nie, aber hinter pratchettesken Humor verborgen. Texte aus der Zeit sind Geschichten mit Zwergen, Schraten und derlei. Faschismus kommt eigenartigerweise schon wieder vor, den hab ich vorhin vergessen zu erwähnen - in der düsteren Zeit hab ich mehr oder weniger einen Weltkrieg inklusive Holocaust gebastelt - ohne viel darüber nachzudenken, ich war 10.
Und hier, einige Jahre später, war es ein faschistischer Zwergenfürst. (Ich hab damals nicht faschistisch dazu gesagt, aber es ist relativ eindeutig ... dwarf supremacy und ich glaube es wird sogar die gleiche Volksgruppe nebenher noch verfolgt, die auch schon zuvor das Ziel eines Genozids war.) Ich war etwas später ein bisschen geschockt, als ich den Text mal jemand zu lesen gegeben habe, der dann meinte, ich würde mich mit diesem wohl identifizieren. o_0 Die bösen Charaktere waren für mich nie nur Nebenfiguren. (Aber einer der guten Protagonisten war dessen Sohn, der von ihm ausgestoßen wurde und im Nachhinein mit unzwergischem Auftreten recht queer-coded war)
Ngiana hat nun keine Zwerge mehr; mehr oder weniger haben die Mislirni diesen geographischen Platz eingenommen. Den Dwarf-Supremacist werde ich aber glaub ich nicht einbauen...
Die letzten Texte aus diesem Setting verließen die Welt bereits, ein Teil der Handlung ging über Spannungen zwischen einem menschlichen Fürstentum und einem elbischen Königreich; einer der Protagonisten wurde aber in die Göttersphäre des Relapi verschlagen, einer Wüste aus Schrauben, in Gefahr, von Magnetismus zerfleischt zu werden ... oder so. Ich weiß nicht, ob ich diese Texte noch habe. Jedenfalls ist hier die Richtung recht klar, es geht jetzt zu Surrealismus und zu neuen Welten. Ich hab das Raumschiff im Adventskalender bewusst genau dort landen lassen, wo ich damals diese Welt hinter mir gelassen habe.
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Aktuell bin ich ja an Siréna dran und an Balianas* - das Sternchen, weil das nur eine Schreibweise ist, die nicht sehr nah an den alten Namen ist - und mich interessiert besonders die Kluft, die sich zwischen den verschiedenen Iterationen dieser Welt auftut. Ich hatte gute Gründe, verschiedenen Leuten sehr verschiedene Ideen zu zeigen; und es gehört zum Älterwerden wohl dazu, frühere Sachen erstmal komplett über den Haufen zu schmeißen. Das extremste war eben Balianas*, der wurde gevierteilt, verbrannt, und dann noch dessen Asche über die Welt verteilt - das muss ich wohl von Filmen gehabt haben, für die ich aus Erwachsenensicht viel zu jung war.^^ Aber die Ideen sind halt untot, sie kommen immer wieder aus der Krypta, sonst hätte ich diese Welt ja liegengelassen.
Dazu kommt, dass ich meine Kindheit in einem ständigen innerfamiliären Ringen zwischen Katholischer Kirche und sarkastischem Atheismus verbracht habe. Ich wurde genug indoktriniert, um vor Gott Angst zu haben, aber auch genug "ironisiert", um zu wissen, dass es auch andere Götter gab, die germanische Mythologie cool ist und das Christentum seine bösen Seiten hat, und alles auch ganz anders sein kann.
Beim Neustart Ngianas hab ich die Phase der pratchettesken Geschichten rausgelassen; das ist also auch wieder eine Iteration auf Ausschlussbasis gewesen, bei der ich quasi nur 1995-2002 als gute Quellen akzeptiert habe. Das will ich ändern, denn Siréna kann mehr Buntheit eigentlich gut vertragen. Gleichzeitig ist mir wichtig, nicht wieder ins "brave Basteln für Publikum" zu verfallen. Was auch der Grund ist, warum ich sehr zögere, überhaupt im Forum dazu zu schreiben... es sei denn in einer bewusst kryptischen Form, wie bei } {.
Aber das Brave darf eigentlich auch sein. Vielleicht werde ich die Widersprüchlichkeit bei Siréna mal ganz hochdrehen, dann ist es am ehesten etwas, das der langen Geschichte gerecht wird (ohne viel Geschichte in-world zu haben).