Schicksale, gewissenhaft gewebt

  • Spiegelstädter Schicksalsweberei
    Verflochten und zugenäht


    Sie sind auf der Suche nach einem omniskuren Schicksal für Ihre Protagonisten?

    Hier gibt es kostenlose Schicksale zum Mitnehmen!

    Garantiert keine Schmuggelware und äußerst alltagstauglich im Klang.
    Hieb- und stichfest, gewebt aus feinsten Schicksalsfäden, verziert mit funkelnden Spiegelscherben.


    Alles was benötigt wird, ist der vollständige Name des werten Protagonisten.


    Kleingedrucktes:


    Namen werden von Montag bis Sonntag zwischen null Uhr und Mitternacht entgegen genommen.
    Schicksale sind vom Umtausch ausgeschlossen.
    Finden Sie sich einfach damit ab.

  • Die alte Weberin wand sich um. Auf dem Zettel stand in zittriger Schrift ein Name geschrieben: Danga Jedfern.
    Ohne Verzögerung begann sie zu weben, zu zwirbeln, zu schneiden, zu knoten.


    Danach warf sie den Namen in den Bauch eines bizarren Gefäßes. Ein Knistern ertönt, dann sprühen Funken, eine Flamme züngelt aufgeregt.
    Das Gefäß beginnt zu sprechen, mit wohl intonierter Stimme:



    Danga Jedfern – eine bedauernswerte Kreatur. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr oder hatte sich einen weniger wohlschmeckenden Scherz mit ihr erlaubt. Danga Jedfern war dem Glücksspiel derart verfallen, dass sie sich am Ende selbst verwettete.

  • Stille.
    Plötzlich klopft es an der Türe. Dreimal. Dann öffnet sich diese. Lautlos. Wie von Zauberhand.
    Ein knochig Hand ohne Mittel- und Ringfinger reicht etwas durch den Spalt, dass an ein abgenagtes Schulterblatt erinnert. Darauf eingeritzt in Form von runenartigen Zeichen steht Folgendes geschrieben: Nik. Jug. Freunde.
    Die todlose Pranke lässt den Knochen los und er fällt zu Boden. Eine eiskalte Stimme gleich dem langsamen Zerreißens eines Papieres erklingt in dem Moment: "Spinne deine Fäden Weberin." Die Türe wird zugeschlagen.
    Abermals Stille.

  • Ein langer Moment verging, ehe die Weberin ihren Blick von dem äußerst seltsamen Knochen löste.
    Der Name, der dort geschrieben stand, ließ sie schaudern: Nik. Jug. Freunde.


    Ein träges Jauchzen entfloh ihrem Gefäß, nachdem sie es mit dem Knochenstück gefüttert hatte.
    Ein Jauchzen, gefolgt von einer zischenden Stimme:



    Nik. Jug. Freunde. – eine hoffnungslose Ansammlung untoter Zellen. Das Schicksal hatte sich schon einmal mit dieser Kreatur angelegt. Mit Folgen. Nik. Jug. Freunde. hatte den Tod überlistet. Zwischen Hier und Dort wandelte dieses bemitleidenswerte Geschöpf ohne Aussicht auf die ewige Ruhe.

  • Erst ein Klopfen, dann ein Kratzen. Wie ein Federkiel auf Holz. Dann, ein Knistern. Leuchtende und verschlungene Buchstaben erscheinen an der Tür.
    Erst ein L dann ein U dann ein N. Das Kratzen hört auf und Schritte entfernen sich.
    Leicht glimmend, wie die Kohlen eines gerade erloschenen Feuers, steht ein Name am Türinneren. Lun.

  • Die glimmenden Zeichen brannten sich auf die Netzhaut der Weberin: Lun.
    Mit einem kräftigen Wimpernschlag landete der Name in ihrem Gefäß, das daraufhin ebenfalls zu glühen begann.


    Ein Knistern entrann dem Inneren des Gefäßes und stach als lodernde Glut über den Rand.
    Im Bruchteil eines weiteren Augenblicks formte die Glut sonderbare Worte:



    Lun – trieb oft Schabernack. Spielte mit dem Feuer und verbrannte sich die Finger. Wenngleich der Schmerz unerträglich ist: In seinen Fingern lodert die Glut bis heute noch und setzt alles in Brand, was von ihnen berührt wird.

  • Ein kleiner, dicklicher Mann nähert sich mit tippelnden Schritten der Tür. Sein Hut ist fast so hoch wie er selbst.
    Kurz bevor er die Tür erreicht, bleibt er stehen. Er dreht sich um und geht ein paar Schritte in die Richtung, aus der er gekommen ist. Dann überlegt er es sich wieder anders. Nach einigen unschlüssigen Momenten siegt die Neugier und er klopft aufgeregt an die Tür.
    Er spricht mit hoher Stimme, die Augen hinter seinen dicken Brillengläsern wandern nervös hin und her.
    "Also ... der Name ... ähm der Name ist Fliddig Traumwein. Was hält das Schicksal für mi... für ihn bereit?"

  • Die Weberin zog eine einzelne Augenbraue schief nach oben und schloss dann wortlos die Tür.
    Die Fäden, die sie in ihren Händen hilt, wollten sich heute einfach nicht richtig ineinander flechten lassen.


    Irgendetwas stimmte nicht. Sie setzte sich an ihren Tisch, sah ihr Gefäß nachdenklich an und flüsterte ihm den Namen zu: Fliddig Traumwein.
    Das Gefäß stieß einen langen Seufzer aus, blähte sich auf, blubberte merkwürdig, als sei es krank oder von starker Übelkeit geplagt.


    Dann spuckte es endlich etwas aus:



    Fliddig Traumwein – die Gerissenheit in Person. Er zögerte seinen eigenen Tod so lange heraus, bis dieser ihn persönlich zur Rede stellte. Das Gespräch verlief schleppend. Das Urteil: Fliddig Traumwein sollte so lange wiedergeboren werden, bis sich sein Verhalten besserte.

  • Leise Worte schwingen in der Stille der Gasse, in der das Haus der Weberin zu finden ist.
    Zwei Worte. Sie wiederholen sich ... immer und immer wieder; begleitet von einem noch leiseren, kaum vernehmbaren, klingeln.


    Wie viele Wiederholungen die Nacht ertragen muss, bevor die Tür der Weberin sich öffnet, weiß im nachhinein keiner mehr zu sagen.
    Auf der Schwelle findet sich eine trompetenförmige Blume in den Farben der Abendsonne.
    Sie wiederholt flüsternd stets folgenden Namen: Lyx Anra

  • Verblüfft und ungläubig blickt die Weberin auf die Pflanze. Verheißt sie etwas Gutes? Oder nicht? Mit einem geeigneten Instrument hebt sie die Pflanze auf und wirft sie in sicherem Abstand in ihr Gefäß. Es beginnt daraufhin zu brodeln und zu rumpeln. Ein Zischen entweicht und flüstert ein Schicksal:

    Lyx Anra– züchtete leidenschaftlich gerne Radulapflanzen. Neben ihren wundersamen Trompetenblüten bildet die Radulapflanze große, schneckenhausähnliche Pflanzenteile aus. Lyx Anra verschwand spurlos im Leib dieser teuflischen Pflanze. Ihre Worte erklingen heute noch aus den Blüten jener Pflanze, leiser werdend, allmählich verblassend.


    * * *
    Kleiner Spoiler zur Herkunft der "Radulapflanzen":

  • "Ich wette, du traust dich nicht!"
    Die kleine Menschenfrau stupst ihren Begleiter frech an.
    "Natürlich tu ich das. Ich frage mich nur, warum du nicht reingehst."
    "Ich war schon drin! Mehr als einmal geht nicht!"
    Er zieht eine Augenbraue hoch.
    "Komm, bitte! Ich bin echt so gespannt, was bei dir rauskommt! Und dann verrat ich dir auch meins, versprochen!"


    Langsam dreht er sich um und holt tief Luft. Manche Menschen bringen einen doch an Orte, wo man nie gedacht hätte, dass man mal hinkommt.


    "Markus. Markus Brihgnober"

    Und manchmal, manchmal, reimt sich irgendwas auf "od"


    Unterschätzen Sie niemals das dramaturgische Potential eines Kopfbahnhofes!

    Einmal editiert, zuletzt von Alpha Centauri ()

  • Die Weberin seufzte. Ein leichtes Seufzen durchwanderte auch die Wände ihrer Stube.
    Sie bewegte sich auf ihr Gefäß zu, das gerade ein Nickerchen hielt.
    Es zuckte, als die Weberin den Namen ausspuckte.


    Das Gefäß füllte sich daraufhin mit einer schwarzen Flüssigkeit, die daraufhin in tausend kleine Papierfetzen zerbarst.
    Die Schnipsel hatten es in sich - schauderhaft säuselten sie, mit einer Stimme, die so klang, als würde jemand sehr langsam Papier zerreißen:



    Markus Brihgnober – die Sachlichkeit in Person. Markus Brihgnober glaubte nicht an Bestimmung, Eingebung oder Götter in prunkvollen Gewänden. Das Schicksal war nachsichtig mit ihm: Markus Brihgnober verlebte seine Zeit inmitten von bürokratischen Akten- und Papierbergen und ließ sich schlussendlich unter ihnen begraben.

  • "Haha, damit hat sie doch eigentlich Recht!"
    "Ich hab mir diese ganzen Formulare, die ich für die Uni brauche, nicht ausgedacht. Mir wäre auch lieber, wenn das nicht so kompliziert wäre. Aber Historiker neigen nun mal dazu, alles doppelt und dreifach aufzuschreiben."
    "Und das mit dem Begraben könnte auch heißen, dass du unter einer Bibliothek begraben wirst. Gibs zu, das würde dir gefallen!"
    "Naja, gäbe Schlimmeres. Ist mir aber nicht so wichtig."
    "Aber siehst du! Sachlichkeit in Person! Die weiß schon, was sie sagt! Mir hat sie ein Schicksal voller Abenteuer vorher gesagt. Und einen dramatischen Tod im entscheidenden Monent."
    "Na, wir werden sehen. Ich hab jetzt Hunger, können wir was essen gehen?"

    Und manchmal, manchmal, reimt sich irgendwas auf "od"


    Unterschätzen Sie niemals das dramaturgische Potential eines Kopfbahnhofes!

  • Eine massiger Ork klopft mit übergroßen dunkelroten Fäusten an die Tür; als sich nichts tut, beugt er sich nieder, kritzelt etwas auf ein Stück Pergament, lässt es beiläufig fallen und stapft davon. Seine Schritte sind ungewöhnlich leicht, beinahe geräuschlos, was überhaupt nicht zu seiner massiven Gestalt passt.


    Gaechong Ka'echlaemjonqhen

  • Aus einem langen Schlaf erwachte die Weberin, als sie den fernen Nachhall eines Klopfens vernahm. Auf der Schwelle der Tür lag ein Pergament. Mit einem knarzenden Stöhnen griff sie nach dem Pergament. Es fühlte sich ungewöhnlich schwer an. Als hätte es weit mehr Masse, als es visuell den Anschein machte.


    Mit einem Hieb landete das Pergament im Bauch des Gefäßes, das ebenfalls tief seufzte.

    Sein Inhalt verfärbte sich tief schwarz. So tief schwarz, dass sich die Gravitation zu verformen drohte. Das Gefäß schien sich abzuflachen, schwerer zu werden unter der absorbierenden Finsternis. Die Finsternis begann zu zucken, zu bellen. Sie spuckte sogleich etwas aus:



    Gaechong Ka'echlaemjonqhen – wurde Opfer eines ästhetischen Zaubers. Gaechong Ka'echlaemjonqhen suchte nach Jahren der Unzufriedenheit eine begabte Hexe auf, die seine Gestalt zierlicher und leichtfüßiger machen sollte. Der Zauber ging schief. Seit jeher wandert Gaechong Ka'echlaemjonqhen zwar leichtfüßig durch die Welt, doch liegt sein Bemühen nun stets darin, nicht gänzlich vom Boden abzuheben und der Gravitation auf Nimmerwiedersehen zu sagen.

  • XD ja, Zierlichkeit ist natürlich auch ein Grund, Vampir zu werden. (Deswegen ist er so leicht) Da hat ihm die Hexer*in (Vampir*in) aber übel mitgespielt.^^

  • Mit geschmeidigen, fließenden und absolut lautlosen Bewegungen trabte die Keniau die Gasse zur Schicksalsweberin entlang und kam davor zum Stehen. Taktierend beobachtete sie das Haus eine Zeitlang, um sich anschließend zweimal um sich selbst zu drehen und dann auf dem sonnenbeschienenen Kopfsteinpflaster niederzukauern, die Beine unter sich verschränkt. So verharrte sie eine ganze Weile, leckte sich das Fell und schaute demonstrativ in eine andere Richtung, das Haus gekonnt ignorierend. Lediglich die Ohren drehten sich von Zeit zu Zeit und achteten auf jedes Geräusch.

    Gerade, als man dachte, dass sie sich endgültig niederlegen und eindösen würde, stand sie auf, reckte sich ausgiebig und schlenderte zur Tür der Schicksalsweberin. Sie griff in ihre Schultertasche und zog eine kleine Karte hervor, auf der in geschwungenen Lettern nicht nur ihr Beruf und Anschrift geschrieben standen, sondern auch ihr Name:


    ShanZu y Keei


    Sie drehte die Karte geschickt ein paar Mal zwischen ihren Fingern und schnippte sie dann beinahe beiläufig unter der Tür hindurch.

  • Eine weitere Gestalt nähert sich mit schlurfenden Schritten und leicht hinkend der Tür. Ungeschickt nestelt sie in einer Tasche ihres geflickten Mantels und zieht ein Stück zerknautschtes Papier daraus hervor.


    Darauf ist mit unbeholfen kindlicher Schrift ein Name mit Wachsstiften in verschiedenen Farben geschrieben: Beppe.


    Beppe zieht an einer unscheinbaren Klappe neben der Tür und stopft den zerknüllten Zettel hinein.


    Dann humpelt Beppe weiter, die Straße hinunter und in die Nacht. Sie summt dabei leise vor sich hin.

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